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Der sächsische Erzähler : 23.12.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-189312230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-18931223
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-18931223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1893
- Monat1893-12
- Tag1893-12-23
- Monat1893-12
- Jahr1893
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 23.12.1893
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daß an dc» Geschmack einer Monvpvlcigarre, man sich crs! !n einem Menschenalter gewöhnen kann. «Sehr richtig! im Eentrnm.) Meine Herren, die Tabalsabrikntstcncr führt dazu, das; ein großer Thcil der Arbeiter brodlvs wird. Tas ist zlvciscllos, wenn selbst die Schätzungen der Tabakarbciter erheblich übertrieben sind, daß Tansendc von Arbeitern lahm gelegt nnd exislenznnsähig »«erden. Da ist cs kein Wunder, daß man von jener Seite den Nus erhebt, daß sic geschützt sein wollen. Man mochte allerdings die Negierung fragen, in einer Zeit, wo auf allen Gebieten der Industrie und der Gewerbe Noth- stiinde sich offenbaren, wo ohnehin Tausende von Arbeitern beim besten Willen kein Unterkommen finden können, — in einer solchen Zeit, sage ich, wo durch eine neue Steuer Tausende von Existenzen lins die Straße geworfen werden, was mir unfaßbar ist — also frage ich die Regierung: wo sollen die Leute Brod finden ? Hat die Ncichsregierung eine 'Versicherung gegen Arbeitslosigkeit geschaffen, nm den Leuten ein Unterkommen zu gewähren? Uno, meine Herren, sehen wir uns doch gerade die betreffenden Tabakarbciter an! Gerade unter ihnen finden wir viel schwache Elemente, — Kranke, Krüppel sogar sind es, die dort ihren Pfennig verdienen: gerade die ohnehin Leidenden, Schwachen der Bevölkerung werden durch diese neue Steuer aus das Härteste getroffen. Des Weiteren: man beruft sich hier im Reichstage gern darauf, daß es unsere Pflicht sei, die deutsche Familie zu erhalten, weil man mit Recht sagt, daß das Familienleben außerordentlich werthvoll sei auch für den kleinen Mann. Meine Herren, wir haben so viel kleine Heime von Arbeitern, wo die Frau neben ihrer häuslichen Arbeit beim Er werb mit tbätig ist. Alle jene Schichten werden durch die neue Steuer ans das Bitterste getroffen. Und noch eins. Wie kommt denn gerade die Tabakindustrie dazu, daß sie immer und immer wieder bluten soll, daß diese blühende In dustrie niemals zur Rübe kommen soll? Darum etwa, daß sic eine große Reihe von Mcnschenkrästen beschäftigt und beschäftigen wird in absehbarer Zeit, weil bei der Tabakinduslrie das Eine nicht zutrifst, was bei allen anderen Industrien zur Geltung kommt? In anderen Industrien führen neue Erfindungen, neue Maschinen dazu, das; so nnd so viele Arbeitskräfte überflüssig werden; bei der Tabak industrie dagegen ist diese Gefahr nicht zu befürchte», weil für diese niemals jene Maschinen geschaffen werden, die gleich dc» Menschen Gefühl besitzen. In Folge dessen werden in der Tabakindnstric immer große Arbcitermasscn beschäftigt werden für alle Zeit, und eine solche Industrie, die gerade sozialpolitisch von so außerordentlicher Bedeutung ist, trifft man mit der neuen Steuer. Ich möchte wissen, was die Industriellen sagen würden, wenn wir zu einer Besteuerung der Maschinen kämen, welche Menschenkräsle überflüssig machen. Es ist das nicht mein Vorschlag, ich erwähne cs nur als Gegensatz, nm deutlich zu belegen, wie in dieser Beziehung die Auffassungen ganz verschieden sind. 'Aber die Tabaksteuer erstreckt sich nicht allein ans den Arbeiter, sondern ans einen großen Thcil der Industrielle» und Händler. Meine Herren, gerade die schwächeren Elemente, die nicht genügend Kapital kräftigen werden zu Grunde gehen: denn eine derartige Umwandlung der Steuer führt zur vollkommenen Arndcrung des gesummten Betriebes. Wer nicht kapitalkräftig ist, kann sich nicht halten, er geht zn Grunde. Und was wird aus einem solchen kleinen Fabrikanten? Es ist meines Erachtens ein großer Bvrtheil der Tabakinduslrie, daß wir in ihr heute noch etwas beobachten, was in anderen Industrien mehr und mehr ver schwindet, daß nämlich ans den Arbeitern heraus sich Fabrikanten ent wickel», daß die Arbeiter sich zu vollkommen selbstständigen Existenzen ausschwingen; wenn aber die Steuer dnrchgeführt wird, treibt man diese kleinen Fabrikanten nnd Händler hinüber ins Lager der Sozialdemo kratie, — während gerade heute unter ihnen, z. B. im Königreich Sachsen, in Westfalen, noch gar Manche sind, die mit uns aus dem Boden der Orduuug und des Vaterlandes stehen. Meine Herren, das sind die Erscheinungen, die wir beobachten können, die Stimmungen, welche hcrauskommen müssen aus den Steuer vorlagen, die von der Regierung präscntirt worden sind. 'Run, meine Herren, cs wird daun immer einfach gefragt: ja, welche anderen Stenern wißt ihr denn vvrznschlagcn, welche positive Vorschläge habt ihr, um die Kosten u decken? Ja, meine Herren, in dieser Hin sicht muß ich vornherein bemerken: es ist seiner Zeit, als wir im Lvunncr hier zusannuentralen, davon die Rede gewesen, das; die Deckung für die Militärvorlagc beschafft werden solle; nnd wenn jetzt in der sogenannten Ncichüslenerrcsoriu etwa der Versuch gemacht wird, sich um die damaligen Versprechungen hcrumznwindcn, der Versuch gemacht wird, durch die sogenannte Steuerreform cS zn verschleiern, daß es sich nicht nm IM, sondern bloß »in 50 bis 60 Millionen Mark für die Tccknng handelt, so werden wir ganz entschieden dagegen Protest einlegcn. Es ist nicht wahr, das; alle Parteien, wie der Herr Abgeordnete Bebel behauptet hat, wie die Katze um den heißen Brei bezüglich der Sleucrvorlagen hcrnmgchen. Wir haben unsererseits nie ein Hehl daraus gemacht, in welcher Art und Weise wir die Steuern aufzubringcn hoffen, Wir gehen von der Meinung ans, daß zunächst entsprechend den bindenden Versicherungen des Herrn Reichskanzlers die Börse ganz andere Erträge abwerfen kann und muß; nnd wenn das bestritten wird, dann werden wir uns bei den Stenervvrlagcn erlauben, dem Herrn selbst einen Börsensleucrentwnrs zn präscntiren. Es sind aus der Börse noch ganz andere Summen heransznholcn. Ich sehe nicht ein, warum immer wieder das stolze Deutsche Reich vor jener Börse ängstlich zurückweicht. Des Wciicren stehen wir auf dem Standpunkt, daß wir eine pro gressive Einkommensteuer und eine progressive Erbschaftssteuer für vollaus gerechtfertigt halten, sobald die angeblich nothleidendc Börse allein nicht in der Lage ist, die Kosten zu decken. ES ist betont worden, das; staats rechtliche Gründe dem nicht cntgcgcnstehen, nur äußerliche Schwierig keiten bei der Steuer sich entwickeln würden. Da muß ich doch sagen: wo ein Witte ist, da ist auch ein Weg! Aber der Wille fehlt, der Börse und dem Großkapital zu Leibe zn gehen. (Heiterkeit.) Daran liegt eS! Meine Herren, wenn wir uns daraus bernsen wollen, das; ver schiedene Einzclslaatcn zur Stunde keine Steuerdeklaration haben, und man glaubt deshalb die ganze Frage zur Seite schieben zn können, so sage ich: für jene Eiuzelstaatcu würde cS nur vou Vorthcil sein, wenn sie durch das Reich veranlaßt werde», einer so gerechten Besteuerung, wie die der Einkommensteuer, zuzustimmen. Ich würde cs sür einen großen Vorthcil halten, wenn daS Reich in der Richtung durch seine Maßnahmen einen Vorstoß machen würde. Die dagegen erhobenen Be denken sind nach meiner Meinung nicht stichhaltig. Ich bin selbst im Besitz eines Entwurfs über die Einkommensteuer. Aus den Berechnungen, die wir aus dem Königreich Sachsen über die Einkommensteuer besitzen, ergicbt sich, daß wir ganz schöne Summen — ich will ans die Einzelheiten nicht eingchcn — dadurch heranShvlen könnten. Wenn wir die sächsischen Ziffern zu Grunde legen — da habe» wir das Vcrhciltniß, daß es nur 4 Prozent sind der Äcsamintbcvölkernng, die zn de» höheren Klassen der Steuer zahlen. Wenn wir nur die 4 Prozent treffen würden, also nur die Äroßlapilalislen, erhebt sich sofort der Einwand: dann käme daS gleich einer Konfiskation des Kapitals!! das wäre ein rein sozialistischer Grundsatz!! So schlimm ist es aber nicht. Bezüglich des Prinzips muß ich sagen: wenn wir dem Anschwellen und Anwachsen von riesigen Kapitalien, wie bei Vlcichröder, ein Ziel setzen könnten, so wäre daS ein Segen sür das deutsche Volk. Was aber diese Steuer nnlangt — wir werden noch später Gelegenheit haben, darüber zu sprechen —, so kann man nicht behaupte», das; sic eine Kvnsiskativn bedeutet, sondern sie würde nur dazu führen, die allzu schnelle Ansammlung des Kapitals zu verlangsamen. Rehmen ivir einen Steuerzahler, der 100000 Mark Jahreseinkommen hat; er verbraucht davon vielleicht 30000; es verbleibt ihm ein Uebcrschnß von 70000 Mark jährlich. Das ergicbt in 20 Jahre», ohne die Berücksichtigung der Zinsen, eine Summe von 1 lOOOOOMark. Ans diese Summe wird allein die Ersparnis; amvachse». Hätte derselbe Mann, während der 20 Jahre von seinem Einkommen 3'.', Prozent Steuern be zahlt, also jährlich 3500 Mark Steuern abgeben müssen, so würde das eine Summe ergeben von 20 mal R500, also im ganzen 70000 Mark; es würde also immer »och ein Kapitalanwachs von 1 .'M000 Mark vor handen sei». Ter Unterschied ist also durchaus nicht so horrende. Ich muß ganz entschieden schon von diesem Beispiel aus bestreiten, daß unser Vorschlag, mit einer progressive» Einkommensteuer vvrzugehcn, gar so weit ins sozialistische Lager sührtc. Meine Herren, was die Börse aulangt, so weist man ja darauf hin, daß wir in diesem Jahre einen bedeutend geringeren Ertrag der bisherigen Abgaben haben werden; man weist hin aus die Rothlage der Börsianer. Es ist ja sehr rührselig zu lesen in der „Frankfurter Zeitung", wie die armen Bankiers in die Stehbierhalle gehen müssen; aber, wenn man bedenkt, welche große Summen von der Börse fbiohcr verschlungen sind, dann hat man keine Ursache, rührselig zu sein. Wir haben weit mehr Ursache, Erbarmen zu haben mit den Tausenden und aber Tausenden von nolhlcidenden deutschen Brüdern. «Zurufe. Heiterkeit.) — Herr Abgeordneter Richter, so laut wie Sic kann ich doch nicht sprechen! Meine Herren, wenn man sicht, daß kleine Bankiers mit einem Ge schäftskapital von vielleicht 80- bis 100000 Mark eine Lebensführung gewöhnt sind, in der sic nicht weniger als 200M Mark pro Jahr ver brauchen, so hat man ein