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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-191203077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19120307
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19120307
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1912
- Monat1912-03
- Tag1912-03-07
- Monat1912-03
- Jahr1912
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1912
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Mff. >!^MRM!^^WWDMIM^MIWWWWWWWW f '. .'?i' » ' : . '. Donnerstag, 7. MSrz 1S12, aveudS «S. Jahr- / m. ^unckai. m. Soick. cki» bsgsfirtosiv un6 anxsnskmat« 2^2 ^tz.-OiZLl-stts. Vss'lLNgSN 81'6 6ssmstri-vubsc Ilttd betr. chen erhält Abg. Schwager (Fortschrtl.) das Wort zur Begrün dung des fortschrittlichen Antrages, die Regierung zu ersuchen, dem Landtage baldigst einen Gcscßeiitwlirf vor- zulcgen, nach welchem im Oltobcr spätestens im No vember jeden Jahres ein ordentlicher Landtag einzu berufen ist. Redner führte in seiner Begründung aus, der Antrag bezwecke nicht die Einführung einjähriger Etatperioden, sondern seine Freunde wünschten nur, daß der alljährlich zusammentretcnde Landtag in den Jahren, in denen er sich nicht mit dem Etat zu beschäftige» habe, die gesetzgeberischen Aufgaben und die Petitionen er ledigen könne. Tie zweijährigen Etatpcrivdcn seien vor 40 Jahren 1870 cingeführt worden. Sie ließen sich aber heute angesichts der rapid gewachsenen Bevölkerungs ziffer und der fortschreitenden raschen Jrrdustriealisie- rung unseres Vaterlands nicht mehr aüfrechterhalten. Eine sorgfältige genau abwägcnde Behandlung der in gewaltigem Umfange gestiegenen gesetzgeberischen Materie sei bei den zweijährigen Etatperioden kaum noch mög lich. Tic Uebcrlastung des Landtages mit gesetzgeberischen und anderen Arbeiten habe sich schon in der vorigen Session gezeigt, noch viel mehr aber bei der dies maligen. 39 Dekrete seien uns bereits zugegangen, darunter außerordentlich wichtige. Tic Zahl der Peti- F? 55 Sächsischer Landtag. . Original-Bericht. )( Dresden, 8. Marz 1912. Zweite Kammer. Zur Beratung steht der fortschrittliche Antrag Schwager und Gen. bctr. die alljährliche Einberufung des Landtages der sozialdemokratische Antrag Castan und Gen. die Einführung des allgemeinen, geheimen, glci- und direkten Wahlrechts für den Landtag. Zunächst 21. Sitzung, Mittwoch, den 6. MSrz, 1 Uhr. Der Etat des ReichSamts des Inner«. (Siebenter Tag.) Abg. Behrens (W. Vgg.): Massen von Resolutionen liegen vor. Wohin soll das führen? Wie soll der Bundesrat damit fertig werden ? Man sollte die Initiativanträge nach Materien ordnen und an Kommissionen zur Beratung überweisen .Aus den lehr reichen Darlegungen des Staatssekretärs hörte man leider immer nur das Nein. Der Redner wendet sich gegen die Sozialdemo kraten. Durch die günstige wirtschaftliche Entwicklung ist den deutschen Arbeitern in steigendem Maße lohnende Arbeit gesichert. Notwendig ist eine weitgehende Wohnungssürjorge. Syndikate haben auch ihr Gutes. Wäre das Kohlcnsyndikat in die Brüche gegangen, so wäre ein wilder Konkurrenzkampf entfesselt worden, unter dem besonders die Arbeiter gelitten hätten. Be: der Preis erhöhung spielen wohl die Großbanken eine Nolle, die aus die Ruhrindustrie einen außerordentlichen Einfluß ausüben. Die Landwirtschaft ist der beste Abnehmer für Industrie und Ge werbe. Die Arbeiter haben also alle Ursache, sic zu fördern. Der Redner fordert ausgedehnte innere Kolonisation, Urbar, machung von Oedländereien und Mooren. Dadurch wird auch die Arbeitslosenfrage gelöst. Die sozialpolitische Kleinarbeit darf nicht vernachlässigt iverden, Die Uebcrschüsse der Finanzresorm sollte man zur Erhöhung der Invalidenrenten verwenden. Die Forderung eines Arbeitswilligengesctzcs lehne ich ab; cs würde auch die Arbeiterorganisationen treffen, die den Terrorismus der Sozialdemokraten verurteilen. Der Redner wendet sich mit großer Schärfe und unter lebhaftem Beifall gegen die Art, in der die sozialdemokratisch organisierten Arbeiter die Mitglieder der nationalen Organisationen beschimpfen und bedrohen, so den Retchstagskollegen Bergarbeiter Heckmann. Aber die Koalitions freiheit muß ausgcbaut und gesichert werden, und das Ver halten der Jndustrieherren, die ihren technischen Angestellten die Zugehörigkeit zu einer Organisation untersagen, ist aufs schärfste zu verurteilen. Der Redner verlangt eine Instanz beim Reichs amt des Innern, die bei Lohnbewegungen vorbeugende Ver handlungen einleitet. Einen Sympathiestreik für die Engländer lehnen die christlich-nationalcn Arbeiter ab. Die Bundesstaaten sollten endlich den Wünschen der Bergarbeiter mehr Gehör schenken. Abg. v. Oertzen (Rp.) befürwortet eine Einschränkung der Warenlager, die dem Handwerk schwere Konkurrenz bereiten. Eine gesetzliche Regelung sei notwendig, ebenso eine Besteuerung der Konsumvereine. Abg. Giebel (Soz.): Die Konsumvereine sind schon genü gend belastet, sie können keine neuen Steuern mehr ertragen. Der Redner spricht gegen die konservative Resolution, die ein Gesetz zum Schutze der Arbeitswilligen fordert. Der neue Mittel stand ist ein neuer mittelloser Stand. Heute ist der Angestellte geradezu der Knecht des Prinzipals. Das Erfinderrecht des Angestellten muß geschützt werden. Wir fordern ein einheitliches Privatbeamtenrecht und den Schutz des Koalitionsrechtes der Angestellten und Arbeiter. Abg. Giesberts (Z.) spricht über die Bergarbeiterfragc. Das Parlament kann daran nicht achtslos Vorbeigehen. Tie Frage der.Mindestlöhne ist schwierig, aber doch zu lösen. Mindest löhne für Mindestleistung, bei den Buchdruckern ist das durch geführt, und im preußischen Berggesetz ist auch ein Anklang daran. Man hört viel Klagen der Arbeitergeber über die modernen Arberterbestrebungen, aber niemand wagt, den deut schen Arbeitern zum Vorwurf zu machen, daß sie für den Lohn nicht entsprechende Arbeit leisten. Wir wollen abwarten, wie das kommende englische Gesetz das Mindestlohnprinzip durch führen wird. Für einen Sympathiestreik haben die deutschen Bergarbeiter keine Neigung, Vie öffentliche Meinung würde ihn nicht verstehen, und auch den englischen Bergleuten würde er nichts nützen. Diese Frage berührt uns also nicht; aber wir erwarten auch bestimmt, daß die deutschen Grubenbesitzer nicht etwa deutsche Kohle nach England liefern; das würde die Situation im Inland ganz erheblich verschärfen. 1905 hat bei unserem Ausstand England versucht, der deutschen Berg industrie die Absatzgebiete wegzuncymeu, hier wäre Vergel tung angebracht. Die Behandlung der Lohnfrage durch die Grubenbesitzer im letzten Jahr war unklug und sozial unge recht: nun, wo die Kohlenpreise gestiegen sind, ist eine ent sprechende Lohnerhöhung notwendig; die deutschen Gruben besitzer würden sich sonst um alle Reputation m der Welt bringen. Die deutsche Kohle ist doch nicht nur ein Ausbeutungs produkt der Kapitalisten. Tun die Grubenbesitzer jetzt nicht ihre Schuldigkeit, dann soll man ein Syndikatsgesetz machen, wie für den Kalibergbau. Die christlichen Bergarbeiter haben ein außerordentlich großes Mißtrauen gegen die ehrlichen Ab sichten des sozialdemokratischen Verbandes. Die Erfahrungen des Streiks von 1905 machen uuö vorsichtig. Man will den christlichen Verband zertrümmern und «inen großen Fischzug tun. Sachse und Lue werden von den Radikalen geschoben. Deutscher Reichstag. -^2hs. Sitzung, Dienstag, den 5. März, 1 Uhr. . Am -Lisch des Bundesrats: Dr. Delbrück, Caspar» Der Etat dr« Reichsamt« de« Innern. (Sechster Tag.) - Mg. Dr. Oertel (k.): Ein Sozialdemokrat hat jüngst außerhalb des Hauses den Reichstag ein QuasselhauS genannt. Ich mache mir dieses herbe Urteil nicht zu eigen, aber cs scheint wirklich beim Gehalt des Staatssekretärs zu viel geredet zu werden. (Zuruf: Warum reden Sie den» da?) lieber Elsaß- Lathringen werden wir erst beim Etat des Reichskanzlers sprechen. Wir haben die Entwicklung, die sich jetzt vollzieht, vorausgesehen und deshalb die BerfassungSreform nicht mit gemacht. In der Frage: Beamte und Sozialdemokratie stehe ,ch völlig auf dem Standpunkt des Ministers von Dallwitz. Der Redner spricht gegen die Zigeuncrplage und dann über die Frauenbewegung, die ihm an und für sic.) sympathisch sei. Zu verurteilen seien die Ausschreitungen der englischen Stimm- rechtSweiber. Die Frau solle sich nicht in den politß chen Kampf hiueinmischen. Durch eine Resolution fordern wir de» Schutz der Arbeitswilligen. Wir wollen kein Ausnahmegesetz, machen aber auch keine bestimmten Vorschläge. Tas ist Sache der Re gierung. Wir wollen nur die arbeitswilligen Arbeiter vor Ge walttätigkeiten schützen. Ta müßten alle Parteien unserer Mei nung sein. Ich verstehe den Standpunkt des Staatssekretärs nicht, der erklärt hat, daß eine Aenderung der Gesetze nicht not wendig sei. Er setzt sich da mit dem Reichskanzler in Wider spruch, der die Frage wenigstens offen gelassen hat. Ter Redner bedauert, daß die Nationalliberalcn sich bereits gegen diese Resolution ausgesprochen haben. Die Nationalliberalcn in Sachsen und in Hamburg seien aber dafür, ebenso im stillen manches Mitglied der nationalliberalen Fraktion. Wenn cS so weiter geht wie bisher, dann wird nicht nur das Vertrauen der Arbeitgeber erschüttert, sondern auch das Vertrauen der nicht sozialdemokratischen Arbeiter, die keinen Schutz bei den Be hörden finden und deswegen zum letzten Refugium schreiten mü sen, der Sozialdemokratie beizutreten. Nun die Wirtschafts politik. Die Erfahrungen mit den Amerikanern sollten uns die ernste Frage nahelegcn, ob unser zollpolitisches Rüstzeug solchen rücksichtslosen Gegnern gegenüber gewachsen ist. Ich bleibe bei meinem alten Steckenpferd: Höchst- und Mindesttarife; ich bitte den Staatssekretär, bet der Vorbereitung der Handels verträge nicht nur technische, sondern allgemeine handelspolitische Rücksichten zu nehmen, lieber die Erhöhung der Gctrcidczölle, die wir erstreben müssen, sind irgendwelche Beschlüsse vom Bund der Landwirte oder von den Konservativen noch nicht gefast worden. Wir wollen den lückenlosen Zolltarif, ebenso wie die Industrie. Wir haben besonders die Lücken bei der Gärtnerei im Auge. In der Sozialpolitik wollen wir nicht Stillstand, sondern Fortschritt. Sie muß ergänzt werden zur Festigung und Hebung der selbständigen Existenzen im Mittel stand. Wir verurteilen das Bauernlegen. (Lachen links.) Unter der Leutenot leiden am meisten die mittleren Bauern. Man sollte der Heranwachsenden Jugend etwa im Alter von 14 bis 16 Jahren die Beschäftigung in gewissen Industrien ver bieten. Wir boykottieren nicht. (Lachen links.) Wenn einzelne Personen so etwas tun, würden wir eS mißbilligen. Etwas anderes ist es, wenn man Politisch Nahestehende auffordert, nur bei politischen Freunden zu kaufen. Die größte Gefahr für den Mittelstand ist die Verfilzung einiger Großbanken mit einigen großinoustricllen Unternehmungen. Diese Leute finden überall offene Hand. Zwei- bis dreihundert dieser Leute führen .das Regiment in Deutschland; das ist eine Bedrohung des wirt schaftlichen Lebens, ja der Monarchie. Wir brauchen eine kraft volle Regierung, die große Mittel anwendet. Die Erhaltung des Mittelstandes ist eine wirtschaftliche Notwendigkeit. (Beifall.) Staatssekretär Dr. Delbrück bestreitet zunächst, daß seine Ausführungen über das zesorderte Arbeitswilligengesctz anderen Regierungserklärungen widerspreche, und wiederholt seine Er klärung, daß nach seiner Ausfassung die Bestimmungen des Pa ragraph 153 G. O. ausreichcn, wenn die zuständigen Organe des Staates ihre Pflicht tun. Der Staatssekretär macht sodann seine gestern angekündigten Ausführungen über die Mittelstandsfrage. Man muß die verschiedenen Arten des Mittelstandes ausein anderhalten. Der bäuerliche Mittelstand hat eine Veranlassung zu so heftigen Klagen wie der gewerbliche, nicht. Der Bauern stand hat sich unter dem Einfluß unserer Wirtschaftspolitik zweifellos gehoben, und es würde nicht ratsam sein, von reichs- wegen einzugreifen in die Entwicklung; das ist Sache der Bun desstaaten. Aus meiner genauen Kenntnis der Verhältnisse aber halte ich auch die Vorstellung für falsch, daß im Osten die Ten denz der Entwicklung und des Großgrundbesitzes auf das Bauern legen geht, im Gegenteil, man erkennt dort die Bedeutung des Großgrundbesitzes als Lehrmeister des Kleinen an. Beim ge werblichen Mittelstand muß man unterscheiden zwischen dem selbständigen Mittelstand und dem neuen Mittelstand, für den wir jetzt das Versicherungsgesetz der Privatbeamtcn gemacht haben. Dieser neue Mittelstand gehört nicht zu den Stief kindern unserer Gesamtentwicklung, und das Versicherungsgejetz ist «in Beweis der Fürsorge von Regierung und Reichstag. Di« dadurch der Produktion auferlegten Lasten sind nicht gering/ das sollte man in den Kreisen des neuen Mittelstandes nicht vergessen. Gewiß haben auch diese Herren berechtigte Wünsche, insbesondere nach Gleichstellung in ihren Rechtsverhältnissen mit den Handlungsgehilfen. Diese Lösung ist gescheitert am Paragraph 63 des Handelsgesetzbuches, der Anrechnung des Krankengeldes. Dr. Pieper hat neulich mit Recht betont, daß «S absolut notwendig ist, daß die großen Verbände der Privat angestellten auf diesem und anderen Gebieten sich zu Kompro missen bereit erklären. Ich erkläre ausdrücklich, ich bin jeden Tag bereit, diese Wünsche zu erfüllen, soweit eS sich nicht um die Preisgabe wichtiger grundsätzlicher Fragen handelt, lieber di« Konkurrenzklausel im Handelsgewerbe wird zur Zeit im MeichSjustizamt verhandelt. Das Erfinderrecht kann nur mit der Neuregelung des Patentwesens zusammen geregelt werden; ich hoffe, bald in der Lage zu sein, eine solche vorzuschlagen. Der Staatssekretär wendet sich sodann dem selbständigen Ge werbe zu, dem eigentlichen Mittelstände. Der Großbetrieb nimmt dem Handwerk vielfach seine besten Kräfte. Auf der anderen Seite geht mancher Kleinmeister in den vierten Stand, des Vorarbeiters, des Fabrikmeisters, über. Die Maßregeln zum Schutze dcS Handwerks müssen sich in der Hauptsache auf die Zweige beziehen, die einen gewissen Individualismus und eine gewisse Kunstfertigkeit des Meisters erfordern. Man muß be strebt sein, dem Handwerk möglichst die Vorteile des Großbetriebs zugänglich zu machen, Kapital, Kredit, Kalkulation und Motor kräfte. Das ist Sache der Bundesstaaten und der Gemeinden. Die Gesetzgebung ist nicht untätig gewesen, aber das Handwerk hat sie sich nicht in richtiger Weise zunutze gemacht, Genossrn- schaftSgesetz usw. Der Staatssekretär erklärt die Geneigtheit L« verbündeten Regierungen, «ine Möglichkeit zu schassen, daß der Industrie eine BeiträgSpflicht zu den Kosten der Lehrlings ausbildung auferlegt wird. Die Beteiligung am Submissions wesen und ähnliche Dinge müßten im Verwaltungswege geregelt werden. Vielleicht könnten mit Hilfe des Handwerks, der In nungen Normen für einheitliche Preise festgestellt werden, die den Behörden bei de: Kalkulation für Submissionen einen An walt «eben. Geaen die Aufhebung des Paragraph 100g äußert Zwischen den christlichen und den sozialdemokratischen' "Berg arbeitern sind unüberbrückbare Gegensätze. Wir haben Ber- anttrortlichkeitSgefühl, und deshalb trau«: wir dem alten Ver bände nicht. Wir wollen keine wilden Streiks, wir wollen einen ruhigen Verlauf der Bewegung. Der Staatssekretär soll die Initiative ergreifen und vermutet», und die preußische Regierung soll im Syndikat nicht nur. die Preise Hochtreiben, sonocrn auch für anständige Löhne sorgen. (Beifall im Ztr.) Abg. Koelsch (ul.) tritt für die Wünsche deS kaufmänni schen Mittelstandes ein. »überall lauert der Poykott. Der Hansa- bund hat sich durchaus bewährt. (Lachen rechts uud im Zen trum.) Der Redner fordert bessere Vorbildung für die kauf männischen Lehrlinge, Ausscheidung des Religionsunterrichts, aus den Handelsfachschulen (Lachen in» Zentrum), Erleichte rungen in der Sonntagsruhe für die kleinen Orte. Eine Waren- hauSsteuer würde lvcnig Erfolg haben. Die Herren rechts schimp fet: darauf, aber legen ihr Geld dort an. Sie kennet: doch den Fürsten Fürstenberg. Nehmen Sie die Erbschaftssteuer an, dann werden Sie «ine wahre Mittelstandspolitik treiben. (Beifall links.) Abg. Dr. Ke r s chen sie 1 ner (Vp.): Ist die wirtschaft liche Entwicklung so, daß der Mittelstand zerrieben werden muß? lind tveun das nicht der Fall ist: Welches ist die richtige Mittcl- standspolitik? Der Redner kommt in eingehenden Darlegun gen zu dem Schluß, daß man au der Entwicklung des Mittel standes nicht zu verzweifel,: brauche. Notwendig fei eine wirk same ErzicyungSpolitik. Unsere jungen Männer nehmen lieber mit mageren niederen Staatsstclleu vorlieb, als in den freien Wirt- schastSkampf hineinzugehen. Die Rechte kommt mit Mittelstands forderungen, die zur Zünftelci führen müssen. Die ganze Lei- dcnSzcit des Handwerks steigt wieder auf. Unsere realistischen Anstalten müssen dafür sorgen, daß die Qualität des Mittel standes besser wird. Auch die Absolventen der realistischen An stalten betätigen sich nicht genügend in industriellen und Ge werbebetrieben. Und doch war das der Zweck ihrer Gründung. TaS ist in Nordamerika besser. Tie realistischen Schulen haben keine Beziehungen zum praktischen Leben. Sie müssen neir organisiert werden, ebenso das gesamte gewerbliche Fortbil- dungsschulwcsen. Es fehlt auch noch an der technischen Aus bildung. Tie Lehrlinge sind in den ersten Monaten nur Dienst mädchen. Tie staatsbürgerliche Erziehung ist kein Heilserum gegen die Sozialdemokratie, aber sie ist eine Charaktererziehung. Die Fortbildungsschulen nach Münchener System finden selbst in Amerika und England Nachahigung, nur im deutschen Norden fehlt cS noch ein wenig. Wir in München-Capua scheinen die fleißigeren Leute zu sein. (Beifall., Abg. Dombck (Pole) bezeichnet die Lohnbewegung als. notwendig. Donnerstag 1 Uhr, Weiterbcratung. Schluß 6'/. Uhr. 5er Staatssekretär Bedenken; die gesetzliche Festlegung der Min destpreise würde zur Forderung der Mindestlöhne führen. Eine Handwerkerkonferenz, die noch in diesem Frühjahr einbcrusen werden soll, wird auch diese Frage prüfen. Weiter soll eine Kommisston über die Frage des Kleingewerbes beraten. Der Staatssekretär schließt mit der Versicherung, daß er volles Verständnis für die schwierig« Situation des Handwerks habe und redlich bemüht sei, mit allen versügbaren Mitteln zu helfen. (Beifall.) > Älbg. Marquart (nl.) erregt große Heiterkeit, da er die Abgeordneten als „hochverehrte Amvcscnde" anredet. Er spricht über die Verhältnisse dcS neuen Mittelstandes und fordert u. a. für die Handlungsgehilfen ertvciterte Sonntagsruhe und einen festen frühzeitigen Ladenschluß, baldige Regelung der Frage der Konkurrenzklausel und weitgehendes Koalitionsrecht. Frei heit der Persönlichkeit muß die Losung sei». Abg. Gothein (Vp.): Wir würden dem Staatssekretär sein Gehalt auch bewilligen, wenn er nicht täglich eine andert- halbftündige Rede halten würde. (Heitere Zustimmung.) Viel leicht kommt noch einmal ein Schutzgesetz gegen allzu ausge dehnte Ministerreden. Das Bemerkenswerteste an Herrn Oertel ist der schwarze Trauerrand an seiner weißen Weste. (Heiter keit.) Trauert er über den Ausgang der Wahlen? Unter dem neuen Zolltarif ist noch jeder Handelsvertrag schlechter geworden als sein Vorgänger. Die Konjunktur wird überschätzt, man vergißt die Teuerung auf die Löhne usw- Der Fiskus schreibt Verdienen groß, statt die Preise zu regulieren. Das Zentrum hält schöne Reden für seine Wühler, aber praktisch geschieht nichts: sein Kartellgesetzentwurf ist weiße Salbe. Die Aus wüchse der Kartelle lassen sich nur beseitigen durch Schaffung von Konkurrenzmöglichkciteu. Der Staatssekretär hat sich da mals bei der KaUverhandlung scrngchaltcu. (Staatssekretär Delbrück: Ich war krank.) Wohl eine diplomatische Krankheit? Er sagte sich wohl: Was Gutes kommt oa nicht heraus. Der Redner fordert eine Produktionsstatistik, und spricht dann über die Schutzzollpolitik, die mangelhafte Vorbereitung der Han delsverträge, die Unzuverlässigkeit amtlicher Erhebungen und das andauernde Steigen der Güterpreise, das an der Entvöl kerung des platten Landes schuld sei. Der Redner erklärt, daß seine Partei eine Reichsgcsindeordnung als Gesetzentwurf vorlegen müsse, wenn die Negierung weiter versage, Weiterbcratung: Mittwoch 1 Uhr. —Schluß 61/4 Uhr; 2. Beilage znm „Riesaer Tageblatt Rotationsdruck und »erlag von La»g«r L »interlich in Riesa. — Für dia RrdakNon vrnmtwortllch: Arthur Hähne! in Riesa.
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