Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.07.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060704020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906070402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906070402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-07
- Tag1906-07-04
- Monat1906-07
- Jahr1906
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis kn der Hauptexpedition oder deren Ausgabe stellen abgeholt: vierteljährlich 2.40, bei täglich zweimaliger Zustellung ins Hau vierteljährlich 3.—. Durch unsere au«, wärtigen Ausgabestellen und durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übriger: Länder laut Zeitungspreisliste. Diese Nummer kostet auf /I M allen Bahnhöfen und bei I lS den Zeitungs-Verläufern Redaktion und Eppedilto«: Johannisgasse 8. Telephon Nr. 153, Sir. 222, Sir. 1173. Berliner Redaktions-Bureau: Berlin K'VV. 7, Dorotheenstraße 83. Tel. I. Nr. 9275. Abend-Ausgabe. Anzeigen-Preis die Lgespalteue Pctiizeile für Leipzig und ' Umgebung 25 Pf^ für auswärts 30 Pfg. Familien-, Wohnungs- und Stellen- Anzrigen 20 Pf. FinanzielleAnzeigen, Geschästsanzeigen unter Text oder an besonderer Stelle »ach Tarif. Für da- Erscheinen an bestimmten Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen und Extrabeilagen nur in der Morgen-Rus,abe Schluß der Annahme nachmittag- 4 Uhr. Handelszeitung. ÄnüsAatt des Mates und des Vakizeiaintes der Ltadl Leipzig. Anzrigen-Anuahme: AugustuSplatz 8, Ecke JohauatSgassr. Haupt-Filiale Berlin: EarlDuncker,Hrrzgl.Bayr.Hofbuchhandlg.. Lützowstraße 10 (Fernsprecher Amt Vl Nr. 4803). Kilial-vrpedi1io»:DreSdeu,Marienstr.34. Mittwoch 4. Juli 1906. Nr. 334 1VV. Jahrgang. Var lvicbligm vom rage. * Die Kronprinzessin Cäcilie wurde heute morgen 9.1» von einem Prinzen entbunden. (2. Tagesschau.) * König Friedrich August besichtigte heute vormittag in Hamburg die Brandstätte der Michaelis-Kirche, besuchte dann die Kunsthalle und beabsichtigte mittags der Börse einen Besuch zu machen. (S. Letzte Depeschen.) * Zahlreiche Deputierte der französischen Kammer haben einen Antrag unterzeichnet, die Todesstrafe in Frank reich abruschassen. Gleichzeitig wollen sie beantragen, die russische Reichsduma zur Annahme des Antrages auf Abschaffung der Todesstrafe zu beglückwünschen * Auf direkten Befehl des Zaren wurden der Gouver neur von Bialystok, General Popowskij, 2 Politei kommissare und 12 Polizisten wegen ihrer Haltung bei den dortigen Iudenmassakcr s verhaftet. politische cager-chau. Leipzig, 4. Juli. Hurra — drei Kaiser! Als am 6. Mai 1882 dem damaligen Prinzen Wilhelm von Preußen, unserem Kaiser, der erste Solin geboren wurde, soll der greise Hcldenkaiser freudig aus- gerufen haben: „Hurra — vier Kaiser!" Und dieser Ruf hallte alsbald in Deutschland wider. In mehr als einem Gedicht, auf den allerverschiedensten Abbildungen wurde das kaiserliche Familienbild festgehalten, das vier Hoheuzollern-Gencrationen vor Augen führte, in deren Hände die Kaiserkrone Deutschlands gelegt war. Heute drängt sich ein ähnliches Bild froher und sicherer Zu- tunftshoffnung auf, wo der elektrische Funke mit der frohen Botschaft durch ganz Deutschland eilt, daß die Krouvrinzessin vormittags Uhr von einem Prinzen entbunden worden ist. Wohl stehen Großvater und Vater des eben geborenen Prinzen noch in so kräftigem Manuesalter und in so voller Iugeudkrast, daß Jahr zehnte vergehen mögen, ehe der jüngst geborene Prinz berufen sein wird, den Kaiserthron zu besteigen. Allein, das