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Der sächsische Erzähler : 15.08.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192608150
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19260815
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19260815
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1926
- Monat1926-08
- Tag1926-08-15
- Monat1926-08
- Jahr1926
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 15.08.1926
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Run verließ sie ohne weiteres die Hütte und eilte zum Dorfe hinaus, sah nicht links und nicht rechts und war bald in dem kleinen Wäldchen verschwunden, durch welches sich der Fußweg nach Annaberg hinzieht. Erst mit einbrechendem Abende kam sie wieder, aber nicht allein. Zwei Männer waren dabei, die trugen.seltsam große Lasten aust der Achsel. Aber es war nicht zu sehen, was es war; denn es war in graue Leinwand eingeschlagen. Magdalene selber hatte ein großes Paket unter dem Arme, —es stand ihr der Schweiß aus der Stirn. Auch batte sie sonderbares Ansehen und sah sich scheu und schüchtern ats hätte sie kein gutes Gewissen. Und als sie den Gott- an der Haustür sand, zischelte sie ihm leise ins Ohr: „Ist der Later oben?" „Re!" antwortete der Knabe. „Der Vater ist garnicht d^vnd ist schon lange fort! Und ich und die Lisel, wir haben jchon recht geweint, daß wir so allein waren!" „Um Gotterwillen!" rief die Mutter voll Angst aus, „es wär' doch gar zu entsetzlich, wenn er jetzt gerade fort wär'! Ach, ich unglückliches Weib, wenn ich zu spät meine Sünden erkannt hätte! Gottlieb, weißt du denn garnicht, wo der Pater sein könnte?" „Er sagte, er wollt' zum Herrn Pfarrer gehn!" antwor tete der Knabe. „Und zu Mittag ist der häßliche Mann da gewesen, der immer halb betrunken ist!" „Welcher Mann?" fragte Magdalene unter Aengsten. „Ru, du weißt's schon, Mutter!" suhr der Knabe fort. „Er hat so e zuwideres Gesicht! Ist oft bei dir allein ge wesen und hat dir gesagt, du müßtest dich vom Vater schei den lassen —!" „Schweig', unglückliches Kind!" unterbrach die Mutter den Knaben mit Zittern und Zagen. „Woher weißt du denn das? Aber ist's nicht meine gerechte Strafe, daß mein eige nes Kind mit seiner unschuldigen Sprache in meinem Herzen wühlt? Ach, mein Gott, wie tief war ich gefallen!" „Ja!" fuhr der Gottlieb sort. „Und der Mann, die Leute nennen ihn nur den Stöckeladvokaten, der hat dem Pater ein Papier naufgetragen. Ich war gerade dabei und tat dem Vater die Pappe rühren. Als der Vater das Pa pier gelesen hatte, da tat er sein Gesicht mit den Händen zu decken und sagte: „Du unglückliches Weib!" " „Ja, er hat recht!" siel Magdalene unter heißen Tränen «in. „Ich bin nicht wert, daß ich seine Frau bin!" „Und ich tat 'n fragen," erzählte Gottlieb weiter, „wer das Weibsen wäre, von dem er redt'te. Er sagte, es wäre eine reiche Frau, die garnicht wissen töt', wie arm sie wär'!" „Erzähl' weiter, Gottlieb!" bat die Mutter und ließ ihre Tränen ungehindert fließen. „Es bohrt sich zwar jedes Wort wie ein zweischneidig Schwert in mein Herz; aber es muß so sein!" Gottlieb sah die Mutter mit Befremden und Mitleid an, fuhr aber fort: „Und nachmittags tat sich der Vater anziehen und auf die Pfarre gehen. Weil er garnicht wiederkam, so lief ich auch hin. Und da sagte der Herr Pfarrer, ich sollt' nur keine Angst haben, der Vater wär' wieder sort und hüll' gesagt, er müßt' e paar Stunden draußen 'rumlaufen, weil ihm das Herz zu voll wär'! Wenn's Nacht würde, würde er schon wiederkommen!" „Das hat er gesagt?" fragte die Mutter mit wieder erwachter Freude. „Nu, da kommt er auch! Er ist ja viel tausendmal besser als ich und könnt' dich und die Liesel nicht allein lasten! Aber," unterbrach sie sich plötzlich, „ich glaube, das hat der liebe Gott so gewollt, daß er jetzt nicht da sein soll! Heda, ihr Leute!" rief sie den beiden Männern zu; „legt nur eure Päcke in der Stube ab und helft mir gleich noch was anderes mittragen!" Dann flog sie die Treppe hinauf und die beiden Män ner hinter ihr drein. Diese trugen etwas Schweres her unter und viele andere Sachen hinterdrein, legten es alles in der Unterstube nieder und machten alles, wie es die Mag dalene ihnen befahl. Als sie fertig waren, gab sie den bei den eine harten Taler und sagte: „Da teilt euch! Es wird euch selten wieder so gut werden! Aber weil ich so froh bin, sollt ihr euch auch mit freuen!" Die beiden Leute waren über das ungewöhnliche große Trinkgeld ganz erstaunt, und sahen bald sich selber, bald die Krau an und gingen endlich mit einem fröhlichen: „Nu, Gott Vergelt s Euch!" vondannen. „Ja," rief Magdalene fröhlich aus, „der liebe Gott hat mir's schon vergolten!" Und nun rumorte sie in der Stube hin und her, stellt dieses links und jenes rechts, wusch den Tisch und die Bank und putzte die Fenster blank. Als alles nun ziemlich Dunkel war, zündete sie Lichter an und Lampen, soviel sie NM im Hause hatte. Der Gottlieb und die Lisel mußten ihre Sonn tagskleider anziehen, ganz still sein und sich Hinterm Ofen verstecken. „Nu kann er kommen!" sagte sie, schlug dabei M hje Hände und freute sich, als wär' sie selber das Kind, dem der Heilige Christ beschert hat. Es dauerte nicht lange, so klappte es draußen an der Tür. Und sie wußte es, daß es der Andreas wär; denn sie kannte seinen Gang. Ihr Herz zitterte und pochte, als wollt' es zerspringen. Jetzt näherten sich die Schritte der Stuben tür, und Magdalene glaubte schon den Handgriff an der Tür klinken zu hören. Aber schmerzliche Täuschung! Die Schritte gingen vorüber und die Treppe hinauf. „'s ist auch gut!" tröstete sich die Frau. „Ja, 's ist noch besser! Das kommt mir ja zu, daß ich ihn wieder 'runterhole, da ich ihn vertrieben habe!" Nun ergriff sie die kleine blecherne Lampe und hielt sie so zitterig, daß sie Mühe hatte, das Oel nicht zu vergießen. Und weil sie schon fast keinen Atem mehr hatte, ehe sie die Treppe hinaufging, so geschah es, daß sie ganz atemlos vor der Dachkammertür ankam. „Andreas," sagte sie nun, „ darf ich 'rein?" Andreas erschrak über den ungewöhnlichen Besuch und öffnet die Tür. „Du bist's!" rief er verwundert aus. „Ja, Andreas, ich bin's!" fuhr sie fort, und „und du könnt'st so gut sein und könnt'st emal runterkommen!" Andreas schüttelte in steigender Verwunderung den Kopf und wußte gar nicht, was er denken und tun sollte. Da aber die Lenel so ein ganz anderes Gesicht machte, als die vielen Wochen vorher und ihn so freundlich ansah, wie sonst, sagte er: „Nu, wenn du willst, so will ich 'runterkommen!" und folgte ihr nach. Als sie unten angekommen und Magdalene durch die geöffnete Tür eingetreten war, hielt Andreas die Hand vor die Augen, weil ihn der unerwartet Helle Glanz blendete. „Lenel," fragte er, „was soll denn das sein?" „Was 's sein soll?" rief die Frau fröhlich aus. Du blinder Mann, siehst du denn nicht, was 's sein soll? Hast du nicht von der armen Magdalene in der Bibel gelesen, die so viel gesündigt hatte und nun kam und sprach: Meine Sün den tun mir herzlich leid und reuen mich sehr?" Andreas sah sich nun um und traute seinen Augen kaum. Seine Werkstatt war wieder an ihrem alten Orte aufgeschla gen. Aus dem Bänkel brannte die kleine runde Lamp«; da vor hing die kleine gläserne Kugel und warf einen goldenen Schein auf die Wand. Alte klaffende Stiefel und Schuhe lagen neben dem Schemel und streckten ihre vertrocknete Zunge von sich. Daneben stand der Spinnrocken und hing ein dicker glänzender Hanfschweif daran. Im Winkel standen zwei große, drei Ellen hohe Rollen. Das waren zwei der besten Mastricker Sohlenlederhäute. Und auf dem Tische lagen drei weiße und drei schwarze Kalblederfälle!" „Lenel!" sagte der erstaunte Schuhflicker und konnte kein Wort weiter reden. Die Frau aber holte ihre Kinder hinter dem Ofen her bei, stellte sie vor den Vater und sprach: „Siehst du, Andreas, der Gottlieb und die Lisel haben müssen ihr Sonntagsröckel anziehen, weil's heute emal Sonntag für mich sein soll, wo man sich von Herzen freuen tut!" Dann fiel sie ihrem Manne um den Hals, weinte und sprach: „Andreas, ach wenn du mir wieder gut sein wollt'st. da würde mir auch der liebe Gott meine Sünden vergebend Der Andreas tat wieder dumm, aber auf eine andere Weise. Er redete nämlich nicht, weil er nicht reden konnte und weil ihm die Augen voll Wasser standen. Der Frau aber war's noch nicht genug. Sie zog den Mann hin nach dem Ofen. Da stand die Lade offen, und es blinkte der sil berne Schatz heraus. „Andreas", sagte sie, „hier das ganze Geld ist dein! Und ich will beim lieben Gott nicht zu Gnaden kommen, wenn ich je Wieder denken wollte, es wär' apch nur ein einziger Taler mein! Du wärst doch e ganz schlechte? Mann, Andreas, wenn du den Schlüssel zur Lade nicht an
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