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Auer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge : 27.07.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735684481-191007271
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735684481-19100727
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735684481-19100727
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAuer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge
- Jahr1910
- Monat1910-07
- Tag1910-07-27
- Monat1910-07
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Nr. 17L Beilage zum Auer Tageblatt. Amtliche Bekanntmachungen. (DK «mtlich-n »kkannlma»un«n -xrdni, sonxU fl« UN« «ich» »»n txn v«h»rde» unmlttelLor >u,eft«Ilt werden, den entnommen.) Iikimltilzmiq. Älm A»kß>MM. Donnerstag, den 4. August IS 10, vormittag ' ,S Uhr (dir Brennhölzer nicht vor '/,11 Uhr) Sasthau» zum Muldental in Aue 40V6 fi. Klötze 7—15 cm Stätte, 4234 fi. Klötze 16-22cm Ltälke 3087 fi. , 23—43 » , 52,, rm fi Rutztntippel, 67 rm fi. vrennscheite, 38 rm fi. Brennknitppel 1^. rm b«., 6 rm fi. Zacken, 26,z rm fi. Aeft«, 8 rm fi. Stöcke, in den Gchälschlägen der Adi. 18, 20 und in ter Durchforstung der Abt. 23. Kgl. Forftrevierverwaltung Sosa. Kgl. Forstreotamt Eibenstock. leklriitllche SmellitmtsItMz ii üiiiiil» Donnerstag, den 28. Juli 1910, abend» >/«a Uhr im Gabler'schen Gasthofe. Eine Reise durch das alte Montenegro. Die Festlichkeiten des 50jährigen Regierungsjubiläums des Fürsten Nikola von Montenegro, die durch die Erhebung seines Landes zum Königreich gekrönt werden sollen, werden viele Tou risten nach den malerischen Schwarzen Bergen locken. Im Jahre 1833, als der Reisende Broniewski nach, Montenegro zum Studium des Landes aufbrach, erschien eine solche Reise noch als ein kühnes Wagnis, das mancherlei Gefahren in sich schloß. Bro niewski traf Venn auch, wie im Journal des DSbats erzählt wird, umfassende Vorbereitungen, als gälte es, einen wilden Volksstamm zu besuchen. Er hatte sogar ein Paket mit Hals ketten aus bunten Glasperlen mitgenommen, als ob er dem Schmuckbedürfnis von Menschenfressern schmeicheln müsse; er hatte sich mit einem ganzen Arsenal von Waffen ausgerüstet und trug einen großen Säbel. Sein Erstaunen war groß, als er nicht nur für seine Glasperlen keine Abnehmer fand, sondern sich auch ohne jede Lebensgefahr unter den Montenegrinern bewegen konnte. Für den Ausfall der erwarteten kriegerischen Erlebnisse wurde der Reisende durch eine Fülle interessanter Eindrücke anderer Art entschädigt, die er seinem Gedächtnis gut einzuprägen wußte. Der regierende Vladika wär der Nachfolger jenes Peter I., der seinem Volke den Ruhm großer Tapferkeit verschafft hatte. Drei Jahr» war dieser tot. Noch im Sterben hatte der fast Neunzigjährige seinen Untertanen als letzten und höchsten Wunsch hinterlassen, daß sie sich sechs Monate lang aller Kämpfe unter einander enthalten sollten. Das Vermächtnis des geliebten Für sten, das den Montenegrinern die schwerste Aufgabe ihres Lebens stellte, wurde innegehalten; ein halbes Jahr blieben die Dolche !In der Scheide und schwiegen die Flinten. Nach dieser Zeit der stärksten Selbstbeherrschung aber fingen die Montenegriner wie der ihre alten Streitigkeiten an. Fürst Peter II., der als Erz bischof neben der weltlichen die höchste geistliche Macht hatte, aber mit der Flinte besser umzugehen wußte als mit dem Kreuz, suchte das Werk seines Onkels fortzusühren. Er wollte eine ge ordnete Regierung und Verwaltung einrichten. Wer das war nicht leicht. Schon früher hatte Kaiser Paul von Rußland di« Mittel gegeben, um einen Gerichtshof aus sechs Richtern einzu setzen, der die Zwistigkeiten unter den Familien, die gewöhnlich mit Gewehrschüssen geregelt wurden, gerecht abzuurteilen hatte. Die Richter wurden ernannt und nahmen ihre Aemter auf, aber sie hatten nichts zu tun. Niemand wandte sich an sie, und