Suche löschen...
Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge : 29.02.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-02-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-190802291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19080229
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19080229
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAuer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
- Jahr1908
- Monat1908-02
- Tag1908-02-29
- Monat1908-02
- Jahr1908
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Str. 50 Auer Tageblatt UND Anzeiger für da» Erzgebirge. Sonnabend, den 29. Februar 1908. d. z< T d 1, d r. s i, g r> L 4 t' « 1. 0 d u n n 3 v 3 3 t i a « k 1 f 1 1 i s l 1 1 l r i i r < > > i I ! I I um für «infache Handwerker leicht verständlich zu sein. Nament lich in bezug auf die Uebergangsbestimmungen würden Schwie rigkeiten entstehen. Im ganzen feien die Bestimmungen viel zu sormälistisch, als daß davon eine Hebung des Handwerks zu er warten sei. Ehe der Entwurf schmackhaft werde, mühte man noch manche Einzelheit ändern, deshalb schließen sich seine Freunde dem Anträge aus Kommissionsberatung an. Abg. Göring Zentr.) wünscht Anlegung von Handwerkerregistern und bemängelt die Zusammensetzung der Handwerkerkammern. Erfreulich sei, datz datz mit der Vorlage jetzt alle bürgerlichen Parteien einverstan den seien. Abg. Bindewald (Resormpart.) spricht die Hoffnung aus, daß der kleine Befähigungsnachweis nur ein Vorbote des großen lein werde. Abg. Schesbeck (Zentr.) schließt sich dem Vorredner an und verwahrt die bayrischen Handwerker gegen den Vorwurf der Lehrlingszüchterei. Die Debatte schließt. Die Vorlage geht an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Es folgt sodann di« erste Lesung der großen Eewerbenovelle in Verbindung mit der ersten Lesung des Gesetzentwurfs betref fend die Herstellung von Zigarren in der Hausarbeit, sowie des intcanationalen Berner Abkommens über das Ver bot der Nachtarbeit der gewerblichen Arbeiterinnen und das Verbot der Verwendung von gelbem Phosphor. Staatssekre tär des Innern v. Bethmann-Hollweg erklärt, die Regierung habe die Pflicht, sich mit dvr Frage der Heimarbeit eingehend zu be schäftigen. Die Kontrolle werde viele Schwierigkeiten bereiten. Daher müsse man mit viel Vorsicht an die Sack-e Herangehen. Sonst könnte man, wenn man mit rauher Hand cingreife, Werte zerstören, die hochgehalten werde» müßte». (Beisall.) Es sei der Regierung schon der Vorwurf gemacht worden, daß die Novelle nichts bringe. Das sei nicht richtig. Die Vorzüge der Vorlagen seien unverkennbar. Zwei getrennte Gesetzesvorschläge liegen vor. Vielleicht sei es möglich, sie zu einer Vorlage zusammenzu schweißen. Die Regierung werde mit der Kommission des Reichs tages in vollster Sachlichkeit an der Fertigstellung dieser Vor lage arbeiten und alle Einzelheiten sorgfältig prüfen. (Beifall.) Abg. Dr. Pieper (Zentr.) begrüßt die Vorlagen. Eine gesunde Sozialpolitik sei ein Gebot wirtschaftlichen Fortschrittes. Das Zentrum sehe in der Vorlage manche Forderungen erfüllt und worde in der Kommission bereitwillig Mitarbeiten. Mit dem zehnstündigen Maximalarbeitstag für Arbeiterinnen seien seine Freunde besonders einverstanden, ebenso mit den Bestimmungen über die mindestens elsstündigc Ruhezeit. Anzuerkennen sei fer ner, daß den kleinen Betrieben, den Werkstätten, fortan ein ähn licher Schutz gewährt werden soll, wie den Fabriksbetrieben. Zu erwägen sei auch, ob nicht statt der zehnstündigen Arbeitszeit eine wöchentliche sechzigstündige für Arbeiterinnen zu setzen sei. Der Redner sprach sich ferner für obligatorische Arbeiterausschüsse aus. Erklärungen wünschten leine Freunde von der Regierung darüber, wie cs mit den Aussührungsvorschriften betr. Sonn tagsruhe besonders im Binnenschisfahrt-sbetriebe stehe. Zum Schluß geht Redner dann noch näher auf die Hausarbeit in der Zigarrcnfabrikation ein. Jedenfalls müße, meint Redner, in dem Gesetzentwurf auch die Arbeitszeit geregelt und Vollmachten auch für den Wcrkstättenbetrieb geschossen werden. Abg. Sielermann (Kons.) begrüßt die Vorlage mit Freude. Seine Freunde seien bereit, in der Kommission mitzuarbeiten, wie sie denn überhaupt wünschten, daß die Sozialpolitik in ruhi gen Bahnen sortgesührt werde. Abg. Heyl zu Herrnsheim (Natl.) heißt die Vorlage ebenfalls mit besonderer Freude willkommen, namentlich insoweit sie für Fabrikarbeiterinnen den zehnstündi gen Maximal-Arbeitstag elnsührc. In der Sozialpolitik seien wir jetzt allen anderen Staaten voran. Die Herabsetzung jenes Maximalarbeitstages für Frauen entspreche ausdrücklich aus seiner Fraktion hervorgegangenen Anträgen. Redner vermißt sodann ein Verbot der Mitgabe von Arbeit aus der Fabrik ins Haus, ferner eine größere Sorge für Wöchnerinnen, ein Ver bot der Nachtarbeit für alle Jugendlichen unter 18 Jahren und vor allem die Ausdehnung der Sozialversicherung aus die Heim arbeiter. Abg. Molkenbuhr (Soz.) kann in das Lob, das die anderen Redner den Vorlagen gespendet, nicht einstimmen. Was hier geboten werde, erfülle nicht entfernt die berechtigten Forde rungen der Arbeiter. Hieraus erfolgt Vertagung. Morgen 3 Uhr Fortsetzung. Schluß gegen 7»/, Uhr. Sächsischer Landtag. Zweite Kammer. 72. ösfeniliche Sitzung. >'. Dresden, 28. F.bruar. Präsident Geh. Rat Dr. Mehnert eröffnet die Sitzung um 9 Uhr 85 Min. Das Haus ist gut besetzt, der Tribllnenbesuch schwach. Am Rrgiarungstische: Kommissare, dann Finanzminister Dr. von Rüger. Ein Regierungskommissar gibt die gestern von dem Abg. Dr. Zöphel verlangte Auskunft Uber eine Etats überschreitung. Sekretär Dr. Seetzen verliest die Registrande, dann tritt man in die Tagesordnung ein, die ausschließlich Gisenbahnangrlegenheiten gewidmet ist. Abg. Förster-Spremberg (Kons.) berichtet im Auftrage der Finanzdeputation v und beantragt, Tit. 21 des außerordent lichen Etats auf 1S08/V9, Umbau der Strecke Themnitz-Kap- p e l und teilweiser Umbau des Bahnhofs Chemnitz, mit 2 865 006 Mark als sechste Rate zu bewilligen, was einstimmig geschieht, nachdem Abg. Langhammer-Chemnitz (Natl.) um möglichste Be schleunigung der Arbeiten gebeten und der Regierung sowie allen andern Beteiligten für die bisherige opferwillige Gütigkeit gedankt hat. (Bravo!) Zu Punkt 2 der Tagesordnung berichtet für dieselbe Depu tation: Abg. Zschierlich (Kons.). Er beantragt, die unter Tit. 26 des außerordentlichen Etats für 1668/69 zum Umbau des Bahn hofs Meinersdorf eingestellten 560666 Mark zu bewilligen. Debattelos und einstimmig schließt sich das Haus dem an. Unter Punkt 3 und 4 stehen auf der Tagesordnung noch zwei Petitionen. Berichterstatter ist im Auftrage dar gleichen Deputation für beide der Abg. Rrntsch-Kamenz (Kons.). Er beantragt, die Petition des Eemeinderats zu Schönbach bei Sebnitz um Er richtung eines Personenhaltepunktes in Schönbach zurzeit aus sich beruhen zu lassen und die Petition William Zieglers in Hennersdorf um Erbauung einer direkten normalspurigen Ver bindungsbahn von Tharandt nach Hermsdorf i. E. auf sich be ruhen zu laße». Dies wird beschloßen, nachdem Abg. Frenzrl (Koni.) die Schönbacher Petition warm befürwortet hat. In gleichem Sinne spricht Abg. Andrä (Kons.) für die Interessenten des oberen wilden Weißeritztales. N ä chst e S i tz u n g: Montag, 