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Erzgebirgischer Volksfreund : 22.07.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-193207229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19320722
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19320722
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungErzgebirgischer Volksfreund
- Jahr1932
- Monat1932-07
- Tag1932-07-22
- Monat1932-07
- Jahr1932
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 22.07.1932
- Autor
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Rittti. Humoreske von Georg v. Sabelentz. Der dicke Herr, dem man auf hundert Schritt den fran zösischen Beamten ansah, und seine Frau waren auf einer oer letzten Stationen vor der spanisch-französischen Grenze in unsern Zug gestiegen. Die kleine Frau mit einem altmodischen Hut, der ihr immer wieder aus der schweißfeuchten Stirn in» Genick rutschte, schien für nichts anderes Sinn und Interesse zu haben als für einen merkwürdig geformten Korb, den sie so behutsam vor sich hertrug und ins Gepäcknetz legte, als enthalte er ein gefährliches Sprengmittel. Der Korb erregte die Neugier der im Wagen Mitreisen den, zumal da man drinnen leise Geräusche hörte, etwa wie wenn ein Tier darin hin und her krieche. Man riet auf einen seltenen Hund, einzelne meinten, es könnten auch spanische Schildkröten sein. Eine lange Engländerin, die mir gegenüber saß, erklärte mit sachlicher Bestimmtheit, der Korb enthalte nichts anderes als «ine Schlange. In Indien, wo sie lange gelebt, hätten die Fakire ihre Schlangen immer in genau diese Körbe verpackt, und ein Herr, der sich als Schullehrer und Präsident des Iagdklubs von Carcassonne vorstellte, fügte hinzu: „Diese Schlangen sind außerordentlich giftig, und sie erreichen, ausgewachsen, eine Länge von mehreren Metern." Aber noch etwas außer dem seltsamen Gepäckstück be schäftigte die Mitreisenden: Weder der kleine Heerr noch seine Frau waren zu bewegen, sich ihrerseits zum Inhalt des Korbes zu äußern. Das wäre natürlich und zu erwarten gewesen. Doch alle Andeutungen der anderen wurden offensichtlich über hört. Die kleine Dame sah mit runden, lebhaften Augen auf- merksam um sich, trocknete sich fortwährend das Gesicht, puderte sich, klagte über die Hiße, über die miierablen spans- schen Züge, aß Bonbons, sprach aber nicht von ihrem Korbe. Ihr Gatte saß mürrisch in seiner Ecke, blickte starr durch die Scheiben hinaus und schloß bald die Augen. Er schien irgend etwas gründlich satt zu haben. Seine Frau erklärte das miß- gestimmte Wesen; ihr Mann habe als Beamter des fran zösischen Grenzzolls zu einer Sitzung nach Barcelona fahren müssen, und sie habe ihn begleitet. Diese Reise, die Ver handlungen und das schwüle Wetter hätten sie nervös gemacht. Unser Zug näherte sich der französischen Grenze. Wegen des unheimlichen Korbes hatten sich die Gäste dieses Abteils allmählich in andere verteilt. Das französische Beamtenehe paar blieb allein. An der Grenzstation liefen Zollbeamte durch den Zug, niemand hatte Zeit, sich um das Ehepaar zu kümmern. Es fiel mir nur auf, daß Herr Londru, der Name stand auf seiner Tasche, sobald als möglich den Wagen verließ und draußen, mit den Händen auf dem Rücken, hin und her wanderte, gleich, sam, als wolle er nichts von dem wissen, was sich unterdessen Schreckliches etwa in seinem Abteil ereignen könnte. Endlich setzte sich der Zug wieder in Bewegung. Mit dem Passieren der französischen Grenze schien das Ehepaar ruhiger zu werden. Draußen fing es an zu dunkeln. Da begann plötzlich der Wagen zu schwanken, dann gab es einen furchtbaren Stoß, der mich in die Arme der alten Engländerin warf, zugleich krachte, klirrte und schrie es von allen Seiten; und schließlich stand der Zug still. Es war «in Unglück geschehen. Die Maschine war um- gefallen, zwei Wagen, auch der unsrige, hatten sich stark zur Seite geneigt. Wir wurden durcheinandergeworfen und mit Glassplittern überschüttet. Glücklicherweise schien niemand ernstlich verletzt. Alles sprang, kletterte oder kroch ins Freie. Die alte Engländerin stieg mit einer Ruhe durchs Fenster hinaus, als hätte ihr gar nichts geschehen können. Im zerbrochenen Fenster des Nebenabteils erschien der Kopf des kleinen Zollbeamten. Herr