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Der sächsische Erzähler : 11.12.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-12-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-188912111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-18891211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-18891211
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Paginierfehler: Seite 935-936 doppelt gezählt. - Vorlagebedingter Textverlust.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1889
- Monat1889-12
- Tag1889-12-11
- Monat1889-12
- Jahr1889
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 11.12.1889
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Mitische WeWan. Die schneebedeckten Fluren und die -ürze der Tage malten an da-Herannahen de-WeihnachtS- festes. Dem deutschen Reich-tage steht vor der wahrscheinlich schon am 15. d. M. eßfolgenden Vertagung nur noch eilse Woche znr Verfügung, aber der schleppende Gang der Etat-berathung wird trotzdem nicht beschleunigt. Da noch die wichtigen Verhandlungen über den Militär- und Marineetat rückständig sind, ist eS sehr fraglich, ob auch nur die zweite Lesung des Etat- vor den Ferien erledigt werden kann/ Roch zweifel hafter erscheint das Schicksal des Socialisten- gesetzes, das in der Commission nur mit Aus nahme des wichtigsten Paragraphen Annahme fand, aber durch den Widerstand des Centrums und die Abneigung der konservativen Partei, auf die Abänderungsvorschläge der Nationalliberalen einzugehen, im Plenum kaum durchgehen wird. Der Vermittelungsvorschlag des freiconservativen Abg. Nobbe, die Ausweisungsbefugniß nur auf Zeit, das Gesetz aber im Uebrigen als ein dau erndes zu genehmigen, dürfte den Beifall der Liberalen finden, wenn die Regierung sich vorher damit einverstanden erklären wollte. Die offieiöse Presse bewahrt aber über diesen Punkt ein auf fallendes Schweigen, woraus sich schließen läßt, daß die Reichsregierung damit einverstanden ist, das Socialistengesetz erst nach den am 8. Januar 1890 ablaufenden Reichstagsferien zur zweiten und dritten Lesung gelangen zu sehen. Da sich voraussichtlich dabei, sowie bei der Vorlage über die Unterstützung der ostafrikanischen Dampfer linie lange und heftige Debatten entspinnen werden, müssen sich die Reichstagsabgevrdneten darauf gefaßt machen, noch den größten Theil des Januar und vielleicht bis in den Februar hinein in Thätigkeit zu bleiben. Die neuen Wahlen dürften dementsprechend noch länger hinausgeschoben werden, als bisher meistens an genommen wurde. Die in den letzten Tagen er folgte Veröffentlichung des neuen Cartells deutet allerdings darauf, daß man weder von der Subventions-Vorlage, noch von den Verhand lungen über das Socialistengesetz ein ernstes Zerwkrfniß unter den drei regierungsfreundlichen Fraktionen des deutschen Reichstages befürchtet. Die „Nationalliberale Correspondenz" bezeichnete die Erneuerung dieses Bündnisses als eine er freuliche, aber keineswegs überraschende Einleitung der Wahlbewegung. Es liege der Vereinigung jetzt zwar kein bestimmter Zweck zu Grunde, wie im Jahre 1887 die Sicherung der deutschen Wehrkraft, aber auf den verschiedensten Gebieten des öffentlichen Lebens liege doch die Nothwen- digkeit des festen Zusammenhaltens der die nationalen Interessen energisch vertretenden Par teien so handgreiflich vor Augen, daß es ein Widersinn wäre, wenn diese Parteien sich zum Nutzen der gemeinsamen Gegner bekämpfen wollten. Bei den in Deutschland herrschenden Verhält nissen könne eine einzelne Partei aus absehbare Zeit hinaus nicht hoffen, eine