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Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 26.09.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1776437853-189309269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1776437853-18930926
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1776437853-18930926
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLichtenstein-Callnberger Tageblatt
- Jahr1893
- Monat1893-09
- Tag1893-09-26
- Monat1893-09
- Jahr1893
- Titel
- Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 26.09.1893
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Herzlos. Original-Roman von Julius Keller. (Nachdruck verboten) (Fortsetzung.) Als die Nacht hereingebrochen, das Geschäft des Antiquars geschlossen und auch dieser selbst zur Ruhe gegangen war, saß sein Mündel in seinem kleinen Gemach auf dem Rand des Bettes. Der Mond flutete in vollem Strom in das von keiner Lampe erhellte Zimmerchen und umwob die Gestalt Elisabeths mit einem magischen Schein. Sie sah unbeschreiblich schön aus in diesem Augenblick. Das herrliche, glänzende Haar hing aufgelöst lang über ihre Schultern herab, die wunderbare Formung ihrer entblößten Arme wurde völlig sicht bar durch den bläulich weißen Schimmer, den das Mondlicht über dieselben ergoß. Regungslos, das Haupt auf den auf der Lehne des Bettes ruhenden Arm gestützt, mit weitgeöffneten Augen starr in das Leere blickend, erschien sie wie eine entzückende Statue, wie das Meisterwerk eines gottbegnadeten Künstlers in plastischer Beleuchtung. Woran mochte das schöne, mit offenen Augen träumende Wesen denken? Welche Bilder standen vor ihrem Geist? Gedachte sie der Tage der Kindheit, die ihr so freudlos und eintönig vorübergerauscht waren? Träumte sie von der Zukunft und ließ phantastische, unhaltbare Lustschlösser in ihrem Sinn entstehen? Unergründlich tief schimmerten ihre nacht- schwarzen Äugen, unergründlich schienen sie, wie das Meer. Nach langer Zeit erst senkten sich die langen seidenen Wimpern über die leuchtenden Augensterne ein wenig herab, und leise bewegten sich die vollen roten Lippen. Die Statue gewann einiges Leben, die Züge des anscheinend versteinerten Antlitzes be lebten sich, aber es war ein unsäglich trauriger, wehmütiger Ausdruck, der sich über des Mädchens Gesicht verbreitete. Er verriet, welcher Art ihre Ge danken und Empfindungen sein mußten! Erst unverständlich und tonlos, dann aber immer klarer und deutlicher entrangen die Worte sich ihren Lippen, langsam, und schwer atmend sprach sie vor sich hin: „Also ein Graf, ein reicher, vornehmer Mann war es, der sich meiner anzunehmen versprach, der so freundlich und gütig mir entgegen trat? Was konnte ihn dazu veranlassen? Welchen Beweggrund hat er dazu, sich mir zu nähern, mich um mein Ver trauen zu bitten und mir seine Hilfe anzubieten? Mir, dem armen Mädchen, der Magd, die nichts, nichts auf der Welt besitzt, als ihre Unschuld! Was anders kann ihn dazu veranlaßt haben, als eine Laune? Die Laune eines Vornehmen, welchen Seines gleichen langweilig geworden und der Gefallen daran findet, zur Abwechselung auch einmal zu tief unter ihm Stehenden hinab zu steigen, gleichviel ob er schließlich den Ruf eines armen Menschenkindes untergräbt, gleichviel, ob er Qualen und Kummer auf seinem Wege säet! Habe ich nicht schon so ost von solchen Menschen gehört? Aber nein! Kann man ihn auf eine gleiche Stufe mit Jenen stellen? Sollte cs denn nur schlechte, böse Männer auf der Welt geben, Männer wie Fuchs, die unbarmherzig und grausam den Ruf armer wehrloser Geschöpfe ver- MmliMMrgMzM Wochen- und Nachnchtsblatt zugleich GeMfis-AMM für Hchiimf, Mich, öernsdarf, Wims, Ä. -Mn, HcinrichMt, Marienmil. Mist». Amtsblatt für de» Stadtrat z« Lichtenstein. ------ — «3. Jahrgang. — — —— —. Nr. 224. Dienstag, den 26. September 1893. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Viertellährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. —- Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene KorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagesgeschichtr. *— Lichtenstein, 25. Sept. Gestern nach mittag unternahmen einige zwanzig Gewerbevereins- mitglteder, zum Teil mit Angehörigen, einen Ausgang nach den Schächten Ida und Helene. Den Versammelten wurde daselbst durch die liebenswürdige Leitung des Herrn Obersteiger Strauß ein tieferer Einblick in das Maschinenwesen und den ganzen Be trieb der beiden Anlagen gewährt. *— Oelsnitz bei Lichtenstein, 21. Sept. Heute Vormittag in der 11. Stunde verunglückte auf hie sigem Bahnhofe beim Rangieren der Arbeiter Aurig dadurch, daß er mit dem linken Vorderarm zwischen die Puffer eines Wagens geriet und dabei nicht un erhebliche Verletzungen davontrug. Dem Bedauerns werten wurde durch einen sofort herbeigerufenen Arzt rasche Hilfe zu Teil. — Deutscher Werkmeister-Ver band betr. Kreis Erzgebirge-Vogtland. Mit Bezugnahme auf die kürzlich veröffentlichte Auf forderung zum Beitritt zum Deutschen Werk meister-Verbände sei heute bemerkt, daß die neuen Bestimmungen hinsichtlich der Altersgrenze von 45 Jahren und er höhten Eintrittsgeldern, unter Wegfall der Nachzahlungen, nicht am 1. Oktober d. I., sondern erst am 1. Januar 1894 in Kraft treten können. Die Gründe für Hinausschie bung dieses Termins sind zweierlei Art: Zunächst war es unmöglich, den ungeheuren Andrang der letzten sechs Wochen, liegen doch noch 900 Anmelde scheine bei dem Zentralvorstande in Düffeldorf vor, zum 1. Oktober ordnungsmäßig zu erledigen. Wohl die Mehrzahl dieser gemeldeten 900 Kollegen hätte vor dem 1. Oktober keine Aufnahme finden können, weil keine Vereinsversammlungen mehr stattfanden. Nach dem 1. Oktober wären jedoch die neuen Be stimmungen maßgebend geworden und damit war ein großer Teil der Angemeldeten nicht mehr aufnahme fähig, weil schon zu alt. — Die teilweise sehr spät eingesetzte Agitation der Bezirksvereine drängte die Menge auf den letzten Augenblick. — Nunmehr kön nen noch ein Vierteljahr die Aufnahmen zu den alten Bedingungen bewerkstelligt werden! — Der zweite Grund der Hinausschiebung ist die Verzögerung der behördlichen Genehmigung des Sterbekaffenstatuts resp. der beabsichtigten Erweiterung des alten Statuts. Der Sterbekasssnvorstand beabsichtigt jedoch, das steigende Sterbegeld nach Eingang der Genehmigung vom 1. Oktober d. I. ab rückwirkend in Kraft treten zu lassen, so daß in diesem Punkte die alten Mit glieder in beabsichtigter Form bedacht werden. Es werden daher die Vereinsvorstände gebeten, zur Ver hütung von Irrtümern, genau in der bisherigen Weise bei den Aufnahmen verfahren zu wollen. Sollte hier und da bereits Zurückweisung von Kollegen wegen zu hohen Alters vorgekommen sein, so dürfte die Wieder anmeldung derselben beide Teile um so angenehmer berühren. Alle auf den 1. Oktbr. erlassenen Sonder bestimmungen treten erst 3 Monate später in Kraft. — Ueber Saatenstand und Ernte im König reich Sachsen berichtet die „Sächs. Landwirtsch. Zeitschrift" das folgende: Die Witterung in der Be richtszeit — 15. August bis 15. September — war nur in der ersten Woche, der Jahreszeit entsprechend, sehr warm, während die Temperatur der folgenden drei Wochen zumeist sehr kühl war und bis zu 2 ° Kälte am 12. und 13. September herabging; auch zeichneten sich die letzten Wochen durch zahlreiche und in manchen Gegenden fast tägliche Niederschläge aus. Letzterem Umstande ist es zu verdanken, daß der Stand der Ersatzfutterpflanzen zumeist günstiger ge worden ist, dieselben zahlreiches Herbstgrünfutter liefern und einigermaßen dazu beitragen, der allge meinen Futternot vorzubeugen. Auch die Wiesen hatten sich zumeist schön bestockt und ergaben eine bessere Grummeternte als erwartet worden war, nur hat die Güte des Futters in vielen Bezirken durch die täglichen Niederschläge während der Ernte erheb lich gelitten. In einzelnen Bezirken zeichneten sich auch die Kleefelder durch Neubestockung aus und lieferten noch einen zweiten bez. dritten Schnitt, da gegen steht der Stoppelkles zumeist sehr dünn, sodaß bereits vielfach Umackerung erfolgte. Auch den Kartoffel-, Rüben- und Krautfeldern kam die an haltende feuchte Witterung sehr zu statten, sodaß im Allgemeinen auch in diesen Gewächsen eine gute Ernte zu erwarten steht. Nur wird in zahlreichen Bezirken über starken Engerlingfraß an Kartoffeln und Rüben geklagt. Die Frühfröste am 12. und 13 d. Mts. brachten weitern erheblichen Schaden durch Erfrieren. Die Herbstbestellung hat unter sehr günstigen Witter- ungs- und Bodenverhältnissen in vielen Bezirken be gonnen. Die Rapssaat ist allenthalben schön ausge laufen, doch macht sich in derselben bereits Unge ziefer bemerkbar. — Nach den weiteren Druschergeb- nissen und Ernteschätzungen scheint der Körnerertrag in den Winterhalmfrüchten im Allgemeinen besser zu sein, als nach den Witterungsverhältnissen des Som mers erhofft werden konnte, wenn auch infolge von Auswuchs manche Mindererträge und Qualitätsbe einträchtigung sich bemerkbar machen werden. Da gegen ist die Gerstenernte in Menge und Güte fast allenthalben ungünstig ausgefallen, noch schlechter aber die Haferernte, die nahezu einer Mißernte gleich kommt. Die Kreishauptmannschaft Leipzig hatte allenthalben die höchsten Erträge zu verzeichnen, dann folgen mit absteigenden Erträgen die Kreishauptmann schaften Bautzen, Dresden und Zwickau. — Adam und Eva — Neger. Ein amerikanischer Methodistenbischof hat den Beweis zu führen versucht, daß Adam und Eva Neger waren. Nach seiner Theorie herrschte z. Z. der Erschaffung des Menschen auf dem ganzen Erdball die Temperatur des heutigen Mittelafrika, und infolgedessen waren auch unsere Stammeseltern so schwarz, wie die Neger von heute. Als sich später die Temperatur abkühlte, bleichte auch die Farbe des Menschen allmählich ab. Unseren schwarzen Menschenbrüdern wird diese Theorie jedenfalls hohe Befriedigung gewähren. — Es wird bekanntlich jungen Handwerkern die Berechtigung zum Einjährig-Freiwilligendienst unter Dispensierung von der Prüfung in fremden Sprachen gewährt, wenn sie in den Elementarfächern sehr gut bewandert sind und eine hervorragende Praktische Prüfungsarbeit ausgeführt haben. So hat ein Schüler der deutschen Fachschule für Blecharbeiter in Aue, Klempner Wilhelm Bechert aus Schweinfurt, die Berechtigung zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst erworben. Seine Prüfungsarbeit, eine aus Nikelm gefertigte Weinkanne ist Handarbeit. Die Kanne ist Nichten, aus schnöder heimtückischer Rache, weil sie ihre Unschuld, ihre Tugend verteidigen, verteidigen mit dem Mute der Löwin, welche ihre Jungen be schützt?! Nein es muß auch gute, vortreffliche Männer geben, deren Aussehen nicht trügt, deren Worte wahr und deren Gesinnungen lauter und rein sind! Sollte der Graf solch ein Mann sein? Können Augen wie die seinigen lügen? Können Blicke wie die seinen heucheln? Sein männliches, ernstes Gesicht: sollte auch dies nur die schöne Maske eines niedrig denkenden Menschen sein? Nein, ich bin bitter, un gerecht, ich lasse durch trübe Erfahrungen mich ver blenden, welche ich gemacht." Sie schwieg lange, und fuhr dann mit vibrieren der Stimme fort: „Er weiß ja gar nicht, wer ich bin, weiß nicht, daß er einer Namenlosen seine Gunst geschenkt, einem armen, verlassenen Wesen, das nichts weiß von seinem Vater, seiner Mutter, das allein schütz- und hilflos, allen Angriffen böser Menschen preisgegeben ist, das lange schon unterlegen, verdorben wäre, wenn der Himmel ihm nicht Willensstärke und Kraft zum Tragen seines schweren Loses gegeben hätte!" Eine unsägliche Bitterkeit klang aus ihrem Ton, als sie, finster vor sich hinbrütend, weiter sprach: „Wer bin ich? Woher stamme ich? Wer gab mir das Leben ? Nenne ich dieses Land, diese Stadt meine Heimat, oder wurde ich unter einem anderen Himmel geboren? Darf ich kühn und stolz den Menschen in die Augen blicken, oder muß ich scheu, mit gesenktem Haupt mich demütigen? Mein erster Gedanke galt diesen entsetzlich bangen, unbeantworteten Fragen, und ungestillt blieb bis heute mein Sehnen, einen Auf schluß über meine Herkunft zu erhalten! Streng und
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