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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.08.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060816025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906081602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906081602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-08
- Tag1906-08-16
- Monat1906-08
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Ausl.) * Das Kriegsgericht über die Strandung der „Montagu" ist in Plymouth zusammengetreten. (2. Ausl.) ?olitische cagesschau. . Leipzig, 16. August. Tic Monarchcuzusainuienkunst. Soweit bis jetzt Berichte über die Zusammenkunft Kaiser Wilhelms und König Eduards auf Schloß Friedrichshof vor liegen, geben sie gar keinen Anlaß, um irgend welche neuen Urteile politischen Charakters über dieses Ereignis zu rechtfertigen. Das liegt vor allem daran, daß bisher zwischen den Monarchen bei der FrühstückStafel oder dem Diner elwa gewechselte Trinksprüche nickt bekannt geworden sind, die gemeinhin bei solchen Gelegenheiten für die Prüfung des Thermometerstandes der gegenseitigen Freundschaft benutzt zu werden pflegen. Vielleicht werden wir ja noch nachträglich mit der Veröffentlichung ge haltener Trinlsprüche überrascht. Wahrscheinlich aber ist es nicht, denn eine solche Verzögerung würde zeigen, welche Sorgfalt notwendig war, um die Toaste für dre Oeffent- lichkcit zu redigieren. Vielleicht ist überhaupt nicht „tischgeredet* worden. Dann wollte man eS ver meiden, daß die Trink'prüche kommentiert würden. Das würde zu dem Urteil führen, daß beider Monarchen Wille dahin geht, es sollten keine Schlüsse aus ihren Worten gezogen werden. Dies um so mehr, als an dem politischen Charakter der Zusammenkunft um so weniger gezweifelt werden kann, nachdem der etwa einstündigen Unterredung der beiden Monarchen sowohl der deutsche Staatssekretär des Auswärtigen wie der englische Botschafter am deutschen Hof beigcwobnt haben. Das hebt die Zusammenkunft über ihren familiären Cha rakter ausdrücklich hinaus, obwohl auch dieser schon nach der offensichtlichen Verstimmung in den letzten Zeiten seine Bedeutung batte. Der vertrauliche Charakter, den anderer seits diese Unterredung trug, verbietet es bei dem Fehlen aller in der Oeffentlichkeit gewechselten Worte, Neues über die Zusammentunft urteilen zu wollen. Bis auf weiteres muß man sich darauf beschranlen zu sagen, daß in der Zu- sammentnnst selbst ihre Bedeutung liegt, weil sie nach der offen kundigen Verstimmung zwisch n beiden Monarchen und den beiden von ihnen repräsentierten Völkern einen Versuch bekundete, sich über die politischen Verhältnisse auszusprechen. Eine solche Aussprache kann politisch nicht ohne Erfolg bleiben. Er kann negativ sein. Er kann zu weiterer Entfremdung führen. Dafür aber liegen gar keine Anzeichen vor. Weit mehr darf l angenominen werden, daß wenn man einmal den guten I Willen einer Aussprache hatte, diese auch von dem Erfolg begleitet sein wird, bisher noch bestehende Mißverständnisse zu beseitigen und Verstimmungen abzufchwächen und dadurch die Aussicht auf eine ruhige Entwickelung und eine freund schaftliche Ueberwindung der an verschiedenen Stellen be stehenden Schwierigkeiten zu verstärken. Neuer Kamerun-Greuzstreit mit Frankreich. Vor zwei Jahren machte der deutsch-französische Zwischen fall von Missum-Missum ein ziemliches Aufsehen, weil ein sarbig-Äeutscher Unteroffizier, nachdem die Franzosen den ersten Schuß abgefeuert hatten, die Expedition mir Gewalt und Menschenverlust zurücktrieb. Auch damals war großes Zeter und Mordio an der Seine, man behauptete, daß die Stelle, wo die Deutschen sich festgesetzt hätten, französisch sei. Inzwischen ist durch eine deutsch-französische Grenzkom mission, der unserseits Hauptmann Förster als Leiter bei gegeben war, konstatiert worden, daß das Gebiet deutsch ist, daß also die Franzosen wieder einmal zu lange Finger ge- macht hatten. Jetzt bringt nun das Chauvinistenblatt der Republik, der „Matiu", einen Artikel mit der Ueberschrift, die gleich die ganze Pariser geographische Unkenntnis offenbart: „Ix>8 ^.lleraancks vaeupanb 3 000 000 Haataras en plchu Oon-xo krangais. (O'c-st la supeickieio sie la Lelpsiguc:'.)" Zur Unterstützung seiner Leser gibt der „Matin" eine recht tölpelhafte klärte, welche das streitige Stück, und in einem Beikärtchen die Kolonien Spanisch-Guinea und Kamerun darstellt. Soviel bei dem schmutzigen Druck zu lesen ist, gibt in der letztgenannten Skizze der Franzose die Deutsch- Kameruner Grenze auf 10 Grad und etwa 50 Minuten an: er rechnet von Paris, die deutsche Kolonialkarte von Ferro, der Unterschied ist 20 Grad, die also zu den östlicher gelegnen Pariser Graden hinzuzufügen wären. Das ergibt, von den 36 Grad, die in der südlichen Zone das Kamerungebiet er reicht (am Tschadsee in Vagirnn sind cs über 38 Grad) ab- gezvgen, 16 Grad, aber der Franzose bringt nur 10 Grad und einige Minuten heraus. Macht einen Unterschied von etwa 670 Kilometer, die er in seine Tasche rechnet. Und auf diesem Gebiete liegt das angeblich von Deutschland gestohlene Stück von der Größe Belgiens: auch hier hat er ein schlech tes Augenmaß, oder er macht die Zeichnung absichtlich größer, denn sie ist ungefähr so ausgedehnt, wie das spanische Besitztum von 214 000 Quadratkilometern, also so groß, wie Italien ohne Inseln. Noch eine Dummheit! Daß Missum-Missum deutsch ist, das hat Frankreich zugeben müssen, und dieser Octckicgt auf dem Kärtchen in gleicher Richtung wie das „okkupierte Ge biet", hinter dem 11. Pariser Grade, also 100 Kilometer weiter entfernt. Auf der Karte sind südlich eine Anzahl französische Faktoreien angegeben, in dem okkupierten Ge biet nicht eine, was doch ausfallend ist, denn es sind deutsche in Vibe, Bissoma, Kormolo, Mokuma, Ayrmine, Goor, Libagha (?), Etzen, Pabulard, Allene, Ambam, Vulankem, Assiga angegeben, und diese 13 Stationen soll die Hamburg- Asrika-Kolonisationsgesellschast gestohlen haben! Das be sagt der letzte Kongo-Couricr, die Gegend bezeichnet er als Ober-Gabon. Ein gewisser Dumont wollte sich in den Ge bieten festsetzen, aber er ging, wohl weil er die Affäre Missum-Missum kannte und wußte, daß er warmen Empfang finden werde, wieder mrück. „Große Kaltblütigkeit bewies her Agent der französischen Kolonisationsgesellschaft" rühmt der „Matin". In dem Gebiet sei der Hauptmann Förster, der Führer der Missum-Kommission, vor einigen Monaten in Kelmoro verhaftet worden. Tie Wahrheit dieser Be hauptung muß der „Matin" erbringen, der Ort Kelmoro ist nicht auf seiner Karte, und ein deutscher Offizier in so ver antwortlicher Stellung, die ihn gerade wegen Grenzüber- schreuung der Franzosen dorthin geführt hatte, gibt sich kaum solch eine Blöße, wie hier erzählt wird. Auch wird gegen Förster der Vorwurf erhoben, er habe seine Landsleute nickt getadelt, daß sie sich auf französischem Grund und Boden niedergelassen hätten. Erst durch seine Durchreise seien sie übermütig geworden und hätten ihren Handel in dem Ge biet ausgedehnt, und der Stationsagent ffn dem erwähnten Bissoma, er heiße Edudu, — entweder ist der Name falsch, oder cs ist ein Schwarzer — habe die Eingeborenen gegen Dumont, den französischen Agenten, ausgehctzt. Dieser wandte sich an den Direktor Sallmard der französischen Ge. sellschaft, der mit einem gewissen Vaille die Reise über den Fluß Ovindo antrat, aber i' Bissoma mit Flintenschüssen empfangen wurde, von deutschen Händlern abgegeben, wie ein Brief des Vaille erzählt. Dumont hatte sich auf den vorgeschobenen Posten inBissoma begeben und war mit Einbruch der Nacht angelangt, wurde aber von den deutschen Pächtern mit Flintenschüssen emp- fangen. Der „Klerk" Edudu forderte die Schwarzen auf, den Dumont zu töten, er werde dafür zahlen. Dumont zog sich darauf nach Moukoum zurück (auf der Karte heißt es Mokuma und liegt noch näher an Kameruns In den Dör fern gährte es, und als in Veulankum (Karte Velankumj Benjamin Brew (ein Brite?) gleichfalls die Wilden zum siand -aufforderte, machte er einen „gewagten" Flanken marsch an Bissoma vorbei und kam nach Bibay (Karte Biebe), machte also doppelte Etappe, wobei die Leute von Moukoum und Voulankoum -den Führer machten, weshalb sie nicht anzugreifen wagten. In Bibay war der Pächter nicht zu Hause, sonst hätte er auch geschossen. (!!!) Dumont hat aus der Tour seine Bagage verloren, und er wandte sich an die Kolonialbehörde, worauf der Gouverneur Gentil die deutschen Pächter austreiben ließ. Ein Hauptmann Cottes besorgte die Sache, und Gentil, der in wenigen Tagen nach Frankreich zurückkehrt, hat die Sache gut geheißen und die Verantwortung für seinen Untergebenen übernommen. Das Blatt schreibt dazu, daß Berlin sicherlich den N-e-bereiser der deutschen Pächter nicht billigen werde, daß nur der Ruhe Dumonts zu verdanken sei, daß kein ernst licher Unsall geschehen sei. Dieselbe Ansicht hat der „Matin" auch im Falle Missum-Missum vertreten, und es war nichts damik. Tas Wort aber hat die -angegriffene HamburgMfrika- Kolonialgesellschaft! Magyarische Kulturbildcr. Eine hochgestellte politische Persönlichkeit äußerte sich, wie man uns aus Ungarn schreibt, vor kurzem im Privatkreise bei einer Erörterung der über die Beschwerden der nicht magyarischen Nationalitäten im Abzcordnctenoause geführten Debatte dahin, daß die Nationalitätenocrtrctcr nicht un recht haben, wenn sie über Verwaltungsmißbräuche Be schwerde führen, daß sie aber das eine außer acht lassen, daß dieselben Mißbräuche nicht bloß dem nichimagyarischen, son dern auch dem magyarischen Volke gegenüber verübt werden. Die letzten Wochen haben einige bemerkenswerte Illustra tionen zu dieser Behauptung gebracht, der eine gewisse Be rechtigung nicht abgesprochen werden kann, wenn auch nicht zu leugnen ist, daß in den nichtmagyarischen Gegenden die Verhältnisse noch schlimmer sind. Ein krasses Beispiel für die Auffassung, die selbst die Spitzen der magyarischen Ge sellschaft über ihre Pflichten gegenüber den tiefer stehenden Gescllsckaftsschichten hegen, hat jüngst der ungarische Lanoesverteidigungsminister v. Jekelfalussy geliefert, der einen seiner Angestellten, mit dem er einen Streit um einen Betrag von 166 Kronen hatte, einfach von den ihm unter stehenden Organen der Gendarmerie sestnebmen ließ, ohne ein gerichtliches Urteil in dieser Angelegenheit abzuwarten, und seine Freilassung erst verfügte, als der Angestellte die strittige Summe bezahlt hatte. Ein Mensch, der solche Rechtsbegriffe hat, wie Jekelfalussy, steckt mit seiner ganzen Weltauffassunz eigentlich noch im Zeitalter des Naubritter- tums und cs ist äußerst bezeichnend, daß nicht nur Jekel falussy bis zum heutigen Tag anscheinend keine Ahnung von dem Ungeheuerlichen seines Vorgehens hat, sondern daß auch ein Teil der Presse ihn offen in Schutz nimmt mit der geradezu barbarischen Begründung, daß es sich bloß um einen Dienstboten handelte (tatsächlich war cs ein intelligenter Wirtschaftsbeamter), mit dem sein Dicnstgeber nach Gut dünken schalten und walten konnte. Einen anderen, für die öffentlichen Zustände in Ungarn überaus charakteristischen Fall lmt im Abgcordnetenhause der Abgeordnete und refor mierte Geistliche Kccskemeti erwähnt, der beileibe nicht zu den sozialistischen oder nationalistischen „Schreiern" gessört, sondern ein biederes Mitglied der jetzt allgewaltigen llnab- bängigkeitspartei ist. Kecskemeti erzählte, daß auf dem Bckeser Gute des Grafen Wenckhcim der Gntslunr, g.stützt auf die Nachsicht der Behörden, von seinen Getreidefeldern nur die für Wiesen und Weiden vorge'chricbene Steuer v n 3—4 Kronen bezahle, während die armen Leute in der Um gebung, durchweg magyarische Bauern, eine Steuer von >2 bis 13 Kronen bezahlen müssen. Es ist dies eine progressive Steuer so recht nach dem Geschmack der ungarischen Gut herren, eine Steuer, bei der der Reiche verl-ältn smäßig weniger zahlt als der Arme. Daß solche Fälle nickt ver einzelt dastehen, dcffär zeugt der Umstand, daß unmittelbar darauf in der Presse die Nachricht auftauchte.^daß auf dem großen Gute des Markgrafen Pallavicini bei Szegedin ganz ähnliche Verhältnisse herrschen. Wenn solche Zustände in den magyarischen Gegenden vorkommen, kann man sich denken, daß dem Beamten oder Gutsherrn in den sogenannten Nationalitätengegenden das Interesse des Volkes noch Dst ch- gültiger ist, denn hier ist ihr Gefühl der Zmammengeyörig- kcit mit dem ibn-err anvertrauten Volke noch viel lockerer. deutsches keiG. Leipzig, 16. August. * Zur Vorberatung der Personentarisresorm ist der deutsche Eiscnbahnverkeyrsvcrband heute in Saßnitz zu einer mehrtägigen Sitzung zusammengetreten. Wie erinnerlich, hotte die im April d. I. in Stuttgart tagende Regierungs konferenz dem Verkehrsvcrbande mehrere Tariffragen zuge- weisen, über welche unter den Vertretern der einzelnen Re gierungen eine Uebereinstimmung nicht erzielt werden konnte. Zu diesen noch strittigen Punkten gehört namentlich die Frage der Rückfahrkarten, die bekanntlich abgeschafft und durch ein fache Fahrkarten ersetzt werden sollen. Ein zweiter wichtiger Punkt, über den erst noch Einigkeit erzielt werden soll, be trifft die Schncllzugszuschläge. Weitere Disferenzpunkte be treffen die Abrundung der Geldbeträge, die Beförderung der Fahrräder, die Gepäcksracht, den Fahrkartenvorverkauf, die Nummerierung usw. Als Termin der Einführung der Tarif reform ist neuerdings der 1. Juni k. I. in Aussicht genom men: es scheint danach die Hoffnung zu bestehen, daß die Be ratungen noch im Laufe dieses Herbstes zum Ziele führe« werden. * Gcsamtverband Deutscher Metallindustricller. Wie die „Deutsche Arbeitgeber-Zeitung" mittcilt, hielt der Gesamt verband Deutscher Metallindustrieller am Sonnabend, den 11. August, in Nürnberg die diesjährige ordentlich« Ausschußsitzung ab. Es wurden in dieser Sitzung die üb lichen Verwaltungsg-eschäste erledigt, die Wahl des Vor standes und der Ncvisoren vorgenommen und der Gcschästs- bcricht pro 1905 vorgelegt. Nach Angabe des letzteren habe« sich im Berichtsjahre 6 Verbände und 20 Einzelmitglieder neu angeschlossen und 2 Verbände sich für 1906 angemeldet. Der Gesamtverband zählt zurzeit 38 Äezirksverbände und 2 angeschlossene Vereine, welche insgesamt zirka 431 000 Arbeiter beschäftigen. Als besonders wichtig ist noch die Einsetzung einer Kommission zu erwähnen, welche damit beauftragt wurde, eine Vorlage auszuarbeiten, welche die Aussperrung über den ganzen Gesamtoerband satzungs gemäß regeln soll. * Eine nationallibcrale Doppelkandidalur? Wie uns ein Privattelegramm aus Hamburg mittcilt, stellten Vertreter des rechten Flügels der nationalliberalen Partei im 18. hannöver schen Wahlkreise (Stade-Blumenthal), der bisher durch den verstorbenen Abgeordneten Sattler im Reichstag vertreten war, eine Sonderkandidatur auf neben der offiziellen natio nalliberalen in der Person des Landrats (!) Dr. Dumrath. Offizieller Kandidat ist bekanntlich Senator Reese. * Erschwerte Flcischeinsuhr. Der „Kieler Zeitung" zu folge werden, wie uns ein Privattelegramm meldet, neue Ver- Feuilleton. Bufrichliglceit ist ckie yuelle aller Oenialität, unck Oie Menschen wären geistreicher, wenn sie sittlicher wären. Lörne. Unter clen Menschen unck Lorsckorfer Vepfeln sinck nicht ckie glatten ckic besten, sonckern ckie rauhen mit einigen IVarren. Zesn ?«ul. Ole Resten, ckie Uerackesten, ckie Vufrichtigsten sollen mir ckie liebsten sein. Oie will ich füx meine wahren ssreuncke halten, ckie mir ckie IVahrheit sagen, wo sie E mir missfallen könnte. — Ich achte er: viel höher, ge- 1 liebt ru sein, als gefürchtet ru wercken. KWIer wiMelm l. Chinesische* Theater. lieber daS chinesische Theater macht Charles Petit :m „Tcmps" interessante Mitteilungen. Das chinesische Theater, schreibt er, ist mehr als 4000 Jahre alt: cs existierte lange bevor Griechenland einen Namen batte. In seiner Entstehungszeit zeigte das chinesische ff Heater eine besondere Vorliebe für das Wunderbare und für das Einfache. Jede auftretcnde Person war ein Fabel wesen und verkörperte eine Leidenschaft, eine Tugend oder ein Laster. Das Gute war streng vom Bösen geschieden, wie die Schönheit von der Häßlichkeit. Ein Gott war glück- oder un- hcilbringend. Ein Held hat alle Tugenden oder alle Laster. Komplizierte, d. h. menschliche Charaktere gab es niemals. Diese Tradition behielt das chinesische Theater jahrhunderte lang bei, bis das niedere Volk der ewigen Götter und Helden müde wurde: der ungebildete Zuschauer, der von den über sinnlichen Stücken nichts verstand, amüsiert« sich lieber über die Grimassen seines Nachbars, und so entstand die Posse. Tic Evolution des ehinesstchen Theaters war durchaus logisch. Aus der Schausvielbübn« wurden die Halbgötter der Sage allmählich durch Helden ersetzt, die wirklich gelebt hatten, mit anderen Worten: das Theater wurde historisch. Da» war die LntstehungSzeit der Tragödie: Lange Monologe in Versen und pompöse Deklamationen wechselten mit Chören ab, und die Musik spielte in diesen Stücken auch eine große Nolle. In der weiteren Entwickelung dieser Schauspiele ge schah es, daß man den Helden Personen von niederem Range als Diener oder als Vertraute an die Seite stellte, und bald erschienen auf der Bühne mit den Kaisern und Prinzen bür gerliche und militärische Mandarine, Studenten, Acrzte, Kaufleute und schließlich das Volk selbst, vertreten durch Bauern und Handwerker. Die Entwicklung war beendet. Das Drama und die Komödie waren geboren. Alle Gesell schaftsklassen waren mit ihren Sitten und Bräuchen auf der Bühne dargestellt. Im 13. Jahrhundert unserer Zeitrech nung waren die chinesischen Autoren bereits mit allen Genres fertig. Tausende von Theaterstücken füllen heute die chine sischen Bibliotheken, und man darf kühn behaupten, daß das Theater der gelben Welt dem der weißen Welt weder hinsicht lich der Quantität, noch hinsichtlich der Qualität nachsteht. Die Hauptregel des chinesischen Theaters ist die Verherr lichung der Tugend und der Wahrheit. Jedes Stück, das keinen moralischen Inhalt oder keinen moralischen Endzweck luit, ist durch das chinesische Gesetz streng verboten. Das chinesische Strafgesetzbuch enthält schreckliche Paragraphen ocgen die Autoren, die das Laster oder ,,gemeine Ge- sinnungen" preisen. Man darf aber daraus nicht schließen, daß es auf der chinesischen Bühne keine Schurken und keine Laster gibt. Im Gegenteil, der Realismus artet dort nicht selten in Obszönität aus. Aber eine besondere Persönlichkeit muß immer auf das Gemeine dieser Zoten Hinweisen. Die „besondere Persönlichkeit" spielt also gewissermaßen die Rolle des Chors ,n der griechischen Tragödie oder di« Rolle des Naisonneurs im französischen Sittendrama: sie kommentiert die verschiedenen Ereignisse, die sich auf der Bühne abspielen, und knüpft daran weise Maximen oder Philosophische Lehren. Der Raffonneur kann einer beliebigen Gesellschaftsklasse an gehören, und es kommt sehr oft vor, daß «in armer Mann auf der Bühn« die schlechten Leidenschaften der vornehmen Herren tadelt. Einen Kastengeist gibt es in China nicht. Es ist, theoretisch wenigstens, durchaus gestattet, daß der Letzte der KnliS W, allen möglichen Ehren gelanat, wenn er sie durch sein Wissen und sein« Intelligenz verdient. DaS Hot zur Folge, daß auf der Bühne tugendhafte und fleißige Menschen stets zu einem höheren Rang gelangen, während die großen Mandarin« ihre Macht vertieren, wenn sie davon einen schlechten Gebrauch machen. Die Sorg« um die Moral bei den Theaterausführungen ist so groß, baß es streng verboten ist, Schauspielerinnen auf di« Buhne zu bring««. Die Jrauenrollen werden von jungen Burschen und von Eunuchen gespielt. Früher gab es auch in China Schauspielerinnen, aber sie scheinen sich vor allem durch eine skandalöse Lebensführung ausgezeichnet zu haben und wurden von dem Kaiser Khicn Lon^den Prostituierten gleichgestellt. Seit damals wagte keine Schauspielerin mehr auf den Brettern zu erscheinen. Auch die L-chauspieler wer- den verachtet, weil sie gewöhnlich aus den niedersten Volks kreisen hervorgehen und nur eine sehr oberflächliche und wenig moralische Erziehung genießen. Man erlebt also in China das merkwürdige Schauspiel, daß das Theater sehr be liebt ist, die Schauspieler aber sehr gering geichätzt werden. Ein Mann, der etwas auf sich gibt, darf nicht mit Schau spielern verkehren. Auf dem Lande ist noch das primitive Theater in Ehren. Wandertruppen ziehen von Provinz zu Provinz und bringen 4000 Jahre alte Fabelstücke oder historische Dramen zur Auf führung. Und von allen Seiten strömen die Bauern herbei, nm die Komödianten zu sehen: man bringt sich Speisen und Getränke mit, manchmal sogar auch — Belten, denn die Auf führung dauert nicht selten mehrere Tage. „Amateurs" treten zu den Schauspielern in Beziehungen, um sich als Statisten anwerben zu lassen. Wie einst in Europa die mittelalter lichen Mysterien in den Kirchen aufgeführt wurden, so wer den in China die Stück« nicht selten in Pagoden zur Aufsüh- rung gebracht. In den größeren Städten stehen alle Theatcrgcnrcs in Blüte. Die Chinesen sind vielleicht das theaterfreudigste Publikum, das auf der Welt lebt. Ist doch jeder Chinese „theatralisch" veranlagt: er liebt in allen Phasen seines Lebens die „niise an soc-ne", die prächtigen Dekorationen und die üppigen Kostüm«, di« vollklingenden Tiraden und die sym bolischen Gesten. Die chinesischen Stücke werden nicht nur auf öffentlichen Bühnen gespielt: jeder reiche und mächtige Mann rechnet es sich zur Ehre, zu Haus«, auf einer Privat bühne, die nationalen Meisterwerke aufführen zu lassen. 6. L. * Die G-ilon. Der Wiener Korrespondent deS „Berk. Lok.-Anz." bringt gelegentlich der Odston-Affäre, die wieder einmal so viel Staub aufwirbclt, ein interessantes Feuilleton über die Liebeslaunen der Künstlerin, das wir auszugsweise hier Wiedergaben wollen. Er schreibt: Das hätte niemand geglaubt, daß die Anaelegcnlusiten der -Helen« Odilon noch «inmal in ein aktuelles Stadium treten würden! I« Wien war sie ganz vergessen, kein Mensch fragte mehr nach ihr — kaum daß man wußte, daß sie noch am Leben sei. So geht cs, wenn man viele Hunderte von begeisterten Verehrern, aber keinen einzigen wahren Freund hat . . . Einen Freund zu behalten, das hat die Odilon nie verstanden. Sie wußte nie zu verbergen, wen sie bevorzugte. „Ich nehm' mir den Schani, die andern können sich zum Teufel scheren!" Das ungefähr war ihr Prinzip. „Er" hieß nickt lange Schani: er hieß alle paar Wochen oder Monate anders, aber solange die Liebe dauerte, kam nichts, auch die ehrlichste Freundschaft nicht, gegen ibn aus. Vielleicht gab ihr eben das ihre unbegrenzte M'ss: über den einen Mann, den sie sich auserkoren. Sie ba:'e die Auswahl, und sie gebot über jeden, wenn sie nur wollte. Wie war ihr Alexander Girardi, der populärste Wiener Bühnenkünstler, ergeben! Die idealste Künstlerehe, von der ein Schauspieler je geträumt, schien hier zur Wirklicltze.t geworden — aber ein paar Jahre später standen die Tinge so, daß die Odilon und Girardi l>ei Tische einander gege.i- übersaßen, jeder mit dem — geladenen Revolver neben dem Besteck. Wie schwärmte Helene Odilon von ihrem schönen, unga rischen Gatten! Ein k. und k. Kämmerer, ein wirkliche- Gentleman! Und wie froh war sie, als er in ein« Heck anstalt gebracht werden mußte und sie ibn los war. Jör Hdcol hatte sich geändert. Jetzt war cs rin bürgerlicher Sportsman», für den sie schwärmte: ein Herr Fritz Flc ch, der in Wien unter den Amatciiriecktern die schneidigste Klinge süort. Sic wollte dem Geliebten in dessen Kunst gleich werden und mühte sich trotz ihrer 40 Jahre ab, das Fechten zu erlernen. Tag für Tag cr'chien sie im Union- Fechtklub, wo Meister Barbasctti sic pei'önlich in der Füh rung des Degens unterrichten mußte. Ihr treuer Bcgle tcr war stets Herr Flesch, und man glaubte damals, die beiden seien schon verheiratet. Inzwischen war durch eine Indiskretion bekannt ge worden, daß Hcl«nc Odilon sich von Flesch batte überreden lassen, ein „gegenseitiges Testament" amzusctzen: auf dc einen Seite die Künstlerin, die ein großes Einkommen b- zog und überdies ein Vermögen von mindestens wer Millionen Kronen besaß, wozu noch das luxuriös ein gerichtete Haus in der Burggasse kam, aus der anderer Herr Fritz Flesch, ohne nachweisbare? Vermögen und obre ein trägliche Stellung. Solang« beide Kontrabenien ge>und waren, hatte die Sache immerhin noch eine aepisse Be rechtigung: denn niemand zweifelte, daß die r-bilon in Flesch verliebt sei und ihn beiraten werde, sobald sie von Herrn o. Rakowsky rechtlich geschieden war. /
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