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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.05.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-05-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060524017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906052401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906052401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-05
- Tag1906-05-24
- Monat1906-05
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ripIM TaMat Handciszeitung Mlsölali des Rates und des Rolizeiamtes dex Ltadt Leipzig. -v 100. Jahrgang Donnerstag 24. Mai 1606. »nzetg«, „d »xlradrllaqe, nnr in d« Mnrgev-Ausßabe vchknß der «»nahm« nachmittag« 4 Uhr. Ne-attt-n »n» Erb«btttv>r Joho»ni«gaff» 8. Tekephon Nr. 163, Nr. 222^ Nr. U73. verltner RedattionS-vureaur Lerlln K1V 7, Dorotheenstraß« SS. Tel. I, Nr. 9276. Dresdner Nebattton»-Vure«rr Münchner Str. S. lVezugS-Prei- 1» der Hauptexpedütnn ob« deren Au-gaba» stell» abgrhoU: »irrtelsährltch ü-4", bet täglich zweimallger Zusteklomz in« Hau» »IirtrljLhrllch ^l h.—. Lurch unsere au«« zvärtige» Ausgabestelle» und durch die Post Lezogra für Deutschland und Oesterreich viMtlsährlich 4.ba für di« übrige» Länder laut Zrüuug-prrl-llst». Diese Rimmer loste« aus 4/1 tN? allen vahnhöse» »ad bei III Al den ZrilungS-Verkäufer» ü" ^1 Slnzeigns-PreiS di» SgespaUe« Pettt-eil« für Leipzig rnd U«-»d»ng 26 yf„ für »nSwärts SO Pfg, FanUlle»- vobanog«. und tztell«- Nagrige» SO Pf. Fkanzkell,Anzeigen, Geschäft«onzeigeu uni« »ezt oder au besonderer Stell, »ach Laris. Für da« Erscheine«, an bestimmte» Tage» «. Plätze» wird kein» Garantie hdernommeu. Nr. 200 Anzrkgen-Aanahmer 8a»»stusplatz 8, Lck, Iobannk-gaff». Haupt-Alltake v«rll»r LarlD»»ck, r, d»,ftl.Ba,rHofb»chhandlg. Lbtzowstraß, 10 kyerasprech« Amt VI Nr. «SOZI UMal-ErbebttiO»tDre»be».MarienstrL4, Var Aicdtsgrtr vom rage. * Wie verlautet, wird der nationalliberale Ab geordnete für Erfurt, Lanogerichlürat Hagemann, in daS Kolonial-Mt «'«treten, wo er Dezernent für Kamerun und Togo werden soll. * Der Reichstag bat gestern di« Militärpension»- »«fetze in dritter Lesung angenommen. Bei der dritten Lesung de« Elai« gab SiaatSselretär von Tschirschky und Bögenvorfs Ausilärungen über di« auswärtra» Politik. (S. Bericht.) * 2m Prozeß gegen den Oberste« Hüger wurde der Antrag, den Angeklagien in «iner Irrenanstalt auf seinen Geisliszustand untersuchen zu lassen, ab gelehnt. (H. Bericht.) * Ein« Division des italienische« Mittelmeer- geschwader«. geiührl vom Herzog von Genua, welcher den Panzer „öepanto" al« Flaggschiff wählte, wird während der bevorstehende« Anwesenheit de« Präsidenten Yalli-re» in Toulon den Präsidenten daselbst drgrüßen. * Henrik Ahsen ist gestern nachmittag l/,S Uhr in Christian«« gestorben. (S. Feuilleton.) silsnrlailt. Als Zar Alexander HI. stehend die Marseillaise anhört«, während di« französischen Panzer d«n Kaisersalut aus der Reede zu Kronstadt feuerten, fühlte Europa, daß in diesem Augenblicke «ine alte Tradition in die Brüche ging, und eine neue Gruppierung der europäischen Mächte entstand, deren Existenz dem grämten politischen Leden unseres Planeten ein« neue Wendung geben mußte. Zu den eingewurzelten Vorurteilen de» echten Preußen gehört von jeher trotz Zorndorf und Kunersdorf