Volltext Seite (XML)
Ne. 26 Gberlauflher Heimatzeltung 413 der Wanderer seine Schritte hemmt und aufhorcht. Wer dürste es sonst wagen, die Stille zu stören? Irgendwo flattert ein scheuer Waldvogel aufgeschreckt empor, und wie er sich am Hange ausruhen will, bröckelt etwas von der Glasdecke los und rollt wie eine Kugel talabwärts. Auf der harten Bahn stößt sie sich ab und kommt zertrümmert unten an. An manchen Stellen wollte die Mittagssonne den Schnee wegbeißen, aber noch ehe sich die erwärmenden Strahlen aüswirken konnten, sinkt die Abendkühle herein. Am nächsten Morgen findet sich dort eine harte Eisdecke, die nun erst recht trotzt und dem Wanderer beschwerlich wird. Was schadet es, wenn gegen Mittag sich die Ober fläche den Einwirkungen des Tagesgestirns der Gewalt beugen will —, nach Sonnenuntergang sind die Spuren verwischt, 's ist wie bei einem Stahlpanzer, der seine Widerstandskraft erhält durch das öftere Schweißen in sprühender Glut. Oybin gleicht einem Märchenschloß. Die Höhen rings herum sind überzuckert. Der Fels liegt inmitten der Winterherrlichkeit wie ein Diamant unter geringeren Steinen. Jetzt tritt seine Majestät noch deutlicher hervor als in sommerlicher Sonnenglut, überwunden ist die „faule Zeit", am Bahnhof drängen sich die Menschenmassen wie an hübschen Wandertagen. Anders geworden aber ist das Treiben. Dicke Winterkleider hüllen die Besucher ein. Lang wehen die Schale im Winde hinter ihnen her. Schneeschuhe und Rodelschlitten tragen viele auf den Schultern. Gar , trefflich eignen sich die Abhänge für eine Fahrt zu Tale. Wer's einmal versucht, der ist im Banne dieses Genusses, nimmer kommt er davon los. Gar lustig schaut der Turm vom Hochwald auf die Ankommenden herab. Neckisch hat ihn Frau Kälte zurecht gestutzt. So schön auch seine Aussicht sein mag, man läßt davon, denn gar zu frisch ist das Lüfter! da oben auf win diger Höhe. Schwer haben die Bäume des Weges bis zur Baude unter der Schneelast zu tragen. Mancher Zweig ist schon gebrochen. Der ganze Zauber des Waldes umfängt nns. Angenehm aber sitzt es sich in der Baude. Da prasselt ein keckes Feuer im Kamin. Aufdringlich wirkt die Wärme auf den Körper, daß das Aufstehen vom aussichtsreichen Fensterplätze schwer wird. Trutzig erhebt sich im Osten aus dem weißen Kleide, das über der Landschaft liegt, der Vater Jeschken hervor. Seine Steilabhänge verwehrten de mSchnee eine Haltefläche. Sie bewahrten sich ihr Gra nitgrau, aber die Kuppe und die Baude haben sich über und über mit Reif behangen. Hinter dem Gipfel scheint der Berggeist zu lagern und uns anzustteren mit aufdring lichen Eiszapfen im Barte. Die Kälte hat seine Gesichts züge entstellt, und aus den Augen quellen gefrorene Zähren. Jonsdorf ist ein richtiges Baudendors geworden. Ein sam und verlassen liegen die sonst so belebten Gaststätten der Sommerfrischler in der schneeverwehten Landschaft. Aufsteigender Rauch aber deutet uns an, daß doch nicht alles Leben erloschen ist. Geduldig harrt das jetzt stille Dörfchen auf die Zeit, wo froher Gesang lustiger Wanders leute im Tale widerhallt. In den Mühlsteinbrttchen wohnt Grabesfrieden. Stolz ragen die höchsten Gipfel in den grauen Winterhimmel. Stille ist's um sie geworden, wo sonst tatenfrohe Menschen sich in Kletterübungen übten. Nixchen und Elfchen haben sich zurückgezogen. Ihr dunstiges Gewand trieb sie in warme Schlupfwinkel. Unstreitig der Glanzpunkt ist bei aller Pracht im Ge birge die Lausche. Immer ein anderes Bild gewährt sie dem Wanderer, und wenn er gleich hundert Mal den stei len Rücken erklomm. Vom Tale aus will es scheinen, als wenn sich die Baude an den Boden duckt, um die kalten Winde über sich fegen zu lassen. Nachdem der Hochwald- Lausche-Gebirgsgau am Hange die Sprungschanze erstehen ließ, an der höchsten Klippe, ist es lebendiger geworden als sonst. Da wetteifern wagehalsige Fahrer mit mutigen Mädelns. Hoch im Werte steht die Siegespalme. Luft hungrige Großstädter sind mit dem Mittagszuge angekom men, die hier suchen, was ihnen das Häusergewirr am Elbestrand versagt. Wo auch fände man solch ideale Schnee bahn wieder. In der Baude finden sich immer Gleichgesinnte zu sammen. Das gemeinsame Erleben führt sie einander näher. Da schwelgt man von dem, was jeder erschaut. Die klare, reine Luft färbt die Wangen mit tiefem Rot. Wie aber die beiden Bösige gucken und Reifträger, Schnee grubenbaude und gar noch die Koppe sichtbar werden, da strebt alles hinaus aufs Plateau. Selbst an schönen Herbst tagen ist solch ein Blick selten. Erhebend der Gedanke, daß dort jetzt lauernde Blicke sich zu gleicher Stunde dem höch sten Gipfel Ostsachsens zuwenden. Wenn's nur drüben zu hören wäre, man möchte einen Berggruß hinüberrufen. Wie neugierig fesseln die Dresdner ihre Blicke an Rosen berg, Lilienstein und Hohen Schneeberg. Da verklären sich die Gesichtszüge. Heimatluft weht ihnen entgegen. Dort wurden ja die Pläne geschmiedet für den Besuch der Lausche. Bald geht die Sonne unter. Viel zu zeitig für den Naturfreund. Wie Feuer liegt es auf den weißen Hängen. Brünnhilde in der Lohe. In der Ferne verschwinden lang sam die Umriffe der Gipfel. Immer undeutlicher wird die Sicht. Dunst steigt aus dem Tale zur Höhe. Die Tafel fichte trägt eine dicke Haube, die immer näher dem Gipfel zieht. Immer weniger Kuppen werden es in der Runde. Nur die nächsten Nachbarn halten aus, bis sie der Mond mit seinem bleichen Glanz versilbert. Da wird es lebendig auf den Bergstraßen. Alles strebt mit verklärtem Gesicht der Gaststätte zu und schwelgt noch lange davon, was wundersame Dezembertage so tief ins Herz gruben wie ein unvergeßliches Erinnerungsmal. Fritz Günther, Leutersdorf O.-L. Das Walddorfer Heimcttspiel In Heft 26 der „Oberlausitzer Heimatzeitung" wird eine Heimatdichtung von Herrn Pfarrer Menzel von Walddorf mit dem Titel „Im Walddorfer Försterhäus'l am 20. August 1691" besprochen. In diesem Artikel heißt es, daß die Dichtung den historisch aus alten Notizen nach weisbaren Vorgang behandle, daß infolge des Windbruches im Walde am Kottmar die Stadt Löbau einen Förster mit Namen Hans Grillich das erste Häuschen dort bauen ließ, der von da das Anfforsten überwachen sollte. Dann ist weiter vom Nachbar Sieber die Rede, dessen Haus das zweite in der Kottmarsiedlung gewesen sei. Die Stadt Löbau hat als Gründerin und langjährige Besitzerin von Walddorf Interesse daran, daß in bezug auf die Entstehung des Dorfes keine Nachrichten verbreitet werden, die der Historischen Wahrheit widersprechen. Der Unterzeichnete hat auf Grund der Quellen im Löbauer Ratsarchiv zwei Arbeiten über die Förster im Kottmar im Neuen Lausitzischen Magazin Bd. 97 und 101 veröffent licht. Somit war für den Verfasser des Heimatspiels die Möglichkeit vorhanden, sich über die wirklichen Verhält nisse zu unterrichten. Wenn er aber die Absicht gehabt haben sollte, eine Dichtung ohne geschichtliche Wahrheit zu schrei ben, was ihn selbstverständlich niemand verwehren könnte, so dars die Kritik keinen Zweifel darüber lassen, daß das Heimatspiel einen erdichteten nnd keinen geschichtlichen Vorgang behandelt. Die Stadt Löbau wurde nicht erst durch den großen Windbruch im Jahre 1660 veranlaßt, einen Förster im Kottmarwalde anzustellen. Schon 1458 wird ein solcher er wähnt. Der im Heimatspiel die Hauptrolle spielende För- ! ster Hannß Grüllich war von der Eibe und wurde am