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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 17.01.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191101171
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19110117
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19110117
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1911
- Monat1911-01
- Tag1911-01-17
- Monat1911-01
- Jahr1911
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 17.01.1911
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Beilage znm „Riesaer Tageblatt". RMEMWlvck «W G» »a«ge» » »»«»er«» w Mel» — Fsr Re RwaMen viwvtnwi«»» «,«h,r Häh«ek t« Mel» Hl». Diensteg, 17 Jenner 1S11, ,»e»vs. «4. Jehrg. «irr «rö-Rchste rlieaea»«» W- , wäch« «eise >t Roman von Ewald August König. 13 «Und darf man jetzt wissen, weshalb seinen nächsten An gehörigen niemals erlaubt wurde, chn zu besuchen ?" fragte Ri chard, oen forschenden Blick fest auf das Antlitz des Arztes hef tend. „Wenn ich nicht irre, habe ich diese Frage schon mehrmals beantwortet," erwiderte der Doktor kühl. „Ihr Herr Bat« war hier aus Befehl der Regierung untergebracht." „AIS Staatsgefangener?" „Zweifeln Sie vielleicht daran, daß er geisteskrank gewesen fei?" „Da» tue ich allerdings!" „So klagen Sie die Regierung an, wenn Sie den Mut dazu haben, ich werde alsdann beweisen, daß der Verstorbene bei seiner Ankunft in diesem Hause in so hohem Grade tobsüchtig war, daß ihm sofort die Zwangsjacke angelegt werden mußte. „Leute, die von solchen Dingen nichts verstehen, maßen sich gerne ein Urteil an, nur sollten sie sich zehnmal bedenken, bevor sie es aussprechen. Gr war geisteskrank, aber er hatte lichte Augenblicke, und wir durften deshalb niemand zu ihm lassen, weil er in solchen Augenblicken Staatsgeheimnisse auSplau« Lerte, die niemand erfahren sollte. Der Wärt«, dem er züge lest war, ist «in verschwiegener Mann." „Also war» von oben herab verboten, mit dem Unglück lichen in Berührung zu kommen?" unterbrach Richard ihn bit ter. „Meinem Urteil kann da» nur zur Bestätigung dienen." „Denken Sie darüber, wie eS Ihnen beliebt," fuhr Doktor Lein« achselzuckend fort, „ab« berücksichtigen Sie dabei auch die Größe und Schwere seine» Verbrechen». Ihrem Urteil ste hen ärztliche Gutachten gegenüber; hüten Sie sich vor einer Aeußerung, die meiner Ehre zu nahe tritt, ich würde schonungs los gegen Tie vorgehen." „Daß Sie sich gegen jeden Angriff sicher fühlen, bezweifle ich nicht," erwiderte Richard sarkastisch, ohne die warnenden «licke sein« Mutt« und sein« Schwester zu beachten, „wir stehen hi« vor einem dunklen Rätsel, ab« ich vertrau« auf die Gerechtigkeit Gotte», st« wird früh« ob« spät« die Lösung an den Lag bringen." „Mein phantasiereicher Neffe hat sich in diese Idee so fest verrannt, daß eS nutzlose Mühe wäre, ihn eines Besseren be lehren zu wollen," spottete der Makler, d« den Arzt verstoh len, aber scharf beobachtet hatte. „Hat mein Bruder Schriften hinterlassen?" „Die Geistesstörung scheint in der Familie erblich zu sein," erwiderte der Doktor mit einem stechenden Blick aus Richard, dem Lieschen leise zuredete, „mich sollte eS nicht wundern, wenn der junge He« eines TaaeS hierher gebracht würde. Nein, er hat nichts hinterlassen außer den Kleidern, die er in die An stalt mitbrachte.und die nach altem Brauch Eigentum des Wär ters geworden sind. „Er schrieb viel, ab« alles, wa» er schrieb, mußte auf hö heren Befehl vernichtet werden, eS war tolles Zeug, aus dem kein vernünftiger Mensch klug werden konnte. Im übrigen dür fen Sie versichert sein, daß er hier di« beste Pflege hatte, eS gebrach ihm an nichts, er konnte in seiner Zelle tun und las sen, was ihm beliebte, und alle Briefe, die ihm geschickt wur den, hat er erhalten." „Aber nie beantwortet," sagte Frau Poppert. „Da» ist meine Schuld nicht, Madame! Hegen Sie viel leicht in Bezug aus die Beerdigung irgend einen Wunsch." „So weit sind wir noch nicht," fiel Richard ihm in» Wort, „ich verlange die Sektion der Leiche, ich werde sie gerichtlich beantragen und die Aerzte bezeichnen, die sie vornehmen sol len." In den Augen des Irrenarztes flammt« e» zornig auf. „Genügt Ihnen mein Gutachten nicht?" fragte er barsch. „Tun Sie, was Sie nicht lallen können, aber beschweren Sie sich nicht, wenn die Folgen Ihnen nicht gefallen. War mich betrifft, so hätte ich gegen die Sektion nicht da» mindeste ein- zuwenden, wenn ich nicht in Ihrer Forderung ein mich tief beleidigendes Mißtrauen erblicken müßte." „Wozu die Sektion?" nahm der Makler wieder das Wort. „Ich als Bruder des Toten erhebe Einspruch dagegen, und seine Witwe wird eS ebenfalls tun. Du stehst nicht so sicher, daß Du nicht fallen könntest, und ich meine, Du hättest alle Ur sache ..." „Ob ich stehe oder falle, wa» geht e» Sie an?" unterbrach Richard ihn gereizt. „Sie haben sich bisher nie nm mein Ge« DeukscherRelch-kag. 0» «,»»» «»«<»» u. S»WM, > IW» «m «sch» des «mchGvat»: «ernnrth. «v GvvUv Lvstm« st— JMmtchSS-wWSsl" Berichterstatter ist Graf Sestarp (L). , . »ha. O,af Westarp (t., al» Abgeordneter: MRne pöll- lvü«sche auch de« KomuttlionSbeMM" im etnveluen. U,i» leite« dabet di« finanzpolitischen «efichtspunkte. Die Zuwachs- steuer bringt in da» ganze System der SleichSsteuern einen neu« erfolgverheißenden Gedanken, Mr sehen nur zurzeit davon ab, auch da» mobile Kapital Leranzuziehen, sind aber jederzeit auf dem Platze, wenn die RnchSreateruna einen Lor- Maa «acht. Setrossen werden solle« die GrundstückSverkLufe, dü sich infolge de» »«wachsen» b« großen Städte ergeben, die Bodenspemlation; dagegen soll der KauSbesitz- und da» Baugewerbe möglichst geschont werden. Die Kommissions beschlüsse bringe« gegenüber der Regierungsvorlage schon recht bedeutende Abschwächung de» Steuerertrages. Weiter« Ab schwächung«» dürfe« nur mit der größte« Vorsicht gemacht Verden. > Schatzsekretär Wermuth: Ihre jetzige Entscheidung fällt Sicht nur über di« ReichSzuwachSsteuer, sondern auch die Zu wachssteuer in de« Gemeinden. Fällt sie jetzt im Reich, dann würde sie sich auch nur noch in wenigen Gemeinden halten können. Da» Reich ist der Haupturheber de» außerordent. liche« Wertzuwachses. Hier handelt e» sich um eine Besitz, steuer 1« besten Sinne de» Worte». Die Vorlage ist weit hinter den früherer» Absichten zurückgeblieben. Letzt regnet e» ja unausgesetzt weitere MmilderungSanträge, aber dadurch würde da» Gesetz nahezu inhaltslos werden. Wir haben Er fahrungen von mehr al» S00 Gemeinden; danach hat die Zu. Wachssteuer bet mehr al» 97 Prozent keine Steigerung der Grundstückspreise und der Mietspreise und bei mehr als 98 Pro. -ent keine Einschränkung der Bautätigkeit gebracht. In 99 Pro. -ent der Fälle find Terraingesellschaften zum Eigenbau nicht übergegangen. Die Behauptung, daß die Steuer auf die Miete abgewälzt wird, hält den Tatsachen nicht stand. Der Einfluß der Steuer aus den Etat ist von großer Bedeutung. Für die Veteranen haben wir auf andere Weise keine Mittel flüssig, » Inzwischen ist eine Reihe von Abänderungsanträgen ein gegangen. Nach ß 1 der Kommissionsbeschlüsse wird die Zu wachssteuer von dem Wertzuwachs erhoben, der ohne Zutun deS Eigentümer» entstanden ist. Diese Worte will Abg. Cuno (Vp.) streichen, ebenso Dr. Arendt (RP-), der statt dessen setzen will „un verdienten Wertzuwachs". Nach dem Kommissionsbeschluk bleiben Verkäufe im Wert bis zu 20000 bei bebauten und bi» 5000 bet unbebauten Grundstücken steuerfrei, auch wenn «» sich um Teilgrundstücke handelt. Dr. Arendt (Rp.) und Dr. v. Savigny (Z.) wollen statt dessen sehen 30000 und 10000 UV. Nach einem Antrag Marx (Z.) soll die Steuer freiheit nur eintreten, wenn das ganze Grundstück bi» zu 20000 bzw. 5000 Wert ist. Diese Steuerfreiheit soll nach dem Kom- missionSbeschluß aber nur dann eintreten« wenn der Veräußeren nicht mehr als 2000 Einkommen hat und den Grundstücks handel nicht gewerbsmäßig betreibt. Wg. Pauly-Cochem (Z.) und Dr. Arendt (Rp^ wollen die EinkommenSgrenze auf 3000 heraufsetzen. Die Sozialdemokraten beantragen, sämtliche Be. fchränkungen und Befreiungen im Z 1 zu streichen. — Die 1» bi» Io treffen Vorsorge gegen Umgehung den Steuer, besonders durch Bildung von G. m. b. H, usw. ' Wg. Marx (Z.): Wir sind durchaus Freunde und An hänger de» Gedankens, daß der unverdiente Wertzuwachs vom Reiche besteuert werden wird. Wir sind auch zu einer wirk, samen und ertragreichen Steuer bereit, wir wollen aber keine Farce, sondern em brauchbares Gesetz. Trotzdem dürfen Win dabei von den Pfaden der Gerechtigkeit und Billigkeit nicht ab. «eichen. Darum werden wir uns ernstlich fragen müssen, ob nicht durch die Vorlage durchaus berechtigte, ja echt konservative Grundsätze in» Wanken geraten. Mit aller Bestimmtheit halten wir an der Aufhebung des Umsatzstempels fest. Unser« Bedenken bewegen sich in drei Richtungen: ersten» bezüglich der Rück, beziehung auf 188ö, zweiten» bezüglich der Frage, inwieweit die Gemeinden berechtigt sein sollen, selbständig zu beschließen, und schließlich hinsichtlich der Frage der rückwirkenden Kraft. Wir fürchten eine Belastung des Familienbesitzes. Den Ge meinden sollte da» Recht gegeben werben, 100 Prozent de» Wne« überwiesenen Steuerbetrages nochmals zu erheben. Wir Pichen Boß« b« Wncka» «nd Rücksicht««-»« während der Uwerga, Scha»»«kretär «er«»thi schwLchuuasantrSg« erscheint es mir , wir für die Veteranen sorge« solle«, der Beteranensürsorge liegt «Icht ««r der» a«ch de« Reichstage. Bureaukratisä Wir habe« eingehende Erheb»«-«» gemacht Interessentenkreise« 1» Berbindung -esesft. auf unsere Rechnungen Segenrechnungen« ch Vehauvttrngen. Wg. Söhre (So».): Mr find für dl« Zuwachssteuer, über ihr -auptertrag soll den G«mR«de« »«fließe», den« diese schaffen erst durch Ihre Einrichtunge« de« Wertzuwachs. Der fchwarzblaue Block ist bestrebt gewese«, die Borlage agrarisch zu durchseuche«. Wen« man die Wünsche der Rechten berück, sichtig», so werden nicht «ur die Agrarier begünsttgt, sondern auch die Terratnspekulaute«. Der Umstand, daß ma« den Umsatzstempel neben dieser Steuer beibehalt«» muL beweist, daß die Finanzreform jämmerlich Fiasko gemacht Hat. Mr werden «semal» damit einverstanden sein, daß die Erträgnisse der Steuer für da» Heer verwendet wvrde«. Die Einnahme« solle» 1« erster Linie zur Unterstützung der Beteranen und zur Beseitigung der drückendsten tndsrükten Steuer«« z, B, v< Zündholzsteuer, diene«. Wa. Dr. Weber (al.): Der unverdiente Wertzuwachs soll besteuert werden, gut; aber »vir hülfen nicht vergessen, daß hier ein schwerer Einrgriff in die Selbstverwaltung der Kommune« vorliegt. Zum mindesten sollte man daher den Anteil der Gemeinden erhöhe» und den der Bundesstaaten entsprechend verringern. Sehr schwere Bedenken haben wir gegen da» Fortbestehen de» Umsatzstemvel» Neben der neuen Steuer. Da» ist «ne einseitige Benachteiligung de» immobilen Besitzes. Der Schatzsekretar warnte vor eine Abschwächung der Vorlage. Das ist leicht gesagt: mit scharfen Gesetzen hat man noch nie etwa» erreicht. Zieht man die Steuerschraube »u scharf an, so bleibt da» Ertragnis zuruck. Und wie soll fest gestellt werden, wie 1885 der Grundbesitz zu bewerten war 7 Wer hat damals an eine solche Steuer gedacht? Wir fürchten, daß die Ausführungsbestimmungen nicht dem Geiste, sondern dem Wortlaut nach befolgt werden, zum Schaden de» soliden Grundstücksverkehr». WaS wird das für eine Unzahl von Pro zessen und Schwierigkeiten geben. Welche ungeheure Mühe wird da» kosten! Zweifellos liegt ein scharfer Eingriff in tue Selbstverwaltung vor. Entschieden verlangen wir, baß der verdiente Wertzuwachs möglichst frei bleibt. Darum kann dem Anträge Cuno nicht zugefkmmt werden und »och weniger den Anträgen der Sozialdemokraten. Abänderungsanträge be halten wir «nS vor, der Schatzsekretär wird sich damit ab finden müllen. , . i Wg. Cuno.(vp.): Die Wirkungen de» Gesetze» sind noch nicht zu übersehen, daher ist Vorsicht geboten. Wir haben erirste Besorgnisse, denn nicht einmal der Begriff des steuer lichen Wertzuwachses konnte einwandfrei definiert werden. Die Mlllionenbauern, die vor den Großstädten sitzen und abwarten, bi» man ihren Grund und Boden braucht, werden von der Steuer am wenigsten getroffen werden. Sie aber wollte man doch gerade heranziehen. Die im Gesetz geschaffenen Kautelen werden kaum ausreichen. Wir wären ohne Bedenken dafür, wenn die Zuwachssteuer an die Stelle de» Umsatzstempels treten sollte. Jetzt aber sollen sie beide nebeneinander Geltung haben. Damit belastet inan den Grundbesitz fast doppelt so stark, als man bei der Finanzreform geplant hat. DaS erscheint unS höchst bedenklich. Auch fragt eS sich, ob eS verfassungsmäßig zulässig ist, daß der Grundbesitz mit einer Steuer belastet toird, von der 20 Millionen den Gemeinde» überwiesen werden, Eine Reihe von Bestimmungen ist in der Praxis undurchführbar. Wir können der Steuer nur zustimmen, wenn sie an die Stelle des Umsatzstempels tritt. Dann muß sie natürlich auch einen beträchtlichen Ertrag bringen, denn sonst werden die Gemein den, denen man die kommunale Zuwachssteuer nimmt, sehr ge schädigt. Wenn der Zusatz angenommen wird, daß nur der unverdiente Wertzuwachs getroffen wird, dann steht alles im Ermessen der Steuerbehörde. Wir behalten unS Abänderung». anträge vor. (Beifall link».) KxitMerasirnp, Dienstag 1 Uhr., Schluß 6-/, Uhr, äanisse »ahmen der hört!) __ Regier««- ob, so«, sch waren wir nicht, l «nd «n» «fit alle« Vierzig Jahre Kaiser nnv »eich. — Z«a 18. Januar 1911. — KK. Der 18. Jammr »eckt da» Bollbewußtset« uns«- rer vaterländisch«» Ehr«, Macht «nd Größe. Kats« und Reich erstanden vor vier Jahrgehnten au dies«» Lag«. An dem Gedenktage der Errichtung de» preußischen Königtum» nmrd in Versailles, in Ludwig» de» Vierzehnten, de» Sonnenkönig», Prunkschloffe, im Herz« de» zu Boden ge- worfenm Grdfeind«», König Wilhelm von Preußen -um Deutschen Kaiser au»geruf«n. Der alten Kyffhäuser Sag« Sehnen war gestillt, ai» im französischen Köntg»schlofl« zum ersten Mal der Katserruf ertönt», da» Kaiserhoch au» de« Munde de» Großherzog» von Vaden. Nach 800 Jahren war Kaiser Rotbart au» seinem Schlase erwacht und ver scheucht der Rabenschwarm, der so lange unhellkündend den Kyffhäuserberg umkrächzt hatte, wie von eine» Gottes- wunder» Walten wurde damal» da» deutsche Gemüt er- griffen, al» der erste Kaisergruß Slldeutschland» Gauen durchbrauste. ,E» kommt wie versengend« Juniglut", so sang in jenen Tagen ein Dichter, „wie hoch aufbrandende Wogen! Wie olympischer Wein, der im Sturme da» Blut in die fiebernde Schläfe gezogen! Scharf klingt», al» schlüge tönenden Streichs ein Schwert durch zerstiebende Reiser — Das Volk und die Fürsten de» Deutschen Reichs, sie haben gekürt einen Kaiser!" Fest gewurzelt in unser Dasein, in unser Sinnen und Trachten, sind heute da» Kaisertum und die staatliche deutsche Einheit. Fleisch und Blut geworden ist in vierzig Jahren das Besitztum von Kaiser und Reich wie etwa» Unveräußerliches, Selbstverständliches, das nie