2. März, vormittags l 1 Uhr. Tagesordnung: Allgemeine Vorberatung über Dekret 14, Landes brandversicherung betreffend. Schlußberatung über Kap. 63» des Haushaltetats für 1908/69, Landeswetterwarte. Beratung über den Antrag Dürr und Genossen, Abminderung gesetzlicher Be stimmungen betreffend. Politische Tagesschau. Aue, den 29 Februar. * Ein Attentat gegen den Schah von Persien. Gegen den Schah von Persien wurden gestern zwei Bomben geschlendert. Der Schah blieb unverletzt. Drei Vor reiter wurden getötet. Der Chauffeur des Automobils und 20 Personen sind verletzt. — Bekanntlich gärt es schon lange in Persien infolge eines Konfliktes zwischen dem Schah und dem Parlament. Das jetzige Attentat hängt offenbar mit der durch die Opposition des Parlaments geschürten Unzusricdenheit zu sammen. Eine ausführlichere Meldung besagt: Teheran, 28. Februar. Heute nachmittag 3 Uhr wurden vom Dache eines in einer engen Straße gelegenen Hauses gegen den Schah, der sich nach Doshantapeh begeben und dort mehrere Tage verweilen wollte, zwei Bomben geschleudert. Die erste Bombe explodierte in der Lust, die zweite erreichte den Boden beim Automobil des Schahs, tötete drei Vorreiter und ver wundete den Chauffeur und ungesähr 20 andere Personen. Der Schah befand sich nicht im Automobil, sondern in einem Wagen, der in einiger Entfernung dahinter fuhr. Der Schah stieg sosort aus seinem Wagen und begab sich in das nächstliegende Haus. Einige Augenblicke darauf begab er sich, von Wachen umgeben, nach dem Palais, wo er unversehrt eintraf. In dem Hause, von dessen Dache die Bombe geschleudert wurde, wurde eine Haus suchung vorgenommcn, ebenso in den benachbarten Häusern. Bis her aber sind alle Nachforschungen ergebnislos geblieben. * König Eduard von England als Protektor eines deutschen MIlitärvereino. Wie der Vorsitzende des Vereins ehemaliger Blücher-Husaren in Stolp mitteilt, hat König Eduard von England durch Kabinettsorder vom 19. Februar das Protektorat über den Verein übernommen und seiner besonderen Freude, dies tun zu können, dabei Ausdruck gegeben. König Eduard ist be kanntlich Chef des Husarenregiments Fürst Blücher von Wal statt. Es dürste das der einzige Fall sein, daß ein auswärtiger regierender Fürst das Protektorat über einen deutschen Militär verein führt. * Bundesrat und Einzelregierungen. Gegenüber den Nach richten, als komme es gelegentlich zu einer unangenehmen Be handlung kleinerer Bundesstaaten, wenn es sich um wichtige Vor lagen im Bundesrat handelt — jetzt war viel von einer Ueber- gehung der Oldenburger Regierung die Rede — schreibt die Nordd. Ztg.: Der im Einvernehmen mit der Königlich Preußischen Regierung im Reichsamte des Innern ausgearbeitete Gesetz entwurf über Arbeitskammern ist unter dem 1. Februar 1908 im Bundesrate eingebracht und gleichzeitig allen verbündeten Regierungen zugegangen. Keiner Bundesregierung ist der Entwurf früher als zu diesem Zeitpunkte mitgeteilt wor den. Nach der Mitteilung an die Bunderegierungen wurde am 4. Februar durch den Reichsanzeiger veröffentlicht. * Das Reichsvcreinsgksep. In ccr Rcichsmgskvnimsision für das Neichsverrinsgesetz führte bei der fortgesetzten Beratung des Sprachenparagraphen der Staatssekretär des Innern aus: Auch in Oesterreich gelte nur die als A m l s spräche zugelassene Sprache als Vcrsanunlungssprachc. In Frankreich sei dem Minister rate seit 1895 gestattet, die nicht in französischer Sprache er scheinenden Zeitungen zu verbieten. Penn den Kindern vpsnischer Eltern nicht von vornherein ein Abscheu vor dem Deutschen bei gebracht würde, stände es mit der Zweisprachigkeit in diesem Lande besser. ES müsse dafür gesorgt werden, daß das Deutsch tum gefördert wird gegenüber den Wellen der polnischen Bewegung. Wenn die Reichsgesetzgebung die Materie nicht regele, werden die Einzelstaaten es tun. Die Weiterberatung wird auf Sonn- - abend vertagt. nie. Das Schicksal des.BereiusgtseheS. In der Vereins gesetzkommission wird voraussichtlich am heutigen Sonnabend über den § 7 abgestimmt werden. Es ist nicht unmöglich, daß bei der Gelegenheit noch keine Entscheidung sällt; daß vielmehr sämtliche Abänderungsanträge abgelehnt werden und somit ein Vacuum entsteht. Für verzweifelt brauchte man die Situation darum noch nicht anzusehcn. Auch dann iväre es noch immer möglich, daß man bis zur zweiten Lesung über ein K ompromiß sich einigte, dem die Mehrheit zuzustimmen vermöchte. Jedenfalls kann man einen solchen Ausgang nur dringend wünschen. - Ein deutsches Orchester bei einem Eisenbahnunglück in Amerika. Nach amerikanischen Zeitungsmeldungen wurde Ka pellmeister Karl Pölich aus Stuttgart, welcher sich mit seinem Orchester auf der Fahrt nach Philadelphia befand, von einem Eisenbahnunglück schwer betroffen. Zwei Zugbeamte wur den getötet, und von den 70 Mann des Orchesters wurden 18 Ma » n s chw e r v e r l e tz t. Pölich selbst wurde von seinem Sitz geschleudert und erlitt mehrere innere und äußere Verletzungen. * Die Erpresserassäre in München. Der Kommerzienrat Ludowici in München wurde wie berichtet, vor einigen Tagen von einem Erpresser durch Drohbriefe aufgefordert, zwei Millionen Mark zu zahlen. Der Adressat übergab die Briese der Kriminalpolizei. Kurze Zeit darauf wurden seine bei den Söhne auf dem Schulwege von einem Fremden mit Salz säure begossen. Wie aus München gemeldet wird, erhielt Kommerzienrat Ludowici jetzt wieder einen Drohbrief, der be weist, daß der Erpresser den Familienmitgliedern Ludowicis noch immer aus der Fährte ist. Dar Erpresser ist scheinbar «in Gei st e s k r a n k e r. " Die verhängnisvolle Kommode. Vor kurzem ist in Bam berg der Privatier Braun gestorben, der -seinen beiden Brüdern, einem Brauereibesitzer und einem Vezirksarzt, ein Vermögen von einer halben Million Mark hinterließ. Der Be zirksarzt sollte eine im Nachlaß befindliche Kommode, die einen Altertumswert von 10 060 .L repräsentieren soll, für 8000 mit übernehmen, doch lehnte er dies ab, daraus nahm der Brauerei besitzer das alte Möbel an sich. Als man nun die Kommode einer näheren Durchsuchung unterzog, fand man darin ein Testa ment vor, in dem unter Enterbung des zweiten Bruders der Brauereibesitzer als Universalerbe bestimmt ist. Außerdem ist auch eine Reihe von Legaten ausgesetzt und die Stadt Bamberg zur Erbin der Kunstsammlung des Verstorbenen eingesetzt. Eine Anfechtungsklage soll bereits eingereicht sein. * Die deutsch-französische Schlußkonferenz zur Feststellung der Grenze von Kamerun und dem französischen Kongo wird nächsten Montag im Reichskolonialamic ihre Sitzungen auf nehmen. Tie französischen Delegierten Duchone, Abteilungs direktor im -Kolonialministerium, Major Moll von der Kolonml- inianterie und Hermiie, Botschaftssekretär in Berlin, sind gestern nachmittag durch den französischen Botschafter im Neichskolonialamt dem Staatssekretär Der» bürg und dem Untcrstaatssekrctär von Lindcquist vor^estellt worden. Der letztere wird in den Verhandlungen den Vorsitz führen. * Der gute Ton im italienischen Parlament. In den Wandclgängcn der Kammer entspann sich am 27. zwischen dem scchzigjährigcn republikanischen Abgeordneten Mirabclli und dem siebzigjährigen Senator Pierantoni eine Rauferei. Die beiden Politiker diskutierten über Cavours Politik, als plötzlich Pierantoni — ein wahrer Riese — seinem Gegner eine Ohrfeige versetzte, worüber Mirabell! damit quittierte, daß er dem Senator die grauen Koteletten a u s r i ß. Nun traktierte der Senator den Abgeordneten mit einem Hagel von Faustschlägcu, bis endlich Rudini und andere Deputierte die beide» Kämpfer trennten, wobei sie aber selbst einige Faustschlägc al'bekaincn. Der kriegerische Senator Pierantoni ist ein berühmter Lehrer des Völkerrechts und war der Vertreter Italiens auf dem Haager Schieds gericht. Morgen soll ein Duell dem Faustkamps der beiden Parlamentarier folgen. * Zur Lage in Portugal. Es verlautet wiederholt, daß keine Proklamation des Königs in der hergebrachten Form stattfinden werde. Die Zeremonie wird sich darauf be schränken, daß der König den vor den Mitgliedern der Regierung abgelegten Eid von den Cortes ratifiziert. Aus -em Königreich Sachsen. Neber die Aussichten in der juristischen Laufbahn in Sachsen gibt der Vorstand der A n w a l t S k a m in e r im Königreich Sachsen folgendes bekannt: Es gibt in Sachsen 664 Richter, 52 son drängten. Der todesmutige Heimstetten sogar wandte sich zuletzt achselzuckend den heimischen Tänzerinnen zu. Da glühten wenigstens noch Herzen in heiße Leidenschaft über die „Roten." Der Rittmeister von Sassen allein hielt aus. Eben führte er Miß Violet unter den Klängen des Jrühlingslust-Walzers in eine improvisierte, von Palmen überdachte Nische. Die Ameri kanerin wünschte Kühlung. Gleichgültig spielten ihr« schlanken, weißen Finger mit dem kostbaren Fächer. Stille umgab die beiden und nur wie aus weiter Ferne tönten die Klänge der Ballmusik herüber. Rittmeister von Sassen brach schließlich das Schweigen. „Warum sind Sie so herb zu meinen Kameraden, Gnädigste? Sind doch schließlich Kerle — na ja, 'n bischen leicht, — aber, das Herz haben sie alle auf dem rechten Fleck — auf Ehre!" „Oooh", — das oh war sekundenlang — „Mister Rittmeister, uill ick Ihnen saggen", drang es zwischen den Perlenzähnen Miß Violets hervor. „Weil Sie sein — Jäger auf das monnai — wie sagt man? — auf das Geld. Wollen machen nur die Cour. Ich nicht lieben das." Der Rittmeister zuckte die Ach'eln und eine leichte Falte zeigte sich an seiner hohen Stirn. Dann aber lach:en seine Augen der Schönen entgegen. „Mag sein, — mag nich^ sein, Gnädigste. Wir haben auch Kameraden mit rein lyrischem Empfinden. „Ich kann nicht glauben dies," tönt Vio- I lets liebliche Stimme zurück. „Habben Sie gesehen, Mister Sassen — nicht wahr? — ui sie alle waren mir ögesällig" thank you mistor Sassen! — „Hier sein Eis, hier sein Limonade, hier fein . . ." sein nicht gut für Offiziere — wcnn er sein zu eifrig. Die Falte an des Rittmeisters Stirn trat schärfer hervor, und der Offizier pjiss leise durch die Zähne. Also daher wehte der Wind! Miß Violet, verwöhnt durch ihren Reichtum, hatte, eine Abneigung gegen zu große Galanterie. In seinem Herzen aber jubilierte es. Endlich hatte er den Schlüssel gesunden, der auch dies stolze Herz öffnen mochte. All' seine Philosophie hatte er bereits nutzlos verausgabt, um hinter Violets Geheimnis zu gelangen i nun verriet sie cs selbst . Da konnte nur eine Radikal ¬ kur Helsen! Heimstetten kam ihm zu Hilfe, als or — „noch einmal wag ich's —" ein anderer Hutten, von Sassen bat, ihm seine Dame für den nächsten Walzer anzuvertrauen. Dann kam die Tanzpause . . . Merkwürdig! Nach der Pause bat keiner der Husaren Miß Violet um die Gnade eines Tanzes, keiner fragte sie, ob gnädigstes Fräulein vihitzt sei, ob sie «in Glas Sekt, Eis, Limonade befehle. Violet Wilson schien für die Herren nicht mehr zu existieren. Zu Ansang beachtete die Amerikanerin die fehlende Höflichkeit kaum. Der Rittmeister widmete sich ihr ab und zu, richtete einige höf liche Worte an sie, und ihre Wangen färbten sich ein ganz klein wenig höher, wenn or zu ihr sprach. Plötzlich aber kam ihr zur Erkenntnis, daß sie gröblich vernachlässigt würde. „O, diese inuiw!" stöhnte sie heimlich aus. Aber keiner der flotten Leut nants schien es zu beachten, daß Violet schon zwei Tänze unauf gefordert bei Mister Wilson zubrachte, der dem Oberst die ameri- kanisck)«n Milizverhältnisse schildoUe. Selbst Rittmeister von Sassen tanzte mit einer Donna heimischer Provenienz. Das war unerhört, das war ein Affront! Eben füllten sich Violets schöne, blaue Augen in bedenklicher Weise mit Feuchtigkeit, da stand der Rittmeister neben ihr. Fast willenlos folgte sie seiner Auf forderung. Als V(olet in seinen Armen durch den Saal schrmbte, fchien's ihr, als sei sie plötzlich in eine andere Welt versetzt. „Das Rittmeister, war doch ein vonderfoll man!'( Wie er tanzte, und wie er sie selbst so stark in den Armen hielt — und immer mehr neigte sich ein blondes Köpfchen gegen die Schulter des Tänzers. Als er dann fragte: „Wollten gnädiges Fräulein nicht etwas pausieren?", da konnte sie nur stumm nicken. Wie angenehm berührte sie die liebevolle Sorgfalt, nachdem sie die selbe nur eine halbe Stunde hatte entbehren müssen! Als die beiden wieder in der Palmennische saßen — viel Raum war nicht vorhanden — verkleinerte Miß Violet dieses Wenige instinktiv noch um etliche Zentimeter. „Sie sein ein braves man, Mistor Sassen, ich könnte lieben Siel" Der Ritt meister glaubte seinen Ohren nicht trauen zu können. Was sagte die Holde? „Ich könnte lieben Sie?" „Zum T auch, wozu ist man kaiserlickper Reitersmann!" Ohne lange Reflexionen über unterschiedlichen Sprachgebrauch zu spinnen, schlang er seinen linken Arm um Miß Violets Schulter. Die Miß retiriorte ein wenig ängstlich, erschrocken, — aber da drangen herzliche Laute an sein Ohr. Wie ein Jubellaut war's, aus den Erundton deutscher Ehrlichkeit gestimmt: „Violet, ist's wahr, Sie könnten mich lieben, mich ... Ich liebe Sie, liebe dich, — treu und ehrlich, — trotz des verflixten Mammons, — sag, bist du mir gut?" Miß Violet antwortete nichts. Aber, da sie sich seiner Umarmung nicht entzieht, neigt sich ein Schnurrbart tiefer hinab, und zwei rote, heiße Lippen suchen die der Amerikanerin. Sassen fühlt wie im Traume den leichten Hauch ihres Gegen kusses und preßt sein Glück fest in die Arme .... Als Violet wieder zu Worte gelangt, flüstert ihr lebhafter Mund: „Böses man, ich haben doch nur gelagt, ich könnte lieben Sie und nicht . . ." „Was nicht, Liebling, was hast du nicht gesagt?" Da schlingen sich zwei weiche, runde Arme um den Hals des Husaren, ein rosiger Mund nähert sich seinem Ohr und tausend fältig echot der Flüsterton in seiner Brust wieder: l lovv zioul" Was genau so viel im Englischen heißt, als wenn die deutsche Jungfrau dem Auserkorenen sagt: „Ich liebe dich!'' « » * Zehn Minuten später unterbrach Miß Violet Mister Wilson und den Oberst in einer hochwichtigen Auseinandersetzung Uber die amerikanische Kreuzfahrt nach dem japanischen Osten. Leise vertraute sie dem Alten ein Geheimnis an. In Wilsons scharf geschnittenem Antlitz änderte sich kaum ein Zug. Ein leises Schütteln des grauen Kopfes, dann vertraute er jedenfalls dem Oberst das Geheimnis an. Der klatschte sich mit den Händen aus die Schenkel und lachte, lachte, wie ihn noch kein Mann im Regiment so herzhaft lachen gehört. Dann rief er die Ordonnanz und gab ihr einen Befehl . . . Ein Trompeter erschien an der Schwelle des Saales und ein langgezogener schmetternder Ton -sog-'
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder