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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.11.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061112022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906111202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906111202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-11
- Tag1906-11-12
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VkMksHddPrdLV für Leipzig «ad Vororte; 3» der Haupt» LxpedUtoa »der dar» Ausgabestellen ob geholt »onatllch: AoSgab« (I »al täglich) 70 Ps, «aSgabe v « mal «glich) « Pf„ bet Zustellung t»S HanS Aatgad« A 80 Au-gab« L l Marl. Durch »aserr aus wärtige» Ausgabestelle» und durch die Post bezogen (I mal täglich) für Deutschland »ad Oesterreich monatlich t Marl, «r die übrige» Länder laut stektungSpretSliste. Diese Nummer lostet aus ztät allen Badndvsra und bet III ^1 den Zeitung». Verkäufer» tttedatNon uud Erstedttton: IohannlSgast, LH Televbou Nr. 1b^ Nr. W2, «r. U7L Verltmr Nevattt-as-Vureaa: Berlin kkV. 7, Prinz LouiS Kerdtnanb- Straße l. Telephon l, Nr. VL7L. Nr. 5D. Abend-Ausgabe L. MWAer.TllgMM Handelszeitung. Amtsblatt des Rates und des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Moutaft 12. November 1W6. Arrzeiqeu.PrriS die -gespaltene Petttzeile sür LeschfistS- tnserate an» Leipzig u»d Umgebung Lü Pf, Aauüliemv Wohnnngd» ». KtellexUnzeiar», sowie An- und Verläufe 80 Pf, finanzirlie Anzeige« SO Pf, filr Inserate »on anSwärlS R) Pf. Reklame» 7b Pf, au-wärt» l Mark. Veilaae- gebühr 4 Marl p. Lausend ezll. Postgebühr. Ekschäft-anzeigen au bevorzugt« Stell« im Preis« «rhvht. Rabatt »ach Tarif. Aaeetgeu-Anaahmr: Aar»st»«Pl«tz 8, brt sämtliche» Filiale» «. allen Anuoure»- iärpedittone» de» In- »ud AuSlo»»««. Für daS Erscheinen au bestimmte» Tage« »« Plätze» wird leine Sarailtio äbernoulme». HOUptHsststÜS PtzTÜNt EariD»w«lo^^rzgl^^r-Hofb»chhandlg^ iTckpho« VI, «r. 4S0S). ^Ll-»rl»eMtEDre«e«.Mm-sensir^ M. Jchrgang. Vas Neueste vom Lage. (Die nach Schluß der Redaltion eiugegangenea Depeschen stehen auf der 3. Seite des HauptblatteS^ Die liberale Einigung. Am Sonnabend und Sonntag fanden unter dem Vorsitz deS ReichStagSabgeordnetrn Payer in Franlfurt a. M. Ver handlungen statt livischen Vertretern der Freisinnigen Golks partei, der Freisinnigen Vereinigung und der Deutichcn BolkSpartei. Es wurde einstimmig beschlossen, bei den nächsten ReichstagSwablen auf ein Zusammengehen der linksstehenden bürgerlichen Parteien unter Wahrung der politischen Selb ständigkeit jeder einzelnen Partei hmzuwirlen und eine Ver ständigung über die Aufstellung der Kandidaten herbeizufübren. Ferner sollen die Vertreter ihren Einfluß dahin geltend machen, daß die Befehdung der liberalen Gruppen unter- einander in Wort und Schrift unterbleibe. Gegen Sie Kieischuat. Aach die Lippesche StaatSregierung beschloß, wie uns ein Privattelegramm meldet, in Sachen der Fleifchnot offizielle Vorstellungen an den BnndeSrat zu richten. Die Berliner stircheuwahleu. Die Berliner Kirchenwahlea, die am gestrigen Sonntage stattfanden, haben den Liberalen in zwei Gemeinden den Sieg über die Konservativen gebracht. Damit baden jetzt die Liberalen in 28 Gemeinden die Mehrheit, die Konservativen in 26 Gemeinden. Ja 6 Gemeinden sind Kompromisse zugunsten der Liberalen geschloffen worden. Die Liberalen brachen die Herrschaft der Konservativen in der St. MarluS- gemeinde, wo in Nachwirkung deS Falles Fischer der Kamps am heftigsten tobte, ferner iu Nikolai und Bartholomäus 1. Außerdem erlangten sie die Mehrheit in den neuen Gemeinden Stephanus, Melanchlon, Tabor und in der Pfingstkirche. Dagegen wurden sie von den Konservativen in den Ge- meindeu der Guadeotirche uud der ChrisluSkirche geschlagen. Bon der Wartburg. Wie unS eia Privattelegranim aus Eisenach meldet, ver- fugte der Großherzog von Sachsen auf die in der Presse laut gewordenen Proteste hin, daß, entgegen den kürzlich ander weitig getroffenen Bestimmungen, vom 15. November an die äußeren Wartburgräume und Höfe dem Publikum wieder unentgeltlich geöffnet sind. Griechenland «nd der Dreibund. In diplomatischen Kreisen sieht man in der Tatsache, daß der König von Griechenland Rom besuchen werde, bevor er nach Wien geht, eine Bestätigung dasür, daß der Bemch politischen Coarakter trage und mit dem Verhältnis Griechen lands zum Dreibund in Zusammenhang stehe. Die Reise des Königs bedeute gewissermaßen die Fortsetzung der Besuche des Herrn v. Ttchirschky. — Eine Annäherung Griechenlands werden die Dreibund-Mächte unter keinen Umständen geschehen lassen, solange nicht die sehr berechtigten Be- schwerden Rumäniens abgestellt sind. Der Maghzca beschuldigt Frankreich, den Anstoß zu den Unruhen in Süd- Marokko gegeben zu haben. Er habe Kenntnis von den Verhandlungen, die Frankreich mit den Grenzstämmen ge- führt habe, die diesen Stämmen nur die Wahl zwischen der Ergebung oder dem Verlust ihres Gebietes ließen. Die den Kabyleu gegebene Bedenkzeit wird, wie man hört, vielfach zu Vorbereitungen zur Verteidigung benutzt. Opposition gegen die Perfische Anleihe. Die Unterzeichnung des Vertrages über die Vergebung einer englisch-russischen Anleihe an Persien, die binnen kurzem erfolgen sollte, verzögert sich infolge des Widerstandes der Priesterschast und der BolkSpartei gegen den Abschluß des Vertrages. — Die englisch-rusfische Verbrüderung gefällt natürlich den Persern nicht, die soeben sroh waren, sich mit englischer Hilfe von Rußland freigemacht zu haben. A«eritauische Tarifreviston. Im Gefolge der letzten Wahlen beginnt die Ebbe des Hochschutzzolls einzusetzen. Senator Cullom, der Vor sitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, er klärte, er fei für eine Tarifrevisivn in einer besonderen Tagung des Kongresses, die der Ende März abschließenden regulären Session unmittelbar zu folgen hätte. — Die erste Schwalbe l poliliscves. * Gmunden. Wie aus Berlin berichtet wird, nimmt man dort am daß ver Besuch des Herzogs von Cumberland und seines SohneS in Wien den Zweck gehabt habe, den Kaiser Franz Josef sür eine Vermittlung zwischen Gmunden und Berlin m gewinnen. Daß auf Euinberländischer Seite eine solche Absicht bestehe, ist tchon vor einiger Zeit gemeldet worden, zugleich hat man aber auch von Wien auü erklärt, daß Kaiser Franz Josef durchaus nicht gewillt sei, sich in irgend einer Weise rn eine innere deutlche Reichsangelegenheit eiuzum.schen. Dem ist, wie unterrichtete Kreise versichern, auch beule noch so. Wenn also der Cumbrrländische Besuch in Wien in dec angenommenen Absicht erfolgt sein sollte, »o dürfte er nur eine höfliche Ablehnung jeder Vermittlung d«S Kai>erS Franz Josef in der braun,chweigischen Angelegenheit erzielt haben. * Bon der AuficdelungSkommisfion. Au den dieser Tage in Po,en abgehaltenen Sitzungen der Ansiec«lungSkommi,sion nahm der UuterstaatSsekretär im Ministerium des Innern v. Bischofshausrn teil. In den Provinzen Po»en und West preußen liegen gegenwärtig 1300 Ansiedlerstellen von ver schiedener Größe aus. Dazu kommen demnächst weitere 600 Stellen, so daß dann 1000 Ansiedlerstellen mit 120 000 Morgen znr Besiedelung auSliegcn werden. Der Andrang von AnsievelungSlustigen ist in diesem Jahre stärker als im vergangenen. * Ge^tn die Arbeitslosen-Berfichcrung. Der Allge meine Handwerker-Verein hat dem Reichstage eine Resolution gegen die geplante ArbeitSlosen-Versich e- rung zuzehen lassen, in der eS heißt, daß man sich auf das entschiedenste gegen die durch die geplante ArbeitSloseuver- sicherung entsteheude Neubelaslung des Haut-Werks ausspreche, da dieses durch die Leistungen sür die gesetzlich festgelegten Woblfahrtseinrichtungen zugunsten der Arbeiter bereits außer ordentlich belastet sei. Der Reichstag werde daher um Ab- lebnung dahingehender Anträge ersucht und der Bundesrat gebeten, etwaigen derartigen Beschlüssen sein« Zustimmung zu versagen. * Das empfindliche Polentum. Massenbeleidigungsklagen gegen Rektoren und Lehrer der katholischen Gemeindeschulen in Berlin »ollen polnischerseits angestrengt werden. Anläßlich des polnischen Schulkinderstreiks in den Ostmarken wurde auch in den Berliner städtischen Gemeinde,chulen eine Sta tistik der polnisch sprechenden Kinder durch die Lehrkräfte ausgenommen. Verschiedene Lehrer und Rektoren werden nun beschuldigt, sich bei Ausnahme dieser Statistik abfällig gegenüber den polnischen Kindern über das Polentum ge äußert zu haben. Polnischerseits wird eine geharnischte Be schwerde an die städtische Schuldeputation eingereicht. * Politik und Pädagogik. In der Provinz Posen be klagt man sich bitter, daß die Schulkinder zwar nicht in den Stunden des Religionsunterrichts, aber m den anderen Stunden von den Lehrpersonen geschlagen und mißhandelt würden. Dazu bemerkt die „Schl. Volksztg.", und die „Germania" druckt es nach: „Die Richtigkeit dieser Klage angenommen, können wir unser Bedauern darüber nicht unterdrücken, daß man dieses nicht als natürliche Folge des Schulstreiks begreifen will. Es muß naturgemäß so kommen. Nachdem die Schulkinder angewiesen werden, im Religions unterricht ungezogen, trotzig und unbotmäßig zu sein, werden sic in den anderen Unterrichtsstunden sicher auch keine Engel sein; sie werden ihre Ungezogenheit, ihren Trotz und ihre Unbotmäßigkeit auch in ihnen fortsetzen und dafür gezüchtigr werden. Kann das anders sein? Kann man sich darüber wundern? Nein, wir raten den Posenern, sich noch auf weitere Erfahrungen gefaßt zu machen. Jetzt prügeln die Lehrer die Kinder, weil sic unbändig, trotzig und ungehor sam sind; bald werden die Eltern die armen Kinder prügeln müssen, weil sie auch im Hause unartig, störrisch und unbot mäßig sind — und nach einigen Jahren werden die heran gewachsenen Kinder ihre Eltern prügeln, die sie in ihren jungen Jahren zur Nichtachtung der Autorität und zur Un- bvtmäßigkeit ungehalten haben. Kann ein vernünftiger Mensch daran zweifeln, daß es so kommen wird? Zum Wohle des Heranwachsenden Geschlechts wäre cs freilich bester, wenn die Schläge, die den armen unreifen Kindern zuteil werden, jetzt auf die Eltern und die Aufwiegler, wessen Standes sie auch seien, fielen. Das wäre eine gerechte und auch die Zukunft der menschlichen Gesellschaft nicht ge fährdende Strafe." Auch wenn man in diesen Ausführungen natürlich keine Aufmunterung sehen möchte, im Kampf mit dem Polentum die Prügelstrafe einzuführen, kann man dem Grundgedanken dieses Artikels nur beistimmen. * Zentrum und Polenkampf. In Kandrzin wurde ein Zentralverein der oberschlesischen katholischen Geistlichkeit gegründet, mit dem Erzpriester und Abgeordneten Glowatzki als Vorsitzenden. Der Verein mißbilligte das Eintreten von Zentrumsgeistlichen in das polnische Komitee zur Vor bereitung der geplanten Schulstreikverscnnmlnng, welche Kardinal Kopp inhibierte, und verurteilte scharf daS gemein gefährliche Treiben der oberschlesischen Großpolenblätter, insbesondere ihre steten Verunglimpfungen des Kardinals Kopp. — Diese Regung der katholischen Geistlichen ist er freulich. Wird sie aber Erfolg haben? * Berichtigung. In dem Leitartikel der Heutigen Morgen ausgabe sind leider, abgesehen von geringfügigen zwei den Sinn völlig entstellende, ja ihn geradezu umkehrende Druckfehler stehen geblicken. So muß es auf der zweiten Spalte, 6. Zeile von oben heißen: „der die juristische Bindung durch die Resolution bestritt" snicht „bestärkt"). Ebenso muß es aus der 3. Spalte, 3. Zeile von oben heißen: „möze die Kirche vor Pfarrern bewahrt bleiben, die die heutige Sozialdemokratie politisch absichtlich fördern" lwährend es fälschlich hieß: „von Pfarrern bewacht lleibeu"). G * AehrenthalS Rom-Reise. Wie die „MontagSztg." er fährt, hat Baron Aehreuthal als Zeitpunkt für feioe Reise nach Rom die Weihnacht-feiertag« bestimmt. * Königs GeimrtStag in Rom. Anläßlich de» Geburts tags des Königs fand im Ministerium des Aeußeru ein großes Diner statt, dem die Vertreter der fremden Mächte beiwohnten. Der franrösische Botschafter Barrara als Doyen des diplomatische« Korps brachte den Triulspruch auf den König aus. Ttttoai antwortete, indem er auf da« Wohl der fremden SlaatSoberhäupler trauk. * Loyale Acutzerunge« Pichoos. DaS „Echo de Paris" veröffentlicht ein Interview eines seiner Mitarbeiter mit dem Minister deS Aeußeru Pichon über die Marokkoaffäre. Pichou erklärte, das EiuverstauoniS mit Spanien sei ein vollstäudigeS. Die französische Regierung sei entschlossen, sich strikte a« den Wortlaut der Akte von Algeciras zu halten. Es ist behauptet worden, daß Deutschland forrsahre, Fraokreich iu Marokko Schwierigkeiten zu bereiten. Diese Behauptung sei gänzlich hinfällig; nichts berechtige, die Instruktionen der deutschen Vertreter zu verdächtigen. — E- ist auzuerkeuneu, daß Herr Pichon sich bemüht, das Mißtrauen zu überwinden, mrt dem man dem Ministerium Clemeucrau entgegeasah. Auch Ele- menceaus eigene Erklärungen in der Kammer laute» weniger verfänglich als der ungeschickte Auszug, welcher vorher telegraphiert war. Außerdem erklärte der Minister: Die Stelle in der Erklärung der Regierung: ^Wir wollen <me republikanische Diplomatie", »st gegen keine bestimmte Partei gerichtet. ES ist aber bekannt, daß unsere Diplomatie nicht gerade ausschließlich von Republikanern vertreten wirb. Wir wollen daS Erforderliche tun, damit dies der Fall ist. Wir werden von unseren Diplomaten gleichzeitig berufliche uud politische Tüchtigkeit verlaogen. Die Regierung der Repubik kau« sich nicht den An schein geben, baß sie außerstande sei, in der republika nischen Partei Männer zu finden, welche fähig wäre«, sie nach außen, wie nach iuuen zu vertreten. Und auch die auSläudischeu Regierungen, so monarchisch sie auch sein mögen, muffen es uns Dank wisse«, wen« wir ihnen Männer schicken, die in ihren und unseren Augen die Feuilleton. Der Hochmütige ist ein Instrument cker 8chelme. kant. ver 8tolr, eine eckte l^icken schaff, Ist nicht dllnck gegen eigene kehler, »der cker Hochmut Ist er. i lileklenderg. ver Hochmut ckierer Zeit, Vie sich m»t leerem lloffnungrivshne nährt, 2u schvStzen Uedt uncl keine vugenck ehrt, l-legt unter mir. lieopeeckl. A«» dem Leipziger Llirrnftverein. fMüvchener Porträtisten — Otto Greiner.) Die Leitung des Äunswereins bestrebt sich, durch um fassende Kollektivausstellungen das Publikum in einer be stimmten künstlerischen Form mit den Haupterschcinungen moderner Kunst bekannt zu machen. Dieses Streben ver dient Anerkennung, selbst wenn, wie bei der gegenwärtigen Ausstellung im Oberlichtsaale, die unter dem Sammelbegriff „Münchener Porträtisten" vor uns hinlritt, die eigentliche Aufgabe nur zu einem geringen Teil gelöst worden ist. Es ist wahr, unter den Künstlern, die da zu Worte kommen, fehlt noch so manche markante Erscheinung moderner Münchener Kunst, der wir im letzten Sommer bei den großen Jahres ausstellungen im Glaspalast und in der „Sezession" begegnet sind. Alanches von dem, was sich da im Künstverein breit macht, hätte man so gerne missen mögen, um an feiner Stelle bas eine oder das andere Bild, das uns noch von München her im Gedächtnis geblieben ist, herbeizuwünschen. So ist eS einerseits nicht ganz ersichtlich, warum man von den Ver tretern der „Scholle" nur Fritz Erler bat zu Worte kommen lassen — Leo Putz freilich durste diesmal mit gutem Gewissen ausscheiden, nachdem man erst kürzlich jene wundervolle Kol lektivausstellung von ihm an der gleichen Stelle gesehen bat — andererseits sieht man eigentlich keinen rechten Grund dafür, warum man von F. A. von Kaulbach zum zweiten Male dieselben Bilder ausstellt, die erst im vorigen Dezember im Kunstverem ausgestellt waren. Freilich wollen wir nicht vergessen, daß bas Zustandekommen einer derartigen Ver anstaltung, wie die heurige, von mannigfachen Faktoren be dingt ist, über die such der beste Wille nicht Herr ist. Wenn deshalb die Ausstellung Münchener Porträtisten in mancher Beziehung Mängel und Lücken aufweist, so wollen wir doch aus der anderen Seite gern anerkennen, daß diese Kunstrevue so viel d«S Interessanten und Beachtenswerten aufweist, daß sie in jeder Begehung auSzusöhnen vermag. Interessant ist die Ausstellung vor allem au» zwei Grün- Len. Ersten» offenbart sie ganz evident den Unterschied von jung und alt, der besonders lehrreich »nm Studium deutscher Kunst ist, zweitens aber bringt sie in der Tat von jedem so genannten „Genre" moderner Porträtmalerei wenigstens eine I bezeichnende Probe. Auf der einen Seite stehen da die Kunst-1 ler, die — man kann es getrost jagen — trotz ihres großen I Rufes, der nur durch eine allgemeine künstleriiche Geschmacks- verbilduntz werden konnte, keine Ewigkeitswerte zu enthüllen haben. Fritz August von Kaulbach, lener zwar raffinierte, aber doch geistlose und süßliche Schönmaler, >er nur aus die Instinkte oberflächlichster Schönheitsduselei spekuliert sichön und häßlich sind überhaupt keine Begriffe künstlerischer Bewertung, es gibt nur gulc und schlechte Kunst!), dann Franz Pernat, der von jenem Erst genannten alles übernahm, neben der äußeren Form sogar die Geistlosigkeit des Ausdrucks und die puppenhafte Schab- lonisierung, die oftmals nur zu sehr an jene Kunst erinnert, wie man sic von Parfümjchachteln und Zigarettenplakaten her kennt, Papperitz, auch einer jener sogenannten Schönmaler u. a. — Auf der anderen Seite aber die Jungen, die kühn vorwärts Strebenden, die längst neue Werte entdeckt haben und mit ihrem freiwaltenden immensen Talent künst lerisches Neuland beackern, die Fritz Erler, Eugen Spiro, Philipp Klein. Erst an der künstlerischen Größe der Werke dieser Letztgenannten entsteht der volle und gerechte Maßstab zur Bewertung jener armseligen Elektiker- kunst eines F. A. von Kaulbach und derjenigen, die eng zu ihm gehören. Dazwischen aber gibt es noch eine Reihe künstle rischer Individualitäten, wie Hugo von Habermann, den wir demnächst in einer umfassenden Kollektivausstellung an gleichem Orte bester kennen lernen, diesen Virtuosen der Farbe und Interpreten einer übersensiblen seinsinnigcn Kultur, die von Dekadenz nicht frei ist, ober Fr. von S»uck, von dem die Ausstellung ein Glanzstück seiner Porträtkunst, vielleicht das Beste, was er aus diesem Gebiete überhaupt geschaffen, zeigt, das wundervolle Bildnis eines echten Aristokraten, des durch seine Kunstsammlungen be kannten baltischen Barons von Liphart. Auch Leo Sam- herger, der diesmal nicht ganz zu der Geltung kommt, wie es sein gewaltiges Können verdient, ist bier zu nennen. Ein Schüler Lenbachs, diesem aber an Schärfe geistiger Auffassungsgabe durchaus gleich, ein Virtuos des Pinsels, Ler Frans Hols unter den lebenden Münchenern, wie ich ibn bei früheren Gelegenheiten einmal genannt habe. Und endlich sind noch einige kleinere Talente mn diesem Ge- biete zu nennen, die noch nicht ganz im Besitze der höchsten künstlerischen Mittel sind, die aber vielversprechend in die Zukumt weisen. Unter diesen nenne ich an erster Stelle den Münchener Han 8 Best, besten Porträt des MalerS Lud. Putz nicht nur in der Auffassung, sondern auch in der delikaten malerischen Behandlung ein Kabinettstück moderner Porträtrnalerei ist und besten Damenbrldnis ein höchst apartes malerisches Gefühl verrät. Auch Schlittgen, mit dem beinahe zu frohen Farbenzcmber seines Gitarre spielers, der schon auf ber Weimarer Aufstellung bemerkens wert bervortrat und sich bort aus einigen kleinen Vlättern als ein zeichnerisches Talent ersten RangeS erb'.eS. gehört in biese Reihe. Von ben ganz Unfähigen, die sich leider auch in diesen Kreis verirrt haben, will ich lieber schweigen. Erwähnt sei noch, daß auch Tb. Tb- Heine mit einem kleinen Stück, dem Bild« deS Münchener VerleaerS Albert Langen im Garten^auteuil i'it dem onvermeiblichen Lim- plicissimushund, und Robert Weise mit einem famosen Freilichtporträt, daß von einer würzigen Naturstimmung erfüllt ist, ncher einem der besten Stücke »n dieser Reihe, ver treten find. Daß man den alten Haider, der einmal vor Jabren sich und jeine Frau gemalt har, sonst auch als Schwarzwaldmaler einen wohlverdienten Ruf behauptet, mit in diese Ausstellung hineingebracht hat, will mir durchaus nicht gefallen; denn eben jene Bilber sind keineswegs dazu angetan, in irgend einer Weise eine richtige Vorstellung von dem Scharfen dieses Altmeisters zu vermitteln, ja man toünschte beinahe im Interesse des Künstlers sie nicht gesehen zu haben. Ist auch mit diesen Andeutungen hinlänglich das Gesamt- bild der Veranstaltung erschöpjl, so möchte ich doch nicht unterlajicn, wenigstens au» bic eine oder anvere Ericyeiuuug näher hinzuweisen, die für Leipzig neu sein 'dürste. Das sind in ber Hauptsache jene Jungen, die ich oben bereits nannte, von denen die Zukunft unierer deutschen Kunst mit Recht noch so viel erwarten darf. Fritz Erler gehört in die allererste Reihe. Seine dekorativen Malereien, bie so viel seines Gefühl für die Behandlung der Fläche bekunden, in denen ein gut Teil echter romantischer Märchenstimmung mit durchaus modernem Empfinden zum Ausdruck kommt, hat ihm einen eigenen Platz im Rahmen unserer neuesten Kunst vcrschajst. Im Künstverein lernt man ihn nnr als Porträtisten kennen, und es läßt sich nicht leugnen, daß auch in diesen Stücken ein in der Hauptsache dekoratives Talent sich bekundet. Aber ganz abgesehen von der vielleicht zu ilächig behandelten Art seiner Bildnisse ist er ein Meister der Charakteristik, ein Virtuos der Farbe; ein eigenes Stil gefühl »pricht »ich in diesen Vildnincn an--, die sich unter Hunderten aus den ersten Blick erkenntlich machen. Man beachte z. B. dies entzückende Porträt einer in Braun ge kleideten Dame, das durch bie aparte Verwendung der Veilchengewinde ein malerisches Leben bekommen hat, bas den Beschauer geradezu bestrickt. Man sehe sein Selbst porträt an, diestn seinen charakteristischen Kopf, wo die Lichter so außerordentlich delikat verteilt sind, bas Ganze von einem unsichtbaren Nebelhauch überzogen wirb. Wie sich bas von dem erglühenden Hintergrund ablzebt! Das ist moderne Bildniskunst, die über die letzten Mittel einer von Frank reich herüberkommenen Technik längst Herr geworden ist. In dieser Art einer aparten Bildnismalerei steckt Zukunft. Das F. A. von Kaulbach gibt, haben die früheren Engländer, Gainsborough und Reynolds viel bester und ursprünglicher schon deshalb gemalt, weil in ihrer Kunst reine Kultur- yedonken verborgen liegen. Di« Malerei eines Erler ober rst so eigen und neu, so stark und kühn, so farbenfroh und apart, daß man von ihr mit Recht nur bewundernd sprechen darf. — Auch Engen Spiro, der Jüngere, der in weni gen Jabren zu einem außerordentlichen Rus gekommen ist, ist so ein Eigener. DaS Bildnis eine. Dame in gräulich- bläulichem Reformkleid, die «ans dem dunkelblauen Plüschsofa sitzt, ist wi« auS einem Guß entstanden. ES mutet tatsächlich >n seinen scharf «rsiißten Konturen außergewöhnlich plastisch an. ^fn diesem BrsdinS steckt nicht nur ein bloßeS Portrat, da lebt die Idee einer Erscheinung aus, die man mit wenigen Worten gar nicht deuten kann. Man denkt unwillkürlich an die Antike, die hier in neuer Form, in einer modernen Metamorphose zum Leben erwacht ist. Wie apart fügt sich dem Ganzen z. B. auch die rosa gestreifte Tapete des Hintergrundes ein! Tann das Bild der in Schwarz gekleideten Tänzerin. Mit waS für einer Sicherheit hier die Bew«ßung ersaßt ist! Es mag mehr eine Studie sein, aber diese Studie zeugt für ein tech nisches Können, das diesem Jungen alle Ehre macht. Auch das entzückende kleine Stück einer Dame in Hut uns Jaken sei erwähnt. Endlich möchte ich noch auf den Berliner Philipp Klein verweijen, besten Porträt seiner Schwester im Garten ein tadelloses Freilichtdild ist, uns dessen Bildnis eines Dozenten am Schreibtisch vor jeser konventionellen Art von Bildnismalerei nicht nur den eigenen Gedanken, sondern auch die delikate malerische Be handlung voraus hat. Es ist, als läge zwischen solcher Malerei und der konventionellen Art der Kaalbachschule ein Menschenalter. Ein Menschenalter, das wir glücklich sind, überwunden zu haben. Aus diesem neuen Menschenalter heraus ist auch Greiners Kunst entstanden, wie die unseres klingec. Jene Kunst, die mit der schweren Sehnsucht zum frohen Formenzauber der Antike hineilt, nicht jo, wie cs in oer Ahlen Nachäfferei eines Thorwaldjen oder Canova geschehen ist. Klinger sowohl wie Greiner haben das Unvergängliche der antiken Kunst, die Freade an der plastischen Form, daS Gefühl für die Größe der Linie in die Gegenwart hinuber- gercltet. Ganz abgesehen von dem unendlich tiefen Inhal» dieser Kunst ist sie rein äußerlich das Vollkommenste, mit dem je ein Künstler der Natur als solcher nahegekommen ist. Eine einzige Zeichnung Greiners ist mir lieber, als hundert ausaesührte Bilder phantasieloser Akademiker. Zeichnerisch ist diese Kunst das höchste, was die Moderne zu vergeben bat Mich hat Greiners jüngste Lchöpsung ungemein über wältigt. Man darf nicht an das LdysseusbUd des Leipziger Museums erinnern, cs ist in der Stimmung ganz von d m „Herkules bei Omphale" verschieden. Aber selbst maleris.a gesehen, offenbart dieses Bild einen so tiefen Einklang zwischen Stoss und Form, zwischen Vorwurr und Behandlung, daß es über jede kleinlickw Kritik erhaben dasteht. Wer von unseren modernen Künstlern ist denn überhaupt imstande, einen Akt zu modellieren, eine einzige Gestalt dieses Meisterwerkes mit der gleichen technischen Bravour wiederzugeben wie Greiner? Für ihn ist das Studium der Antike von u». vergleichlichem Wert gewesen. Es mag manche Wege gebcn, die sür einen modernen Künstler zur Seligkeit führen, keiner aber gewiß, der ein so eminente«, eingeborenes Können vor- ausseht wie der, auf Leim Greiner vorwärtSfchreitel. ES er übrigt sich, in eine detaillierte Betrachtung d«S HerkuleS- bildcs einzugehen. AIS eS in der Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes jüngsthin zu sehen war, wirkte eS in diesem Milieu wie eine Offenbarung au» einer anderen Welt, einer Welt, die so sehr mit Ler Sehnsucht jede» Gebildeten verbunden ist, der einmal tief ins Griechentum hiaadgetaucht ist, daß man wahrhaft wünschen muß, Greiner möchte nock- all die Hoffnungen erfüllen, die wir an sein Künstle'tum knüpfen. Da» Herkule-bild bedeutet einen immenK« ?! rt»
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