so wurde der Gerichtshof aus Mangel an Beschäftigung wieder auf gelöst. Peter II. schuf nun ein Strafgesetzbuch, dessen Strafen möglichst den Sitten seiner stolzen Untertanen angepasst waren; aber obwohl der Herrscher geliebt und geachtet war, so wurden doch seiner Justizpflege unüberwindliche Hindernisse entgegen gestellt. Jede Dorfgemeinde setzte ihre Ehre darein, die Ver brecher nicht auszuliefcrn, sondern selbst die Verurteilung vorzu nehmen. Der Fürst richtete nun einen Senat ein, in dem die Oberrertreter der wichtigsten Gemeinden Sitz und Stimme hat- : er glaubte dadurch eine Zentralisation der Rechtspflege zu erreichen. In einem strohgedeckten kleinen Hau» versammelte sich diese oberste Instanz Montenegros; die Dauer der Verhandlungen war begrenzt, und beim Klang einer Glocke mußten die Sitzungen, mochten sie auch gerade bei einem noch so wichtigen Punkte an gelangt sein, abgebrochen werden. Jeder der Senatoren bekam Gehalt, etwa 100 Mark das Jahr. Gin Beamtenwesen begann sich unter den rauhen Bergbewohnern zu entwickeln. Es gab 15 sogenannte „Federhalter", die diesen Namen aber nicht etwa ihrer Kunstfertigkeit im Schreiben verdankten, sondern einem Schmuck ihrer Mützen, der die Gestalt eines Federhalters hatte. In einzelnen Fällen gelang «s Peter II., die Schuldigen vor sein Tribunal zu bringen. Wer in den meisten Fällen blieben di» Montenegriner bei ihrem System der Selbstaburteilung. Bro- niowscki wohnte z. B. der Hinrichtung eine» Diebes bei, dessen Richter einige seiner Dorfgenossen waren. Es war ein stimmig beschlossen worden, ihn zu hängen. Der Aeltest« der Versammlung teilte ihm diesen Spruch voll Sanftmut und Güte mit: er drückt.- den Verurteilten an seine Brust, umarmte ihn und sagte: Gott möge Dir verzeihen. Dann fand die Exekution statt. Zum warnenden Beispiel für andere Diebe wurden neben den Erhängten zwei schöne Pistolen, eine silberne Büchse und zehn Dukaten gelegt, und Liese Lektion fruchtete: nach mehreren Wochen lagen die Schätze noch unberührt da. Bei einer anderen Hinrichtung, bei der der Schuldige erschossen wurde, kamen meh rere hundert Montenegriner zusammen und feuerten auf ein Elockensignal hin ihre Waffen ab. Dies geschah, damit die Ver wandten und Freunde des Verurteilten nicht nach den Gesetzen der Blutrache den oder jenen für den Tod verantwortlich machen könnten Die Sitten der Montenegriner waren streng, rauh und einfach, aber der Märchenschimmer einer primitiven Kultur um- goldete ihre Bräuche. Bei den grossen Festmahlen unter freiem Himmel fanden athletische Spiele und Tänze statt. Sänger stimmten Heldenlieder an zum Preise vergangener Taten. Der Vladika Peter war wirklich der erste Held seines Volkes, ihr Fürst und Oberpriester, sicherlich der einzige Erzbischof seiner Zeit, der eine in die Höhe geworfene Orange mit einem Flinten schuß durchbohren konnte; er sang auch zur Guzla die Balladen, die er zum Ruhme seiner Ahnen verfaßt hatte. Die Frauen traten in diesem Heldenleben zurück; sie waren demütige, schüch terne Geschöpfe, die das Haus hüteten. So bot sich dieses alte Montenegro zwar nicht als ein von Wilden bewohntes Land dar, aber dafür als ein heldenhaftes und poetisches Land, über das die Friihzeit einer jungen Kultur ihre Reize breitete. Das Wachstum -er westeuropäischen Völker. Eine ungewönhlich wichtige Arbeit hat der Statistiker Bai- nes geleistet, indem er eine gründliche Untersuchung über das Wachstum der Bevölkerung von Westeuropa in den drei letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts ausgeführt und im Jour nal der Britischen Statistischen Gesellschaft veröffentlicht hat. Es sind darin sechzehn Länder Europas behandelt. Der Umkreis ist etwas weiter gefaßt, als man es nach dem Begriff dys west lichen Europa erwarten würde, denn er umschließt auch noch Skandinavien, Dänemark und Finnland, das westliche Oester reich, die