ander» ge wesen ist, nie anders hätte sein können. Wa» aber ehedem die Errungenschaften des 18. Januar 1871 bedeuteten, faßte damals der Festpredigrr der Kaiserstunde von Versailles in die denkwürdigen Worte: „Was unsere Väter in der Er hebung der Befreiungskämpfe vergeblich sich ersehnt haben, wofür die deutsche Jugend in edler Begeisterung geschwärmt, was die Sänger jener Lage in immer neuen Weisen um sonst gesungen, wa» die Lieder und Sagen unseres Volkes nur als einen fernen Traum uns verkündet haben, wir sehen es heute zur Wirklichkeit geworden." Diese Wirklichkeit, die unsere» Heere» Tapferkeit unter Führung großer Männer ohnegleichen bereitet hat, die Wirklichkeit von Kaiser und Reich bildet die Voraussetzung, die Grundlage dessen, wa» wir in der Frledensarbett der letzten vierzig Jahre geschaffen haben. Nicht deutsche Art ist es, sich in eitler Selbstbeschaulichkeit zu liberheben; aber wenn uns zu rechter Wethe der Erinnerung bewußt werden soll, was es eigentlich heißt: «Vierzig Jahre Kaiser und Reich!" so müssen wir unS — und um zugleich Zagenden, matt, schlaff oder gar bange Gewordenen Mut und ver trauen zurückzugeben, doch gestehen, daß wir durch Kaiser und Reich gewaltige, unschätzbare Fortschritte auf allen Ge bieten erzielt haben. Erfüllt ist di« Hoffnung, die König Wilhelm, al» er die Katserwürde übernahm, aussprach, „daß es der deutschen Nation gegeben sein werde, unter dem Wahrzeichen ihrer alten Herrlichkeit bas Vaterland einer segensreichen Zukunft entgegeuzuführen". Erfüllt ist der Segenswunsch, den der erste Deutsche Kaiser an diese Hoff- nung geknüpft hatte, daß die Träger der Kaiserkrone Mehrer schick bekümmert, und ich bin alt genug geworden, die Folgen meiner Handlungen berechnen zu können." „Der Herr Präsident!" fiel seine Mutter ihm ängstlich inS Wort, während sie mit einer tiefen Verbeugung den hohen, ha geren Henn begrüßte, der in dem Rahmen der offenen Tür er schien. Der Präsident von Haberloh, eine aristokratische Erscheinung, hielt die dunklen, blitzenden Augen einige Sekunden lang fest auf daS Antlitz Richards geheftet, dann reichte er mit herab- lassender Miene der Witwe die Hand, ohne den Gruß deS Mak lers »u erwidern. „Ich bedauere unendlich," sagte er kühl, „aber da keine Hoff nung auf Genesung war, war ihm ein baldiges Ende nur zu wünschen." „Dasselbe warwohl namentlich anderenPersonen erwünscht," erwiderte Richard, wäbrend er in hellaufloderndem Zorne das Tuch von dem Antlitz der Leiche fortzoa. „Jenen Personen, deren Opfer er gewesen ist, und gegen die er nun vor dem Throne deS höchsten Richters furchtbare Anklage erhebt." DaS blaffe Gesicht des Präsidenten war noch bleicher ge worden, er maß den Verwegenen mit zornflammendem Blick vom Scheitel dis zur Sohle. „Wer ist dieser Mensch?" fragte er. „Mein Sohn," erwiderte Frau Poppert, der Angst und Be stürzung die Fassung zu rauben drohten, „verzeihen Sie ihm, da» Unglück seines Vaters ..." „Sein Vater hatte dieses Unglück sich selbstzuzuschreiben," unterbrach der Präsident sie hart. „Vergessen Sie das nicht, junger Mann, nicht» berechtigt Sie, diese Sprache zu führen und andere einer Schuld zu zeihen, die auf dem Toten ruhen bleibt." „Aberihmniebewiesenwurde!" warf Richardbitter ein. „Was wissen Sie davon?" fuhr der Präsident fort. „Sie waren bei der Unterredung, die ich mit Ihrem Vater hatte, nicht zugegen, wollte ich Ihnen den Inhalt derselben »vorige- treu mitteilen, so würden Sie mir wohl Dank dafür wissen, daß ich ihn nicht der Oeffentlichkeit preisgegeben habe. Wenn das Andenken des Verstorbenen Ihnen teuer ist, dann lassen Eie den Schleier ruhen, Tie würden die Folgen Ihrer Verwegen- heil bitter empfinden." 183,20
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