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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.02.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060209011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906020901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906020901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-02
- Tag1906-02-09
- Monat1906-02
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Bezugs» PrelS tu brr tzauptmxdttto» »der der« «»«gab«» Kell« abgeholt: vtrrteljädrltch » L^t), bei täglich zweimaltga Znstrllmea tu» Haus vierteljährlich st.—> Durch unsen an-- wLrtigeu Ausgabestelle, und durch die Post bezogen für Deutjchlaud «h Oeperrelch vierteljährlich 4ckX1 für die übrige» Länder laut ZrttuugSperi-list«. Dief, Nummer tostet «ff ß/ß ML allen Bahnhöfe» and bei III 71^ I deu ÜeUung«. Verkäufer» i Nehattto» »nö ißr»ebttio»r JohanniSgass, 8. Telephon Nr. 15». «r. 222, «r. 1I7L verltoer Ne»aMo«»-vurrau: Berit» 8V? 7, Dorotheenilratz« 8L. Tel. I. «r. SL7Ü. Dresdner »edakttous-vureaur Dresden-«^ Köuuerttzstr. 25, Tel. I, Nr. 1583. Nr. 71. Morgen-Ausgabe. MpMer Tageblatt Handelszeitung. Amtsblatt -es Rates und -es Rolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. Freitag S. Februar 1906. Anzetgen-Prri» di» Sgespaltrue Prtttzeile für Leipzig in» Umgebung LV Pf., für au-wärt« SO Pfg. Familie» Wohnung«- u»d Stelle» «»zeige» 20 Pf. Finanzielle «»zeigen, Geschäft-anzekgea unter Tezt oder au besonderer Stell« nach Tarif. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen u. Plätzen wird keine Garantie übernommen. Au-eigen ood Extrabeilage» nur t» der Msrg«»-A»»L»t« Schluß der Anua-aw »achmittagS - Uhr. «»zeig,» Annnbi,,, U»O»ft»»tzl«tz 8, Sckv I-tzanni-gaff». H»»pt>SW«l«vorlt»t IarlL » » cke ^^^glLatzr^ostuchhandlg^ lFernsprecher Amt VI Nr. ÜSlP^ Silinl -Gr-editio«Dre»»«».«ari»«krLL. Isiü. Jahrgang. Vs» Aichtlgrte vsm rage. * Die Steuerkommission deS Reichstags nahm gestern die übrigen Bestimmungen (tz§ 14—27) des Zigarettenstenergesetze- nach den mitgeteilten Kom- promißanträgen an. Anträge auf EntschävigungSgewährung für etwa brotlos werdende Arbeiter wurden abgelehnt. * Das Ergebnis der Volkszählung im Herzogtum Braunschweig ergibt vorläufig 485 855 Einwohner gegen 464 333 im Jahre 1900. * In der gestrige« Sitzung des deutschen Landwirt- schaftSrate- hielt Professor Behring über die Tuber» kuloseimpfung beim Rindvieh und über die hygienische Milcherzeugung einen Bortrag, in dessen Verlauf er erklärte, er werde sei« neue- Tuberkulosemittel für die Menschen nicht früher freigeben, als imHerbst diese- Jahres. * Sur Ermittelung des Mörders Hennig wurde gestern nachmittag auf Anordnung de» Berliner Polizei präsidium- eine Durchsuchung sämtlicher Lauben kolonien um Berlin veranstaltet. (S. Neuestes.) Lm ZtempeMeuervoriage. Die bisherigen Verhandlungen des Reichstags haben schon gezeigt, daß von den Hoffnungen des Frhrn. v. Stengel, durch die Frachturkunden-, die Fahrkarten-, die Automobil- und die QuittungSsteuer auS dem Verkehr eine Einnahme von jährlich etwa 75 Millionen Mark herauSzuvressen, nicht allzuviel in Erfüllung gehen wird. Neue Steuern sind bekanntlich dem Publikum nie sympathisch. Es gehört aber «ine ganz besonder» große Dosis von Unkenntnis der öffent lichen Stimmung dazu, um auf die Idee zu verfallen, gerade dieses Steuerbukett, sowie e» heute vorliegt, dem deutschen Volk zu