Schweiz und Italien. Das Wachstum des westlichen Europa in dem so bezeichneten Umsang hat vom Jahre 1870 dis 1900 beinahe 25 v. H. betragen, indem die Bevölkerungs ziffer in runden Zahlen von 192 auf 239 Millionen gestiegen ist. Bei Len einzelnen Staaten aber stellt sich dgs Wachstum sehr verschieden dar. Den größten Aufschwung in dieser Hin sicht hat Finnland genommen .Lessen Bevölkerung sich in der angegebenen Zeit um mehr als die Hälfte vermehrte. Die nächste Stelle nehmen das eigentliche England und Holland ein mit einer Steigerung der Dolkszahl um 43,2 v. H. An dritter Stelle folgt Deutschland mit 38,1 v. H., dann Dänemark mit 36,1, Belgien mit 33,3 und Schottland mit 33,1. Ein Wachstum zwischen 20 und 30 v. H. haben Schweden und Norwegen, das westliche Oester reich, die Schweiz, Italien und Portugal aufzuweisen gehabt. Weit rückständiger im Vergleich zu dem Wachstum dieser Staa ten sind Spanien mit einer Vermehrung von nur 12,8 und Frankreich mit einer solchen von nur 6 v. H. Ganz außerhalb S7 IM IUI». de» vergleich» aber steht Irland, wo in jenen 30 Jahren die Bevölkerung sogar um 17,6 v. H. abgenommen hat. Bon besonderem Interesse ist nun die wettere Untersuchung über die Verluste der einzelnen Nationen durch Auswand e« rung . Diese lassen sich einfach au» dem Unterschied berechnen, den die tatsächliche, durch Volkszählung ermittelte Ziffer gegen über der Zahl ergibt, die sich aus dem Ueberschuß der Geburten über die Todesfälle herausstellt. Irland zum Beispiel hat «ine« jährlichen Geburtenüberschuß von ungefähr 6 auf da» Tausend der Bevölkerung. Da nun aber die Volkszählungen trotzdem eine Abnahme der Bevölkerung um 6s4 auf Tausend nachge wiesen haben, so müssen 12 von jedem Tausend der Bewohner Irlands ausgewandert sein. Keines der anderen Länder hat eine annähernd ebenso hohe Verlustziffer aufzuwetstn. Am stärksten ist sie danach bei Norwegen mit 5,4, bei Schweden mit 4,7. Verhältnismäßig hoch steht sie auch bei Schottland, Italien, Portugal und Dänemark. Für Deutschland beträgt fi« 1,7 vom Taufend. Eine Stellung für sich nimmt in dieser Hinsicht Frank reich ein, das sich unter all diesen Ländern d«s westlichen Europa allein als ein starker Magnet erweist, indem die Zuwanderung die Auswanderung überwiegt. Der Geburtenüberschuß beträgt nämlich in Frankreich nur 1,4, die Zunahme der Bevölkerung nach der Volkszählung ober 1,9 auf Tausend. Ein anderer Teil der Arbeit bezieht sich auf die Geburten- und Sterblichkeits ziffern. Für alle Länder von Westeuropa ohne Ausnahme haben Leide abgenommen. Die Verminderung der Sterblichkeit ist in Holland am bedeutendsten gewesen, demnächst in der Schweiz und Italien, dann in Deutschland. In weiteren Abständen fol gen Belgien, England, Schottland, das westliche Oesterreich, Finnland, Dänemark und Schweden. Noch weniger Erfolg hat Frankreich in der Bekämpfung der Sterblichkeit aufzuweisen ge habt. Die Geburtenzahl ist am stärksten in England gesunken, und bed-Eiche Abnahmen haben auch Irland, Finnland, Frank reich, Schottland und Holland aufzuweisen. Unter den Gvoß- staaten steht Deutschland in dieser Hinsicht noch immer am gün stigsten da. Neues aus aller Wett. * Kaiser Wilhelm auf der Rordlandsahrt. Di« Hohenzol- lern, mit dem Kaiser an Bord, die gestern vormittag unter dem Salut der Kriegsschiffe von Molde abtzegangen war, traf gegen 12 Uhr mitag» in Aalesund ein. Der Kaiser begab sich bald darauf an Land. * Zum 8V. Geburtstag Kaiser Franz Josefs. Wie der Jsch- ler Korrespondent Ler Neuen Freien Presse erfährt, wird nicht nur Kaiser Wilhelm, sondern auch seine Gemahlin,, die Kaise- rinAugu st e Viktoria, in Schönbrunn eintreffen, um dem Kaiser Franz Josef persönlich ihre Glückwünsche zum 80. Geburts tag zum Ausdruck zu bringen. * Kundgebungen gegen einen italienischen Regierungskommis- sar. In St. Pietro Vernotico war zur Führung einer Untersuchung aus Anlaß der Ernennung des Leiters der städti schen Polizei ein Regierungskommissar eingetvoffen. 6 00 Per sonen veranstalteten gegen diesen eine lärmende Kundgebung, wobei die Karabineri mit Steinen beworfen wurde. Die lär mende Menge drängte vors Rathaus, so dass die Karabineri, nachdem aus der Menge Revolverschüsse gefallen waren, von der Waffe Gebrauch machen mußten. Zwei Personen wurden getötet und fünf verwundet. Die gerichtliche Unter suchung ist eingeleitet. > , . * Zu den Demonstrationen während einer Vorlesung in Straßburg. Der Professor der romanischen Sprachen an der Straß burger Universität, Lloetta, der im Doktorexamen einem Gxa- minanten gegenüber geäußert haben sollte, er sei als Elsässer un fähig, Französisch zu lernen, worauf sich am Montag während ei ner Vorlesung lebhafte Demonstrationen ereigneten, hat infolge dieses Skandals seine Vorlesungen eingestellt. * Fremdsprachige Zeitungen in Deutschland. Innerhalb des deutschen ReMgebietes erscheint bekanntlich eine große An zahl fremdsprachiger Zeitungen. Zunächst kommen die Zeitungen derjenigen Teile der deutschen Reichsbevölkerung in Betracht, die eine andere als die deutsch« Muttersprache sprechen: das sind 97 polnische, 26 französische, 18 dänische, 8 litauische und 4 wendische. Ferner erscheinen in Deutschland 12 englische, 6 italienisch^, 7 spanische, 2 russische. 2 tschechische und je eine schwedische, lateini- !Ä Wer fürs Gute wirkt und strebt, M Stirbt nicht, weil sein Leben W jM Zm lebend'gen Guten lebt. Hermann Lingg. ! 't — — Vie Starken uns Sie Schwachen. Roman von Herbert Rivulet. (Freifrau G. v. Schlippenbach.) (9. Fortsetzung.) «Nachdruck verbal. Nach einigen Tagen schreibt Karl-Detlesf aus Königsberg: „Lieber Freund, die Verlobung meiner Schwester Broni mit dem polnischen Grafen Stefan Holwitzki ist dir wohl mittlerweile bekannt geworden. Ich kann nicht behaupten, daß mein zukünf tiger Schwager mir gefällt, erstens ist er viel älter als Broni, ein Fünfziger, der sein Leben gründlich genossen hat, er könnte folglich eher Ler Vater des siebzehnjährigen Mädchens sein, das von Leben sprüht. Hol-witzky hat Broni im Winter in Wien kennen gelernt und soll gleich sehr verliebt gewesen sein. Er ist noch ein recht stattlicher Kavalier, das muß ich zugeben, aber ich finde ihn unsympathisch und es blitzt dazwischen in seinen dunklen Augen wie eine Stichflamme auf; ich glaube, er kann recht unangenehm werden. Broni hat ihn zuerst wie Lust be handelt; ich fürcht«, meine Mutter hat sie zur Verlobung über redet; denn der Graf ist schwer reich, er hat Güter in Russisch- Polen und ein herrliches Schloß im Taunup, außerdem ein großes Privatvermögen, das er fast ganz dem glücklichen Spiele ver dankt. Früher war er sonst oft in Monte-Tarlo, jetzt soll er der Roulette geschworen haben und auch keine Karte anrühren, er hat ja fast eine Million aus der Bank liegen. Die Hochzeit soll schon im Herbst sein. Wenn du sehen würdest, wie der Bräu, tigam Broni verwöhnt! Er überschüttet sie mit Schmuck und Brillanten; ich hoffe, sie behängt sich damit nicht so geschmacklos, wie es die Gerbers tun, von denen ich dir schrieb, doch ich sie zu weilen wegen Papa» Geschifften aufsuchen muß. Da» heißt^ Fräulein Klara Gerber trägt weniger Ringe, Ketten und Arm bänder, seit ich mich einmal ziemlich abfällig darüber ausließ. Sic ist überhaupt ein gut^s Tierchen, die beste von der Familie; denn die Mutter ist furchtbar gewöhnlich und der Bankier ist ein geriebener Kerl. Ich furchte oft, dass er kein gutes Spiel mit uns spielt, er hat jetzt alle auf Rechlinghausen ruhenden Hypotheken in seinen Besitz gebracht, und es steht schlimm mit den Finanzen bei uns. Weiß der Teufel, wie es kommt, aber wir alle ver stehen nicht, mit Geld auszukommen. Ich war fest entschlossen, keine Schulden mehr zu machen, seit Papa vorigen Herbst einmal ernst mit mir sprach, aber ich sitze schon wieder tief in der Tinte drin und werde beichten müssen. Papa wird den Wald ver kaufen müssen, den letzten, der noch in Rechlinghausen vorhan den ist. Wenn ich daran denk«, schnürt sich mir das Herz zu sammen. Und was helfen die paar Tausend Mark, es ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein; in absehbarer Zeit sind wir ruiniert. Die Broni ist Mau gewesen, sie hat mit ihrer feinen Nase Wind gekriegt, wie die Sachen stehen, und deshalb hat sie den alten, schwarzen Polen erhört. Na, mir bleiben drei Wege offen, wenn der Zusammenbruch kommt: Kamerun, ein« Kugel — oder eine reiche Heirat, wie «js die Broni tat. Zu welche n Auskunftsmittel rüst du mir, lieber Freund? „Zur Ar beit," höre ich dich sagen . Ja, welcher Art? Ich gehöre nicht zu den Starken, wie du, ich stehe auf der anderen Seite und bin einer von Len Schwachen, die das Schicksal nicht meistern, sondern seine Sklaven werden. Nun, ich will seine Ketten tragen — falls sie goldene sind. Verachte mich deshalb nicht. Dein treuer Freund Karl-Detleff von Rechlinghausen. „Also um des Geldes willen," dachte Alvar verächtlich, „um eine reiche Frau zu werden, hat Broni sich verlobt. Und ich konnte glauben, ein solche» Mädchen zu lieben, ich schäme mich, daß ich mich blenden ließ, daß ich nicht klarer sah." Mit diesen Worten macht« Alvar Mannerheim einen dicken Strich unter das, was gewesen war, ja, er brachte e» über sich, ein Telegramm nach Wien zu schicken, al» die Hochzeit dort mit großem Pomp gefeiert wurde. Ruhigen Herzen» dachte er an Broni, di« nun eine» anderen Frau war. „Wir werden uns wohl nie mehr Wiedersehen," sagte Alvar sich, und wenn auch, mir würde es kein Herzklopfen mehr be reiten." * * » In der Villa in Schöneberg rollten Monate um Monate da hin. Die beiden jüngsten Kinder lernten fleißig, die Eltern arbeiteten unverdrossen Mr ihre Söhne und Töchter. Herrn von Mannerheims Leiden hatte sich verschlimmert, er verlor immer mehr Len Gebrauch Ler Füße, aber er ließ den Mut nicht sinken. Immer gleich fröhlich und freundlich, war er der Mittelpunkt der Familie, nahm an allem Teil und belebte durch seinen frischen Humor jede Gesellschaft. Sie hatten sich manche treuen Freunde erworben, die beiden prächtigen Menschen, die Frau mit dem echt weiblichen Takt und liebenswürdiger Auffassungsgabe, der sieche, einst so blühende Mann, hinter dem ein gesegnet^ Leben der Arbeit lag. Auch jetzt führte Mannerheim sein« Agentur mit gutem Erfolge, und ost hatte er mehr Bestellungen auf der Ko piermaschine, als er leisten konnte. Da half die bald fünfzehn jährige Sigrid dem Vater gern, sie hatte die Handgriffe schnell erlernt, und es machte ihr Spaß, auch etwas zu leisten. Sigrid war «in allerliebstes Ding, das, mit einer lebhaften Phantasie begabt, schon als Kind Märchen ersann, Gedichte schrieb und in der Schule die besten Aufsätze machte. Ihre Mutter fürchtete ost, daß ihre Tochter in dieser Veranlagung unpraktisch werden könnte. Sie beschäftigte das junge Mwchen in der Wirtschaft, in der Küche und an der Nähmaschine, und Sigrid Men auch daran Geschmack zu finden. Wie ein munteres Vögelchen sang und trällerte sie den ganzen Tag und war der verkörpert« Son nenstrahl des Elternhauses. Ihr Bruder Hjalmar beendete nach einem Jahr di« Real abteilung des Joachimsthaler Gymnasium», er war durch sein« Lahmheit vom Militärdienst frei und war ein mehr praktisch veranlagter Charakter, fast in allen Stücken im Gegensatz zu Sigrids poetischem Wesen. Da» hinderte aber die Geschaffter nicht, sich herzlich zu lieben und zu verstehen. Bon den Seiden „Großen," wie man Ragna und Alvar nannte, kamen oft Briefe Dsa waren immer wahre Festtage Mr da» ganze Hau». Bdide schrieben freudig und erfüllt von ihrer Arbeit; beide kamen gut vorwärts und strebten ihrem Ziel« zu. E» gab auch Manch« lln-
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