Bild, daß in dieser Hinsicht die Leute sehr wohl auch sehr stencrsähig nnd stenerträstig sind. Es ist mir allerdings nncrsindlich, wie Herr Bebel und die Sozial demokratie dir Börsensteucr sür verwerflich halten kann. Das ist eines der Geheimnisse, die allerdings noch die Zukunft erst enträthseln wird, warum man auf jener Seite ans das Großkapital eine so ängstliche Rück sicht nimmt. Ter Herr Abgeordnete Bebel hat uns selbst erzählt, daß er seinerzeit vom Nativnalverein 200 Thalcr zur Bekämpfung der Sozial demokratie erhalten hat «Zurufe), nnd daß er einen Thcil davon zur Be kämpfung des NationalverciuS verwandt hat. Meine Herren, das beweist allerdings zur Genüge, daß die Begriffe von Eigcnthnm schon damals bei dem Herrn Abgeordneten Bebel dieselben waren, die heute seine Partei hat. (Zurufe und Heiterkeit.) Wenn ich 200 Thaler zur Be kämpfung einer bestimmten Richtung erhalte und dann hinterher meine Verpflichtung nicht erfülle, dann ist das bei uns, wo noch alte Ordnung herrscht, Sitte, daß man das Geld wieder zur Verfügung stellt; aber Herr Bebel hält cS sür Recht, dann das Gcgentheil zu thnn; er benutzt cs zu entgegengesetzten Zwecken. Meine Herren, gewiß sind wir von vornherein klar, das; die Mehr ausgaben sür die Heeresverwaltung in zweckmäßiger Weise gedeckt werden müssen; und wenn nun die Rcichsrcgiernng außerordentliche Schwierig keiten macht bezüglich der Reichseinkvunnen- nnd Ncichscrbschaftssteucr, dann möchte ich die Ansmerksamkeit der hohen Neichsreaierung noch darauf lenken, daß wir vielleicht eine Dividendenstener cinführen könnten, die auch in erster Linie das Großkapital treffen würde. Wir besitze«; ein Aktienkapital von sämmtlichen Akliengcscllschasten, das sich auf 5'/« Milliarden beläuft, nnd das erzielt einen Reingewinn von 5214 Millionen Mark, also 9,06 Prozent des Kapitals. Im Einzelnen sind die Erschein ungen ivcit drastischer: wir haben Brauereien, Maschinenbauanstalten, Zuckerfabriken, die eine Dividende von 20 bis 4Ü Prozent geben. Wenn wir also mit einer Dividendenstener jene Kreise träfen, dann würden vielleicht mehr die leistungsfähigen Schnltern herangeholt als mit den bisherigen Steuerprojekten. Jene Aktien sind meist in den Händen, der Börsianer und der Grvßkapitalistcn. Es handelt sich dabei also um das reine Kapitalerträgniß; denn was macht denn so ein Aktionär von einer so großen ertragreichen Altienbraucrei? Er nimmt die Scheere und schneidet die Kvnpons ab, — daS ist seine Hauptbeschästigung. Also diese Hauptbeschästigung mit einer Steuer zn treffen, würde sehr viel besser sein, als wenn man das Eigarrcnmachen mit einer Steuer belegte. Es liegt vor Allem die Gefahr vor, das; die Ansammlung von großen Aktienkapitalien gefährlich wird sür den kleinen Betrieb. Wir haben gc- ehcn auf dem Gebiet der Brauereien und auf anderen Gebieten» wie zeradc die großen Betriebe dieser 'Art alle die kleinen nach und nach auf- augcn und wie sie zahlreiche Existenzen aus ihrer selbstständigen Stell ung dcgradiren in die Klasse der Lohnarbeiter. Meine Herren, das ist auch eine Thatsache, die wir gerade von; großen Tividendcnkapital zu verzeichnen haben. Es wäre deshalb durchaus angcbrac« wenn man alle Dividende,« von 5—6 Prozent abwärts ab frei ließe, daß man aber alle höheren ganz entschieden heranzichen würde. Meine Herren, die Erhebung einer solchen Steuer würde mit ivcit geringeren Kosten ver-
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