Suche löschen...
Weißeritz-Zeitung : 22.02.1856
- Erscheinungsdatum
- 1856-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-185602229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-18560222
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-18560222
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1856
- Monat1856-02
- Tag1856-02-22
- Monat1856-02
- Jahr1856
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 22.02.1856
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Weißeritz-Ieitung Verantwortlicher Ncdacteur: Latl Jehne in Dippoldiswalde. Inserate werden mit 8 Pfg. für die Zeile berechnet und in allen Expeditionen angenommen. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehe» durch alle Postanstal- len. Preis pro Quart. lONgr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann Aus dem fächs. Erzgebirge. Die Theuerung und Noth der gegenwärtigen Zeit hat bei unS in Sachsen die Aufmerksamkeit namentlich auf die arme Bevölkerung des Erzgebirges gelenkt. Die Lage derselben verdient auch in der That alle Beachtung. Fast scheint es aber, als scheue man sich, Specielles und Thatsächliches zu berichten. So versucht denn in der Form einer Korrespondenz Schreiber dieses auf Einiges hinzu weisen, was weiterer Erörterung bedarf und wird sich dabei mancher aus dem Leben gegriffener Ausdrücke nicht enthalten können. — Wie ist es gekommen, daß das sonst reiche Erzgebirge so arm geworden? Findet man den sprüchwörtlich gewordenen frommen, biedern Sinn der Erz gebirger noch jetzt? Was beweist die steigende Zunahme der Bevölkerung in den meisten erzgebirgischen Orrtschasten? — Warum hört man bei jeder Wiederkehr eines Theue- rungSjahres die alte Klage über Hunger und Noth in unserm Obergebirge? Diese Fragen erheischen eine sorg fältige Erwägung. Einer allein wird schwerlich im Stande sein, umfassende und wahrheitsgetreue Antworten darauf zu geben. So vielgestaltig und mannichfaltig das Gebirge, so verschiedenartig auch die gewerblichen, physischen, mora lischen re. Verhältnisse seiner Bewohner. Mit Recht hat man in unserer Zeit darauf hingearbeitet, Nahrung, Klima, Geburt, die Erziehung und den Verkehr der Menschen in das Gebiet genauer Untersuchung zu ziehen, weil sich ihr Einfluß auf das Wohl- oder Uebelbefinden eines Volkes nicht ableugnen läßt. Was Rcf. in Bezug aus diese Fak toren im Gebirge erlebt und wahrgenommen hat, will er, so weit es ihm hier passend erscheint, kurz mittheilen. Wenn vom Erzgebirge gesprochen wird, muß man, um Mißverständnissen vorzubeugen, angeben, ob das Ober oder Mittel-Gebirge verstanden sei; denn zwischen Er sterem und Letzterem findet ein bedeutender Unterschied nicht bloS in seinem Klima, sondern auch in seinen Bewohnern statt. Eben so darf man den ackerbautreibenden Gebirger nicht mit dem gewerbtrcibenden verwechseln. Der Erstere zeichnet sich noch heute durch Einfachheit, durch frommen bie dern Sinn vortheilhaft aus. Ackerbautreibende Dörfer findet man noch in der Höhe von 1800^ und darüber. Von 18ttO' abwärts nimmt Res. das Mittelgebirge an. Der gewerbtreibende Obererzgebirger ist der am Meisten leidende Theil der Bevölkerung Sachsens. Man erzählt sich im „Niederlande" mit Bedauern, daß die armen „Klöpplerinnen" froh find, wenn sie ihre Kartoffeln in HeringSlake tauchen können. Sehen wir uns also die Nah rung der armen Gewerbtrcibenden näher an! Kartoffeln, Kaffee (Cichorien), Brod, Milch,') Semmel, Wurst, Butter Die ganz Armen kaufen sich „blaue" Milch, die Kanne ssir 2 Pfennige! find die Speisen oder DaS, woraus die Speisen bereitet werden. Jetzt in der Theuerung können sich die Meisten nur Kartoffeln und Kaffee, seltener Brod, erzeugen. Aber auch in Zeiten, wo guter Verdienst und das Getreide billig war, bereiteten sich diese Leute keine nahrhaften Speisens nehmlich Fleisch und Gemüse. Mit Butter gestrichene Sem mel (Zöpp'l) zum Kaffee: das ist das LteblingSgericht: Auch in den Häusern Derer, welche sich im Berhältntß zu den Armen recht wohl befinden, wird man, äußer «t Sonntagen, selten ein wirklich nahrhaftes Mittagscssen an» treffen. Wollte sich der Obererzgebirger in guten Zeiten eine Güte thun, so aß er z. B. in Wlrthshäusern bei Tanzbelustigungen Semmel mit Wurst. Wurst spielt unter den Delicatessen eine große Rolle; in der Wurst selbst aber Fleisch eine Nebenrolle. Und was für Fleisch wird in die Wurst gewiegt! Man kann die hiesige Wurst weder nahrhaft, noch schmackhaft nennen. Zwar giebt es ^Aus nahmen ; diese können aber hier nicht in Betracht kommen: — Gemüse, trockn« und grüne , mag der Gebirger nicht; er ist von Jugend auf an Kaffee und ganze Kartoffeln gewöhnt. Außerdem wird ein aus Kartoffeln bereiteter Röhrenkuchen, welcher unter verschiedenen Namen und For men vorkommt, z. B. Götze rc., sehr geliebt. Leute, die kein Brod haben, bereiten sich denselben auch aus Schwarz mehl. Ost kostet nun DaS, was die gewerbtreibende» Ge* birgcr von früh bis Abends genießen, mindestens eben so viel, was nahrhafte Speisen gekostet haben würden; allein sie find nicht dahin zu bringen, sich etwas „Ordentliches" zu kochen. Schon eine Brodsuppe giebt weit mehr Kräfte, als trocknes Brod; auch diese kocht man sich selten. ES ist mehrmals vorgekommen, daß Kinder in wohlthätigen An stalten bei Tisch ihren Teller mit Gemüse gegen ein Stück Brod an Andre vertauscht haben. Manche Kinder mußten zum Essen nahrhafter Gemüse förmlich gezwungen »perden. Der Gebirger will „LeckerhafteS," nicht Nahrhaftes. Hier mit soll noch nicht gesagt sein, daß dieses Leckerhafte vor dem Tribunal der Gourmands auch als delicat befunden werden würde. Doch ist es Thatsache, daß hier in den Kauf und Kramergewölben weit mehr Zuckersachen und derlei Leckereien gekauft werden, als z. B. in den Ortschaften der Elbe und Mulde. Dies liegt in dem Mangel an kräftiger Kost. Wer satt ist, denkt nicht so leicht an Nä schereien. Wie soll man nun die Abneigung gegen ge kochte Speisen erklären? Das weibliche Geschlecht ist zum großen Theil ungebildet, unerzogen für das, was man Hauswesen nennt. Dasselbe Mädchen, welches 16 Stun den lang des Tages am Klöppelsacke sitzt, ist doch zu be quem (?), eine andere häusliche Arbeit zu verrichten. Bei vielen Frauen ist cs Bequemlichkeit, um nicht zu sagen Faulheit, warum sie nicht kochen. Kaffee und ein Topf Kartoffeln ist leichter gekocht, als eine Speise bereitet. Aber Viele haben auch nicht kochen gelernt. Man wird
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite