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Der sächsische Erzähler : 23.10.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192110239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19211023
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19211023
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1921
- Monat1921-10
- Tag1921-10-23
- Monat1921-10
- Jahr1921
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 23.10.1921
- Autor
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MeMKevWMWseWOj Aus „Luginsland", Sammlung Oberlausitzer Dorfgeschichten, ! von Wilhelm v. Po lenz.*) i (2 Fortsetzung) (Nachdruck verboten.) j Nachdem er so das Geschäftliche und Technische darge legt, wandte sich der Geistliche nunmehr der idealen Seite der Sache zu. Er schilderte schwungvoll, wie erhebend es sein werde, wenn am Sonntagmorgen die neuen Glocken hoch vom Turm herab die Gemeinde zum Kirchgang rufen würden, wie feierlich und ergreifend, wenn bei Begräbnissen die Sterbeglocke ertöne, wie fröhlich, wenn bei Trauungen die große Glocke angeschlagen werde, oder wie festlich, wenn am Palmsonntag während der Einsegnung der Konfirman den mit allen drei Glocken gleichzeitig geläutet würde. Und nun gar das Gedächtnisleuten im Dreitlangakkord nach der Predigt zur besonderen Ehrung eines Dahingeschiedenen? Aber auch diesmal erfuhr der Pfarrherr eine Ent täuschung. Als er seinen Bortrag geendet, herrschte lange Zeit Stille, dann räusperte sich der eine und der andere der Väter, man blickte auf den Großbauern, ehrfurchtsvoll ab wartend, was der wohl zu der Sache sagen werde. Christlieb Leberecht Fürchtegott Kumack stellte die ge schlossene Faust vor sich auf d^n Tisch, dann seine Finger betrachtend und mit starrem Mick, als rede er zu diesen, be gann er: man sei bisher zufrieden gewesen in Krummseifen dach. Es sei auch bisher alles gut gegangen, und so würde es wohl auch noch weiter gut gehen, trotz des neuen Pastors. Er für seine Person gehe zur Kirche an jedem Sonntag, ob neue oder alte Glocken, das sei ihm ganz egal. Die alten hättens so lange versorgt und würden ihn wohl noch aus halten; was nach seinem Tode werde, das sei ihm dann gleichgültig. Aber bei seinen Lebzeiten würden keine neüeu Glocken angeschafft, soviel sage er. Die Gemeindeväter gaben durch Kopfnicken zu ver stehen, daß diese Meinung ihnen aus dem Herzen gesprochen war. Dem jungen temperamentvollen Gottesmanne aber lief die Galle über. Was war mit sollt,en Starrschädeln an zufangen! Es war, als rede man einer Wand zu, sich von der Stelle zu bewegen. Einmal wollte er's der Gesellschaft aber doch sagen — seine Meinung! Er konnte nicht anders. Und so wetterte er denn los von Beschränktheit und Eng herzigkeit und Geiz, die alle seine guten Absichten zunichte machten. Auf die erregten Worte des Pfarrherrn erwiderte der Kumackbauer in überlegener Ruhe: es sei ja möglich, daß sie nicht so viel gelernt hätten wie der Herr Pastor, aber von wegen der '.Beschränkheit" — es gäbe auch „gelehrte Ochsen". Und wegen „Geiz" — wenn einer angestellt sei von der Gemeinde und beziehe jahraus jahrein sein Gehalt, da: sei es freilich leicht, von anderen verlangen, Laß sie Geld hergeben sollten. Er wäre ein guter Christ und gäbe Gott, was Gottes sei, und er gehe jeden Sonntag in die Kirche und höre dem He-rn Pastor zu, wenn er auf der Kanzel stehe.... Hier hielt sich der Geistliche nicht länger. „Ja, in die Kirche gehen Sie, Herr Kumack, jeden Sonntag; das stimmt! Aber, was tun Sie da? — Denken Sie, ich habe keine Augen und Ohren, Herr Kumack? Wo zu Vommen Sie ins Gotteshaus? Um zu schlafen! Jawohl, ich hab's gesehen. Sie schlafen, ja. Sie sind unbefangen ge nug, zu schnarchen während der Predigt. Ich fordere die Anwesenden auf, der Wahrheit die Ehre zu geben! Hat Ku mack am vorigen Sonntag während der Predigt geschnarcht, oder nicht?" Die Väter sahen sich ob dieser unerwarteten Frage ver dutzt an. Recht hatte der Herr Pastor ja; der Großbauer machte sein Kirchenschläfchen. Und geschnarcht hatte er am Sonntag; gewiß; die ganze Gemeinde hatte es gehört, und das war auch nicht das ersteiNal gewesen. Der Herr Pastor hatte ganz recht! — Wer sie hatten in dieser Beziehung kein reines Gewissen, denn dem Kirchenschlaf huldigten sie mehr oder weniger alle, nur wagten sie es nicht so offen zu betrei ben, wie Kumack. Während der Predigt zu schnarchen, das war in Krummseifenbach gewissermaßen des Großbauern Privileg. Der Großbauer war blaurot geworden im Gesicht. Was nahm sich der junge Mensch heraus! Ihm vorschreiben, wie er sich zu benehmen habe! Seit fünfzig Jahren ginger zur Kirche, und geschlafen hatte er in der Predigt, so lange er denken konnte. Kein Pastor hafte etwas darin gefunden, und jetzt kam da so einer her! — Kumack fichlt« es: hier Handelle es sich um eine Kraftprobe. Gab er hier klein bei, dann war es aus mit seiner Autorität in der Gemeinde. Der Pastor oder er! Nur einer konnte herrschen in Krummsei- fendach. Seine Antwort ließ daher an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Zum Schluffe erhob er sich und verließ unter Protest das Pfarrhaus. Ihm folgten seine Getreuen. Don diesem Tage an bestand offenes Zerwürfnis zwischen dem Pfarrer und den Ortsvätern. Zunächst hatte der Kumackbauer gesiegt. Er brüstet« sich nicht wenig mit diesem Erfolge. Der Pastor solle ihm noch aus der Hand freffen lernen, sagte er jedem, der es hören wollte. Er werde nicht dulden, Laß die allen guten Gebräuche und Einrichtungen von Krummseifenbach durch vorwitzige Neuerer über den Haufen geworfen würden. Ferner erklärte er, daß er schlafen werde, wo es ihm paffe und so laut es ihm paffe. Sollte es aber jemandem ein fallen, ihn zu stören. . . das übrige deutete er durch äußerst sprechende Handbewegungen an. Am nächsten Sonntag — es war Oculi — faß der Ku mackbauer denn auch wieder in seinem Kirchenstande, neben
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