Gounabend, de» S Dezember 1896. ZZettetristische Aeitage zum sächsischen Erzähler. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. (Wird jeder Sonnabends-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeben.) Hohe Offeubarungslehre, Heiliges Prophetenwort! WaS ich lausche, was ich höre, Klingt in meinem Herzen fort. Aus des Winters Grabesstille Geht der Lenz in Lebensfülle, Aus der Nacht geht Morgenroth, Neues Leben aus dem Tod. Hingewelkt find jene Kränze, Die die Stunde festlich wand Als im holden Blüthenlenze Bräutlich schön die Erde stand; Hingewelkt die Rosenwangen, Blüth' und Frucht, ach, längst vergangen, Steht das Jahr nun lebenSmatt - Und eS fällt das letzte Blatt. So vergeht des Grases Blüthe, So verblüht des Traumes Glück, Und im trauernden Gemüthe Bleibt der öde Wunsch zurück; Alles Schöne, was geworden, Raubt der rauhe Hauch aus Norden, Breitet auf den Ajchenkrug Aller Welt sein Leichentuch. M HeMgeöarrlmr ar« M Bon Karl Georgi. Weine nicht, o Herz, und zage, Folge forschend dieser Spur; Deute jene Bildersprache Der prophetischen Natur. Soll das Leben neu erstehen, Muß das Alternde vergehen, Und des neuen Lenzes Duft Steiget aus der alten Gruft. Tod, wo sind nun deine Schrecken? Hölle, wo ist nun dein Sieg? Gottes Schild wird mich bedecken, Der im Glauben niederstieg. DaS Vergängliche vergehet, Das Beständige bestehet; Stirbt das Korn im Erdenschooß, Ringt der junge Keim sich los. Friede. Erzählung aus dem deutsch-französischen Kriege von Gustav Lange. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. „Ah, jetzt verstehe ich," flüsterte der Unteroffizier einen der ihm zuuächststehenden Soldaten zu. „Die Kalesche soll hier halten, um der theuren Fracht ge wärtig zu sein — um so besser für uns, wir werden da den Monsieur gleich in Empfang nehmen können." „Drei Mann rechts und drei Mann links in den Chausseegraben!" befahl leise der Unteroffizier weiter. „Aber Vorsicht, äußerste Vorsicht, Leute, damit der Kutscher, oder wer sonst noch dort drinnen sitzen mag, uns nicht bemerkt. Haltet die Patronen trocken, doch macht nur im äußersten Fall oder auf meinen Befehl von der Waffe Gebrauch!" Begünstigt von der Dunkelheit und auf allen Vieren krochen jetzt die Soldaten auf dem Erdboden dahin, wahrlich kein Vergnügen bei dessen Beschaffenheit;' aber ein deutscher Soldat achtet eben nicht auf Aeußer- lichkeiten, wenn es gilt, eine Pflicht zu erfüllen, oder Gefahren zu überwinden — er kennt in solchen Fällen nur eins, und das ist gehorchen. Der Unteroffizier selbst begab sich ein ziemliches Stück weiter auf der Chaussee vor und nahm Posten hinter einem dicken Baum, von wo aus sein Blick nach vor- und rückwärts schweifen konnte. Natürlich war das Gesichtsfeld ein sehr beengtes, nur wenige Schritte umfaßte es und auch nur unklar erschien alles um ihn her. — — Eine lange bange halbe Stunde war bereits ver flossen, ohne daß sich während dieser Zeit etwas geregt, höchstens, daß hin und wieder eines der Pferde unruhig scharrte. Aber unverzagt harrten die Soldaten auf ihrem höchst unangenehmen Posten aus und dies sollte denn schließlich auch zum Erfolg führen. Eilige Schritte von der Blondel'schen Fabrik wurden jetzt hörbar; näher und näher kamen dieselben, bis unmittelbar vor dem Unteroffizier zwei Männer eiligst vorüber schreiten wollten. Warum zögerte der Erstere, dieselben anzurusen? fehlte ihm etwa der Muth dazu?