Auge des national und monarchisch gesinnten Mannes freut sich dessen, schon jetzt drei Sprossen des Hohenzolleruhauses vor Augen zu lxiben, die die gegen wärtige und zukünftige Generation repräsentieren, an die die Kaiserwürde Deutschlands geknüpft ist. Und darum ist dieser 4. Juli 1906 ein Festtag für das natio nal gesinnte deutsche Volk. Es grüßt den in kraftvoller Mannesblüte stehenden kaiserlichen Großvater, der heute auf hoher See, auf seiner Nordlandsfahrt begriffen, die freudige Kunde von der Geburt des Enkelsohnes erhalten wird. Es grüßt den noch jugendlichen Vater, den Kron prinzen des Deutschen Reiches, der, in der Nähe seiner Gemahlin weilend, voll Stolz auf den Stammhalter feines Hauses blickt. Es grüßt die hohe Wöchnerin, die dem Deutschen Reiche einen kaiserlichen Erben gab, und webt in diese Grüße hinein die innigen Wünsche, daß Mutter und Kind beschützt und bewahrt bleiben mögen in Gesundheit und Kraft zur Freude des deutschen Volkes. Wie sieht es in de» Mantschurei aus? (Brief aus der Mantschurei.) Aus Liaujang, dem Orte der blutigsten Kämpfe, ist ein Schreiben eines Brüsseler Handelsherrn v. d. Br. eingelaufen, der nicht nur das „Geschäft" im Auge hat, sondern die politischen Zustände und das Wirtschaftliche in den Kreis seiner Beobachtungen zieht. Wir ent nehmen dem uns zur Einsicht gestatteten, sehr umfang reichen Schreiben das Folgende: „Hier, in der südlichen Mantschurei, wo bei meinem letzten Aufenthalte noch die Russen die Macher waren, ist es mit ihnen vollständig aus. Sie sind von hier, von Liautung, von Niutschwang, von Mukden vertrieben, wo sie allenthalben teuer erkaufte Konzessionen besaßen. Auch ihre Transmantschurische Bahn ist ihnen „abgeknöpft", von der sie mit Recht sagten, sie mache aus dem Busen von Petschili einen russischen Golf. Sie haben die angelegten Milliarden, das Heer zum Teil, die Flotte ganz, verloren, das Prestige ist dahin, sie stehen an den eisigen Ufern des Sungari. Vor dem Kriege wurde amtlich von den Japanern geschrieben: Tie drei Reiche des Ostens, China, Japan und Korea, müssen Zusammenhalten gegen die Nussifikationsbestrebungen, sie bilden ein geographisches, politisches, wirtschaftliches Ganze; wenn Japan im Jahre 1893 China angegriffen, so geschah dies nur, weil letzteres Korea bedrohte. Nun ist der „Schutz", den Japan in K o r e a ausübt, ein sonderbares Ding, von Freiheit keine Rede, der „Unterdrücker", den die Japaner ausgctrieben, war gnädiger als der „Befreier". Und nicht anders ist es in der Mantschurei, wo auch der von Peking entsandte Taotai Tschausiung nur auf dem Papier die Macht hat, während die Japaner von ihrem damaligen Programm nichts mehr wissen wollen. Sie haben mit rücksichts loser Hand die Herrschaft an sich gerissen, auch die Mantschu haben nur den Herrn gewechselt und ihre Klagen sind lauter, als sie zur Zeit der Russen waren. Der Taolai selber beschwert sich über das Hineindrängen der Japaner in alle Verhältnisse. Der japanische Schutz :st viel intensiver, drückender, zer malmender, frei von Generosität in jeder Beziehung. Früher war die Sache doch so, daß die N u s s e n schweres Geld in dasLanö brachten. Die Japaner wollen etwas haben, sie sind arme Schlucker; sie haben für 50 Millionen Taöls Bonds mit alleinigem Kurs ausgegcben, die sie nicht cinlösen können, und die Mantschuren sind in übler Lage, denn die Zahlstelle ist in Yokohama. Fazit: Der Statthalter des Kaisers von China ist nicht Herr in seinen vier Pfählen, er hat in seiner Haupt