der Ge danke, daß di« eigene Politik mit den Interessen Rußlands parallel laufen müsse, und noch auf dem Sterbebette ließ der alte Kaiser seinen letzten fftat auSklingen: „Du mußt mit Rußland aut Freund bleiben." Ohne Zweifel haben die ge meinsamen Wassentaten in den Befreiungskriegen diese Tra dition mit Blut gekittet, die heilige Allianz verstärkte den Gedanken «iner unauflöslichen Freundschaft mit Rußland Jahrzehnte hindurch, und di« Haltung Alexanders II. wäh rend des deutsch-französischen Krieges gab diesem Glauben die letzte Weihe. Dabei hat Rußland von jeher feinen allereigensten Vorteil in der Freundschaft mit Preußen ge sucht, und wer mit scharfem Auge das Verhalten der Rusten in kritischen Momenten mustert, wird al» Skeptiker von die. ser Arbeit aufstehen. Daß Alexander I. Preußen seelen ruhig nach Tilsit gehen ließ, daß er noch in Erfurt mit Napo leon I. in einer Weis« va trärv war, die Preußen jede Hoff nung auf die Hilke de» östlichen Nachbar» nahm, weiß jede» Kind. Daß derselbe Alexander «och nach Bar-sur-Aube und La Rokhiire dafür zu hahen gawüsen wäre, Napoleon Frank reich und die Kaiserkrone zu lasten, ist gleichfalls «ine Tat sache. Preußen sah man von Petersburg auS stets al» «ine Art Satrapie an, der «chte Russe hielt die guten Dienst« des Berliner Kabinett» für eine Selbstverständlichkeit, und als Preußen nach vlmütz ging, zuckt« man an der Newa die Achseln. Man muß die Flut der Verwünschungen kennen, die auf BiSmarck und un» niedersingen, als der Berliner Kongreß da» Provisorium von San Stefano auf eine ver nünftige Basi» stellte, und man wird die maßlosen Ansprüche ja verstehen, die jeder echte Rüste im stillen Herzen an un» stellen zu dürfen glaubt. In kritischen Zeiten wußte man den Nachbarn im Westen stet- zu finden: sobald der schwarz umzogene Himmel wieder blaute, hat man in Rußland immer «in kurzes Gedächtnis für deutsche Ehrlichkeit und HilfSbs- reitschaft gehabt. BiSmarck sah als echter Opportunist kalt blütig di« Entwicklung der Dinge an. Er kannte die Schwächen Rußlands zu gut, um sich durch Toulon und Kronstadt verblüffen zu lasten. Er wußte, daß eS dem dritten Alexander allerdings Ernst mit seiner schlecht verhehlten Ab neigung argen un» war, daß er in einer Freundschaft mit Frankreich daS beste Mittel sah, auf Deutschland «inen Druck auSzuübr» und di« deutsch« Politik nicht zur Ruhe kommen zu lasten. Alexander NI. agierte getreulich seine Kopenhagener Roll«, di« von der „Schwiegermutter Euro pas" für den Gatten Ihrer Tochter bestimmt war. Dabei hatte er den Vorteil, sich durchaus im Einverständnis mit dem größeren Teil seine» Volkes zu sehen, und eS erwuchs in ihm eine Rücksichtslosigkeit gegen unS, daß er mit Mühe bei dem Antrittsbesuch unseres Kaiser» da» Gesicht zu vahren verstand. Alexander II «iemal» im heiligen Rußland populär, sein Sohn dafür um so mehr bei den echten Nationalen. Da» wußte Vi»marck, aber «r kannte auch di« letzten Absichten der russischen Diplomatie bei dieser Zweibundßgründung. Zu seiner asiatischen Politik, di« un- sehlbar zu einer schweren Kollision sühren mußt«, braucht« Rußland Geld, viel Geld. Deutschland konnte e» nicht gelm, England sperrte dem bösen Feind« eo ip-w den Kredit, allo mußte man in Frankreich anklovfen. Und da man von den Franzosen alles haben kann für eine papierene An weisung auf die Revanche, da man in Pari» sich damal» greulich kaltgestellt fühlte und mit heißer Sehnsucht sich nach einem anständigen Verkehr umsah, so ging der Zar nach Pari», Herr Witte sah sein« Tresor» voll blanken, roten Golde», dir sibirisch« Bahn blieb krin Traum mehr, und mancher ehrlich, Mann hat e» dabei zu etwa» gebracht. De» seliar« Potrmkin Schule ist auch heute noch nicht auSge- starben. BiSmarck lieb da» alles ruhig geschehen. Solange der Dreibund ohne Rist« als feste» Bollwerk ragte, solange Eng- kand im Rusten den indienhungrigen Konkurrent«! in Asien, de« böseu Geist iu Ghina und de« ewige» Hetzer i« Usgha- I nistan erblickte, konnte man seelenruhig di» Verbindung in Kronstadt anschen. Zudem kannte BiSmarck sein« Brüder. Rußland sowohl wie Frankreich hätten eS sich dreimal über legt, vom Leder zu ziehen. Auf dem Kontinent wäre der Erfolg trotz der beiden Fronten Deutschlands doch mehr als zweifelhaft gewesen, und England hätte damals die gute Ge- legenheit benutzt, Frankreich schmerzlos von den besten Kolo- nien zu befreien und nebenbei die französische Flotte zu dezimieren. Kronstadt von damals bedeutete just keine Freundlichkeit für uns, aber man muß auch Feste ohn« Neid feiern sehen, zu denen man nicht geladen ist. Ein Kronstadt von heute wäre etwa- anderes. Bestätigt sich di« Meldung, daß der englische Flottenbesuch in Kronstadt stattsindet, so müssen wir darin eine Demonstration erblicken, die wir auf kein«» Fall ruhig hinnehmen dürfen. Die Offiziösen werden natürlich Oel auf die Wogen gießen, man wird die abgeklapperte Friedensschalmei neu stimmen und blasen, aber man wüßte trotzdem bei uns, wa» wir in kurzer Zeit zu gewärtigen hätten. Das neue Kronstadt würde keine platonische Demon stration sein, sondern die Generalprobe zu dem Drama, dessen Aufführung von der liebevollen Regie Eduard» VII. seit Jahren geplant ist. Di« «nglisch-russische Verständigung ist von jeher «ine LieblingSidee Eduards gewesen, und die Entwicklung der Dinge hat gezeigt, daß er alle Ereignisse der letzten Jahre dieser Idee nutzbar zu machen verstand. Solange er Prince os Wales war, lächelte man über eine englisch-russische An- Näherung — eine Utopie, eine Seifenblase. Aber Eduard handelte als König planmäßig. Zunä^si galt eS, die alte Feindschaft zwischen Franzosen und Engländern, die seit den Tagen d»r Jeonne d'Are niemals ausgestorben war, aus der Welt zu schaffen, und wa» seit dem Wiener Frieden niemals gelungen war — Eduard setzte daS französisch-englifche Ab- kommen Lurch, gewann dabei Aegypten vollständig, drückte den Franzosen dafür einen sehr zweifelhaften Wechsel auf Marokko in die Hand und könnt« obendrein noch Deutsch land als den Neidhard in Marokko schwarz malen. Da gute Verhältnis zu Frankreich mußte die Brücke werden, die von London nach Petersburg geschlagen werden soll, unh La» planmäßige Absprengen der Mächte von uns, wie «» Eduard seit Jahren betreibt, die von ihm geflissentlich ins hellste Licht gesetzte Isolierung Deutschlands, seine geflissent liche Unhöflichkeit gegen Kaiser Wilhelm, die Köderung Italiens, daS Hintertreiben der Madrider Visite: alles da mußte in Petersburg den Anschein erwecken, daß man auch an der Newa nichts Praktischer«- und zugleich Ungefähr lichere- tun könnte, als sich denen anschließen, die aus dem geplanten Kesseltreiben gegen unS kaum noch ein Hchl machen. Die Wünsche Eduards VH. für Deutschland kennen wir zur Genüge. Wir wissen auch, daß eS in Rußland nicht an Politikern fehlt, die einer Annäherung an England und einer frostigkiihlen Tonart gegen unS daS Wort reden. Aber Zar Nikolaus würde in einem Lichte erscheinen, falls er den Union Jack in Kronstadt grüßte, da- die schlimmsten Schatten auf ihn al» Person und Regenten werfen müßte. In den bösesten Tagen, als ihm das Wasser bis an den Hals stand, als nicht nux die Ehre Rußlands, sondern der Bestand der Dynastie Romanow auf dem Spiele stand, flüchtete er in die Schären Finnlands und hörte in Björkö einen ehrlichen Rat. AIS selbst Witte an einen anständigen Frieden nicht mehr glaubte, al» die Japaner diesen nach Lust und Behagen diktieren zu können schienen, war es Wilhelm II., der Herrn Roosevelt scharf machte, seinen gesamten Einfluß in die Wage warf und den PortSmouthfrieden zuwege brachte. Den Japanern ging die Kriegsentschädigung verloren, wir tauschten dafür ihren ehrlichen Haß ein und werden viel- leicht einmal mit Kiautschau dafür bezahlen. In den Tagen der bösesten Revolution, als wir ohne Mühe die Nöte Ruß lands hätten inS Ungemestene steigern können, als daS Schicksal des Zaren in deS Kaisers Hand lag, hat sich Kaiser Wilhelm als ehrlicher Mann erwiesen. Ja, die Haltung der Berliner Behörden gegen die russischen Flüchtlinge, die AuS- Weisungen, die Unterstützung der russischen Polizei haben direkt vaS Odium auf unsere Negierung gebracht, durch Dick und Dünn mit den Herren an der Newa zu gehen, ohne auf da» Wohl und Wehe deS Einzelnen zu achten. Da» alle» sink Dinge, die Nikolai N. anscheinend schnell vergessen möchte. Beständigkeit ist allerdings nie seine Zierde gewesen. Gerade die letzten Ereignisse erhärten daS. Heute rröffnet er die Duma, morgen weigert er sich, da» Präsidium zu empfangen. Heute schwört er auf Witte, morgen auf die Reaktion. Wer also auf de» Zaren Willen und Zuverlässigkeit Häuser baut, hat ein schlechtes Funda- ment gewählt. Nikolai Alexandrowitsch ist nicht der Mann, der den Lockungen Frankreich-England» und dem Drängen der Panslawisten widerstände. Selbst wenn «r persönlich den Willen hätte, der englisch-russischen Annäherung die Spitze gegen un» zu nehmen, so würde er, der ewig Schwankende, nie seinem Willen eine politisch wertvolle Form zu geben verstehen. Der englisch, Botschafter war ja erst kürzlich in London ack »uckisnckao» verdünn, er wird da» entscheidend« Wort gesprochen haben und nun dem Zaren die „wabre Loge" Europa» zeigen: Italien für Deutschland verloren, Oesterreich am Echeideweae, wahrscheinlich schon auf fremder Straße, Deutschland isoliert wie einst Preußen unter Friedrich H. — warum sollte Rußland die Gelegen heit nicht nutzen, um an dem gemeinsamen guten Werke zu Helsen? Tie Meldung der englischen Presse ist vorläufig ein Fühler: aber die deutsche Meinung ist leicht zu sondieren: Dir wissen, daß wir. lediglich auf unS selbst angewiesen, de« größten Konflikt durchkämpfen müssen. Und weil wir die» wissen, sehen wir in der enalisch-russischen An- Näherung die letzt, Masche in dem Netze, in dem wir un» zu Tod« zappeln sollen. Wir sink aber nicht der träge Karpfen, den man nach Gefallen hascht. Sehen wir klar, daß man e» auf einen konzentrischen An- griff absieht, so dürste di« Welt Ueberraschungen erleben, auf die selbst der schlaue Eduard nicht gesoßt ist. Tie aller- nächste Zeit wird un» lehren, ob di« Würfel rollen, oder ob Eduard und sein« Freund« ihre Zeit noch nicht gekommen glrutben. Aber einmal wird komme» der Tag. ... Deutsches Keich. Leipzig, 24. Mai. * Kanzler und Staatssekretär. Die „Norddeutsche All- gemeine Zeitung" veröffentlicht folgende- Schreiben des Reichskanzlers an den Ncich«schatzsekre>8r grhr.v. Stengel: Euere Exzellenz bitt, ich zugleich mit Dan ellr d.e güt'gen Zeilen von gestern memen herzlichen Glückwunsch «nt- geaenzunehmen zu dem Gnadenbewelle, mit welchem Se. Maj. der Kaiser Euere Exzellenz anläßlich der Annahme der neuen Steuergeseye im Reich-lag« gedachte. Ich bin sicher, daß Vie öffentliche Meinung dann ebenso wie ich eine wohl- veidiente Anerkennung der großen Verdienste Euerer Exzellenz erblicken wird. An dir früheren hervorragenden Leistungen Euerer Exzellenz im Dienst, de» Reiche» schließt sich nunmehr da» bedeutsame Werk einer Neudesestigung unserer Reichs finanzen an- E» kann keinem Zweifel unterliegen, daß dir Lösung dieser ebenso dringlichen, wie schwierigen Aufgabe in erster Linie dem Eifer, der Sachkunde und der hin» gebenden Arbeit Euerer Exzellenz zu danken ist. Daß Euer, Exzellenz nach der Bewältigung einer solchen Arbeitslast da« Bevürsuis der Erholung fühlen, ist ja nur nalürllch. Ich willige daher selbstverständlich gern in den »achgesuodten wohlverdienten Urlaub. M.t dem Wunsche, daß Eure Exzellenz in dem schönen Bewußtsein erfolgreicher Arbeit die Tage deS Ausspannens recht genießen möchten, um bald wieder in voller Frische am Werke zu sein, bin ich in be sonderer Hochschätzung und Bekehrung Eurer Exzellenz aus richtig ergebener gez. v. Bülow. * Die Natioualliberalen und da» volksschulgesesi. Wir haben schon gestern früh den Antrag der uationaUiberalen Fraktion deS preußischen Abgeordnetenhaus«» wiedergegeben, der dem 8 40 de« Gesetze» einen sür die Fraktion annehm baren Inhalt geben soll. Wir lassen heute de« Wortlaut der Erklärung de» Abg. Dr. Friedberg folgen, wie er von der „N. L. L" wiedergegebe« wird. „Wir treten in die zweite Beratung der Vorlage mit der selben Grundanschauung ein, von der wir bei Abschluß de- Komprorwsses au-gegangen sind. Die Notwendigkeit, sür die WeiterentwiHluna de- preußischen Dolk-schulwesen- z'urch eine RtMung vr-: Träger, der BoUüichuUasten einen jjteignrlrn Boincn ',u fch'ss^, bat unS veranlaßt, mit anderen Parteien vev Hohen Hauses eine Verständigung zu suchen, die nicht leicht zu finden war und die un» erhebliche Opfer an unseren An schauungen auferkegen mußte. Jedoch von dem höberen Gesichts punkte der dringenden Beseitigung der schweren Notstände der preußisch?« Volksschule haben wir un» bereit finden lassen, diese Opfer zu bringen, zumal wir anerkennen müssen, daß andere Parteien diese» Hohen Hauses sich in gleicher Lage befinden. Die Beschlüsse der Kommission sind mit eiuer Ausnahme, auf die ich noch kommen werde, so beschaffen, daß wir sie tragen können, wenn die Hoffnung bestehen bleibt, daß eine allseitige Verständigung unter der Mehr heit des Hauses erzielt wird. Eine solche Hoffnung dürfen wir entnehmt« aus den Erllärungen des Herrn Kultusministers. Wir werden deshalb in dieser Lesung an den KommissionSbeschlüffen mit Ausnahme des tz 40 Abs. 6 festhalten und werden auf Abänderungs anträge in unserm Sinne, die wir an und für sich für be- rechiigt hakten, verzichten. Für die schwer umstrittene Frage der Rekiorcnbewilligung scheint unS unser Antrag den Weg rur Verständigung zu zeigen. Sollte er abgelehnt werden, so würden allerding- meine polnischen Freunde die Kon sequenz ziehen müssen, der Vorlage einmütig ihre Zustimmung zu versagen. Die ganze Frage der Rektoren ernennung gehört »ach unserer Ansicht in ihrer Allgemein heit überhaupt nicht in diese- Gesetz, und wir bedauern, daß durch die Einbeziehung dieser abseits von der Schulunterhaliung liegenden Materie ein Zwiespalt unter den Parteien hervorgerufen worcen ist, die bemüht waren, das Gesetz zustande zu dringen. Meine politischen Freunde seben sich außerstande, mit der Verabichieeung diese- Gesetze» eine Minderung der Rechte der Selbstverwaltung zahlreicher Genitiven, darunter solcher, welche sich um die Entwicklung der Volksschule die größten Verdienst« er worben haben, zu verbinden. Eine solche Politik halten wir sür unbillig und undankbar und auch den Interessen der Volksschule widerstreitend, da sie auf die Opsersreudigkeit der betreffenden Gemeinden nur lähmend wirken kann. Ich resümiere mich dahinr Wir halten fest an den Beschlüssen der Kommission, solange wir die Hoffnung hegen dürfen, daß dir Mehrheit de» Hohen Hau e- unserer Ausfassung be züglich der Rektorensrage deitritt. Sollt« sich diele Hoffnung al» unberechtigt erweise», so wiirven wir genötigt tein, ein- nriliig gegen die Vorlage zu stimmen.- Ein Urterl über diese Stellungnahme wird erst an der Zeit sein, wenn offenbar gewoiden ist, wi« sich »un da- Schicksal der Gesetzesvorlage entwickelt. * Au» Samoa. Unser ständiger Herr Mitarbeiter schreibt au» Ap,a vom lO. April: Der Vulian ist noch immer tätig und hat ungefähr SO Quadratkilometer teilweise gerade de« allerbesten Lanke» vernichtet. Die zur Entichavigung vom Reiche bewilligten 40 000 -E kommen außerordentlich gelegen. Nicht minder gelegen wird im Juli di« Summe lommen, dl« von den Amerikanern al» ihr Anteil an den vor 7 Jahre» »ntstanvenen Samoaschäden nun endlich bewilligt worden ist. Bekanntlich hat vie deutsche Regieiung schon vor einem Halden Jahre in Anrechnung auf die von den Vereinigten Staaten und England zu zahlende Entscbävigung von 40 000 Dollar die Hälfte dieser Summ« dem Ltellocrireter de« Gouverneur- auf telegraphischem Wege angewiesen. Die amerikanische Entschädigung hat sich pe-bald so lang« verzögert, weil die Dache dem Kongreß in Form eines Nachtrag«»»«- („General Defiiirnctz Bill") vorgeleat werden mußte. Wa- den neuen EhinesentranSport nach Lamoa anbelr>fft, so hat der von dem Gouverneur nach Hongkong entsandte Regierung»- kommifsar Fr,es gemeldet, da» er einen dieseruna-oertrag wegen der chinestiche» Aon«rak«arbe,ter abgeichlossen habe, wonach ,r pro Mann nur »So zu zahlen bat, Da finanziell, Re ullat ist also günstig, und e« bleibt mir zu wümchen, daß da- Aebeitermatrrial auch gut ist. »Vv« »en ,«fa»,r»e« Herero». Gouverneur v. LindequM hat a» 4. Ap»U ei« R«,e »ach dem Oste» MlgetrUe», vi« ihn über Neudamm, wo die dortige» Anlage« mit