Landru sah um sich wie ein erschrockener Frosch. Rot vor Angst und Aufregung, versuchte er, sich durchs Fenster zu zwängen, und schrie: „Ah, das fehlte uns grad nochl Das fehlte uns grad noch! Aber so Helsen Sie mir doch aus diesem verdammten Käfig!" Man zerrte ihn heraus, dann tauchte seine Frau herauf, reichte ihm den unheimlichen Korb, den niemand anzugreifen sich getraute und der arg zerdrückt war, und dann zog man auch sie hervor. Di« Geleise liefen erhöht auf einem Damm, und jenseits dunkelte ein Gehölz. Als könnten die entgleisten Wagen ihnen irgend etwas antun, sinnlos, wie Schreck und Furcht iüe Menschen machen können, rannten viele, auch Herr Landru und sein« Frau, kaum hatten sie sich au» den Wagen befreit, den Damme hinab und kletterten drüben in den Schutz de» Gehölze». Gin« andere Schar wieder sammelte sich vor der umgestürzten Lokomotive, neben der heulend der Führer stand, und betrachtete da» Ding, wie st« «inen umgefirllenen ver wundeten Elefanten angeglotzt hätte. Mit einmal hörte ick einen entsetzt«« Schrei. Di« kleine, dicke Madame Landru hielt ihren zerbrochenen Korb in der Hand, ließ ihn jäh fallen und schrie, wie «ine Henne am Gartenzaun am Waldrand hin und her rennend: „Rititi! Rititi!^ Die gute Person schien verrückt geworden. Ihr Mann wollte sie beruhigen und rief ärgerlich: „äü, m»l«, tsis-tot Sovel" — „Halt doch den Mund! Ich hab Dir ja immer ge- sagt, das wird nicht gut ausgehn!" Da aber seine Frau, ohne auf ihn zu hören, sich in das Gehölz stürzte und weiter „Rititi! Rititi!" rief, so überließ er sie ihrem närischen Tun, kletterte eilig wieder hinüber auf den Bahndamm und verlor sich in der Gruppe derer, die an der Maschine herumstanden. Man fing an, über die komische Verzweiflung der kleinen Frau zu lachen. Die alte Engländerin aber bemerkte trocken: „Die Kobra seien ihr entwischt. Man darf nicht in das Wald hineingehen zu das gefährliche Tier." Ein dicker Herr warf die Bemerkung hin: „Aber mein« Herrschaften, das Tier scheint ja zahm zu sein, weil sie nach ihm ruft. Da wird es doch nicht beißen." „Zahm oder nicht, «in so giftiges Vieh muß man töten!" rief der Lehrer aus Carcassone. „Die Schlange wird auf das Baum sein," meinte die Engländerin. Sin Mann» -er Pieeard überlrumpfle. Professor Regen er, ver von der Technischen Hochschule in Stuttgart aus Ver suchs'-Ballons aufsteigen ließ, die nach 2 Std. 50 Min. im Oberamt Heidenheim an der württembergisch- öayerischen Grenze wieder zur Erde gelangten. Die Meß apparate, die gegen eine Kälte von 60 Grad besonders geschützt werden mußten, zeigten eine erreichte Höhe von über 20 OSO Meter. „Man muß so ein Reptil immer auf den Kopf schlagen", versicherte der Lehrer, „dann ist es sofort erledigt." Und er sah sich kampfesfreudig um. Eine Frauenstimme zeterte, es solle doch lieber endlick mal ein Herr nach der nahen Grenzstation zurücklaufen und einen Hilsszug holen, und eine andere Stimme antwortete aus dem Dunkeln: „Der Schaffner ist schon fort!" Aber niemand wollte den Schauplatz des interessanten Erlebnisses verlassen. Die einen betrachteten, erörterten, rat- schlagten unter lebhaften Worten vor diesem nunmehr ganz unnützen Klumpen der Maschine, die anderen waren vom ge fährlichen Waldrand wieder herab in den Graben oder auf den Damm zurückgewichen und folgten mit Spannung dem Unternehmen des Lehrers, der vorsichtig am Waldrand hin schritt. Madame Landru lockt« noch immer unter den Bäumen: Rititi! Rititi!" Plötzlich rief einer: „Ich sehe sie! Da drüben ist sie! Dal Sie hängt von «inem Ast herab!" Wir sahen in der Tat etwas Dunkle« herabhänaen, da« sich leise bewegte. Der Held aus Carcassonne lief herbei, holte au» und führte «inen gewaltigen Streich gegen da» Reptil. Atemlose Spannung folgte. Dann mit «inmal «in Gewirr in den Büschen, auch die kleine Frau Landru stürzte herzu, warf sich auf den Boden und erhob sich wieder, etwas im Arm tragend. Ein Herr leuchtete mit einer Taschen laterne. E» war kein« Schlange, wie man feststellte, sondern ein seltsames Knäuel verfitzter spanischer Sitzen, aus denen der Kopf und die Gliedmaßen eines kleinen Affen vorschauten. Alles sammelte sich um Madame Landru; man vergaß sogar die Lokomotive, die stoßweise in die Nacht blies. Die alte Engländerin gab auch diesmal mit ihrer ruhigen, liefen Stimme zuerst eine Erklärung ab: „Ah, st« hat wollen ihr« Spitzen mit das Tier einschmuggeln." Der Lehrer, der sich in seinem Iagdeifer blamiert vor kam und seinen Mut so ganz unnütz vertan sah, fuchtelte mit den Armen und hielt das Ende einer schwarzen Spitz« hoch. „Vo/s- ,»! So also sind die Frauen unserer von der Regierung verwöhnten Zollbeamten! Man macht auf Staats kosten «ine Reise nach Spanien, kauft sich Spitzen und wickelt sie an der Grenz« seinem Affen um. Nun erklärt es sich, warum die Zölle nichts «inbringenl So etwas muß man ohne Rücksicht in der Kammer " Weiter kam er nicht, denn die kleine Frau riß ihm die Svitze aus der Hand, und versetzte ihm «in« schallende Ohr feige. Der Lehrer griff aus Rache nach dem zappelnden Affen, da warf sich ihm Herr Landru selbst entgegen. Und dann hörte man wieder zwei Ohrfeigen klatschen, die gut gesessen haben müssen, und schließlich rollten beide Feinde den Hang hinab in den Graben am Eisenbahndamm. Dort erst wurden oie ergrimmten Helden von den Mitreisenden getrennt und die feurige Auseinandersetzung mit guten Worten gelöscht. Madame Landru hatte während des Männerkampfes laut um Hilfe gerufen, denn der spitzenumwickelte Affe wollte, erschreckt von dem Tumult, durchaus auf ihren Kopf flüchten. Sie hatte Mühe, das Geschöpf an ihre Brust zu drücken. Dem kleinen, dicken Mann war der steife Hut ins Genick gerutscht und zerbeult worden, er kletterte zu seiner Frau herauf, wies auf seinen herausgerissenen Aermel und ächzte: „Was ich Dir gesagt habe! Was ich Dir gesagt Habel" Noch immer dumpf schnaufend, lag die sterbende Loko motive verlassen und unförmig auf den Geleisen. Die Kopie schützt Sie. Noch verhältnismäßig viele Geschäftsleute geben An gebot«, Reklamationen und Anfragen hinaus, ohne baß sich der Wortlaut dieser Schriftstücke in ihren eigenen Akten vorfindet. Das ist nicht richtig und ist sehr unvor sichtig. : Man braucht gar nicht einmal daran zu denken, daß' man für gerichtliche Auseinandersetzungen vom Briefwechsel Unterlagen haben muß. Nein, für jede Unstimmigkeit, die sich im brieflichen Berkehr ergibt, ist es wichtig, Kopien in den Händen zu haben. Denn nur dann kann man irgendetwas mit Sicherheit behaupten, und nur dann kann man bet irgend einer Antwort ausdrücklich darauf Hinweisen, daß man dieses oder jenes gewünscht hat und daß ein unterlaufener Fehler zu Lasten der Gegenseite fällt. Tatsächlich ist es so, daß schon mancher Schaden für einen Geschäftsmann entstanden ist, weil er sich, vielleicht von irgend einem Bestellformular, welches er unterschrieben! hat, keine Kopie hat geben lassen. Als er dann die Rechnung über die Bestellung erhalten hat, ist er übe« deren Höhe verwundert gewesen, weil er sich den Betrag nicht gemerkt hat oder keine genaue Vorstellung über die Zusammenhänge mehr hatte. Man behalte auch von jeder Steuererklärung eine Abschrift! Grundsätzlich soll also gelten: von jedem Schiftstück, das aus der Hand gegeben wird, hat eine Durchschrift in die eigenen Akten zu wandern! gz. Konzert auf -er Flöte Friedrichs des Grohe«. Kammermusiker Müller spielt auf einer der Flöten Friedrichs des Großen bei dem historischen Konzert im Garnison-Museum zu Potsdam. So wie es «inst der große König liebte, wurde der Flötenspieler auf einem Tafelklavier und von einer Sängerin begleitet. Die Um gebung des Garnison-Museums mit ihren Geschützen und Gewehrsammlungen schuf zwar «ine etwas seltsame Um gebung zu den leichten Flötenweisen, aber Historiker be richten ja auch von dem Alten Fritz, daß er selbst im stärksten Kanonendonner seine geliebte Flöte hervorzog. Shea Rasche, -le erste deutsche Seefliegerin. Di« «rft« dtuische Kunstfliegerin Thea Rasche hat jetzt in Warne- münde ihr Pilolenexamen für Seeslugzeuge bestanden und ist damit auch Deutschlands erste Seefllegerin geworden. Alngzengabsturz zwischen Küusermauern« Ein amerikanisches Flugzeug, das zu einer Rundfahrt über Cleveland aufgeittegen war, mußte mitten in der Stadt wegen eines Motordefektes niedergehen. Cs fiel zwi. schen zwei Häuser, der Propeller bohrte sich in den Erdboden. Die Insassen sowie eine Hausbewohnerin wurden verletzt.
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