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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 10.12.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192312105
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19231210
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19231210
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1923
- Monat1923-12
- Tag1923-12-10
- Monat1923-12
- Jahr1923
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 10.12.1923
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fororrr ivcrocn mutz. Ick Kalle cs für cincn veriL!::-::!Svvü-n Fehler, wenn für inirllrlrurü beirimmre Naturen nicht «Irr, spätestens mit dem sünste« Schuljahr eine strasse Schul««« zur Exaktheit deö Denkens und der Ausdrucks«»»«, einsetzt. Ich stehe der srüher vielfach betriebenen Arbeitsweise, der übertriebenen Günaeluna, dem vcrsriihten Streben nach Ueberkorrektheit, der Tckcinlcislnna mancher früher aewohn- ten Reinschriftarbeiten gewiß überaus kritisch gegenüber. Meine schwere Sorge ist aber, das, man jetzt in das äußerste Gegenteil verfallen ist. Ich erkläre es auf Grund meiner eingehenden Erfahrung in allen in Betracht kommenden Schularten als unverantwortlich, über die vier Grundschul- jahre hinaus eine sür alle verbindliche Bezirkspflichtvvlks- schule beizubebalten. Tie intellektuell Bestimmten und zu dem meist im häuslichen Kreise von Eltern und Geschwistern Angeregten bedürfen nicht so der breiten Schnlanregung. Bei ihnen ist die Zeit viel besser angewandt, wenn sie im Formalen und Korrekten vollkommen sichergcmacht werden. Die Volksschule aus acht Jahre zu verlängern mit der Begründung, daß die Arbeitsschule jeder Wesensart und darum auch den Begabten voll gerecht werde, ist falsch. Die Arbeitsschule hat noch keineswegs den Beweis erbracht, das, sie in der Grundschule das Notwendige leistet, geschweige denn in einer ans acht Jähre verlange t u ghgemeiuc» PslichtvolkSschnle. Der angemessene Goldmarkpreis. Das ReichStvirtschaftSminifterium Kat an die Regie rungen der Länder nnd an die mit der Preisüberwachung betrauten Behörden »ine Denkschrift gerichtet, deren Inhalt RelchSwirtschastSminister Hamm am Sonnabend vor Ver tretern der Preise erläuterte. Die Denkschrift enthält in der Hauptsache folgende Gedankennäng«: Mit dem Eindringen der Wertbeständigkeit in die Wirtschaft nnd der Beseitigung des Unterschiede» »wischen der Bewertung unseres gesetzlichen Zahlungsmittel« im In- und im Ausland verlieren die Zuschläge, die bisher zur Abbürdnng deS Geldentwcrtnnasrisikos nnd des Nm- tauschrisikos bei Papierinark-nhlnnaen erhoben wurden, ihre innere Berechtigung. Andere Zuschläge mögen diese Berechtigung für sich nie haben beanspruchen können. Welcher Goldmarkprei« ist aber im Einzelfall der angemessene? Verständlich ist der Wunsch, daß amtlicherseits ange messene Richtpreise in Moldmark ausgestellt und veröffent- licht werden möchten. Au« guten Gründen bat der vor läufige NcichSwirtscbaftsrat jedoch einen dahingehenden Antrag abgelebnt. und in der Tat bedarf eS nur eine« Hin weises ans die Erfahrungen der KriegSzcit, um zu erkennen, daß man von diesem Gedanken endgültig absehen muh. Als gewisser Anbaltpnnkt für die Beurteilung dek an gemessenen Goldmarkpreises kann der Vorkriegs-Goldmark- vrei«, d. h. der Preis de« JabreS 1913 dienen , wenn man sich dabei