stadt Mukden „nichts zu sagen". Die Japaner haben die Häfen an der Küste, die Leitung der Polizei, die Steuer erhebung, den Zoll, die Post, kurz alles, was Geld ein bringt, in Verwaltung genommen und geben die Gesetze. Sie haben auch, ohne China zu fragen, ein Netz von Schienen und Drähten angeordnet, woinit sie die er giebigsten Gegenden für ihre Unternehmer eröffnen. Zu diesem Zwecke werden Häuser, Stadtteile, Gottesäcker beseitigt, und zwar durch chinesische Kulis, die nur den halben Lohn wie unter den Russen erhalten. Sie requi rieren, was sie brauchen, sie schlagen das Holz aus den Wäldern am Jalu, monopolisieren die Bootfahrt und Fischerei, die Ausbeute der Salzseen, die bisher, auch unter Rußland, ihr Produkt gratis abgaben, während jetzt die Mantschus ihr Salz mit Widerwillen zahlen müssen. Und nicht nur den auswärtigen Handel haben sie völlig abgesperrt, sie monopolisieren auch den ein heimischen, die chinesischen Kaufleute verlassen in großer Zahl das Land. Ihre durch das Waiwupu in Tokio vorgebrachten Beschwerden fruchten nichts, man ant wortet, das geschehe aus militärischen Rücksichten, es gc- höre zum Geschäft der „Evakuation", die noch immer nicht geschehen ist, obgleich der Termin dazu längst ver strichen ist. Der Transport mache Schwierigkeiten, und man müsse auch gegen eine Eventuelle russische Revanche gerüstet sein. Und die Kungusenräubcr beunruhigen das Land — nämlich im japanischen Sold, so sagt man in Peking. Einstweilen ist nicht viel dagegen zu machen, aber schon hat Juanschikai, der Vizekönig von Tschili, zwei Divisionen seiner modernen Truppen der Mantschurei zugeteilt, und der Taotai organisiert vierzig Bataillone in acht Brigaden. Das hat den Zweck, den Japanern zu zeige», daß sie „nicht mehr nötig", daß dre Chinesen selber imstande sind, Zucht und Ordnung zu schützen. Aber die Japaner Lenken nicht daran, zu gehen: inderMantschurei sehen sie einen Ersatz für die ausgebliebene Kriegs- e n t s ch ä d i g u n g. Daneben wird eine Einwanderung im großen betrieben. Ueber Niutschwang, Dalni, den Jalu strömen die Japs zu Tausenden ein und bilden ein maßgebendes Element in Mukden und anderen Städten. Die Gesamtzahl der Einwanderer wird verschwiegen, doch sind es viele und zahlreiche Frauen dabei. Die Sachlage ist einfach diese: Die Privilegien der Weißen vermindern, die der Japaner vermehren sich! Im übrigen haben sie in den Russen immer noch einen stillschweigenden, tätigen Konkurrenten: In der nördlichen Mongolei ist der Einfluß des Zarentums ungebrochen, und man sieht dort die Tage von Mukden uni) Port Arthur uur als eine Episode an." Deutsches Keich. Leipzig, 4. Juli. * Tic Wahl in Iserlohn. Nachdem das amtliche Resultat endlich heraus ist und leider keine freudige Ueberraschung mehr gebracht hat, vollziehen die Parteien den Aufmarsch zur Stichwahl. In einem Schreiben an Len Vorsitzenden des nationalliberalen Mahlkomitees fordert Haalmanu, der u a t i o n a l l i b e r a l e Kandidat, auf, in der Stichwahl für den Zentrums kandidaten zu stimmen und weder Wahlcnthal- tung zu üben, noch mit den Sozialdemokraten zu stimmen. Die bestimmte Erklärung ist sehr wünschens wert rechtzeitig erfolgt, da bereits einflußreiche national liberale Blätter des Westens für Stimmenthaltung ein getreten sind. Hoffentlich leisten die Wähler dieser Paole, ebenso wie die Volksparteiler der gleichlauten den, geschlossen Folge, nicht bloß aus Rücksicht auf die drohend genug verkündete Vergeltungspolitik des Zen trums im Kreise Hagen, sondern auch, um an dem grundsätzlichen Widerstande gegen die heutige Sozial demokratie festzuhalten. * Ter scharfe Besen. Don unterrichteter Seite wird der „Voss. Ztg." mitgeteilt, daß der weitaus größte Teil der Räte der Kolonialabteilung aus ihr ausscheiden wird. Voraussichtlich werden nur etwa zwei höhere Beamte der Abteilung in ihren Stellungen belassen werden. Es bestätigt sich auch, daß ein höherer Beamter aus dem Finanzministerium zur Verwendung bei der Aufstellung des Etats als Vortragender Rat zum Kolo nialamt versetzt wird. * Tcr Botschafter der regierenden Partei. Der Zen- trumsabgcordnete Prinz Aremberg ist in Norderney ein- getroffen und hat beim Reichskanzler in dessen Villa Wohnung genommen. — Prinz Aremberg erscheint wohl als Unterhändler, um den jüngsten Kolonialkrieg zwischen Zentrum und Negierung durch einen Friedens schluß zu endigen. Ob es ihm aber gelingen wird, das Freikorps Erzberger zur Wafsenstreckung zu be stimmen? lüi. Spivnageprozeß. Vor dem vereinigten 2. und 3. Strafsenat des Reichsgerichts begann heute vormittag die Verhandlung gegen den 22 Jahre alten Maschinen- bauschüler Jakob Dolf en aus Essen (R). Den Vorsitz führt Herr Senatspräsident Dr. Treplin, dir Anklage wird vertreten durch Herrn Oberreichsanlvalt Dr. Olshausen, das Protokoll führt Herr Aktuar Franzen. Als Verteidiger des Angeklagten fungier! Herr Rechtsanwalt Holtermann aus Essen. Nach dem Eröffnungsbeschlusse ist der Angeklagte verdächtig, den Versuch gemacht zu haben, militärische Geheimnisse an eine auswärtige Regierung zu verraten, indem er rauchloses Pulver und Pulverstoffe anbot und Beschrei bungen, sowie Zeichnungen mehrerer deutscher Geschütze nebst Munition, ferner mehrere Zeichnungen von Marinegeschützen zu gleichem Zwecke sich zu verschaffen suchte. Geladen sind neun Zeugen aus Essen und Bochum, sowie als Sachverständige ein Major vom preußischen Kriegsministerium, ein Gerichtsrat und ein Sanitätsrat aus Essen, endlich ein Sprechlehrer aus Breslau. (Der Angeklagte ist mit einem Sprachleiden behaftet.) Die Verhandlung findet vollständig unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. * Neue Volks-Verschacherer. Abermals sind in der Provinz Posen deutsche Güter in polnische Hände über gegangen: die Rittergüter Rychewka und Modrze, 5000 Morgen groß, sind aus deutscher Hand an die Polen Grafen Patocki und Jarmuz für Millionen verkauft worden. * Tie Erhöhung der Bierpreisc. Ein Privattelegramm aus Braunschweig meldet uns: Der Zentralverband norddeutscher Brauereien, der die Bezirksgruppen Braunschweig, Bremen, Detmold, Hannover, Kiel, Leipzig, Magdeburg umfaßt, erhöhte den Preis für das Hektoliter um zwei Mark. * Kleine Politische Nachrichten. Bei der Ersatzwahl zum preußischen Landtage in Hünfeld-Gersfeld wurde am Montag der abermals als Kandidat ausgestellte bisherige Abgeordnete Obrr- forstirieiüer Kaute (Zentrum) mit 108 gegen 40 Stimmen gewählt. — Mit Rü-tstrbt ans die R-'chstagsersatzwabl in Hagen-Schwelm werden am 1!). Juli, dem Wahltage, keine Mannschaften zu mili tärischen Hebungen eingezogen. Die bereits eiugezogenen Mannschaiten sollen am 18. Juli entlasten werden. — In Frank furt a. M. protestierten gestern 1000 Personen aller Parteien und Konfestionen unter Annahme der Berliner Resolution gegen die Bialystoker Greuel. — Polizeikommissar Stephany in Straßburg, der bekanntlich wegen Aktenunterschlagunq verurteilt worden war, ist nach Verbüßung seiner Gefängnisstrafe am Diens tag entlassen worden. Gemäß dem Auslieferungsvertrag mit der Schweiz bat Stephany dreimonatliche straffreie Aufenthalts erlaubnis in Deutschland. W eck. Hannover, 4. Juli. (Privattelegramm.) Ueber die in ganz Deutschland verbreitete Krankenkasse „Thali a" ist Konkurs eröffnet worden. Die unge deckten Verpflichtungen betragen fast eine halbe MillionMark. Mehrere Vorstands- mitgicder sind flüchtig. * Nürnberg, 4. Juli. In einer gestern abend abge haltenen Vollversammlung des Arbeitgeber- Verbandes im Baugewerbe für Mittelfranken wurde beschlossen, nachdem sich die Arbeiter in den bisher ge führten Verhandlungen vollständig 'unnachgiebig gezeigt und schon angefangen haben, über eine Anzahl von Betrieben die Bausperre zu verhängen, heute abend sämtliche organisierten Maurer, Steinhauer, Bau- und Hilfsarbeiter in Nürnberg und Fürth aus zu- sperren. Von der Sperre werden etwa 4000 Arbeiter betroffen. Feuilleton. jegliches innere liecht kann im offnen streite mit nnckern nur verlieren. Lärm kann encllich nur um ein äusseres liecht streiten, unck je tiefer ein Läensch In sich gegangen ist, um so äusserlicher wirck alles, worum er noch streitet. kwllner. Neue» über bie Völkerschlacht bei iteixzig. Von Karl Blcibtrcu (Berlins.- II. Die Verbündeten müssen etwa 30 000 Mann bei Wachau verloren haben oder noch mehr, salls Wittgenstein allein laut Bogdanowitsch und Aster 20 000 verlor. Dazu 8000 Raiewsli und Meerfeldt >2000 Gefangenes, 3000 österreichische Re serven, 1000 Garde und russische Kürassierrescrve. Napoleon kann nach höchster Schätzung kaum 12 500 eingebüßt haben, wobei Poniatowski viel zu hock mit 1600 berechnet. Auf 385 Jnsanterieosfizierc sind hierbei 9500 Mann sstatt 78001 be rechnet, gewiß sehr übertrieben. Eine französische Quelle will zwar den Gesamtverlust am 16. inklusive Möckern und Lin- dcnou auf 26 000 erhöhen, hier ist aber zweifellos der- Verlust am 14. und 17. inbegriffen, so daß wir im ganzen Napoleons Einbuße am 16. aus 20000 schätzen können, den der Verbün deten aus das Doppelte. Hält man sich diese Tatsache vor Augen — Murat soll gerufen haben, noch nie sei solch ein Gemetzel dagewesen, wie im Leichenkeld der Verbündeten auf der Wachauer Hochfläche —, lernt man begreifen, warum Napoleon trotz der Niederlage von Möckern seine Angelegen- lieiten noch für keineswegs verzweifelt hielt und am 17. nicht abrücktc. An diesem Tage erfolgte nur ein Anprall der russi- fchen Reiterei Sackens, vor welcher die schon bei Möckern ausgerissene Reiterdipision Lorae in Panik floh, während L«lma»' Viereck« di« Attock« richig aLwieseu. Daß DAma» laut Foueart beut 600 verlor, tatsächlich aber laut Martinien nur einen Offizier, also Null, belehrt uns, daß Foucarts und Fabrvs maßlose Verlustangaben für das Korps Ney stets scharfer Korrektur bedürfen. Da die Reiterei Sebastiani allein 700 Pferde und sogar Lanristons schwache Chasseurbrigade 6 Offiziere verlor, muß die Kavallerie auch am linken französischen Flügel stark engagiert gewesen sein. Dagegen verlor Pagols Division Milhaud Null und scheint durchweg in Reserve geblieben; auch Sebastianis schwere Reiter litten wenig, da aber seine leichte Division Ercelmans allein 40 Offiziere aus der Etat liste löschte und Macdonalds neapolitanische Reiterbrigade jämmerlich zusammengehauen wurde, so ist an der Schwere der dortigen Reitcrkämpfe nicht zu zweifeln. Weshalb Division Gerard ganz vom Schlachtfeld abirrte, bleibt unbegreiflich. Thiers erklärt es damit daß Gerard gleich anfangs schwer verwundet wurde. Er irrt, es kann höchstens Streifschuß ge wesen sein, denn Martinicns Ärchivtableau führt Gerard erst für 18. verwundet an. Besteht bei Major Friederichs ein förmliches System, jede Berührung mit unserer Neuforschung zu vermeiden? Denn er beharrt dabei, daß GSrard bei Seisertshain blutig kämpfte und schwerverwnndet wurde! Er verlor tatsächlich Null, entzog sich ganz der Feuerzone. Wenn Friederichs die Massenattacke Murats und den großen Reitcrkamvf Sebastianis bestreitet, spielt ihm die Statistik einen Übeln Streich. Denn 57 Offiziere Sebastianis, 96 Latour-Maubourgs bluteten, von letzterem kann also nicht nur die Division Bordesoulle gefochten haben. Uebrigens wird ausdrücklich angegeben, daß Latours 8. Husaren die Spitze des großen Reitersturms bildeten, und wirklich müssen sie sich besonders ausgezeichnet haben, da ihr blntinnaer Oberst dafür tags daraus zum General befördert wurde: also focht die leichte Reiterei gleichfalls. Friederichs bezweifelt Murats Anwesenheit bei der Attacke, Napoleons Bulletin 'agt aber ausdrücklich: „Der König von Neapel marschierte m,t Latours Kürassieren vor." Daß Division Milhaud bei Erobern nicht focht, geben wir ihm zu, und zwar aus ihm unbekannten statistischen Gründen, weil sie keinen Offizier verlor, dagegen PagolS übrige Reiterei 13 Offiziere, so daß sie doch jedenfalls irgendwie im Feuer war. also nach sonstiger Angabe den Kürassieren LatourS in Reserve geaen Gossa folgte. Umgekehrt irrt Friederichs mit ..Gardedragoner- brigade Letort" bei Erobern; dies« verlor Null, es waren laut Parquins Memoiren j« eine ausgrwählte Schwadron Thaff«rr», Lancier». Dragon«, Grenadiere der Alten Garde. Hier sei vorwcggenommen, daß die Statistik auch über die Tätigkeit französischcrNeitcrei am 18. überraschende Aufschlüsse bietet. Natürlich kennt auch Friederichs nichts als Attacken Sebastianis und schwerer Gardcreitcrei bei Baalsdors. Nun verlor aber auch das Reiterkorvs Arrighy 11, Pagol 19 Offi ziere: die leichte Gardereiterei litt weit mehr als die schwere, besonders 2. Kaiserjägcr sowie bergische Lancicrs fsevaricrt bei Connewitz, was F. nicht weißj, die allein 16 Offiziere bluten ließen. Vor allem aber verlor Korps Latour 110 Offiziere, also noch mehr als bei Wachau, war also noch stärker im Kampf als Sebastiani, der 69 Offiziere einbüßte und dessen unablässige erfolgreiche Attacken auch diesseitige Berichte nicht ablengnen. Somit steht statistisch fest, daß gerade am 18. Oktober die furchtbarsten Reiterkämpfe statt- tanden, wovon leine Uebcrliescruna etwas meldet. lSelbst Poniatowskis Kralusen hatten am 18. ihren schwersten Ver lust.! Nur der ehrliche Sporschill teilt mit, daß vor Probst heida große Massen von Pserdckadavcrn und Ncitcrleichen gelegen hätten, als man am 19. vorrückte; er könne sich dies nicht erklären. Hiermit l-altcn wir für erwiesen, daß Mar- bots überraschende Erzählung, zuletzt sei das Reiterkorps Latour vorgebrochcn und habe die „Reserven" zersprenat, auf Wahrheit beruht. Soll „Reserven" die Hcerrescrve (Garde, Grenadiere, Kürassiere des Zaren) bedeuten? Dann wäre plötzlich das Rätsel gelöst, warum Schwarzenberg angeblich die Preußen uuunterstutzt ließ und alle Reserven znrückhielt! Friederichs sieht sich ferner zu der zweideutigen Wendung be müßigt, daß der große französische Abendangrisf aus der Linie Zuckelhausen-Stötteritz-Holzhauscn „schließlich im Sande verlausen zu sein scheint". Ja, „scheint", das kann man leicht sagen, da doch selbst der verbündete