präsentieren. Es ist weniger die Höhe der Abgaben an sich, die oem Volkswirt, der in freiem Verkehr uno mög- lichst billiger Transportmöglichkeit für Waren, Personen und Zahlungsmittel gewaltige Hebel deS NationaiwohlstandeS sieht, den Kampf gegen die Regierungsvorlage aufnötigt, als die Erkenntnis, daß der ganre Gesetzentwurf ein Produkt derselben rückschrittlichen WirtschaftSausfassuna ist, gegen die der Liberalismus schon seit 30 Jahre» erfolglos Krieg führt. Die 75 Millionen, welche die geplanten Verkehrssteuern — Stempelsteuern, wie e» offiziell heißt, klingt weniger odiös, aber trifft die Sache nicht so gut — bringen sollen, ließen sich aus einer Erhöhung der geplanten Erbschaftssteuer und deren Ausdehnung auf die Desceudenten mit Leichtigkeit be schaffen. Möglich und wahrscheinlich ist ja, daß der Reichs tag diesen Weg beschreitet und dem Stengelschen Projekt ein ehrenvolles Begräbnis bereitet. Cs ist aber doch nicht aus geschlossen, daß bei dem Kuhhandel mit dem Zentrum doch die eine oder andere Blüte au» jenem unsympathischen Bukett ihren „Stengel" erhalten bleiben wird. Daun besteht aber auch die Gefahr, daß eS bei der Belastung deS Verkehr» durch die Gesetz gewordenen Teile der Vorlage auf die Dauer nicht sein Bewende» bat, sondern daß die ReichSregieruug mit neuen Angriffen gegen die BerkehrSfreiheit berauSrückt, sobald man nur wieder Geld braucht. Unserer Meinung nach bat der Reichstag die Pflicht, durch sein Verhalten der Regierung unzweifelhaft klar zu machen, daß Steuern auf den Verkehr im Deutschen Reich einfach nicht durchzusetzen sind. Alle BevölkerungSschichteu, alle Berufsstände, auch die Landwirtschaft, habe» ein Interesse an billigem Verkehr, am meisten natürlich Handel und Industrie. — Die Regieruna zieht in den Motiven für den Fahrkartenstempel Frankreich als Beispiel heran — als ob dies in seiner Steuer- und Sozialpolitik so rückständige Land sür da» Deutsche Reich maßgebend sein könnte! Daß auch aus England exemplifiziert wird, wo allerdings eine Fahrkartenabgabe, aber nur für l. und 2. Klaffe, besteht, «st nun aber ganz wundersam. Hat die Negierung vielleicht die Absicht, auch sonst den Eng länder« ihre Wirtschaftspolitik nachzumachen? Wir haben bei Einbringung der Vorlage schon über die Einzelheiten derselben kurz berichtet. Wir resümieren heute ihre Haupt züge wie folgt: Gkienftand der vefte»eru«i, Personenfahrkarten ». für Eisenbahnen (Inland- verkehr» 1) I. Klaffe 2) II. - 3) Ill. - 4> IV. - d. für inländischen Dampfer verkehr, falls da» Dampf schiff verschiedene Klassen führt, gilt der 10-^-Satz sür die niedrigste. Jede hübere Klaffe kostet Befreit sind alle Fahrkarten im Werte bis 2 inländischer Routen, Militär- und Arbeiter fahrkarten. Zuschlaaskarten werden nur dann besteuert, wenn sie den Uebergang in eine höhere Wagen klaffe als die Hauptkarte ermög lichen. Erlaubniskarten fürKraft fahrzeuge a. Erlaubuiskarten für Kraft fahrzeuge zur Personen beförderung auf öffent lichen Wegen und Plätzen 1) Krafträder 2) Kraftwagen a. 1—2 Sitzplätze b. mehr als 2 Sitzplätze falls Fahrzeuge unter 1 und 2 nicht mehr als 4 8? haben im Uebrtgen Die Abgabe ermäßigt sich um die Hälfte, wenn die Karte nicht länger als 4 Monate gelten soll. d. Im Ausland wohnende Besitzer zahlen bei Be nutzung ihrer Kraftfahrer im Inland«: 1) Krafträder, für nicht länger alS 30 Tage 2) Wagen a. für nicht länger als 5 Tage 1 oder 2 Sitze mehr