4. «ouuabend, de« »«. Januar. Aetlelristische Aeitage zm sächsischeu Erzähler. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. (Wird jeder Sonnabends-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeben.) Mei« /litt-. s. Lob. Nimmer kann den Blick ich wenden Bon dem lieben, süßen Kind, Das dort mit verschlung'nen Händen Schlummert, ach so lieb und lind. Und ein still verklärtes Lächeln Ueberfliegt sein Angesicht Und verräth dem stillen Lauscher, Daß mit seinem Gott es spricht. Betend falt' auch ich die Hände, Dank' dem Herrn auS Herzensgrund, Der in dieser kleinen Spende Thut solch große» Wunder kund. In der Schöpfung weiten Reichen, Wie so herrlich sie auch sind, Kann kein Ding dem Kinde gleichen, Denn das Schönste ist das Kind, Ist das Bild der reinen Blume, Die in Gottes Garten steht. Ist aus Gottes Heiligthume Ein lebendiges Gebet. Die Töchter des Millionärs. Roman von Etta Pierre. (Deutsch von Alfred Mürenberg.) 1. Die Ausgestoßene. „Moll Dill!" Die so angeredete Person erhob sich mürrisch von einer der langen Bänke, die das Versammlungszimmer der Besserungsanstalt auf der Hirsch-Insel durchkreuzen, und trat vor. Sie war die letzte von sechs Weibern, deren Namen aufgerufen worden waren. „Eure Haftzeit läuft heute ab," sprach die Matrone zu der Gruppe von Frauenzimmern, „macht Euch jetzt fertig, die Insel zu verlassen." Keine Spur von Eifer oder Freude, ja selbst nicht von leidlichem Befriedigtsein zeigte sich auf MollDill's dunklem, starrem und bös artigem Gesicht. Bon dem durch das hohe Fenster auf sie fallenden Sonnenlicht beleuchtet, stand sie da: eine hagere finsterblickende Gestalt im vorschriftsmäßigen Anzüge des Instituts, einem blauen Kattunkleide und langer Latzschürze, die fast bis auf die Füße reichte. An Sünden war sie ohne Zweifel alt, doch hatte sie keinesfalls mehr als vierzig Lebensjahre gesehen. Eine Wulst von feinem, reichem, leicht mit grau untermischtem Haar war um ihren schön geformten Kopf gewunden; ihre Züge waren fein, ihre Hände hübsch und zierlich geformt. Das Weib war offenbar von guter Herkunft; sie hatte vielleicht einmal der bessern Gesellschaft ange hört. Trotz der Verheerungen der Noth und des wüsten Lebens waren Spuren seltener Schönheit sicht- I bar. Durch welchen dunklen Unstern sie so tief ge- I funken war, wußte nur Gott und ihr eigenes Herz. Ihre Censur in der Anstalt lautete etwa so: „Wegen Trunkenheit arretirt. Verdrossen, faul und oft widerspenstig. Ein unverbesserliches Geschöpf." Mit der gewohnten trotzigen Miene folgte Moll Dill ihren fünf Gefährtinnen in das Kleiderzimmer, wo sie ihre Gefängnißtracht ablegte und das Gewand anzvg, das sie trug, als man sie vor drei Monaten auf die Insel brachte: ein altes schwarzes Kleid, ein verschossenes Tuch, und einen zerknitterten Hut. Hier empfing sie auch, was man damals an Kleinigkeiten an ihr fand: eine zerlumpte Börse mit einigen Kupfer münzen und das billige Blechdaguereotyp eines Kindes. So standen die sechs Geschöpfe — Weiber; von denen Grazie und Glorienschein der Weiblichkeit unwieder bringlich gewichen waren, im Empfangssaale der Anstalt zur Abreise bereit. „Kommt!" rief der Beamte, der die Entlassung zu überwachen hatte, und im Gänsemarsch traten sie in den sonnenhellen Tag hinaus. Moll Dill war die Letzte. Sie ballte drohend die durch das Umschlagetuch bedeckte Faust gegen das große rothe Gebäude, in welchem sie dreizehn lange Wochen gegrollt und gewüthet und sich und die ganze Welt verflucht hatte. Das war ihr einziges Lebewohl, und dann wanderte sie in den Fußtapsen ihrer Mit gefangenen den breiten Kiesweg entlang, der zur Werft führte. Hier befand sich eine hölzerne Ufertreppe und ein Schwarz und grüu gestreiftes, von vier Ruderern bemanntes Fahrzug erwartete die Prozession. Die