DIE ANFÄNGE DER MARKGRAFSCHAFT MEISSEN Die Begründung einer festen Staatsgewalt in dem mittelelbischen Gebiet nördlich des böhmischen Grenzwalds geschah von der Feste Meißen aus um die gleiche Zeit, als unter kraftvollen, weitblickenden Königen aus säch sischem Hause das deutsche Reich erstand und seiner ersten Höhezeit ent gegengeführt wurde. Es war der für alle weitere Zukunft grundlegende Akt in der Geschichte staatlichen Lebens hiesiger Lande. Aber nur in spärlichem Lichte tritt er aus dem Dunkel dürftigster geschichtlicher Überlieferung hervor. Die höfische Geschichtsschreibung jener Tage ging daran vorüber; klösterliche Annalistik gab es noch kaum in dem kulturarmen Lande der „Osterleute“ an den Grenzen Sachsens und Thüringens. Nur von Merseburg her fallen aus Bischof Thietmars Chronik um die Jahrtausendwende einige Streiflichter auf das hartumstrittene Gebiet nahe der Elbe, an dem der Name der Mark Meißen haften geblieben ist. Auch aus urkundlichen Zeugnissen ist wenig zu entnehmen; nur einzelne Königs- und Papsturkunden kommen in Betracht. Nicht in voller Tatsächlichkeit läßt sich somit jener Entstehungs vorgang aus beglaubigter Überlieferung erfassen. Dennoch ist der Versuch erneuter Prüfung nicht aussichtslos; sind doch jüngst höchst lehrreiche Untersuchungen erschienen, in denen für die Um lande wichtige Aufschlüsse gewonnen, bedeutsame Gesichtspunkte neu auf gestellt worden sind. Möglich wurde dies vor allem dank einer verfeinerten Urkundenkritik, zugleich auch weil in politisch-geschichtlicher Betrachtung große Zusammenhänge in der Welt des Ostens jetzt besser überschaut und damit im einzelnen manche Motive und Ursachenverkettungen klarer auf gedeckt zu werden vermochten. Dazu noch eins: wo das beschriebene Per gament schweigt, beginnen die Bodenfunde zu reden. Für die frühgeschicht liche Zeit, wo sich Bodenfundforschung und historische Quellenforschung die Hand reichen können, liegt freilich noch vieles im Dunkel. Indes die Tätigkeit der Vorgeschichtsforscher wendet sich stärker diesem Zeitalter zu und besinnt sich darauf, daß die Fundergebnisse in historische Zusammen hänge eingereiht werden möchten *. 1 Als grundlegend ist noch heute die Darstellung O. Posses, Die Markgrafen von Meißen (1881) anzusehen; doch bedarf sie im einzelnen mancher Berich tigung. — G. Waitz, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter König Heinrich I. (1885). — E. Dümmler, Kaiser Otto der Große (1876). — K. Uhlirz, Jahr bücher des Deutschen Reiches unter Otto II. (1902); H. Hirsch, desgl. unter