zwei wichtige Tatsachen vergegenwärtigt. Die eine ist diese: Deutschland ist in da» System der Weltwirt schaft einbezogcn nnd daher in einem starken Matze von der Preisbewegung auf dem Weltmarkt abhängig. Auf dem Weltmarkt ist eine echte Teuerung gegenüber 1913 zn beobachten, deren Grad nicht nur innerhalb der einzelnen Wirtschaftsgruppen. sondern fast bei jeder einzelnen War« einen anderen Grad aufweist. Nehmen mir als Beispiel für die Veränderung deS Preisniveaus auf dem Weltmarkt England, so ergibt sich dort für Oktober 1923, den Preis stand von 1913 mit INO angenommen, eine Hebung des Preirnivcaus de» Großhandels auf 158, des Kleinhandels auf 175. ES ist auch für den Laien klar, daß, soweit die deutsche Produktion auf ausländischen Rohstoffen aufgebant ist, die deutschen Produktionskosten zwangsläufig an der nächsten Teuerung auf dem Weltmarkt teilnehnien. An besonderen iverteuerungssaktoren der dcntsckien Wirtschaft sind gegenüber dem Ausland und dem Deutschland von 1913 »„nächst zu verzeichnen, die Einsübrung und Erhöhung einzelner Steuern, insbesondere die Einführung der 2°,„igen Umsatzsteuer, die erhöhten Leistungen für die soziale Ver sicherung, die Belastung der Wirtschaft auf allen Stufen mit einer Reihe unproduktiver Arbeiten, von denen mit der Einführung der Wertbeständigkeit zwar viele verschwinden, andere jedock zunächst noch sortwirken werden. Andere Verteuerungsmomente kommen von der Geld- seite her, wie der höhere Zinssatz, den die deutsche Wirt schaft infolge ihrer Verarmung wird aufbringcn müssen. Von Bedeutung sind auch die Verteuerung der Kohle und die Veritnderung der Frachten. In diesem Znsammenbang mutz noch der Rückgang der Arbeitsleistung erwähnt werde», der zum mindesten in einzelnen Produktionszweigen nicht bestritten werden kann, so sehr auch die Meinungen über die Gründe diese« Rückgänge« verschieden sein mögen. An VerbiNigungSmomenten sind auf der anderen Seite einzusrtzen die gegenüber dem Ausland und dem Frieden wesentlich niedrigeren Miete« und vor allem aber der bekanntlich sehr grotze Unterschied »wischen MoldlöKnen d«S Inlandes und Ausland»«, die, insoweit JnlandSpro- dnkte in Frage kommen, deswegen sehr mitsprechen, weil sich schließlich der Prei« eine« jeden Produkte« zum großen Teil in Löhne anflösen lätzt nnd, soweit JnlandSlöhne in Betracht kommen, diese Differenzierung gegenüber dem Ausland« auch in den Preisen sich »»«drücken mühte. Bei einem Abwägen der Verbilligung«- und Verteuerung«- faktoren, die auf die deutsche Wirtschaft cinwirken, wird man zu dem Schluffe kommen müssen, dah die Bilanz sich »um mindesten »»«gleicht und die verbilligenden Momente bei den reinen Jnlandspxodukte» noch einen mehr oder weniger grotze» Teil der eckten Tenernng »uf dem Welt märkte werden ausgleichen können. Es wird Aufgabe der PreiSprüfungSstellen und Wuckerbehörden sei», in Fällen nicht aufgeklärter starker Preisunterschiede gegenüber der Vorkriegszeit auf Grund von eingehenden Erhebungen die Frag« zu beantworten, ob hier eine unberechtigte Preis forderung vorliegt. Die Brrbraucherfchaft wird dabei gut tun, fick zwei Wahrheiten vor Augen zn halten. Die eine ist die, datz das Preisniveau von 1913 an sich der Ver gangenheit anarbört und sich, abgesehen von wenigen Waren, in absehbarer Zeit nicht wird erreichen lassen, solange das Wrltmarktprcisniveau seine