Sitze b. 5—30 Tage 1 oder 2 Sitze mehr Sitze Befreit bleiben 1) Fahrzeuge, die zu aus ¬ schließlicher Benutzung im Dienst des Reichs, eines Bundesstaats oder einer Gemeinde bestimmt sind. 2) Fahrzeuge, die ausschließ- sich der gewerblichen Per- sonenbesölderung dienen. Quittungen über mehr al» 20 Sleucriatz vrk v,. vrrechnun« v«r vlem-kc- adgate — 10 — 20 Bei Eisenbahnen, die keine IV. Klaffe füh ren, aber nicht mehr Fahrgeld alS2^per Kilometer in III. Kl. verlangen, gilt 5 auch für die III. Kl. Straßen- und ähn liche Bahnen mit nur einer Klaffe gelten als III. Klaff«. von der einzelnen Karte. 10 100 150 2 5 als Grundbetrag außerdem: von jeder einzelnen 8? oder über- fchießendem Teil eines solchen. 3 10 15 30 45 für die einzeln«» Karte. Bei länge- rem Aufenthalt ist eine Karte der unter a. bezeichneten Art zu lösen. Der ge- zahlte Stempel wird angerechnet. von jedem einzelnen Schriftstück — ent hält diese- mehrere Quittungen, von jeder einzelnen Quittung. Wird von oder gegenüber mehreren Personen, die nicht Gesamt berechtigte, bezw. -verpflichtete sind, auf einem Schriftstück quittiert, so ist jeder einzelne Posten sternpelpslichlig. Befreit sind: 1) Darlehosquütungen und dergl., also Belege für eine Wieder- auSzahlungsoerpflichtung. Die Empfangsscheine der Post über Post- anweisungSetnzahlunaen sollen aber siempelpflichtig sein. Der Stempel ist auch fällig, wenn die Post keine Bescheinigung erteilt. Er ist auf dem AnweisungSsormular anzubringen. 2) Quittungen im inneren Dienst eines und desselben Kaffen wesen», sowie im Verkehr de« Reichs und der Bundesstaaten unter- einander. »rgenstand der »esteiieru«, Frachturkundrn: ». Connaiffemrnte, im Server- kehr mit dem entfernteren Ausland« d. und c. do. im Inland-- und näheren AuslandSverkehr ci. alle sonstigen Frachtbriefe, fernerPacketadressrn, Gepäck scheine, Brförverungsscheine u. s. w. Bei Urkunden über ganze Schiff»- oder Waggon- lad un gen erhöhen sich die Sätze unter »—ck wie folgt: fall« dir Fracht beträgt unter .«l 25.— ans« doppelte, bei höheren Beträgen aus fünffache, ferner bet Flußschiffen über 100 t oder Seeschiffen über 250 edm und Frachtbeträaen unter ^25.— aus- fünf- fache, bei HSHerenFrachtb «trügen aus« zehnfache. Die Sähe unter d—<1 ermäßigen sich aus wenn feslsteht, daß der Fracht- betrag .Xt 0.50 nicht erreicht. Sleurrjatz vercch^una drr Stcnprl- abqabc Mk. Pf. l Bonder einzelnenUr- knndr. Bei Sammel gut für verschiedene Empfänger gilt jede 10 Teilsendung al» eine Steuereinheit, eben so bei mehreren zu — 10 einer Urkund« ver- einiaten Tran »Port- gesätzen jrd. Waggon od«r jrdr- Schiff. — Ob Grpäckfcheine von Ressenden und auf Grund behördlicher Be- ßi»u»»»g«« frachtfreie Sendungen find ftrmpelsrri. 3) Quittungen auf Postanweisungen für die überwiesenen Beträge. 4) Quittungen über Anleihezinsen von Reich und Bundesstaaten. 5) Quittungen auf Schriftstücken mit Reichsstempel, über daraus bezügliche Zahlungen. 6) Quittungen öffentlich rechtlicher Art (Steuern, Strafgelder rc.). 7) Quittungen öffentlicher Beamter über Gehalt und Pension. 8) Lohn- und GehaltSqnittungen invaliditätSversichrrung-pflich« tiger Personen. 9) Quittungen über Rückzahlungen aus Sparkassen, sowie über Unfall-, Invaliden- und Altersrenten, Unterstützungen, Kranken gelder rc. rc., überhaupt Zuwendungen aus Anstalten, die nicht auf Unternrbmergrwinu berechn«! sind. Im einzelnen wäre zu den Stempelabgaben viele- zu be merken. Wir beschränken uns auf das folgende. Bei dem Frachturkundenstempel ist da» lästigste, daß er auch schon ganz kleine Sendungen trifft, und diese unver hältnismäßig belastet — z. B. ein Postpaket in der 1. Zone wird mit 20 Proz. des Porto- belastet, eine Eisenbahusen- düng, die vielleicht 1 .sk Fracht kostet, immer noch mit circa 10 Proz, während bei großen Verladungen an eiu« Adresse auf Waggons oder ganzen Schiffen der »stempel allerdings nicht allzu fühlbar wird. Am meisten wird der Kleinhandel davurch getroffen werden. Was sagen unsere Mittelstand-- retter jetzt? Nu« haben sie ja ihren Willen, nachdem sie so lange nach einer Erhöhung de« Paketportos geschriren haben I Da» Mindeste, was die Kommission tun sollte, wär« wohl die Befreiung aller Frachturkundrn, die weniger al- 10.— Fracht bedingen, durchznbrücken. Hoffentlich befördert sie aber diesen ganz«« PasfuS in den OrkuS und mit ihm den Stempel der Personenfahrkarteu, zum wenigsten den der 3. und 4. Klaffe. Wenn schon gestempelt werden muß, soll man wenigsten- dem von der Regierung selbst hervorgegaagenen Beispiel der Engländer folgen und nur 1. und 2. Klaffe bluten lassen. Die Erlaubni-karten für Automobile I sind in weiten Kreisen da« populärste Stück ver ganzen »Vorlage, aus dem Grunde der bekannten Abneigung leine« großen Teil« derjenigen gegen die Kraftfahrzeuge, die sich selbst kein derartige« Vehikel leisten könne». In Automobilislenkreisen wird begreiflicherweise eine Petition gegen diese Steuer geplant. Berechtigt daran ist ohne Zweifel die Frage, warum denn gerade Automobile ver steuert werden sollen, während Luxu-gespanne und Wasser fahrzeuge frei bleiben. Freilich, unter der Automobilsteuer leidet schlimmstenfalls die Industrie, während zu einer Gespannsteuer auch die Agrarier erheblich beitragen müßten. Und das geht doch nicht im 20. Jahrhundert in Deutschland! Unbedingt sollte man aber wenigstens die beruflich benutzten Räder und Automobile von Aerzten, Geschäftsleuten »c. frei lassen. Der Quittungsstempel macht sich vor allem dadurch verhaßt, daß er schon Quittungen von 20 an trifft, und die Quittungen, welche die Post erteilt, nicht frei läßt. Wenn man die Befreiung bis 100 .E au-dehnte und die Post ganz herausließe, wäre schon eher darüber zu rede« — aber daun bliebe von dem finaozielleu Ergebnis nicht viel mehr übrig. Auch wiederholen wir, daß der Reichstag da- Prinzip der Freiheit des Verkehr-, soweit e» überhaupt jetzt noch besteht, nicht noch weiter durchbreche« lassen sollte. Zum Schluß wollen wir kurz die Ergebnisberechnung der Vorlage skizzieren. Demnach erwartet mau: auS deu Frachturkunden ca. 41 Millionen » - Fahrkarten - 13 - - - Kraftfahrzeuge« - 3»/» , - - Quittungen: ») Postanweisuug.8Mill. d) sonstige Quittg.8 - 18 - 73Y, Millionen Das bedeutet eine jährliche Belastung de« Publikum- mit ca. .4 1.25 pro Kopf, oder pro Familie ü 5 Personen 6.25 — ohne Rücksicht auf Reichtum oder Armut, auf hohe- oder niedrige» Einkommen. Am meifteu wird der kleinere Geschäftsmann dazu beitragen, der viele kleine Babn- uud Postsendungen bekommt und kleiner« Reisen zu machen hat. Muß da« sein??? ver FSdrpuM Orr ungaffrcbe.t ffsire. * Pest, 7. Februar. Graf Andrassy ist, statt die sehnlichst erwarteten Porte feuilles für das Koalitionskabinett in der Reisetasche mitzu bringen, mit leeren Händen gekommen. Die Führer der Koalition haben wieder einmal das Friedensbedürfnis be greifen Kaisers Josef überschätzt. Der Monarch hatte sich in der Botschaft, die er den koalierten Parteien, durch den Grafen Andrassy, übermitteln ließ, bereit erklärt, ihnen die Negierung zu übergeben, aber nur wenn diese Parteien von ihren unannehmbaren Forderungen abstehen. Die Führer wollten aber besonders schlau sein, und schickten den Grafen Andrassy mit einem ganzen Bündel von zum Teile gan- neuen „Bedingungen" wieder nach Wien. Diese Beding ungen trugen den vieldeutigen Charakter der zusammenge würfelten Koalitionsmehrheit deutlich zur Schau. Bon den einzelnen Punkten erwähnen wir: Die Koalition will sich zur Annahme des deutschen Handelsvertrages im unga rischen Abgeordnetenhause verpflichten, jedoch nur aus Grundlage eine« selbständigen Zollgebietes und selb ständig im Namen Ungarns. Mit Oesterreich wird Ungarn einen Handelsvertrag abschließen. Es wird eine eigene ungarische Notenbank gefordert. Die militärischen Forderungen der Magyaren bleiben in der Schwebe, aber auch die Erhöhung der Militärkredite. Die infolge ibreS Widerstandes gegen daS Ministerium Fejervary ihrer Aemter enthobenen Beamten werden wieder eingesetzt, hin gegen die durch da- Ministerium Fejervary «ingesetzten Be amten entlassen. Schließlich sollen die gesetzlichen Be stimmungen über daS Recht des König- zur Vertagung und Auflösung des Abgeordnetenhauses einer Revision unterzogen werden. Tie Koalition wollte sich verpflichten, ein neues Wahlgesetz zu schaffen, beileibe aher kein allgemeines Wahl recht, sondern nur ein erweiterte-, sehr verklausulierte- Wahlrecht, das die unbeschränkte Herrschaft deS Magyaren- tums über die Nationalitäten auch weiterhin verbürgt. Der Monarch aber sollte sich durch eine feierliche Erklärung der- pflichten, die Entscheidung des auf Grund diese- neuen Wahlrechtes gewählten Abgeordnetenhauses in der Heeretz- frage durchzuführen. Man muß geradezu staunen über den Mut, mit dem Graf Andrassy es wagte, seinem Monarchen solche Bedingungen zu übergeben. Es ist ein ganz unwürdiges Spiel, da- sich da die magyarischen Parteiführer erlaubt haben. Sie konn- ten doch keinen Augenblick daran glauben, daß diese Be dingungen durch den Monarchen Annahme finden würden. Sie haben also diese Punkte nur aufgesetzt, um ein ueueS Handelsobjekt zu haben, von dem sie dann wieder «blassen können. Wenn es der Monarch nun ablehnt, sich zu einem solchen Handel herzugeben, wie rS nach den bisher in die Oefsentlichkeit gedrungenen Nachrichten der Fall zu sein scheint, dann werden die Herren mit scheinheiliger Miene ihre bekundete Friedensbeveitfchaft betonen, und das Odium der Verantwortlichkeit von sich abzuwälzen suchen. Höchste Zeit ist cs nun, in Ungarn ernstlich KehrauS zu machen und daS Land von der Herrschsucht der magyarischen AdelSclique zu befreien; von der Herrschaft einer Clique, die dem Throne mit solchen Bedingungen zu nahen wagt. Ungarn geht sehr kritischen und ernsten Zeiten entgegen. Jetzt aber muß man in Wien den Mut finden, ganze Arbeit zumachen. Jetzt muß man die Völker Ungarns >n die politische Arena führen^ um dem llebermut der in ihrer Herrschsucht größenwahnsinnig gewordenen Magyaren zu brechen. Nur eine vorübergehende Suspendierung der Verfassung kann noch eine Gesundung hcrbeisühren. Die Nationalitäten Ungarns — die Mehrheit der Bevölkerung deS Landes — sieht hoffend und sehnsüchtig dem sie von der magyarischen