Schlachtbericht durchblicken läßt, daß französische Reitcrstürme mindesten» die dritte Kolonne Bennigsen durch und durch erschütterten und auch die russische Reiterei der Nordarmee in üble Lage geriet. Eine genaue Prüsuna der Schlachtverhältnisse ergibt überall ein wesentlich anderes Ergebnis, als die auch von Friederichs naclrgcbetete diesseitige Überlieferung es auslegt. Selbst bei Schönfeld stand es nicht so günstig wie er wähnt, denn Ricard» 17. Provisorisches behauptete die Windmühlen höhe nickt am Eingang noch die ganze Nackt. Auch müßte Frie- dericks zugunsten des von ihm siet» entschuldigten Bernadotte annebmen. daß dieser keineswea». wie p-.-euk>ttcke Berichte ihm vorwersen. vor Sellerhausen im vollen S>ee.e?sause an- hielt, sondern sein Haltmachen sich durch einfach« Nötigung erklärt. Daß Friederichs am 18. Paclhod neben Dombrowski fechten läßt, wovon alle diesseitigen Berichte nichts wußten, wäre eine verdienstliche Wiederholung unserer eigenen Angabe in „Na poleon bei Leipzig", wenn er's nur nicht dahin erweitert hätte, dies sei schon vormittags geschehen. Siehe später. Daß er, vermutlich durch unsere eigenen Angaben aufmerk sam gemacht, Victors Bataillonszisfer richtig laxiert, während der angeblich „genaue"Rousset hier cinenlächerlichenSchnitzer machte, wäre gleichfalls erfreulich, wenn er diese höchstens 14 000 Mann Victors inklusive Artillerie nicht aus 16 7M schätzen würde. Er weiß auch nicht, daß von höchstens 15 500 Manu Infanterie Marmonts, bei dem einzelne Bataillone unter 300 Mann zählten, drei nach Torgau detachierte Marinrbataillone abzurechnen sind. Auch ist es ein Unding, Pagol ans '>600, Sebastians aus 6000 Reiter zu schätzen, da selbst der alteSchütz-Schulz, welchem er sonstige falsche Ziffern entnimmt, Pagol auf nur 3700, Sebastiani auf 4420 berechnet. Bennigsens polnische Armee schätzt er im Tert aut 30 000. Äubna auf 6500, während aus meiner eigenen Anlage II 35 209 und 7500 am Schlachttaa offiziell ersichtlich werden! Am 16. schätzt er 205000 Verbündete fechtend ..einschließlich der Kosaken , vergißt aber 3516 Kosaken Blüchers, die er eine Seite vorher richtig angab. Nach seinen eigenen Quellen ausweisen müssen wir am 15. Oktober eine Gesamtzahl von 336 000 Verbündeten addieren, was unsere eigene hohe An nahme soaar noch übersteigt. Betrug sie also am 18. laut F. nur 295 000, so hatte man also bis dahin schon 40 000 ver loren! Dann wird aber der Versuch vollends lächerlich, die frühere unwahre Verlustziffer 42—54 000 für sämtliche Schlachttage zu retten, vollends hinfällig. Wie kann man nur die schreiend unwahren österreichischen Verlustlisten kritiklos nachschrciben, die im Laufe der Zeit gütigst von 8000 auf 15000 Tote und Verwundete anschwollen, aber alle Ge fangenen unterschlugen! Denn hier figuriert Meerfeldt mit 1938 Köpfen, der nach Schwarzenberg» eigener Aussage bloß am 16. schon 4000 verlor; Giulay mit 1525. der nach eigenem Geständnis schon am 16. über 2000 einbüßle! Ju Fried ncb-V Gcsamtverlnstliste prangt übrigen» Bork mit 5600 Köv'cn Verlust, während im früheren Tert eingestanden wird, daß nicht mehr 9000 Mann Infanterie am 17. übriablieben! Be- lustiiend ist auch, daß Längerem bei §chöne»eld nur 3700, da gegen Sonbam — von Marmont noch zu schweigen — 5500 verloren haben soll, welche offenbar falsche Uebertreibung Foucarts er bereitwillig adoptiert: also verloren die Der- t«idcaer — da Marmont auch noch mindesten» SÜ00 verlor —
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite