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schoben sich zwischen die Gärten, arbeitsharte Bauernfäuste drängten die Tal- und Hangwälder zu schmalen Wald gürteln an die Flurgrenzen zurück. Dann blieb Jahr hunderte lang das Bild. Den Klang fröhlichen Mühlen geklappers und das Geplauder oder den Gesang genüg samer Landbewohner trug der Wind zu unsrer Höhe her auf. Lustig winkte vom westlichen Talhang über die Man dan der Töllenstein herüber. Fluchende Fuhrleute trieben ihre Gespanne auf schlechten, zerfahrenen Wegen vorüber, und bequeme Zittauer Kaufleute sahen ans ihren Plan wagen ebenso wie sie scheu in die Wälder und Berge um den Tollenstein. Dann kam die Zeit, wo Waffengeklirr am Waldhang erklang, wo Späher der streitlustigen Städter von unserem Berge die Raubvögel da drüben belauerten. Durch Jahrhunderte reihen sich dann die Jahre der Kriegsgcisel der ganzen Oberlausitz. Religiöse Schwärmer, hussitische Heerscharen, die Furie des dreißigjährigen Krie ges brachten einen stilleren und bitteren Zug ins lustige Landschaftsbild, das Elend und den Hunger in die Gassen da unten. Aber der tapfere Fleiß unserer Vorfahren ver eint mit ihrem zufriedenen Frohsinn füllten allmählich die Lücken, handwerkliche und kaufmännische Intelligenz wußten nach und nach die Quellen des Elendes zu ver stopfen, ruhige Überlegung und deutsche Gründlichkeit und Zähigkeit brachte auch in das gesellige Leben wieder Ruhe, die die festeste Grundlage jeder gedeihlichen Entwicklung bilden muß. Der findige Handwerksgeist strebte nach Selbstständigkeit. Aufgeregte Abgeordnete der Zittauer Weberinnung brachten Zank und Unruhe zwar in das Talvölklein, aber die „dörfischen Stöhrer und Pfuscher" arbeiteten emsig weiter und lenkten manchen Taler vom Zittauer Weg ab in ihr Dorf. Ja, noch 1627 zerstörten die Zittauer die Webstühle der Dörfer, aber hier strebten alle vorwärts. Der Spinner wollte Weber und dieser Kauf herr werden. Allein die Landstraßen sehen Volk allerlei Art, und mancher, den des Lebens Wellen hier gestrandet, baute hier auf festen Grund und verlieh durch fremde Sitte und fremde Knnst dem strebsamen einheimischen Geist die frische Unternehmungsltst und geistige Beweg lichkeit, die Großschönau, Warnsdorf und den andern Weberorten Weltruf verschafften und noch in der Industrie fortleben. Kostbare Damastweberei trug Großschönaus Klang in die Welt und wurde ein Segen für die Nachbar dörfer um unseren Berg. Weiß Gott, in wessen Häuschen zuerst der Webstuhl klapperte, aber unter den fleißig Strebenden ragen zwei Männer heraus, die den Deutschen hier mehr gaben als die Weberei aller bisher eingebracht hatte. Die Gebrüder Lange brachten aus Holland 1666 die Kunst des Damästwebens mit, und seitdem konnten die deutschen Fürsten nicht nur daheim, sondern auch in Petersburg oder London vor Großschönauer Damasttisch decken sich zu Tisch setzen. Trotzdem dynastischer Macht anspruch die deutschen Brüder, das einheitliche Mandau- tal politisch trennte, arbeiteten sich unsere Weberdörfer in die erste Reihe der volkreichsten sächsischen und auch böh mischen Orte und stellen manche Stadt auch an vorzüg lichen inneren Einrichtungen in Schatten. So konnte es geschehen, daß sie die Mittelpunkte und Pulsadern des tüchtigsten Industriegebietes ganz Ostsachsens, die Geburts stätten manch eines Förderers der Menschheit wurden. Wie Zittau z. B. in Kämmel, Marschner, Hammerschmidt, Weise, Peter v. Zittau u. a., Reichenau in Schicht charak tervolle Köpfe aufweisen, so erinnere ich bei uns an die Gebrüder Lange, an den ehemaligen Thomaskantor Rich ter, an die Kunst Schenaus oder in Waltersdorf an den Komponisten Schneider. Segen nnd Früchte streuten diese Männer in die empfänglichen Herzen unseres Volkes, das sich jetzt — unten im Tal — wieder zur Arbeit rüstet, dem die Zu kunft gehört, das neue Erwerbszweige entdeckt und seine Erzeugnisse in alle Länder ziehen läßt. Als gute Ober lausitzer eifern ihre Besten den Vorbildern ihrer Vor fahren nach, halten den alten geraden, zielsicheren Sinn und die freudige, zähe Arbeitskraft gerade so fest wie die ausdrucksvollen, innigen Sprachlante der früheren Ge schlechter. Auch sie halten im Kampfe gegenwärtiger poli tischer Bestrebungen sicher ihr Ziel im Auge und lassen sich nicht durch die Drohungen feindlicher Nationen ent wurzeln. Schönberg Wolkiger Herbsttag, kaum das) die Sonne einen Durchbruch wagt. Non Görlitz hat uus die Eisenbahn, auf Sonntagsfahr karte. nach Nikolausdorf gebracht. Auf stillem Weg wandern wir an Wald, Gut und Park vorbei, so recht die Sonntagsstille und dis köstlich - herbe Luft geniessend. Zwischen Wiesen und Feldern schlängelt sich der Weg um den Berg. Drüben die Chaussee, hier der Blick auf Halbendorf, Niedsr-Schönbrunn. Am nordwestlichen Horizont, blastzart: Jausrnicksr Bergs, Landeskrone, Görlitzsr Türme. Auf den Feldern weidet Nieh, Gespanns pflügen, Kartoffeln werden geerntet. Keine Sonntagsruhe, Arbeit, die getan werden must und dis den Sonntag nicht entweiht. Wir haben Schönberg er reicht. Neus Siedlungshäuser, eins dem andern ähnlich, Kleinstadt häusel, alt und jünger, holpriges Pflaster, saubere Klsinstadtstrasten. Auf dem Markt viel alte Schönheit. Fachwerkbauten und Lauben. Wie entzückt uns das stille, verträumte Marktbild, besonders das Haus „Scharfe Ecke" hat es uns angetan. Bissells nur ein alter Röhrenbrunnen unter den Linden auf der Marktmitte statt des dort stehenden Denkmals — dis Romantik wäre hier zuhause. 2n der kleinen, behaglichen Konditorei lästt es sich süst schwelgen, unsere Dornröschsn-Märchsnstimmung geht in Schlagsahne unter. Autos flitzen über den Markt, halten, Gäste steigen aus. Das liebe, kleine Schönberg freut sich, so beliebt als Ausflugsziel zu sein. Langsam pilgern wir zum Städtlein hinaus, nock einmal, im Scheiden, das schöne, alte Marktbild grüstsnd. Nun lockt der Berg. Wir steigen hinauf» welch schöner Blick hier oben auf das Städtlein unten. Gebietend reckt dis evangelische Kirche sich auf, sie beherrscht das zusammengedrängts Stadtbild. Ich rätsle an deinem Stil herum, alter, schöner Dau, und finde doch nicht die richtige Lösung. 2st's ein Gemisch von Barock und Gotik? Ich mache mir weiter keine Gedanken darum, es ist so schön zu schauen» und dis Waldstills ringsum, wie feierlich. Auf der Dsrghöhe sichten wir noch die Seidenberger Kirchs. Non den Iserbergsn keine Spur zu sehen. Ein wundervolles Abendglühsn leuchtet durch das Gezweigs, ab wärts senkt sich unser Weg. Abschiednehmsnd grüstsn wir das an mutige Landschaftsbild. Da oben: Dsllmannsdorf, weiter südöstlich: das schiefwinklige Dreieck des Heidersdorfer Spitzbsrges. Es wird schnell dunkel. Anzähligs Radfahrer ohne Laternen tauchen auf — o. wenn das die Schupos wüßten l Im finsteren Wald halten die Krähen ihre letzte Aussprache über den heutigen Tag. 2m Nikolausdorfer Bahnhof noch eine kleine Ruhepause. Petroleum lampen leuchten. Auch auf dem Bahnsteig dis gleiche Beleuchtung, hellseherisch wird man bestimmt nicht dabei. Da fährt der Zug ein. Auf nach Görlitz! Marg. Reichel-Karsten. GM« Oer (ZoldmonL stand im Obendblau, Cs prunkte sckwer der Wolken Saum. Im dunklen Samt der blauen Nackt Sahst du die Silbersterns kaum. Oer (ZoldmonL stand im Obendblau, Lin Raunen ging durck vusck und Saum, Oer IZollerbusck, der Rosenstrauck, Vie nickten stumm und ernst im Oraum. Oer (ZoldmonL stand im Obendblau, Sanz fern versckwebte leis ein Sang —, Lin Vogellaut —, ein (Zeigenton —, Lin zitterleises Lied versckvvang. Oer (ZoldmonL stand im Obendblau, In tiekes Sckvveigen sank die Nackt; Vock in mir wucks und in mir sang Vas Lied vom (Zlück, das spät erwarbt. (Zustav Wolf-Weika.