würdigerweise suchen auch die Conservatorien ihre Zöglinge noch immer durch Versprechung guter „alt-italienischer Methode“ zu verlocken, obwohl es offenkundig ist, dass gar Nichts mehr von ihr vorhanden. Die grosse Masse des Publikums ist sogar so erstaunlich dumm, dass es als eine Empfehlung gilt, wenn ein deutscher Sänger in Italien oder Paris bei angeblich altitalienischen Meistern studirt hat, obwohl dieselben selbstverständlich von der alten Methode so wenig wissen, wie die deutschen angeblichen „Gesanges-Meister“, nur dass sie freilich bedeutend mehr Geld nehmen und noch viel weniger gewissenhaft sind, wie diese. Auch beruft man Leute, die einen italienischen Namen führen, noch immer mit Vorliebe an unsere Conservatorien, und auch die Sänger haben zu diesen Leuten mehr Zutrauen, obwohl sie im besten Falle von diesen Herren für deutschen Gesang noch sehr wenig lernen könnten, wenn dieselben nämlich überhaupt viel von der alten Methode wüssten. Aber sie wissen davon ebenso wenig wie ihre Grossväter und es ist ein kolossaler, denk würdiger, kunstgeschichtlicher Humbug, den wir hier vor uns haben: seit bald hundert Jahren ist die alte italienische Methode erloschen und bis auf den heutigen Tag finden dreiste Betrüger Glauben, die mit frecher Miene versichern, sie wüssten etwas davon. Die ehrlichen unter den deutschen Gesanglehrern suchen denn auch (freilich vergeblich) diesem unsinnigen Treiben zu steuern, bekennen, dass sie Nichts von der viel gerühmten italienischen Methode wissen und geben zu, dass wir leider genöthigt sind, von Neuem anzufangen und den Grund einer deutschen Methode zu legen. Hierzu bringen sie denn auch allerhand bei, was aber bei Lichte besehen als deutsche Methode unbrauchbar ist, auch stecken sie tief in den Reminiscenzen an das angeblich Alte, fangen ruhig mit Scala und Schwellton wieder an, obwohl diese die Krönung des Gebäudes sind und von enormer Schwierig keit, um sie völlig richtig auszuführen. Auch ist es sehr unwahrscheinlich, dass die alten Italiener das Schwerste zuerst genommen haben sollten. Es ist mit dem Problem des Gesanges gewesen, wie mit dem der Philosophie und dem der Kunst, welche nur von Deutschen auf deutschem Boden gelöst wurden. Und wie nur je ein Einziger hier die