Gewaltherrschaft erlösenden Manifeste des Monarchen entgeaen, das nicht an die „Nation", sondern an die Völker Ungarns gerichtet fein muß. An diese Völker, dir stets kaisertreu waren, an diese Völker, die noch leben, obwohl da» Magyareutum feit drei Jahrzehnten alles getan hat, um sie politisch mundtot zu mache». Da» Magyaren- tum, das durch eine außerordentliche Gunst der zeitlichen Umstände eine weit über seine Bedeutung hinausgeheude Machtstellung errungen, hat diese Macht in ieder Hinsicht mißbraucht. Die „freiheitsliebenden Magyaren", die eine asiatische Herrschaft mit dem Mißbrauch europäischer For men ausgerichtet haben, dürfen sich heute nicht wundern, wenn der Zusammenbruch ihrer Herrschaft bei keinem Kul turvolks Bedauern Hervorrufen wird. Da» Magyareutum muß, als kleines Volk, sich bescheiden lernen, e- darf nicht mehr Raum für sich beanspruchen, alS ihm rechtmäßig ia der europäischen Völkerfamilie zukommt. -- Veukscbes Keich. Leipzig, S. Februar. Lk. Tie Är-tzherzo-in von Vaden und Ara» Geck. AuS Karlsruhe wird uns geschrieben: ES war für die Zweite Kammer keine geringe Ueberraschung, als am Dienstag in der Budgetdebatte der sozialdemokratische Vizepräsident Geck nicht ohne Stolz die Mitteilung machte, daß die Groß herzogin seine Frau aufgesucht, sich eine halbe Stunde lang mit ihr unterhalten und sich »achher von dieser „Konferenz" sehr befriedigt erklärt habe. Ob die» jedoch, wie er glaubt zu dem Zwecke geschah, „um einmal eine wirklich sozial demokratische Frau kennen zu lernen*, darf vielleicht doch in Zweifel gezogen werden. Bon tiefem sozialen Pflicht gefühl durchdrungen, bringt die Großherzogin allen gemein nützigen Bestrebungen zugunsten ver unteren Volksschichten ein warmes Interesse entgegen, da» sich überall, wo es gilt, Not und Elend zu lindern, gerne und opferwillig betätigt. Sie pflegt deshalb jede geeignete Gelegenheit zu benützen, um Über solche Fragen Informationen, Wünsche und Anregungen entgegen zu nehmen, und zu diesem Behuf« tritt sie mit Angehörigen aller Gesellschaftsklassen in Fühlung. E» läßt sich sonach begreifen, daß sie Über solche Anfielegenbeiten auch einmal mit einer Frau sprechen wollt^ der der sie intimere» Verständnis und Interesse für die Sorgen und Beschwerden der Arbeiter bevölkerung und besonder» de, Arbeiterinnen vorauSseve« durfte. Daß politische Motive der Großherzogin gänzlich fern lagen, ist selbstverständlich, und sicherlich hat fit Her Möglichkeit kein Gewicht beigemeffen, daß chr vorurteilssrerr« Verhalten mißdeutet oder von sozialdemokratischer Seite agitatorisch verwertet wird. * Zur gerichtlichen M-cSfrage. Bei dem Thomaprozeß in München, der noch immer die Oessentlichkeit beschäftigt, erklärte bekanntlich der al» Sachverständiger geladene Prof. Dr. Forel nach seiner Vereidigung, daß er urcht an einen persönlichen Gott glaube. Der Vorsitzende ging nicht weiter darauf ein. Der Staatsanwalt bekrittelte e» aber in seinen: Plaidoyer, daß eiu Mann, der nicht an Gott glaube, doch nicht darüber urteilen solle, wenn e« sich um Moralität handle, die doch im Zusammenhang mit der Religion stehe. Frhr. v. Soden hatte da« im Ausschuß der Kgmmer der Reichsräte aufgegriffen und Dr. Forel erklärt daraufhin, wie die „Frkf. Ztg." mitteilt, Folgende»: In der Schweiz ist die religiöse Eidform«! vor Gericht meist abgeschafft oder wrnigsten« nicht obligatorisch, so daß ich bisher ni« in den Fall kam, vor Grricht eiu«u religiösen Eid leisten »u müssen. Al» ich nun in München beim Liv die Wort« nach sprechen mußte, „so wahr mir Gott helfe" usw., hab« ich e» für ein Gebot der Ehrlichkeit, mir selbst und den anderen gegenüber, gehalten, dem Vorsitzen!)«» zu erklär«», „daß ich den Begriff Gotte- dabei nicht persönlich nehme." DaS ist wörtlich meine bezügliche Aussage. In einen Bortrag über „Gehirn und Seele'? (Bonn bei E. Strauß) habe ich meine Ansicht über di« GlaubenSfrage «ntwickelt. Ich denke doch, daß mau beim Eidfchwören selbst keinen Meineid leisten darf. ES wäre aber «in Meineid zu schwören: „so wahr mir Gott helfe , ohne zugleich zu protestieren, wenn man nicht an einen persönlichen Gott glaubt. Zrvinot man also einen Menschen, dir au eine persön liche Beschaffenheit Gotte» nicht glauben können, ans fein« persönliche Hilfe bin zu schwören, so zwingt man sie gesetzlich zum Meineid. Oder man drückt die Augen zu, gibt aber; wie e» der Münchner Staatsanwalt in seiner Anklagerede tat, unzweideutig »u ver sieben, daß man solchen Menschen quasi da- gesellschaftliche Dasein-recht abspricht oder sie wtnigsteu« für Bürger sehr minderer Güte hält. Wohl au- diesem Grunde pflegen dann die Leute, die nicht an einen persönlichen Gott glauben, dennoch auf ihn zu schwören. Ich frage nun diejenigen Gläubigen, welchen e» mit ihrem Glauben und mit der Religion überhaupt ernst ist, und die nicht nur Gaukelspiel damtt treibe», ob die formelle Heuchelei, die mit solchem Zwang groß gezogen wird, einer loyalen christlichen oder sonstigen Nächstenliebe und Ge rechtigkeit würdig ist? Eie werden mir gewiß mit nein antworten und mir recht geben, wenn ich eine Eidformel ablehne bezw. korri giere, die meinem Glauben zuwidrrläuft. Wollte man konsequent sein, io sollte man alle „Andersgläubigen" oder alle Freidenker all dem Lande verbannen oder wenigsten» al- out-luv» erklären. Wenn nicht, jo muß man den religiösen Eid fakultativ erklären und ihn sür die Leute, die nicht den Glauben der offiziellen Kirche teilen, durch eine religiös völlig neutral« Formel ersetzen. Ieder, der eS mit dem Eid ernst meint, kann Herrn Prof. Forel nur Recht geben. * Afrikanische Verlustliste. Oberleutnant Richard Schroter, geb. zu Glogau, früher im 8. westpreußischen Infauterie-Regiment Nr. 175, am 16. Januar beim Sturm auf d,e Höhen von NguteS (?) durch Schuß in» Auge ge fallen. — Am 1. Februar im Gefecht bei AutaS leicht verwundet: Hauptmann Fedor von Bosse, geb. zu Hannover, früher im 1. Secbataillon, Streifschuß rechter Unterarm; Unteroffizier Otto Röder, geh. zu Düsseldorf, früher im Königin Elisabeib - Garde - Grenadier - Regiment Nr. 3, Fleischschuß rechter Oberschenkel. Ferner Gefreiter Martin Kroeber, geb. zu Leipzig, früher im 7. sächs. Feld- Artillerie-Regiment Nr. 77, am 28. Januar durch einen Posten in NarichaS schwer verwundet, Schuß in Arm, Achsel höhle und Rücken. Reiter Franz Dallmann, geb. zu Äenz- laffshausen, früher im Kaiser Franz-Garde-Grenadier-Regi- ment Nr. 2, am 4. Februar im Lazarett KeetmauShoop au Nierenentzündung gestorben. * Der Etat für vftafrit» in »er Vu>i,t1kv»«isfion. Erbprinz von Hohenlohe-Langenburg erklärte in der gestern e fortgesetzten Beratung, die Aufhebung der Zwangsarbeit solle I nickt auf die lange Bank geschoben werden. Gebeinirat I Seitz führt aus, die Mitteilungen, wvuach fünf Firmen
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