dem noch 7 Meter Wasser haltenden Damm besichtigt wurden, Oijituezu, Okaiumba, Otjihaenena, Drei- und Ondekaremba führte. Ja der Sanimelstelle Otjihaenena befanden sich etwa lSüü Herero». In einer Ansprache an sie drückte der Gouverneur seine Freude au», daß st» seinem Rufe f» willig folgten, und trat den Gerüchten entgegen, daß di» Kriea-gesanarne« in Windhuk schlecht behandelt würden. Di« Wort« fielen sichtbar auf guten Boden, denn e» meldeten sich sofort »0 Männer siei- willig für den Bahobau in Lüderitzbucht. Di« von der evangelischen Mission etwa im Januar begonnen« Sammel arbeit unter den »m Lande zerstreuten Herero« hat, »ach de» „Windh. Nachr.", »ine» über all^ Erwarte» «Uten Erfolg gehabt. 2n Ombur» batten sich hi« Mitt, Mär, unter Missionar Kuhlmann 2V70 Herero- mit SS Gewehre» «iu- gesunden und in Otjihaenena unter Missionar Diehl jun. rbrnsooielk, so daß als» i» ganzen rund KOOV Herero» auf friedliche Weis« in di« Hände der Regierung »»komme» sind- * Tie Wadlprüfuns-kommissto» »e« Nctch-tas»- trat in ibrer letzten Sitzung in die Prüfung der Wahl des Abg. Pauli-Pot-dam ein, der iu der Stichwahl mit 18 600 Stim men gegen 18 0SL Stimmen sü, de» fvzialdemokratische« Rechtsanwalt Liebknecht gewählt Word«« ist. E» liegt »in sehr umfangreicher Protest von mehr den» hundert Protest punkten vor. Zunächst verhandelte man über di« Maßnahme» der Polizei- und Mitriärverwaltung zu Spandau und Potsdam gegen diejenigen Wirt«, welch« »ach der Behauptung de» Pro testes in irgend einer Form di« Agitation der sozialdemokr»» tische» Partei begünstigt haben sollte». ßluH da- verhalte» de« Spandauer Wahlkommiffar», der zwischen der Hauvt- und de, Stichwahl der konservative» Partei di« Nachträge zur Wählerliste mit de» Abstimmu»g-ver»erke» der Haupt- Wahl bewilligt, der sozialdemokratische« Partei sie jedoch verweiaert habe, führt« zu läugrre» Au-eivandersetzuugen. Schtießlich wurde mit 7 gege» L Stimme» beschlösse», da» Verhalten des WahlkommijsarS, de- Oberbürgermeister» vov Spandau, sür unzuläsflg zu erkläre« und dl« Erheblichkeit zu betonen, sodaß »- möglicherweise zur Uugültigkrit»«rklä- rung der Wahl lommru wird. * Ueder dl« Tätigkeit »er Kaufmonns-ertchle i» Preuße» 1SOL gibt di« „Dtat. Korr.E folgende Lusstevuvg: E» traten lSOö «n Preuße« 144 KaufmannSgericht« i« Tätigkeit, von ihnen waren Nö bereit- besteheude» Gewerdegerichte» ange- gliedert; 136 wäre» zuständig sür emzelue Gemeiude«. Von der Gesamtzahl der Kausmann-grricbl« entfiele» k auf Ost preußen, 4 auf Westpreußen, 1 auf Berlin, 22 auf Branveu- bürg, 7 auf Pommern, 4 auf Pose«, 17 auf Schlesien, lö auf Sachsen, 6 auf Schleswig-Holst«», 10 aus Hannover, 20 auf Westfalen, 5 auf Hessen-Nassau und 29 auf da- Rhriuland. Bet diese« Gericht«« wurde» 1906 376 Klage« von Kaufleuten gegen Handluog-grdtlfen »ud -Lehrilna« oud 8Ü86 von Handlungs gehilfen und -Lehrlinge» gegen Kaufleute^ to-gesamt 8968. ein gereicht. Bo» ihnen betrafen »419 tlk,8 v. H) Antritt, Fortsetzung, Auslviung deS Dienst- oder Lrhrverbältuisse» sowie Aushändigung und Inhalt de- Zeugnisse« (tz L Ziffer 1 K.GG.1 SSL8 lkLO d. H ) Leistungen auS dem Dienst- oder Lehrverhältnifie <» 6 Ziffer 8), Lot (2,2 v. H > Rückgabe vou Sicherheiten, Zeugnissen usw. (§ S Ziffer 3), 1712 (19,1 v. H.) Schadenttsatzansprüche :» v Ziffer 4), IS .0,2 v. H.) Berechnung und Anrechnung vou Krankenkaffenbri- trägen usw. (Z k Ziffer ü), V3 (0,6 v. H.) Ansprache au« eiuer Ver einbarung, durch weiche der Gehilfe oder Lehrling für die Zeit nach Beendigung des Dienst- oder LehrverhSltntffeS in seiner gewerbf lichen Tätigkeit beschränkt wird (ß b Ziffer 6). Der Wert des Streitgegenstände» betrug bei 802 anhängigen Sachen 20 und wemger, bei 8lSL üb» 20 bi« 100 >», bei 3lI9 über lOO bis 300 und bei 14Ü7 mehr al- 800 ^l; bet 449 Klage war er nicht festgestellt. Bon der Gesamtzahl der Streitigkeiten wurden im Berichtsjahre erledigt 8468 (38,7 v. H.) durch Vergleich, b4 t0,6 v. H.) durch Verzicht im Sinn« d« » 806 Z.P.O., 73 (0,8 v. tz.) durch Anerkenntnis, 1260 (l-,1 v. H) durch Zurück- nähme de» Klage, 699 (6,7 v. H.) durch Bersäumntsurteil, 1866 lL0,8 v. H.) durch andere Sndurteile, 682 (7,6 v. tz.) ans audere Weise; 96l (lß.7 v. tz.) wurde« t» da- nächst» Kalenderjahr hinübergenommen. DaS Verfahren in denjenigen Sachen, hei welche« e» nach gegenseitiger mündlicher Verhandlung der Parteien zum Endurteile kam, dauerte bei 32l Streitigkeiten weniger als eme Woche, bei 485 eine bi» »Wei Wochen, bei 4K7 zwei Wochen bi- einen Monat, bei 468 einen bi» drei Monat«, bei lO4 drei und mehr Monate. Rd. Au» Bade«, 22. Mai. Die badischen Freisin nigen beabsichtigen, ihre diesjährig« Laadesversammluug aussallen zu lassen, dagegen Mitte Juni hier eine Delegiertes- Versammlung abzuhallen. Dabei wird insbesondere da» Belhältni-zu den übrigen liberulen Parteien Gegenstand der Ber»:«ng bilden. — Die daviich-vsälzisch« LanveSadteilung oe» Bunde» der Industriellen hat sich mit.einer Petition »n den Landtag gewandt, welche zur Reform der Personentarif« „nige Wünsche vortragt. Dari» Wird vor allem dringend gebeten, die Slaat»regieruog zu veranlassen, daß sie „alles daransktzt, ein« Betrieb«- Mittelgemeinschaft der deutschen SiaatSbahnen herbei- zusühren". Die Industrielle« erhoffen davon zunächst wesent liche Eisparniffe der Bahnverwaltungen und infolgedessen deren größere Geneigtheit zur allmählichen Verbilligung der Personentarif«. De- weiteren fordert die Petition al« Schnell- zugSsgy sür di« dritte Wagenklasse entweder den - Pfennig- Tarif mit Zonenzuschlägen oder den 3 Pfennig-Tarif ohne Zuschläge. Schließlich wünschen die Industriellen „die bald möglichste Einführung gleichlautender WagenllaffrnlAzeich- nungen auf sämtlichen druischen Slaatßbahnen*. — In der Zweiten Kammer begründet« gestern Kolb den sozialvem»- kralischen Antrag, daß die Regieiung ersucht werden soll, im Bunde-rat gegen die Fahrkaitensteurr »u summe«. Gießler (Zentr.) und Binz (natl.) erklären, daß ihre Panei«» dem Antrag« nicht zusammen können. Sie betonen, baß di« vom Reichstage angenommene Reichsfinaazresorw, zu der auch die unerwünscht, Fabrlartensteuer gehör,, Notwendigkeit sei. Heimdurger (Demokrat) und FlUvauf (freis.) e,klaren sich sür den An'raa. Dieser wird schließlich gegen eine Minderheit von l7 Stimmen abgelebnt. * rlr«Uentschä»t»u«»e,efeIlsch»st »e» verbände» -Lchfi,chmc Indnftrtelrr. Der Au»schuß der von dem verband Lächstscher Industrieller begründeten Gesellschaft zur Entschädigung von Arbeitgeber» d« Ard«il«ei,sttHungen tritt a» 89. Mai ».
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