Weißeritz-Zeitung : 23.06.1868

Dienstag. Nr. 48. 23. Juni 1868. Erscheint Preis Dienstagsund WUMM N pro Quartal s- Welpenh-Geltung. Postanstalten. > 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Klatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und /ranensteiu. Verantwortlicher Redakteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. * Pretzschendorf bei Frauenstein. In der Nacht vom l8. zum 19. d. M., gegen 1 Uhr, wurden die hiesigen Bewohner durch den Feuerruf aus dem Schlafe aufgeschreckt. Es brannte im Niederdorfe der Hof des Gutsbesitzer Müller, und zwar sämmtliche 4 Gebäude, total nieder. Das Feuer, welches im Schuppengebäude entstanden, wurde von den Bewohnern des Gehöftes wie überhaupt im Dorfe spät bemerkt, weshalb sie auch nur das nackte Leben retten konnten. Das nicht versicherte Mobiliar, sowie 3 Pferde, das ganze Rindvieh, 5 Schweine und sämmtliches Federvieh kam in den Flammen um. Menschenleben sind zwar nicht zu beklagen, doch hat eine Magd verschiedene Brandwunden davon getragen. Die Entstehungsursache des Brandes ist zur Zeit noch nicht genau ermittelt. — Am 18. Juni wurde der hiesige Hausauszügler Kästner im Niederdorfe erhängt aufgefunden. Die Gründe, welche ihn zu diesem Schritte verleitet haben mögen, sind unbestimmt. Der Leichnam konnte wegen der jetzigen Wärme an die Anatomie nicht abgeliefert werden. v Rechenberg bei Frauenstein, 20. Juni. Gestern fand man den hiesigen Waldarbeiter Schmieder im Brechhause der Commun erhängt auf. Den Abend vorher soll er noch auf dem Gottesacker gewesen sein und hat dort jedenfalls das Grab seiner früher ver storbenen Ehefrau noch einmal vor dem gesuchten frei willigen Ende seines Lebens aufgesucht. ° Lauenstein. Am 14. Juni feierte der Militär verein für Lauenstein und Umgegend auf dem hiesigen Schützenhause ein recht heiteres Fest. Nachmittags war Concert von dem tüchtig geschulten Chor des rühmlichst bekannten Musikdirectors Bellmann in Glas hütte ; dann folgte Ball bis zum Hellen Morgen. Die Mitglieder hatten sich zahlreich eingefunden, ebenso die Gäste von Nah und Fern. Der ohnedieß durch Ele ganz und Größe sich auszeichnende Saal war prächtig ausgeschmückt; natürlich fehlte die Aufstellung der Bild nisse unseres allverehrten Landesvaters und des Kron prinzen nicht. Von Anfang bis zu Ende des Festes herrschte eine solche Einigkeit und Gemüthlichkeit, daß alle Anwesenden sich köstlich amüstrten, und den Ver anstaltern des Festes, Herren Baumeister Höhne und Gensdarmen Winter, als Vorstehern des Vereins, sowie dem geschickten Dekorateur, Steueraufseher Finke, zu dem größten Danke sich verpflichtet fühlten. Herr Schützenhausbesitzer Vohland hatte, wie nicht anders zu erwarten, für leibliche Nothdurft und Nah rung vorzüglich gesorgt; die Bedienung war zahlreich und prompt. Der Durst war natürlich „bei die Hitze" sehr groß, ein guter Stoff aber auch zu dessen Löschung vorhanden. Alle Theilnehmer schieden auf ein baldiges und frohes Wiedersehen! Chemnitz. Das (in vor. Nr. bereits gemeldete) Feuer hat zwei Flügel des Zimmermann'schen Fabrik gebäudes, jeder von 400 Fuß Länge, zerstört; in dem einen befanden sich die werthvollen Holzmodelle der Fabrik. Zur Bekämpfung des Feuers wurden 17 Spritzen, einschließlich der Hartmann'schen Dampf spritze, in Thätigkeit gesetzt und 9500 Fuß Schläuche verwendet. 750 Mann der Feuerwehr waren in Thä tigkeit. Bad Elster. Nach vierwöchentlicher Saison be trägt die Zahl der hier anwesenden Badegäste bereits 600 (100 mehr als voriges Jahr). — Das Bad Mild en st ein in Leisnig weist 85 Parteien mit 95 Personen auf, ein günstiges Zeugniß für diesen jüngsten sächsischen Curort. Berlin. Der am 20. Juni (Sonnabend) zum Schluß gelangte norddeutsche Reichstag hat in Be zug auf Menge der von ihm behandelten Vorlagen in der Thal Staunenswerthes geleistet, wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß manche derselben in der Eile etwas oberflächlich behandelt worden sind. Ein Gesetz, betreffend der Gewerbebetrieb in den Staaten des norddeutschen Bundes, in dem die Regierungsvorlage Bestimmungen über Gewerbefreiheit mit wahrhafter Ängstlichkeit zu vermeiden suchte, ist indeß noch durch einen Antrag der Abgeordneten Lasker und Miquel in einer Weise umgeändert worden, daß dem freien Gewerbebetriebe nur noch geringe Beschränkungen auferlegt sind. Wir geben in Folgendem das Gesetz, wie es aus den Berathungen des Reichstages schließlich hervorgegangen ist. §. 1. Das den Zünften und den kaufmännischen Corpo ration«, znstchende Recht, Andere vom Betriebe eines Gewerbes auszuschließen, ist aufgehoben. 2. Für den Betrieb eines Gewerbes ist ein Befähigungs- Nachweis nicht mehr erforderlich. Diese Bestimmung findet jedoch bis aus Weiteres keine Anwendung ans den Gewerbebe trieb der Aerzte, Apotheker, Hebammen, Advocaten, Notare, Seeschisfer, Seesteuerleute und Lootsen. 8. 3. Die Unterscheidung zwischen Stadt und Land in Bezug auf den Gewerbetrieb und die Ausdehnung desselben hört auf. Die Beschränkung der Handwerker auf den Verkauf der felbstverfertiaten Maaren wird aufgehoben. Der gleichzeitige Betrieb verschiedener Gewerbe, sowie desselben Gewerbes in mehreren Betriebs- oder Verkaufs-Localen ist gestattet. 8. 4. Jeder Gewerbtreibende darf hinfort Gesellen, Ge hilfen, Lehrlinge und Arbeiter jedcr Art und in beliebiger Zahl halten. Gesellen und Gehilfen sind in der Wahl ihrer Meister oder Arbeitgeber unbeschränkt.