jetzige Höbe behält und sich die Arbeitsleistung im Jnlande nicht auf die Nor- kriegShöbe gehoben hat. Die andere ist die, datz letzten Ende« das Gesetz von Angebot nnd Nachfrage die Preis« wirksamer beeinslutzt als jeder behördliche Eingriff. Di« ruhige Ueberlegiing, ob ein Preis angemessen ist, die Wahl des günstigsten Angebots, müssen das Hasten der letzten Monate bei der Bedarfsdeckung ablösen. Die Möglichkeit, zu sparen, wird auf die Ausnutzung der Arbeitsleistung anregend wirken nnd Arbeitsamkeit nnd Sparsinn gemeinsam werden der llcbcrsctznng der Preise Herr werden. Tie Stellung des Wehrkreiskommandos zum Falle Liebmann. * Dresden. Da« Wehrkreiskommando sieht sich ver anlaßt, zn den in der Sächsischen StaatSzeitung veröffent lichten Erklärungen de« Ministers Liebmann wie folgt Stellung zu nehmen: E« ist nicht zutreffend, wenn Minister Liebmann be hauptet, datz alle« da», was in dem Artikel der L. N. N. über die Bespitzelung der Reicbtwehr durch Beamte der sächsischen Negierung behauptet wird, am 30. Mai d. I. von der sächsischen Regierung mit NeickSwehrmiuister Getzler und General Müller samt seinem Stabe besprochen und datz auch nachher zwischen der sächsischen Regierung und der Reichswehr über diese Beobachtungen mehrfach verbandelt worden sei. Der Verdacht der Ueberwacknug durch die sächsische Negierung bestand auf Grund besonderer Wahr nehmungen bei der Reichswehr allerdings schon lange. Al» gelegentlich der vom Minister Liebmann erwähnten Be sprechung diesem Verdacht der Bespitzelung durch die Regie- rnng seitens der Reichswehr Ausdruck gegeben wurde, hat Minister Zeigucr erklärt, datz er eine Bespitzelung der Reichs wehr nicht »»geordnet habe und davon auch nichts wisse. Minister Liebmann hat sich, obgleich er bei der Besprechung nickt anwesend war, zu dieser Frage überhaupt nicht ge äußert. Hätte das Wehrkreiskommando von der Art und Weise und dem Umfange dieser Spitzeltätigkeit seitens der sächsischen Negierung, die erst jetzt zu seiner Kenntnis ge kommen ist, schon früher eine Ahnung gehabt, so würde e» bei der NrichSregierung sofort die nötigen Schritte gegen die sächsische Regierung veranlaßt haben. Im übrigen sei festgestellt, datz die Spitzeltätigkeit der sächsischen Regierung sich auch nach der vom Minister Liebmann erwähnten Be- spreckung nachweisbar bis Ende Oktober 1923 weiter erstreckt hat. z» leiem jlsuee Mtlp isr M«tzw 7sBisti regeluGlg Ml««, «Mim. Bestellungen »um Bezug« durch die Post oder durch Zeitungrboten nimmt täglich zur Vermittlung die Tageblatt-Geschäft«, stelle, Riesa, Goethestraße VS. entgegerz, Kunst «n» Wissenschaft. Cbormeifterjubiläum. Die Dresdner Liedertafel feierte das 20 jährige Dirigentenjubiläum ihres mnsikaliscken Leiter« Kapellmeister Pembaur durch «in tvohlgelungeneS Konzert, datz auch dem Komponist«» Pembaur reich« Ehrungen einbrachte, Literarisches. Juaend-KosmoS. Naturwissenschaftliche« Jahrbuch, Nene Folge. Band 3. Anhang: E. Thompson Eeton, Wild« Tiere zn Hause. 2. Teil; 136 Seiten mit vielen Text abbildungen und 12 Tafeln. — Grundprei« Mk. 4.80. Franckh'schr Verlagrbandlg., Stuttgart. Ein Jugendjahrbuch gediegenster Art ist der jedes Jahr erscheinende „Jugend- ko«mo»". Vor un» liegt der neu« Jahrgang in stattlichem Umfang. Wie seine Vorgänger ist auch dieser Band wieder so reichhaltig und vielseitig, daß er jedem Geschmack der jugendlichen Leser Rechnung trägt. In erster Linie werden naturwissenschaftliche Dinge behandelt, aber auch eine reiche Auswahl spanuender Erzählungen bringt der neue Band. Al« Anhang zum neuen Band ist der Schluß des Thompson- schen Bucke« „Wilde Tier« zu Hanse" beigegeben. In sein« ganze» Aufmachung, textlich als auch den Bildern nach ist der Jugendkosmos eine« der billigsten (Grundzahl geb Mk. 4.80) und besten Jugrndjahrbiickrr. Turucu, Sport imd Spiel. MSV. 1. - S.-V. Oschatz 1. «:S (2:1). Der NSV weilte in Oschatz »um fälligen Verbandsspiel mit Ersatz für Sitte, Fnnke und Müller. Oschatz hatte bei diesem Spiel nicht viel zn bestellen, doch gelingt es ihnen nach einem schönen Durchbruch noch vor der Pause «in Tor aufznholen, während sich die Riesaer noch nicht so reckt an den schweren Boden gewöhnen wollen. Gerbrtb nnd Born sind di« Tor schützen iil der ersten Halbzeit. Nach Wiederanpfiff kommt Oschatz selten ans seiner Hälfte heraus, die Angriffe zer schellen schon an der Läuferreihe des NSV-, in der wiederum Mücklisch als Mittelläufer Hervorragendes leistet. Beim Stande von 5:1 kommt Oschatz aus klarer Abseitsstellung noch zn einem billigen Erfolge. In den Torreigrn teilten sich Gerbetb 1, Born 2 nnd Blaha 3. Born als Mittel stürmer zeigte Vielversprechendes. Der Schiedsrichter wo, dem Spiel nicht gewachsen. — NSV. 3. gegen S.-B Nickritz 1.2:2. Pl. VfB. 1. - Gröditz 1. 2:» (1:1). VfB. mit mehr fachem Ersatz lieferte ein schönes Spiel, konnte aber nictzti schaffen. Diese« Spiel wurde al« Gesellschaftsspiel ausge- tragen. VsB. 2. — Rödcran 1. Röderau nicht angetreten Die 2. Elf errang kampflos die Punkt«. — Jugendausschnst 1. Jugend — Oschatz 1. Jugend in Oschatz 2.0 (1:0) Unsere Jugend errang mit diesem Spiel die Bezirksincifter schäft von Riesa. Str—. Angelas Heirat. Roman von L. G. Moberly. 43. Fortsetzung. Nachdruck verböte». Angela konnte ihm daher wegen seines Unglauvens nicht zürnen, denn es wäre ja unnatürlich gewesen, wenn er einer so furchtbaren Beschuldigung der Frau, die er liebte, sofort ein williges Ohr geliehen hätte. ! .Ich kann Ihnen nichts weiter sagen, als was Sie be- reits wissen," sprach sie. „Ich habe Ihnen die Unterhaltung zwischen Frau von Trent und Herrn de Larive wörtlich wiederholt. Der Name meines Mannes war es, der zuerst meine Aufmerksamkeit aus das Gespräch lenkte. Vis dahin hatte ich gar nicht gewußt, gegen wessen Zaun ich mich lehnte. Aber als ich Erichs Namen hörte, da beschloß ich, — ob es recht war oder unrecht, ich kann's nicht sagen —, aber ich beschloß auf jeden Fall zu horchen und alles anzu hören, was die beiden über ihn sagen würden. Und aus dem, was mir zu Ohren kam, scheint mir unwiderleglich hervorzugeben, daß Frau von Trent eine Spionin ist, die einer fremden Regierung in die Hände arbeitet, während sie angeblich Geheimagentin für Sie ist. Sie treibt ein doppeltes Spiel, sehr gewagt, aber sehr lohnend, denn sie läßt sich von beide» Teilen bezahlen. Ebenso klar scheint es mir, daß der Mann, den sie immer für ihren Bruder ausgegeben hat, Herr Charles de Larive, tatsächlich ihr Gatte ist. Dies ist nieine feste Ueberzeugung." Der Geheimrat fuhr zurück wie unter einem Schlag. Sein Blick forschte einmal in dem ernsten Gesicht der ungen Frau, dann fiel er auf ein Etui, das offen auf einem Schreibtisch lag und das künstlerisch ausgeführte Miniaturporträt einer Dame enthielt. Wie unwillkürlich treckte er die Hand danach aus, um es zu schließen, aber ehe es geschah, hatte Angela Zeit, das goldene Haar und die lachenden blauen Augen der angeblichen Frau von Trent zu erkennen. „Also so weit war ihr Spiel schon gediehen?" dachte sie bei sich. „Wie lange sie den armen betörten Mann wohl noch an der Nase herumgeführt hätte, ehe sie ihn end gültig aufgab. Sie empfand doch offenbar nicht das ge ringste für ihn, sondern benutzte ihn nur zu ihren Zwecken, um ihn, sobald diese erreicht waren, beiseite zu werfen wie einen alten Handschuh. Während Liese Gedanken Angela beschäftigten, kam es plötzlich wie eine Eingebung über sie, der sie sofort Worte verlieh. „Herr Geheimrat," sagte sie und lehnte sich im Eifer zu Ihm hinüber, „haben Sie in diesem Augenblick wichtig« Papiere oder Zeichnungen in Ihrem Besitz, an denen einer fremden Regierung gelegen sein könnte. Wollen Sie mir das sagen, Herr Geheimrat?" - rNterlina richtet» Nch cktt-akk -,uk und ein steifer, ab wehrender Zug kam in sein Gesicht. Angela begriff sofort, was er damit sagen wollte. So deutlich, als ob er es in Worten ausgedrückt hätte, las sie aus seinen Zügen: „Ich pflege wichtige diplomatische Angelegenheiten nicht mit Fremden zu besprechen." Aber sie ließ sich nicht ab schrecken, wo so viel auf dem Spiel stand; und ehe der Geheimrat dazu gekommen war, ihre Frage schroff zu ver neinen, war sie von ihrem Stuhl aufgesprungen und mit bittender Gebärde ganz nahe an ihn herangetreten. „Halt," sagte sie, „antworten Sie noch nicht. Glauben Sie nicht, daß ich meine Frage aus müßiger Neugier stellte. Es ist jetzt keine Zeit zu müßiger Neugier und unnützen Fragen. Die Sache ist genau so ernst und wichtig für Sie wie für mich. Sie ist sogar viel ernster und wichtiger für Sie. Die beiden, Herr de Larive und Frau von Trent, planen einen neuen Coup. Sie haben etwas ganz Großes vor, und wenn ihnen das gelungen ist, wollen sie den deutschen Boden, der ihnen dann wahrscheinlich etwas zu heiß werden wird, sofort verlassen. Und ich entnahm ihren Aeußerungen, daß der Plan etwas mit Ihnen zu tun hat. Das ist der Grund —" . Angela brach plötzlich ab, denn sie war im Begriff gewesen zu sagen: „Das ist der Grund, weshalb sie sich so viel Mühe gibt. Sie zum Narren zu halten." Vielleicht verrieten ihre offenen Züge, was sie hatte sagen wollen, vielleicht zog der Geheimrat auch selbst den folgerichtigen Schluß aus ihren Worten. Auf jeden Fall, als sie errötend innehielt, ergoß sich auch über sein Ge sicht eine dunkle Röte, und er meinte mit einem harten Lachen: „Sie sind also der Ansicht, daß sie mich alten Narren nur betört hat, um ihre Zwecke zu erreichen?" Angela antwortete nicht, aber er las die Antwort so deutlich in ihren sprechenden Augen, daß er ihrem Blick auswich und seine Verlegenheit unter einem Lachen verbarg, das mit einem Laut endete, der fast einem stöhnenden Auf schluchzen glich. „Wenn Sie mit Ihrer Annahme recht haben," sagte er dann bitter, „so hat sie ihren Zweck beinahe erreicht. Aber nur beinahe, — nicht ganz. Ich habe allerdings äugen- blicklich Schriftstücke, Skizzen und Karten hier, die, wenn sie in die Hände jener Regierung fielen, die wir hier nicht nennen wollen, Deutschland großen ^Schaden tun könnten. Wenn Frau — von — Trent," — er sprach den Namen mit Anstrengung aus — „Ihrer Meinung nach «ine Ahnung von der Existenz jener Dokumente hat, uno wirklich, wie Sie glauben, eine Spionin ist, so könnte sie allerdings nichts Besseres tun, als mich weiter zum Narren halten, bis sie auch diese erlangt hat." Und wieder lachte er, ein Lachen, das Angela ins Herz schnitt. Mit sehr sanfter Stimme erklärte sie: „Nach dem, was ich von Frau von Trent und ihrem Bruder hörte, bin ich der festen Ueberzeugung, daß sie etwas von Len Papieren weist. - Sie sprach davon wie von etwa» sehr Wicktiaem^ und wenn ich mir jetzt überlege, was sie sagte, so scheint es mir, daß sie nicht den geringsten Zweifel daran hegt, sie erlangen zu können," — hier zuckte der Geheimrat zusammen und bewegte sich unruhig auf seinem Stuhl hin und her —, und daß sie erwartet, eine sehr hohe Summe dafür zu erhalten. Dann will sie mit Herrn de Larive —" „Vom Schauplatz verschwinden," vollendete Bierling mit bitterem Sarkasmus, „und bis an ihr seliges Ende von dem Judaslohn glücklich und zufrieden leben. Ja, ja, es ist ein schöner Plan, wenn nicht" — ein scharfer, forschen der Blick flog zu Angela hinüber — „wenn nicht, wie ich vorhin schon sagte, Ihre Einbildungmit Ihnen durch- gegangen ist. Sind Sie ganz sicher, daß Sie das alles wirklich gehört haben?" „Außer in dem, was meinen Mann anbetrifft, wärt ich nur zu glücklich, wenn ich mich geirrt hätte," rief An- gela von ihrem Mitleid fortgerissen. „Es tut mir wirklich sehr, sehr leid, daß ich Ihr Vertrauen zu einer anderen Person so erschüttern mußte. Es wäre mir bedeutend lieber, wenn ich nicht mit der Sache hätte zu Ihnen kommen und Ihnen — weh tun müssen." Die letzten Worte waren nur leise wie ein Hauch über ihre Lippen gekommen. Der Geheimrat saß ganz zusammenge funken in seinem Sessel. Jetzt reckte er sich wieder auf und setzte sich ge rade. Er sah aus, als sei er in der letzten Viertelstunde um Iahregealtert. Zwischen seinen Augen lag eine tiefe Furche, eine scharfe Linie zog sich um seinen Mund, und die Augen hatten einen ungewohnten, harten Ausdruck. „Ich bin ja nicht der erste Mann," sagte er dann müde, „der sich von einem Weib hat betören lassen, von Adam an kann man sie in endloser Reihe aufzählen, aber —" ;mit einer matten Bewegung fuhr er mit der Hand durch das dunkle Haar, das kaum hie und da einen grauen Faden zeigte, — „Ihre Mitteilungen haben mich doch sehr schwer getroffen. Ich hätte nie an derartiges ge dacht. Ich hatte sogar die Absicht — ich wollte —" er schwieg, und Angela sah, wie seine Blicke zu dem ge schlossenen Etui hinüberschweiften — „ich — warum sollte ich es Ihnen nicht sagen," fuhr er dann fort und sucht« einer gewissen Verlegenheit Herr zu werden, „ich wollte di« Dame, von der wir sprachen, in den allernächsten Tagen bitten, meine Frau zu werden. Sie —" „Sie ist reizend, und es geht ein eigenartiger Zauber von ihr aus," sagte Angela warm. „Ich kann es sehr gut begreifen, daß man sie liebt. Vergeben Sie mir, wenn ich Ihnen zudringlich erscheine, aber ich meine. Sie brauchen sich keinen Vorwurf zu machen, daß Sie sich von ihr be- tören ließen. Sie ist jo liebenswürdig, so fesselnd und machte einen so unschuldigen Eindruck. Sogar ich glaubt« ' an sie, bis ich das hörte, was ich Ihnen erzählt habe, und . lrlbst Ha alaubte ich zuerst meinen eigenen Sinnen nickt.? !>
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