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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.09.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070917028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907091702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907091702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-17
- Monat1907-09
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Anzeigev-Prei» istr Inserate au» Leipzig und Umgebung dir Sgelvaltene Petitzeile L'> Pt. siuau-icllc Anzeigen 3l)Ps.. ßieklameu 1 M.; »an au »wärt» 30 Ps., Neklamen l.2V M. vomAu«landÄlPs., ftnanz. Anzeigen75Ps. Reklamen l.5v M. Inserate» Behörden im amtlichen Teil-b Li Lc^lagegebübr 5 M. p. Tausend cxil. Post' gebühr, we'chüstüa»zeigen an bevor'iuzler stell« jm Preise erhöht. Rabatt nari> T r i'. Feftcrtetlle AusirLge können nicht znrüst qriegen werden. Für das Erscheinen au bestimmten Tagen und Etzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen-Annahme: Augustusplatz 8 bet sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Erpeditiouen des In- und Aurlande». Hauvt Filiale Berlin Earl Luiilk Herzog!. Bahr Holbuch- hund.uug. Lützowstrußc IO. (Telephon VI, Nr. 4d<t>. Nr. 258. Das wichtigst« vom Tag«. * Der englische Minister Burns ist in Berlin eingetrosfen. iS. Dtschs. R.j * In Rotterdam, sind gestern 4000 Güter Verlader in den Ausstund getreten. fS. AnÄ.j * Der Karlfften-General Marquis Valleeerrato, Adjutant des Prätendenten Don Carlos, hat fich gestern in Madrid erschossen. Tagesschau. Revision der Algccirasakte. Uns wird von unterrichteter Seite geschrieben: Wenn der „Petit Parisien" die Einberufung einer neuen Marokkokonferenz anregt und dabei behauptet, Deutschland bestände zwar auf der Wahrung der Algecirasakte, sei jedoch nicht abgeneigt, durch Abänderung der neuen Situation Rechnung zu tragen (!!!), so beruht das ausschließliches Kom bination. An die deutsche Regierung ist noch von keiner Seite rnn einer derartigen Frage herangetreten worden. Es entspricht aber weder ihren, noch überhaupt diplomatischen Gewohnheiten, vorzeitig zu einer derartigen Franc Stellung zu nehmen. Wenn das Matt weiter bemerkt, Deutschland habe in den letzten zwei Jahren manches gelernt und vieles vergessen, so kann das richtig sein, ohne daß man daraus die Schlüsse ziehen muß, die das Blatt daraus zieht. Cs ist selbstverständlich, daß man in Deutschland bemüht ist, aus jeder neuen Situation zu lernen. Auch mag richtig sein, daß man vieles vergessen hat, manches hat man aber auch sicherlich behalten. Das Blatt scheint die Neigung Deutschlands, Frankreich weitere Zugeständnisse in der marokkanischen Frage zu machen, bei weitem zu überschätzen. Wenn das wirklich im Sinne der Reichsrcaierung geschrieben ist, dann hat der „Petit Parisien" nicht so unrecht, auf Deutschlands vollen Rückzug zu spekulieren. Obige Auslastungen lesen sich geradezu wie eine Einladung zu neuen französischen Forderungen, bei deren Bc- willigung man bloß sich eine kleine Weile zu zieren vorgenommen hak, um den schönen Schein zu wahren. Es ist doch wirklich arg mit der Franzosensucht, die dem deutschen Bolle im Blute steckt: nach ein paar honigsüßen Worten, die vou den falschen Lippen des vielhundertjährigen Feindes geflossen sind, wirst man sich ihm gleich wieder an den Hals! Die Borgänge in Norderney. Die Borgänge in Norderney stehen mehr als je im Vordergrund unserer innenpolitischen Verhandlungen. Staatssekretär v. Bethmann- Hollwcg, Minister des Innern v. Moltke und Herr v. Löbell sind übrigens am Freitag in Norderney angekommen. Alle drei Herren stiegen erst im Hotel Germania ab uud hatten noch im Laufe des Tages sehr ausgedehnte Konferenzen mit dem Reichskanzler. Der deutsch« Boftchafter Gras Wolff-Metternich kam am 14. ans Norderney an; auch er nahm Wohnung im Hot«l Germania. Es sei betont, daß auch die konservativen Führer aus dem Herreuhause auf Norderney erwartet werden: so sollte gestern Graf v. Mirbach-Sorquitten auf der ostfrie sischen Insel eintreffeu. Die maßgebenden Führer aus dem Herren hause neigen natürlich in vielen Beziehungen zum Zentrum; aber auch das kann schon als ganz sicher gelten, daß sie der Blockpolitik keine Schwierigkeiten hercitcn werden. Ein großes Stück Arbeit ist in den letzten Wochen auf Norderney geleistet worden; man darf erwarten, daß nufere innerpolitischen Verhältnisse noch eine festere Konsolidierung da durch erhalten werden, daß alle Faktoren (Reichstag, Abgeordnetenhaus, Herrenhaus! mehr als je davon überzeugt sind, daß die konservativ liberale Allianz gehärtet und gefestigt werden muß, zum Segen und Wohle des Vaterlandes. Dienstag 17. September 1907. litt. Jahrgang. „Zur Einigung des Volkes" überschreibt sich ciu Artikel der „Kölnischen Volkszeitung", in welchem der Versuch gemacht wird, die Münstersche Kaiserrede zu Werbezwecken für das Zentrum auszubeuten. Die Zentrum wird als diejenige Partei bezeichnet, welche das kaiserliche Programm der Einigung aller unserer Mitbürger aus christlicher Grundlage auch zu dem ihrigen gemacht habe, Schon die seinerzeit erklungene Parole: „Heraus aus dem Turm" ,ei demselben Gedanken wie der bewußte Teil der Wcstfalcnrcde des Kaisers entsprungen. ^Sie wollte eine Einigung des christlichen deutschen Vol kes ohne Rücklicht aus die sonst bestehenden konfessionellen Schranken. Dem ganzen Volke sollte die Aktion nützen, nicht dem Zentrum allein, nicht dem Katholizismus allein." Wiederum wird dann die Fabel vom interkonfessionellen Zentrum aufgetischl und die Bereitwilligkeit des Zentrums, auch Andersgläubige, die aus sein Programm eingehen, in seine Reihen aufzunehmen, verkündet. Tas letztere glauben wir reckt gern: es könnte dem Zentrum schon recht sein, wenn es auch außerhalb des Katholizismus noch sein Programm durchsetzte. Aber Damit wird es wohl wenig Gegenliebe finden, die Ausführungen derV.-Z." dürf ten bei niemandem verfangen. Wirklich köstlich sind folgende Sätze: „Wir wollen sehen, ob dann" (wenn nämlich ein größerer Teil von Protestan ten das Zentruimsprogramin angenommen hätte und der Zentrumspartci bcigetreten wärest „mtt Rücksicht aus die äußere Zusammensetzung, auch nur mit einem schatten von Recht nock behauptet werden könnte, das Zentrum verfechte einseitig die Interessen des „Ultramontanismus". Sollte es aber doch noch möglich iein, so wäre das ein betrübender Be weis dafür, wie wenig die besten Prinzipien, die eine Partei zum Wohle der Gesamtheit aufstellen kann, außerhalb des katholischen Volksteils Anklang finden." Das heißt mit anderen Worten: Am Zentrum liegt es nie, wenn man mit ihm nickt einverstanden ist, jondern immer nur an den anderen Parteien, die kein Verständnis für das Ge samtwohl haben. Acjelch rührende Bescheidenheit! Auch wir würden eine Sammlung aller für eine positive vaterlän dische Arbeit interessierter Elemente, katholischer und evangelischer, mit Freuden begrüßen und halten den Gedanken durchaus nicht für unaus führbar. Aber unter der Zentrumsflaage kann eine solche Sammlung niemals erfolgen, selbst dann nicht, wenn sievon Grund aus umgefärbt würde. Die heutige Zentrumspartci aber vermag ja nicht einmal die Katholiken unter ihrem Banner zu vereinigen. Und diese Partei, die durch ihre Haltung in nationalen Fragen ihre eigenen natio nal denkenden Elemente vor den Kops gestoßen hat, und von einem Teil deshalb im Stich gelassen wurde, soll Werberin sein für gemeinsame nationale Arbeit auf christlicher Grundlage! Mehr kann man wirklich nicht verladen. Darin liegt entschieden Humor, oder glaubt vielleicht die „K. V.-Z.", der Kaffer habe andere, als nationale Arbeit verlangt? Deutsches Reich. Leipzig, 17. September. * Morcnga. Vollkommen zuverlässigen' Nachrichten zufolge, die direkt von der Grenze in Kapstavr eingetrosfen sind, scheint der Frieden in Deutsch-Südwcstasrila durchaus nicht gesichert und eine sorg fältige Ueberwachnng MorengaS notwendig zu jein. Zahl reiche Eingeborene diesseits der Grenze sind ihren Herren entlausen und haben teilwei'e erne Anzahl Kleinvieh mit.jenommen. Ein bekannter Transportunternehmer ,st von Warmbad zu Pferde in Upington angelangt; seine Mitteilungen lauten bedenklich. Die eingeborenen Wagentreiber lassen ihre Herren im Stich, um Moreuga tuzulaufeu, uud die gauze Hottcnrottenbevölleruug ist auf den Wieder beginn des Krieges begierig. Bei Hasuur ist alles rnbig, und bis der Regen im November fäll', ist nichts zu befürchten. Die Bastards dies seits der Gren;e leisten den Hottentotten Vorschub und die Kappolizei ist zu schwach, um kräftig dagegen wirken zu können. — Hoffentlich ist die Nachricht falsch und bloß solchen englischen Kreisen eutiprungen, die noch nicht umgelernt haben. Morengas Angriff scheint sich doch dies mal hauptsächlich gegen England zu richten. * John Burnü in Berlin. Das sozialdemokratische Mitglied des gegenwärtigen englischen KabcuetlS, Minister John Burns, ist auf der Studienreise durch Deutschland, die rr zum Zwecke des Studiums der Ärbeitsveryältnisse unternimmt, gestern iu Berlin eiugelroffen. Der englische Arbsilsminister besuchte gestern Oberbürger- mester Kirschner im Rathaufe. Die URerhattuuz zwischen dein Oberbürgermeister und dem englischen Minister drehte sich, wie wir Hörem hauptsächlich um die Arbeits- und Arbeiterverhältmsse in Berlin. John BurnS besuchte das städtische Arbeitshaus iu Rummels burg und nahm nachmittags den städtischen Arbeitsnachweis in der Gvrmannstraß: in Augenschein. Minister BurnS, der des Deutschen nicht mächtig ist, war von einem die englische Sprache beherrschenden Beamten des Reichsamts des Innern begleitet. Der Minister gedenkt einige Tage zu bleiben, um dann anderen deutschen Industriezentren Besuche äbzustatten. Abends fand zu Ebren des englischen Ministers ein Festmahl im Palasthotel statt, an dem der Staatssekretär des Innern v. Belhmann-Hollweg und Finanzministcr v. Rheiubaben teil st ahmen. * Tie Tchmwarasache riebt imm:r weitere Kreise. Ein Trompeter und ein Sergeant des 8. Felbartillerieregimcnis in Saarbrücken wurden unter dem Verdacht, m die Schiawara-Asfäre verwickelt zu sein, im Manöver verhaftet. * Nette Ltcuer-Borlagcn k Dem „Berl. Lok.-An!." entnehmen wir: Wie wir hören, wird der Bundesrat sich schon bald mit der Frag« zu befassen haben, welche Steuervorlagen dem Reichstage unterbreitet werden sollen. Die Beschlußfassung dürste im Zusammenhang mit der Etats beratung im Bundesräte staltfinden, jedenfalls noch vor Weihnachten. Die Auvwabl der Steuervorlagen, die uu Reichsschatzamt ausgearbeilet morsen sind, dürfte erfolgen nach Maßgabe res Mehrbedarfs an ordentlichen Ein nahmen, der ersorcerlick ist und nicht unerheblich lein wird, da allein schon die allgemeine Gehälteraujbcfseruug uud die Floitenvvr age bedeu tende Summen beanspruchen werden. Zurzeit läßt sich dieser Mehr bedarf noch nicht überblicken. Man spricht auch davon, daß eine Nesorm der Fahrkartensteuer geplant sei. * Bayern und Sie Gctreideprelse. Das bayerische Ministerium lehnte den Antrag auf soforttge Einberufung der Zentralstelle für Handel, Industrie und Gewerbe wegen der hoben Getreckepreise ab. DaS Mimsterium will erst die diesjährigen Ernten abwarlen und mackt geltend, die Getreikepreise des Jahres 1881 seien höher gewesen als die jetzigen. * Ter Wechsel im preussischen Hansmiuistcrium. Ueber die Per- » sonalie» des ichewendeu und des kommenden Hausministers ersabren 2 wir: Der bisherige Hausmimster Wilhelm v. Weoell-Pieseorf ist am ! 20. Mai 1837 zu Frantfurt a. O. geboren, Hal also vor kurzem rein 70. Lebensjahr vollendet. Er nahm 1876 als Regierungsassessor seinen Abschied, trat aber ichon 1881 wieder iu den Staatsdienst, und zwar als Regierungspräsident in Magdedura. 1882 wurde er zum Minister des königlichen Hauses eruannl. 1884 wurde er sür Mühlhausen (Thüringen) rn den Reichstag als tonseroattver Kandidat gewählt uud war Mitglied deS Hauses bis 1890. Bis zu feiner Er nennung zum Minister bekleidete er die Würde des Präsidenten des Reichstags. 1886 wurde W. auf Lebenszeit ins Herrenhaus be rufen. Sein ioterimistijcher Nachfolger, der Oberhof- uns Haus marschall Graf August zu Eulenburg ist am 22. Oktober 1838 geboren. Ec trat 1856 aus Avancement be«m 1. Garderegiment zu Kuß ein. wurde 1868 Oifizier, 1865 persönlicher Adjutant des Kronprinzen und 1868 dessen Hosmarschall. 1871 wurde er Vizeoberzeremonienmeister, 1883 Oberzeremoniemncister und 1890 Hof- und Hausmarsckall. Affo wieder ein Eulenburg. Der Posten des HausmrnisterS hatte übrigens unter v. WevellS Vorgänger, v. Schleinitz, politische Bedeutung. Herr v. Schleinitz, der ehemalige Minister der „neuen Äera" galt als ein Haupt der liberalen Fronde gegen Bismarck, der rhu bei seiner Rechts entwicklung nach 1880 absägte. Feuilleton. Attt Dornburg nach Dentscb-Ostafrika. v. Nach Kiliudini kam Tanga. Am Morgen nach unserer Abreise von Mombasia lag der „Feldmarschall" auf einer deutschen Reede, waren wir ans deutschem Boden. Teutsch-Ostafrika war erreicht. Bald nach unserer Ankunft hatten die schlanken, blitzsauberen Pinassen des Bezirksamtes und der Zollverwaltung eine Menge Beamte an Bord gebracht und den Staatssekretär, wie seine Begleitung zu einem Ri'udgang an Land geführt. Ter Gouverneur, der uns von Daressalam entgegengekommen war, hatte Exzellenz Dernburg begrüßt und sich an Nord installiert: der Dezirksamtmann von Tanga, Herr Dr. Metzel, sich gemeldet. Ich hatte gewußt, daß hier, wie in Daressalam, ein wunderbares Hafenbild uns erwarten würde. Aber ich hatte gleich zeitig angenommen, daß in die Freude über diese schönen Dinge der Wcrmutstrvpsen des Acrgers «her Vernackläksigung und Rückständig keit unseres schönen Besitzes fallen würde. Ueber Vernachlässigung und Rückständigkeit, als Folge von Mangel an Verständnis und von üblem Willen draußen und daheim. Ich glaube, daß Tausende in Deutsch land in ähnlichen Vorstellungen besangen sind. Diese Vorstellungen sind falsch. Ich will hier keineswegs ein generelles patar geeaavi aus. sprechen, keineswegs etwa zugcbcn, daß die seitherige Haltung des Reiches seinen Kolonien im allgemeinen und Deutsch-Ostafrika im be sonderen gegenüber schließlich doch leidlich vernünftig gewesen sei, keineswegs in Abrede stellen, daß auch die Vertreter des Reiches draußen im Neuland, kleine und große, öfter als unbedingt nötig eine schielende Politik getrieben und fick der Sünde wider den heiligen Geist schuldig gemocht haben. Aber das Eine muß man dock sagen: es ist hier draußen, wenn man die Ctiefmütterlichkcit der Behandlung seitens des Mutter landes in Betracht zieht, in der Tat Erfreuliches geleistet worden, uns Deutschland schuldet den Männern, denen dies zn danken ist, schuldet Wissmann. Licbert, Götzen und ihren Mitarbeitern alle Anerkennung. In der Tat, „wir sind so weit"; wir haben hier, im afrikanischen Osten, blühende Niederlassungen, die Kapital repräsentieren, die sich allerwärts sihen lassen können, und die jeder unserer lieben Freunde und getreuen Nccbbarn, wenn er könnte, mit allergrößtem Vergnügen und ohne jede Rücksicht auf die Kosten sich einftecken wurde! Man muß sich zn Hauie lla, darüber werden; Treibhauskulturen gibt es hierzulande mäst: das ^o.nd selbst indessen mit seiner Tropensonne ist ein großes natürliche? Treibhaus, und es kommt nur darauf an, den zu seiner Fruktifizierung e.forderlichen Verstand auszubringen. Ich greife etwa? vor, wenn ich diec. schreibe, und lasse spätere Eindrücke bereits mitsprechen. Aber man ,chc sich doch dieses Tanga an. Von der See aus präcbt'ge Gebäude in mitten der herrlichen Tropcnwelt rings um das Halbrund oe? Hafens. An Land prächtige, breite Straßen, Beleuchtung, Trolley-Straßenbahn wie in Momoassa, Promenaden, öffentlicher Musikpavillon, Prome- nadenkonzert, Landhäuser, Kirchen, Speicher, Geschälte, Werkstätten, Fabriken — alles unter den Federkroneu der Kokosvalmcn. Leben in oen Straßen; die „Passanten sind ihrer Mehrheit nack gelb, braun oder schwarz; sogar Schutzmann und Kapelle sind schwarz aber, avkui, sie sind da! An der Schule hapert es, natürlich nur für die weißen Kinder, hier wie in Daressalam; tür Schwarze und Gelbe wird ge borgt; das Gegenteil wäre im verflossenen Reichstag wahrscheinlich übel vermerkt worden. Es ist das ein Punkt, der noch zu besprechen sein, und dem im übrigen der Staatssekretär ja seine besonRre i'ttlkmerksamkcit zuwenden wird. In der Tür einer mächtigen, mit Schwarzen betriebenen Tischlerei treffe ich die „barm mkntnvn K»vis»u", die „ganz großen Herren", den Staatssekretär, den Gouverneur, Oberstleutnant Quade, Geheimrat Baltzer, Graf Henckel o ttttti quaniä. Die Augen des Staatssekretärs leuchten. „Hier gibt es viel zu sehen, lassen Sie sich hier erzählen, wie man Schwarze anlerut, und schreiben Sie nach Hause, was Tcmga ist." Hühner gackern um unsere Füße herum: nicht sehr zeremoniell, es ist ober doch nett, das; sie da sind. Wir sehen eine schwarze Schule mit einer schwarzen Lehrkraft. Auf jede Frage fliegen die Finger der scheinbar recht intelligenten Gcschöpfchcn in der Luft herum, daß es eine Freude ist. Ihr Wissen ist so gewaltig, daß der schlechte Mensch in mir sich die Frage vorlegt, ob hier etwa gemogelt wird. Auch bei heimischen Schulinspcktionen soll Aehnlichcs schon vor gekommen sein. Ich beobachtete dabei einen kleinen Vorgang, der auch unter die „ersten Eindrücke" gehört. Wir durchschritten irgendein technisches Bureau. Der Beamte, der hier waltet, hatte seinen „Laden" sehr hübsch und übersichtlich hergerichtet; Pläne und Zeichnungen wurden denn auch besichtigt, allerdings nicht studiert, wie der Herr vielleicht erwartet lutttc; auch wurde von ihm selbst nicht weiter Notiz genommen. Die Jn- spcltion währte wenige Minuten. Nun mochte dieser Vorgang in den Gedanken des Herrn seit Wochen eine große Rolle gespielt haben; wabr- scheinlich hatte er sich auch vorgenommcn, allerlei gut Gemeintes und vielleicht sogar Nützliches zur Sprache zu bringen. Der Verlauf des großen Moments muß ihn sehr enttäuscht haben, was sich dann iu charakteristischer Weise äußerte. Ter Zug, der dem Staatssekretär folgte, hatte das Bureau passiert; als letzte verließen einer der ersten Beamten des Schutzaebictcs und ich das Lokal; eine besondere Verab schiedung batte nicht stattgefunden. Ta hörten wir unerwartet eine Stimme hinter uns. Der Herr neben mir drehte sich um: der Beamte war an uns hcrangeircten. Mit gereizter Miene machte er eine über trieben tiefe Verbeugung nach der anderen. „Ich wollte mir nur er- landen, mich dem Herrn X. ganz gehorsamst zu empfehlen. Als wohl erzogener Mensch cmpsehlc ich mich!" Es war erstaunlich, wie viel Grimm und Erbitterung in diesen Worten lag. Dabei war sachlich, wenigstens unmittelbar, nicht das mindeste vorangcgaugen, was das Be nehmen dieses Beamten hätte rechtfertigen können. Der Vorgesetzte ging denn auch achselzuckend weiter. Ich erzähle diese Geschichte, weil sie die mimosenhafte Empfindlichkeit der Leute hier zeigt. Jm Grunde sind sie alle spinnefeind untereinander, ähnlich wie die Genossen Nansens auf der „Fram". Die Sonne und dann die Isolierung mögen den größten Teil der Schuld an dieser Nervosität tragen. Ehe ich an Bord zurückkehrtc, führte mich mein Weg zu der Terrasse empor, die den Obelisk zu Ehr und Andenken unserer bei Bekämpfung des Aufruhrs von 1889 gefallenen blauen Jungens trägt. Es ist ein idyllischer Platz, der im Halbrund gegen das Meer vorspringt. Man Hai hier von der Höhe aus einen wunderbaren Ueberblick über die Bucht. Weit hinaus dehnt sich der Ozcan; Palmen nicken vou den Gestaden rechts und links herüber, wiegen sich im Winde gegenüber, auf der Tvteninscl, die wohl nach alten Begräbnisplätzen ihren Namen sübr! Heller Sonnenscl>ein überflutet die Landschaft: eine leichte Brise kräiftclt die Wasser; Schiffe, kleine und große, liegen still uud friedlich vor ihrem Anker; in licktem, freundlick>cm Blau wölbt sich der Himmel über dem Ganzen und fleißige Schwalben flattern traulich zwitschernd hin und der. Merkwürdige Erinnerungen dämmern auf. Dieser Blick von der Höhe hinab aufs Meer ist mir doch bekannt? Ten hab'ich doch heule nickt zum ersten Mai! . . . Freilich, einiges war anders sonst .... Die Palmen sind neu. Früher waren's Linden uud alte Buchen .... Aua, der Mangobaum in meinem Rücken, dem merkwürdig kleine Vogel, die ersten Kolibris, in ganzen Schwärmen zusurren, und dessen Blätterwald so eigentümlich papieren über meinem Kopfe rauscht, war damals nicht; das Laub dort säuselte nur und flüsterte .. . Auch die malerische Faktorei unten am Strande, bei der die Schwarzen mit bunten Lasten so eifrig ab und zu gehen, ist etwas Neues . . . dafür schwebten dort große weiße Vögel, schwebten Möven über dem Wasser. Ja weiß Gott das isl'->! Diese Terrasse am Kriegerdenkmal von Tauga ist die afrikanische Zwillingssiliwester der berühmten Terrasse von Bellevue am Ende des einzig schönen Düsternbrooler Wegs oberhalb der Kieler Förde! . . . * * * . , Daressalam. Neber der Stadt Nattern die Zahnen: die Sänfte im Hafen wie der „Feldinaricball" selbst lmben über die Toppen geflaggt; Staatssekretär Dernburg schreitet da? Reep hinab: er führt einen glänzenden Zug, zu dessen Ergänzung zu ihrer Freude im letzten Augenblick die aus Deutschland vom Urlaub zurück kehrenden Leutnants im Schmuck ck.'r Kriegsordcn bcftohicn worden sind. Die ..NavarioS", die Ruderer des Hafenamtes, braune Kerls, die in ihren ickwarz-weiß-rot beichten zttiakiblusen vrdcntlick kokett aus- icben, legen sich auf Leben und Tod in die Riemen ihre: auf neu aiftge- bngcltcn Pinasscu: in zierlichen Abständen und iu feierlicher Prozession gleiten die Käbnc hinüber zum Strand; ein kräftiger Salut donnert von drüben herüber; dann hört man noch die Klänge de. Pa idemarschcs, — und das. was vom offiziellen Teil des Tages für u- Zeitung?»
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