parlamentarische Mehrheit zu bilden; sie seien alle auf Bündnisse mit anderen Parteien angewiesen, wenn sie etwas erreichen wollen. Das „Anticartell" sei, wenn auch nicht schriftlich abgeschlossen, thatsächlich längst fertig. Ultranwntane, Deutschfreisinnige, Socialdcmokraten, Polen und Welfen handeln nach dem Grundsatz, überall das conservativ- nationalliberale Bündniß zu bekämpfen und ihr offen verfolgtes Ziel sei die Ersetzung der bis herigen Reichstags Mehrheit durch die bis zum Jahr 1887 bestandene Mehrheit. Die dem Reichskanzler näher stehenden Blätter drückten bereits offen ihreGenngthuung überden erneuten Abschluß des Cartells aus. Die „Köln. Ztg." preist dabei die bisherigen Leistungen derCartell- mehrheit des Reichstages und sagt: „Hätte das Cartell nichts weiter geleistet und nur in einer traurigen Episode der deutschen Geschichte schützend seine Aeste über das deutsche Heim ausgebreitet und die Vernichtungskraft des Unwetters ge brochen, es hätte den Tank der deutschen Patri oten verdient." Tie „Nordd. Allg. Ztg." be merkt: „So heftig das Cartell auch von seinen Gegnern verleumdet worden ist, der in ihm ver wirklichte gesunde politische Gedanke, das Zu sammenfassen der erhaltenden Kräfte des Volks lebens höher zu stellen, als die über Mittel und Wege zum Zwecke abweichenden Ansichten, mußte sich stärker erweisen, als die ihm entgegenwirkenden centrifugalen Tendenzen." Das neue Cartell entspricht jedoch nicht völlig de» Vereinbarungen von 1887, da, wie die „National-Zcitung" aus drücklich betont, nur der Besitzstand der drei Parteien, nicht derjenige jeden einzelnen Mit gliedes derselben gewahrt werden soll. Ueber die cinzMn Personen muß eventuell eine Verein barung erfolgen, eint Bedingung, über welche sich die „Kreuzzeitung" sehr unwillig äußert. Auch über die Candidaturen in Wahlkreisen, welche jetzt im Besitz der gegnerischen Parteien sind, ist diesmal einfach eme „Verständigung" vorgesehen anstatt der Bestimmung von 1887, welche sich als schwer durchführbar erwies. Der deutsche Reichstag setzte am 2. d. M. die zweite Berathung der Bankgesctz-Novelle und der dazu gestellten Anträge fort. Nach längeren Debatten wurde der Antrag von Huene mit 110 gegen 94 Stimmen abgelehnt und dann fanden die Paragraphen 1 und 2 der Regierungsvorlage mit großer Mehrheit Annahme. Am 3. d. M. begründete sder Abg. Schmidt - Elberfeld in fast zweistündiger Rede den Antrag der Abgg. Barth und Genossen auf Beseitigung des obligatorischen Arbeitsbuches bei den Bergleuten. Abg. Leüschner wies darauf die Angriffe auf die westfälischen Grubenbesitzer und das Oberbergamt Dortmund als unbegründet zurück und bezeichnete den An trag Bartb als überflüssig und lediglich agita torische Ziele verfolgend. Am anderen Tage wurde die Berathung fortgesetzt und besonders von den Mitgliedern des Centrums dazu benutzt, die ultramontane Presse gegen den Vorwurf der Verhetzung der Arbeiter zu vertheidigen, während sich der Abg. Hammacher energisch der Arbeit geber annahm. Die Mahnung des Staatssekre tärs von Boetticher, vor Allem die Ergebnisse der Enquete abzuwarten, veranlaßte den Abg. Windthorst, die Langsamkeit der Regierung in dieser Angelegenheit auf's Schärfste zu tadeln, besonders aber vor etwaigen schlimmen Folgen des Starrsinns der westfälischen Grubenbesitzer eindringlich zu warnen. Am Donnerstag bean tragten anläßlich der Berathung des Etats des Reichseisenbahnamtes die Abgg. Richter und Schrader die Veranstaltung einer Enquvte über die Frage, ob die Herabsetzung der Eisenbahn- tarise für Kohlentransporte möglich sei. Nach längerer Verhandlung wurde der Antrag durch Verweisung an eine Commission erledigt. Am Freitag gelangte die Bankgesetz-Novelle mit großer Mehrheit zur Annahme, nachdem der Antrag des Abg. Grafen Mirbach mit 126 gegen 98 Stimmen abgelehnt worden war. Am 2. d. trat in Wien der österreichische Reichsrath in recht trübseliger Stimmung wieder zusammen, da die altczechischen Mitglieder der Regierungspartei den Boden unter sich durch die neuhussitische Agitation unterwühlt wissen, die Clerikalen seit dem Rücktritte des Fürsten Liechtenstein sich im Interesse der Erhaltung des jetzigen Systems widerwillig zur Eindämmung ihrer Wünsche auf dem Gebiete der Schulgesetz gebung gezwungen sehen, die dentschösterreichische Opposition aber noch keine Aussicht auf eine Aendcrung der jetzigen Verhältnisse hat. Die von dem Minister v. Dunajcwski gegebene Dar legung der Finanzlage wurde von liberaler Seite bemängelt mit Rücksicht ans den der Erhöhung der Einnahmen kaum entsprechenden geringen Ucberschuß von nur 942,817 Gulden und die zugestandene Nothwendigkcit, zur Herstellung der Valuta eine mäßige Einkommensteuer einzuführen. Die regierungsfreundliche Presse stellte dagegen den gegen das Vorjahr gewachsenen Ueberschuß angesichts der bedeutenden Ausgaben für militärische, wirthschastliche und kulturelle Zwecke als ein wichtiges Moment hin. Eine von dem Abg. v. Plener cingdbrachte Jnterpallation wird den österreichischen Reichsrath veranlassen, sich dem nächst mit der heiklen böhmischen Krönungsfrage zu beschäftigen und Stellung zu den Folgen zu nehmen, welche die Taaffe'schc „Versöhnungs politik" in Böhmen gehabt hat. —Im ungarischen Abgeordnetcnhause setzte die Opposition bei der Budgetberathung ihre gehässigen Angriffe gegen den Ministerpräsidenten TiSza unablässig fort, ohne diesen zähen Staatsmann zu ermüden, der auf seinem Posten ausharrcn zu wollen erklärte. Wie fest die Reichstagsmehrheit zu Tisza steht, zeigte sich bei der Abstimmung über die EtatS- posten „Ministerpräsidium" und „Dispositions fonds", die mit sehr großer Stimmenzahl ange nommen wurden. Die von dem Minister des Innern angekündigte Berwaltungsreform wurde vom ganzen Hause freudig begrüßt. Im schweizerischen Nationalrathc beant wortete der Bundesrath Droz am 4. d. eine Anfrage betreffs der angeblichen Acußerung des Grafen Herbert Bismarck über die BundeSgenossen- schast der Schweiz im Kampfe gegen socialistische Bestrebungen und gegen das Treiben der deutschen Socialdemokratie in der Schweiz. Droz bestritt das Vorhandensein bezüglicher Vereinbarungen, betonte aber lebhaft die Wiederherstellung freund licher Beziehungen zu. Deutschland. Angesichts des von dem Finanzminister zuge standene« ichr erheblichen Defizit- ßertatigen zahlreiche italienische Blätter eine theilweise Erleichterung der militärischen Lasten. Die meisten römischen Blätter stimmen mit dem „PopolöRotnano" darin überein, daß das Land heer den wirthschaftlichen Kräfte« des Landes angepaßt werden müsse, da man auf eine starke Seewehr doch keinesfalls verzichten könne. Einen sehr günstigen Eindruck erzielte die Erklärung des FinanjministerS, daß oie bisher erhobenen Differentialzölle, welche ursprünglich als Waffe gegen Frankreich dienen sollten, nur den Handel Italiens empfindlich geschädigt hätten und des halb abgeschafft werden sollen. Unter großer Erregung der Bevölkerung Brüssels ist in der belgischen Repräsentanten kammer von dem liberalen ehemaligen Justiz minister Bara die infolge der Enthüllungen des Processes zu Mons «erfolgte Absetzung des Polizeichefs Gauthier de Rasse zur Sprache ge bracht worden. Bara bezeichnete diese Absetzung als einen Act der Rache, während der jetzige Justizminister Lejeune sich auf das schriftliche Zeugniß des Procurators berief und dem früheren Chef der öffentlichen Sicherheit, Gauthier de Rasse, vorwarf, dem Justizministerium wichtige Schriftstücke verheimlicht, dagegen denVertheidigern der Angeklagten im Hennegauer Proceß höchst wichtige Mittheilungcn gemacht zu haben, wodurch das Vorgehen der Staatsanwaltschaft sehr er schwert worden sei. Die stürmischen Auftritte in und vor dem belgischen Repräsentantenhause dürfte die Stellung des belgischen Cabinets ernstlich erschüttert haben. Dem französischen Handelsminister ging das Gesuch der „British Channel Compagnie" um Ertheilung der Concession zur Ueberbrückung des Canals zu. Die Pläne zu dem von den Herren Hersent und Schneider beabsichtigten Riesenbau sind bereits auf der Pariser Ausstellung dem Publikum vorgeführt worden. Auf eine Anfrage des Deputaten Hubbard über die Vor gänge in Brasilien gab der Minister Spuller in der französischen Deputirtenkammer die Erklärung ab, daß der diplomatische Vertreter Frankreichs in Rio de Janeiro Befehl erhalten habe, die guten Beziehungen, die er mit der kaiserlichen Regierung unterhalten, auch mit der jetzigen brasilianischen Regierung fortzusetzen. Im Uebrigen hat die französische Kammer noch immer mit den Wahlprüfungen vollauj zu thun. Von der englischen Negierung wird der- britisch-portugiesische Colonialstreit sehr kaltblütig behandelt, wogegen die Lissaboner Presse sich leidenschaftlich der uralten portugiesischen An sprüche auf das südafrikanische Mashona-Land annimmt. Das englische Cabinet, sowie die engeren Ausschüsse desselben beschäftigen sich seit einiger Zeit eingehend mit der neuen irischen Bodenankaufsvorlage. Gladstone hielt am 2. und 3. d. M. in Manchester im Verband der national-- liberalen Vereine große Reden, in denen er die türkenfreundliche Politik Salisburys und die ungerechte Behandlung Irlands bitter tadelte. Als ein hochbedeutsames Ereigniß für die Entwickelung der Verhältnisse in Ostafrika wird allgemein die Ankunft Emin Paschas und Stanleys in Bagamoyo angesehen. Leider ereilte daselbst den halberblindeten Emin ein schwerer Unglücks fall durch einen Sturz vom Balkon. Hoffentlich bleibt das Leben des kühnen Mannes erhalten, den der deutsche Kaiser kurz vorher telegraphisch zur Rückkehr beglückwünscht und den der König, der Belgier eingeladen hatte, mit Stanley fein Gast im Schlosse zu Brüssel zu sein. Darmstadt, 8. Dccember. Se. Majestät der Kaiser besuchte heute Morgen 9^ Uhr in Begleitung des Großherzogs das Mausoleum der verstorbenen Großherzogin Alice auf der Rosen höhe; um 10 Uhr fand Gottesdienst in der Stavtkirche statt, bei welchem Superintendent Sell die Predigt hielt. Nach dem Gottesdienst besichtigte Se. Majestät die Casikios und die Speiseanstaltcn des 2. Großhcrzoglich Hessischen Dragoner-Regiments (Leib - Dragoner-Regiment) Nr. 24 und des Großhcrzoglich Hessischen Feld- artillcrie-RegimcntS Nr. 25. Worms, 8. Dccember. Se. Majestät der Kaiser und Se. König!. Hoheit der Grobherzog sind V,4 Uhr Nachmittags hier cingetroffcn und- im Bahnhofe von den Spitzen der Behörde« empfangen worden. Eine Arbeiter-Deputation überreichte eine Adresse und einen Lorbeerkranz. Nach dem Abschreiten der Ehren-Compagnie er folgte die Fahrt durch die festlich geschmückte Stadt. Die Vereine bildeten Spalier W -um FesthauS, Woselbst der Oberbürgermeister eA Ansprache hielt. Se. Majestät für den herzlichen
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