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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.10.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190510223
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19051022
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19051022
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-10
- Tag1905-10-22
- Monat1905-10
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jkezvq-'Vrei» 1» d«r Ha»pt«rp«dttw» over der« »«sgnd» st«Ü«l a-gehotd »l«rteljäyrUch K.40, txt täglich zweimaliger Zustellung ms Hau« vierteljährlich 8.—. Durch «ufevr au». wLrtige» AuSgabeftelleu »ad durch di« Poft bezog« für Deutschlauh uud O«sterretch vierteljährlich «.SO, tür di« übrige» Redaktion und Expedtttoar Johanattgaff« 8. Dchepho» Nr. 15-^ Nr. «r. U7» Berliner Redaktion»«vurea»; Berlin biW 7, Lorvtheeuswah« 8L. Del. l, «r. l^7ü. Dresdner Redaktion»-Bureau: D«<d«a^,«Suaerchstr.Sü^ r«t.l,Nr.4S«, Anzelflkn-Vrets MMer. TaMaü Handelszeitung. Ämtsvkatt des HSnigl. Land- und des Königs. Amtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Volizeiamtes -er Lladt Leipzig. di» »gchpatte« PetttzeU« tid Pf. 8auUÜ«»> Bohaung» uud Stelle» Auzeigea ftv Pf. Finanziell« Anzeigen, Beschäst-auzeigen unter Dext ad« «» vesouderer Stell« nach Daris. Für da» Erjch«iuev au bestimmten Tagen u. Plätzeu wird keine Garaattt Überno arme». Uuzeigea-Aunahm«: TugustuSplatz 8, Slk« Johannttgafle. Li« Expedtttou ist Wochentag« »nunter rochen geöffnet von irüh 8 bi» abends 7 Uchr. Filtal^kxpedtttonr Berlin, ilü-owstr. 10 « » Dresde», Manruftr.3L. Druck und Verlag von L. Polz tu Leipzig LJuh. OL B, «. R ». Kltukhardt). Hmnuttgeb«« Oe. Viktor Klinkhardt. Sir. 539. «SSSSSSSSMSSS« Tountag 22. Oktober 1902» 99. Jahrgang. Sestellrmgen für den Monat November auf da» Leipziger Tage blatt werden jederzeit von der Hprdition, Johanni», gasse 8 und Slugustusplatz 8, dem Trügrrperional, den Aeilnug-Iptditeuren, sowie de» Filialen entgrgengenommen. Der monatliche Abonnemeut»pret» beträgt für Leipzig und Vororte bei täglich 2 maliger Zustellung in» Hau« 1 Mart. MM» Neuhinzutretende Abonnenten erhalten unser Blatt von jetzt di» End« Oktober vollständtg kostrnfrei; autzerdem liefern wtt ihnen die Winterautzgab« de» LlX) Seiten siarken Verkehrsbuches nach La« wegen seiner praktischen Verwendbarkeit überall Anklang gefunden hat. Expedition des Leipziger Tageblattes. > — Var WHligrlr vom Lage. * Der Deutsche Städtetag soll im No- vember in Berlin stattsinden. Er wird die Frage der Fleischversorgung behandeln. (S. Deut- sche» Reich.) * Der Marsch nach Gongea in Ostafrika wird fortgesetzt; unsere Truppen hatten unter Ober- leutnant Sommmerfeldt ein erfolg reiche» Scharmützel. (S. Deutsch. Reich.) * Der Antrag von zehn norwegischen StorthinqSabgeordneten, welcher eine Volksabstimmung wegen der Königswahl fordert, gelangt am Montag vormittag zur Beratung. Die norwegische Negierung führt im Budget bereit» die Hivilliste mit 750 000 Kronen auf. * Der neue Kwileckiprozeß in Vosen wurde auf den 17. November angesetzt. (D. N. a. a. W.) * Der Kommandeur deS Petersburger Militär- bezirk», Großfürst Wladimir, und Vater des wegen seiner Heirat mit der geschiedenen Großherzogin von Hessen gemaßregelten Großfürsten Kyrill, hat den Daren um Entlassung au» seinen mili. tärrschen Aemtern gebeten. ver Staat alr krrleber. Die Bürger eine» Staates stehen in einem idealen Verhältnis zu diesem, ihrem SammelorganiSmuS, wenn ste die ihnen von Staatswegen auferlegten Pflichten gern erfüllen und wenn im Volke ein Verstoß gegen diese Pflichten zugleich auch als moralische oder sagen wir moderner ethische Kontravention aufgefaßt wird. An manchen Dingen und manchen Volkskreifen will sich diese Auffassung nur schwer Bahn brechen. Noch heute wird da» Paschen von Angehörigen aller Gesellschafts schichten mit mehr oder weniger Virtuosität, von allen aber völlig skrupellos geübt. Man rühmt sich sogar der gelegentlich bewiesenen Schlauheit und erst, wenn eS systematisch und deS Erwerbe» wegen getan wird, fängt der biedere Büryer an zu stutzen und sein Gewissen zu ent- decken. Achnlich ist es mit der verbotenen Benützung fremder Rückfahrkarten. Für den Staat ist eine derartige laxe Gesinnung schon de» Prinzip» wegen unangenehm. Er muß vor allem auch mit Rücksicht auf die Zuverlässigkeit seiner eigenen Diener auf peinlich genaue Befolgung der er- lassenen Gesetze und Vorschriften halten, und es muß ihm geradezu und durchaus bewußt als Ziel vor schweben, in der Bevölkerung das eben gekennzeichnete Gefühl der Selbstverantwortlichkeit und Freudigkeit beranzubilden. AIS Voraussetzung für den erstrebenswerten Akkord sollte selbstverständlich gelten, daß der Staat selbst durch Vermeidung von Cbicanen und unnötiger Belästigung die Erfüllung der verlangten Pflichten wenigstens nicht erschtoert, daß er nur tatsächlich und vor aller Augen sichtbar zweckmäßige Gesetze und Verfüaungen erläßt, daß er nicht durch Widersprüche und Halsstarrigkeiten di« Bürger zu Uebertretungen indirekt anreizt und sie da» im höheren Sinne Unethische der Uebertretung nicht vergessen läßt. Gegen alle diese Voraussetzungen wird in unserem modernen Staatsleben noch mannigfach ge sündigt. ES kommt sogar .or, daß ein Staat seine Bürger direkt zur Auswanderung zwingt. Dieser Fall tritt überdies viel häufiger ein, als man anzunehmen geneigt ist. Und gerade die jetzige Jahreszeit ist dieser Zwangsentnationalisierung besonders günstig. Es ist nämlich Semesterbeginn. Nehmen wir einmal an, jemand sei Braunschweiger, habe das Abiturienten examen an einem R-algymnasium gemacht und beab sichtige Aura zu studieren. Die traditionelle Ver worrenheit oder besser da» Elend unsere» deutschen Be- rechtigungSwesenS will e» nun, daß dem jungen Manne auf geradem Wege nicht geholfen werden kann. Braun schweig nämlich hält seine Landeskinder, die nur da» Realgymnasium besucht haben, nicht für würdig, Juristen zu werden. Infolgedessen läßt auch Preußen, da» seine eigenen Realgymnosialabiturienten ganz ungehindert in der juristischen Fakultät inskribiert, di« Braunschweiger Realgymnasiasten nicht an die Brüste der juristischen Wissenschaft heran, selbst dann nicht, und da» ist der Gipfel de» Komischen, wenn die betroffenen Abiturienten OH «uw« preußischen Realgymnasium Examen gemacht haben. Alle», um da» äußerst wichtige Reziprozitäts- derhältni» zwischen den deutschen Staaten, Preußen und Braunschweig zu wahren — im Jahre des Heil» 1905 und vierundreißig dreiviertel Jahre nach Neuerrichtung deS einigen und glorreichen Deutschen Reiche». Der Mulus steht am Grabe seiner schönsten Hoffnungen. Da endlich kommt ein Kundiger, der ihn tröstet und also spricht: „Mein Sohn, du sollst zwar auch dein engere- Vaterland lieben, aber so e» dich in-übler Halsstarrig keit hindert an deinem Fortkommen, so fasse ein Herz und werde ein paar Semester lang Preuße. Deiner Seele wird es keinen schweren Schaden tun, und wenn es dir eines Tages paßt, kannst du ja wieder Braun schweiger werden." Und der Mulus ging hin, ließ sich in Preußen naturalisieren und studierte mit großem Fleiß und viel Erfolg die Rechte, sintemalen ein Preuße mit dem Abiturientenzeugnis eines deutschen Realgym- nasiums dazu berechtigt ist. In diesem Falle war die Angelegenheit sogar für das Heimatland de» Studenten nicht ohne pekuniäre Nachteile, denn zufällig war d^r Student im freien Besitze eines sehr großen Vermögens, dessen Steucrerträgnis nun für Braunschweig verloren ging. Aber davon abgesehen: Muß nach dieser ersten praktischen Erfahrung in dem jungen Staatsbürger nicht der Zweifel an der Gerechtigkeit der staatlichen Be stimmungen wachsen? Kann er diese Bestimmungen ncch als um ihrer selbst willen achtbar anschen, wenn er am eigenen Leibe erfährt, wie man sie auf Umwegen umgehen muß, um sich seine Karriere nickt vernageln zu lassen? Was diese Bestimmung aber noch außerdem in ihrer Wirkung so unmoralisch erscheinen läßt, daS ist der Umstand, daß nur Wohlhabende sie ohne Schwierig, keit umgeben können. Dem armen Studenten, der auf das Ucberstehen der üblichen Wartezeit als Referendar zum Beispiel in der Heimat angewiesen ist, nützt die Mög- l'ckkeit nichts. Auch macht ihm der fremde Staat schon Schwierigkeiten wegen der drohenden Unterhaltspflicht. Und ähnliche Verhältnisse existieren zwischen sehr vielen deutschen Bundesstaaten und dokumentieren damit offensichtlich die höhere staatliche Weisheit. Um auS der Fülle des hierher gehörenden Materials nur noch einige» herauSzugreifen, sei an die unglückliche Lotteriegesetzgebung der deutschen Lotteriestoo*en er innert. Nicht nur, daß der Staat da» sonst verpönte Glücksspiel selbst betreibt und aus ihm Nutzen zieht, er bestraft auch daS Spielen in fremden, mchtkonzessionier- ten Lotterien. Auf die höhere Stufe „moralischer" Erkenntnis, daß nicht nur eine Handlung um ihrer selbst willen, sondern ihrer fiskalischen Folgen wegen, erlaubt oder verboten werden kann, wird der Staat die Bevölkerung aber nicht so leicht bringen. Hier liegt also wieder ein Fall vor, durch den der Staat an der Untergrabung seiner Autorität höchstselbst arbeitet. Man muß Sachsen daS Zugeständnis machen, daß es am längsten mit Strafbestimmungen geaen Lotterie- sünder zurückgehalten bat. Jahrzehntelang hat e» auf dem allein richtigen Standpunkte verharrt, daß man zwar daS Anpreisen fremder Lose, aber nicht das Spielen verbieten kann — wenn man nämlich selbst das Lotteriespiel organisiert hat. Erst die neuerlichen rigo rosen Strafbestimmungen Preußens haben es ge- zwungen, auch das Spielen unter Strafe zu stellen. Aber auch diese Zwangslage kann schließlich den heutigen Zustand nicht erträglich machen. Um ihrer selbst willen müssen die Staaten zu einer Lösung dieser Frage kom- men, wenn sie wollen, daß das Uebertreten gesetzlicher Bestimmungen als unfair betrachtet und nicht vielmehr zum Sport werde. In der ganzen Kulturwelt gilt eS als nickt zulässig, Vorteil zu ziehen von dem Besitzer unrechtmäßigen Gutes. Ter Staat aber kennt heute in manchen Fällen solche Skrupel noch nickt, wie aus seiner Besteuerung deS Verbrauches sich Nachweisen läßt. Ein Mensch, der ein Einkommen von dreitausend Mark hat, aber mit Hülfe von Defraudationen dreißigtausend verbraucht, muß von diesen dreißigtausend si.nern. Er muß also viel leicht mehr Steuern zahlen, als er rechtmäßig er worbenes Einkommen besitzt. In allen diesen Fällen tritt der Mangel an Einsicht in die Aufgabe des Staates als Erzieher des Volkes zu Tage, und eS kann nickt dringend genug gefordert wer den, daß den Gesetzgebern daS Unheil, das hier ange richtet wird, deutlich zum Bewußtsein kommt, damit der Staat seine Hände wirklich in Unschuld waschen kann und sich nicht selbst al» Sgmann böser Saat anzusehen braucht. vaverircke stampfe. (Don unferm Münchner Korrespondenten.) München, 20. Oktober. In der Kammer der Abge ordneten spielte sich heute eine Szene ab, wie sie in den Aimalen de» bayerischen Landtage» noch nicht erlebt worden ist. Wenn auch der Telegraph über da» Auf treten deS Ministerpräfioenten Frhrn. von PodewilS gegen den liberalen Führer Dr. Casselmann schon kurz berichtet hat, so wird e» schon um deS Verständnisse» willen gut sein, den Vorgang noch näher zu beleuchten. Der Ministerpräsident hatte während der Wahlreformdebatte wieder einmal da» vorjährige Der- sprechen der Regierung, die Wahlkreiseinteilung zu ändern, als eine ganz selbstverständliche, dem freien Entschlüsse entsprungene Sache hinzustellen gesucht, während alle Welt davon überzeugt ist, daß da» Zen- trum damals mit allen denkbaren Abstrichen am Budget gedroht hatte — ein« völlige Verweigerung ist gesetzlich unzulässig. Wären nicht Pflichten der Diskretion zn üben, ließe sich die» beweisen. In sehr begreiflicher Erregung hatte nun Abgeord- neter Dr. Lassetmann dem Ministerpräsidenten zu- gerufen, auch bie Gemütlichkeit der Liberalen fände ein Ende, wenn er diese Behauptung wiederholen wollte, auch die Diplomatie habe ihre Grenzen, selbst wenn sie in Wien erlernt sei. In seiner Erwiderung beschwerte sich d«r M tu i st.« r über di« Behandlung, di« ihm Dr. Casselmann von Anfang an, im Hause habe zu teil werden lassen. Dr. Casselmann konnte dagegen betonen, wie beleidigend da» Zentrum über Frhrn. von PodewilS, als er von Wien nach Mün chen berufen wurde, geurteilt hatte. Das Mißtrauen der Liberalen sei erst mit dem Rücktritte deS Grafen Crailsheim wach geworden und seit dem von Tag zu Tag gewachsen. Dabei stellte Dr. Casselmann die Frage nach der Homogenität der Negierung und erwähnte einen Artikel deS führenden Zentrumsorgans, worin dem Freiherrn v. Pode- wils der freundliche Rat gegeben wurde, er möge mit diplomatischen Künsten den Grafen Feilitzsch au» der Regierung „hinausmauövrieren", wie er seinerzeit den Grafen Crailsheim hinauSmanövriert habe. So werde im Lande gesprochen. Die weiteren Ausfüh rungen kamen einer Aufforderung gleich, sich darüber zu äußern, d. h. diese pikante Mitteilung zu demen tieren. Heute nun goß der Herr Minister die volle Schale seines höchst undiplomatischen Zornes über den liberalen Abgeordneten, dem er, ohne ein Wort gegen das Zentrumsorgan zu finden, jene „beleidigende Ver dächtigung" insinuierte um weiter zu erklären, daß dessen Art jede Diskussion für ihn unmöglich mache, do er nicht auf da» gleiche tiefe Niveau herabsteigen wolle. Diese ungeheuerliche, auch die Rechte de» Volksver treters wie die Pflichten deS Ministers völlig ver kennende Beleidigung eine» Abgeordneten, der ein vollendeter Ehrenmann und Gentleman ist, rief beiin Zentrum lebhaftesten Beifall hervor, während die Sozialdemokraten und der Bauernbund (Konservative) sich mit den Liberalen zu stürmischen Mitzfallensrufen vereinigten und auch der Präsident indirekt eine scharfe Rüge erteilte. Abgeordneter Dr. Casselmann selbst der nur in persönlicher Bemerkung replizieren konnte, wies die Vorwürfe als völlig unbegründet zurück, kon statierte, daß der Ministerpräsident der sachlichen Er widerung persönliche Angriffe vorgezogen habe und schloß, sich gründliche Abrechnung vorbehaltend, seine un. gemein wirkungsvolle Erklärung mit der Bemerkung, daß ein Staatsmann, der statt sachlich zu antworten, sich vom Zorne übermannen lasse, seinen Beruf verfehlt habe. Der, wie. gesagt, beispiellose Vorgang hat zur Evi- denz ergeben, wie sicher Frhr. von PodewilS sich im Schutze deS Zentrum» fühlt. Hat doch der ihm folgende Zentrumsredner gemeint, auch er könne die Form der Antwort nicht verstehen, weil doch der Minister präsident, der „al» kluger und ruhig überlegender Staatsmann anerkannt" sei — eine Entdeckung, die dem Zentrum bis heute unbestritten geblieben ist — da» Verhältnis der Zahlen zur Kraft der Lungen hätte be rücksichtigen sollen. Daran schloß sich der Ausdruck de» besonderen Vertrauen». Und daS alle», Nachdem da» Zentrum erklärt hatte die ganze Negierung müsse fallen, wenn sie den Minister de» Innern nicht fallen laste, und nachdem der Ministerpräsident die dem Grafen Feilitzsch zur Last gelegte Wahlkreiseinteilung ver teidigt hatte. Ta liegt wirklich die Annahme nur allzu nahe, daß dem Zentrum sehr beruhigende Zusicherungen über die Zukunft des — Grafen Feilitzsch gemacht worden sind. Die Beleidigung, die der Ministerpräsi- d»nt heute dem ganzen bayerischen Liberalismus in der Person seine» verehrten FraktionSfllhrerS ingefügt hat. beweist aber auch, wie gründlich Frhr. von PodewilS die Bedeutung der Liberalen unterschätzt. Wir hoffen, daß er daS noch ebenso gründlich erfahren wird. Deutsches Keich. Leipzig, 22. Oktober. * Ein nener Aufstand in Deutsch-Ostafrika. Wie wir schon durch Wiedergabe eine» amtlichen Telegramms in der gestrigen Morgenausgabe meldeten, ist von Ikungu, zwischen Kilimatinde und Tabora, berichtet worden, daß sich jetzt auch eine aufständische Bewegung der Wanyamwesi bemerkbar macht. Wie die „Hamb. Nachr." melden, waren schon in den letzten Tagen durch einen Privatbrief Gerüchte vermeldet worden, daß die Wanyamwesi beabsichtigen, sich dem Aufstande im Süden deS Schutzgebietes anzuschlietzen und daß eine Ueberrumpelung der Station Tabora geplant sei. Dies scheint allerdings nicht geschehen zu sein. Aber trotzdem habe die Meldung von der „aufständischen Bewegung" der Wanyamwesi eine sehr ernste Bedeutung, einmal an sich, und dann, wenn man bedenke, daß sebr viele Leute dieses Stamme» an der Usambarabahn entlang ange- siedelt sind, und daß diese vielleicht gemeinsame Sache mit ihren alten Stammesangehörigen machen könnten. Dadurch würde eventuell der Aufstand auch in da» am meisten besiedelte Gebiet der Kolonie, in das Pflan- zungSgebiet Usambara», getragen werden. Dieser Lage sollen die neu angeworbenen Sudanesen in Dar-eS- Galaam ankommen, aber ehe sie in daS AufstandSgebiet gelangen, werden sicher noch drei Wochen vergehen, und wa» inzwischen geschieht, ist mindesten» zweifelhaft. Ukunau ist eine Landschaft etwa in der Mitte (Luftlinie) -wischen Kilimatinde und Tabora, mit dem Houptort Tura. Eine Ortschaft Ikungu liegt etwas nördlich von der Karawanenstraße, die von Dar-eS-Salaam über Mrogoro, Kilosta, Mpapua, Kilimatinde und Tabora nach Udjidji führt. Sollte der Aufstand der Wanyam wesi größten Umfang annehmen, wird, da die neu an- geworbenen Sudanesen zu seiner Niederwerfung be stimmt sind, eine weitere Verstärkung der Sckutztruppe unvermeidlich sein. Andererseits lehrt aber auch diese neue Erhebung der Eingeborenen im Innern wieder wie dringend notwendig der Bahnbau ist, nickt nur zur wirtschaftlichen Erschließung de» Lande», sondern auch zur Aufrechterhaltung de» Frieden» in der Kolonie. Im übrigen liegen au» Ostafrika folgend« neue Nack- richten vor über Truppenbewegungen: Der Kvmman- dant de» Schiffe» „TbetiS" meldet au» Dar-e»-Salaam vom 19. Oktober: Major Johann«» ist da» Detachement Schlichting zur Verfügung gestellt worden: eS soll Etappen besetzen für den Marsch nach Songca. Ober leutnant Sommerfeldt vom „Seeadler" hatte ein Schar mützel mit den Aufständischen. Der Verlust deS Feindes beträgt 22 Tote. Unsere Truppen hatten keinen Verlust. * Die AetchStagScröffnun». Wie die »Neue mil.-pol. Korrespondenz" au» Bunvesrat-kreife« erfährt, ist die Ein berufung de- Reichstags endgültig für das letzte Drittel deS Monat» November vorgeieheu. Die Session dürste am Freitag, den 24. November, persönlich durch den Kalter mit einer Thronrede eröffnet werden und am gleichen Tage die Präsidentenwahl stattsinden; dre erste Lesung de» ElalS sollte daun am DreaStag, den 28. n. MtS., chreu Anfang nehmen. * Afrikanische Verlustliste. Telegramme au» Windhuk melden: Unteroffizier Gerhard Weitzel, geb. zu Bremen, früher Dragoner-Regiment Nr. IS, am l». Ottoder der der Ver folgung von viehräubera zwischen Lande» und Ancha» schwer verwundet, linksseitiger Brustschutz: Unteroffizier Johannes Luenemann, geb. zu Ording, früher Dragoner-Regiment Nr. 6, »eit dem 7. Oktober auf Patrouille in der Gegenv vom Kutip Revicr, wird vermißt. An Krankheiten find gestorben: Unteroifizier Alphon» v. Winkler, geb. zu Neu-Haube, siüder Telegrapben-Bataillou Nr. 1, am 10. Oktober io Seer» an Herzichwäche; Gefreiter Heinrich Braun, geb. zn Siegen, früher Infanterie-Regiment Nr. 3l, am 12. Oktober io der Krankensammelstelle Gocha» au Lungenentzündung; Reiter Anton Langner, geb. zu Schierke, früher Grenadier-Regiment Nr. 11, am 17. Oktober im Lazarett zu Swakopmund an Typhu»; Gefreiter Franz Srafezyk, geb. zu Scboppinitz, früher Feldarnllerie-Regiment Nr. 57, am 18. Oktober un Lazarett zu Windhuk an Bauchfellentzündung. * Der Deutsche Städtetag. Der Vorstand de» Deut schen Städtetage» hielt im Berliner Rathause eine Sitzung ad, in der er die Aufrechterhaltung de» Be schlusses beschloß, bei dem Reichskanzler eine Audienz von sieben Mitgliedern nachzusuchen. Der Deutsche Städtetag soll im November in Berlin stattfinden mit folgender Tagesordnung: Konstituierung de» Deutschen Städtetages auf Grund des vom Vorstande vorgelegten Entwurfes der Satzungen, ferner die Fleischversorgung der deutschen Stadt« und di« Schädigung ihr«r Bevölke rung durch die bestehende Fleischverteuerung. Anwesen waren Oberbürgermeister Kirschner, Bürgermeister Re icke und Vertreter von München. Dresden. Chem nitz, Nürnberg, BreSlau, Hildesheim, Köln, Kiel, Karls ruhe, Stettin, Stuttgart, Königsberg, Kottbu» und anderen Städten. * Dte Schulv»rla«e t« Preußen. E« wirb »och immer hi« und her geraten, ob da» preußische Abgeordnetenhaus, wie seinerzeit angeküadigt, bereit« im Herbst seine Tagung beginnt. Die Zweifel hänge« mit der von offiziöser Stelle unwidersprochen gebliebenen Meldung zusammen, daß die Borbereitungeu de» Schuluoterhaltuug-gesetze» noch nicht be endet seieu. Während e» vor einigen Monaten hieß, der Entwurf fei bereit» vollendet, wird jetzt verbreitet, daß sich Schwierigkeiten bei der Regelung der Schullastenverteiluog berauSgestellt hätten. Wie dem aber auch sei, von unserem Standpunkte au» können wir diese Verwgerung nur will- lommen heißen, denn wa» jenem Schulkompromiß den Charakter gab, war der Punkt 2 seine» ersten Teile», der zur gesetzlichen Festlegung de« konfessionellen Cha rakters der Schule aufsorberte. Wenn mau sich aus den Kreisen der uationakliberaleu Partei heraus jetzt durch eine Ueberrumpelung durch die Vorlage wendet, so mag man dazu au sich nicht gerade berechtigt fein, da die Nationalliberalen ja mit den Konservativen zu'ammea die Regierung aufgefordert haben, „ohne Berzug spatesten» in der nächsten Tagung" einen Entwurf ein- zubringeu. Aber in dieser Besorgnis vor der Ueberrumpe lung ist wohl nicht« andere« zu erblicken al» die Zunahme der Abneigung gegen da- Kompromiß und der Wunsch, die Fraktion möge auf gute Art wieder von dem unseligen Ent- fchluß im vorigen Jahr herunterkommen. Die Konservativen mögen den Nationalliberalen nicht mit Unrecht Inkonsequenz vorwerfe», aber in diesem Falle wäre der Mangel an Folgerichtigkeit, wie der „Hamb. Korretp." treffend hervor hebt, weniger tadelnswert, da er eine Rückkehr zu der alten guten Tradition der Partei bedeutete. * Ei« Depeschenwechsel. Bom gemeinschastlichen Mahl de« Deutschen Kolonialkougreffe» wurde da« folgende Tele gramm nach Süewestafrika gerichtet: Oberkommando - Windhuk. Dl« für den Lolonialkongreß in Berlin versammelten kolonial gesinnten Gesellschaften und Vereine habe» in erster Lia le der braven Kämpfer in Eüdwestafrika gedacht und senden Ihnen allen tn aufrichtiger Bewunderung Ihrer hervor ragenden Leistungen einen dankbaren und herzliche» deutschen Grust. Johann Albrecht. Herzog zn Mecklenburg. Au den Herzog ist darauf au» KertmanShoop unter dem l3. Oktober die nachstehende Antwort eingelaufeu: Euerer Hobest sprech« ich im Namen der «tr unterstellten Truppe« tn Südwestafrika unsere« untertänigsten Tank an» und bitte, denselben de» Mitgliedern de« Lolonialkougrefle» übermitteln zu wolle». Wir werden unentwegt btt zum letzten Atemzug nufere Schuldigkeit tun. Trotha. * Au» dem bayerische» Landtag. München, den 22. Oktober. Bei der fortgesetzten allgemeinen Budgetdebatte langen die Abgeordneten Sartoriny (liberal) und Müller-München (Sozialdemokrat) eben so wie verschiedene andere Redner auch auf die Per sonentarifreform und die Frage der BetriebSmittel- gcmeinschaft ein. Der Verkehr-Minister v. Frauen dorfer gab zunächst einen kurzen Ueberblick über die bisherigen Bestrebungen zur Reform der Personen tarife, wobei über verschiedene Punkte eine Einigung erzielt worden sei. Bayern werde jedoch der Einfüh rung der vierten Wogenklasse nickt zustimmen, da das Publikum sie nicht wolle und da die Einführung dieser Wagenklasse auch außerordentlich unökonomisch wäre. Mit dieser Stellungnahme Bayern» sei da» Einigung»- werk jedoch nickt gestört. Bei der Einianng brauche dock nicht alle» uniformiert zu sein. Der Minister gab als dann eine Uebersicht der schon bekannten Verhandlungen über die BetnebSmittelgemeinschaft und hob hervor, her l bayerisch« Vorschlag, der tm wesentlichen auf eine Ge-
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