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Weißeritz-Zeitung : 31.05.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-192905317
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19290531
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19290531
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1929
- Monat1929-05
- Tag1929-05-31
- Monat1929-05
- Jahr1929
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 31.05.1929
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Kaendler hat als hochbegabter Bildhauer dir Ma» nufaktur den Stempel aufgedrückt, der heute noch für die künstlerische Bewertung der Meißener Erzeugnisse maßgebend ist und ihnen von Anbeginn seiner Wirk» samkeit europäischen Ruf sicherte.. Durch die Unruhen des siebenjährigen Krieges drohte der Manufaktur der Untergang. Friedrich der Große beschlagnahmte sie nämlich und ließ Modelle und einen Stamm bestaus gebildeten Fabrlkpersonals nach der 1751 in Berlin ins' Leben gerufenen Preußischen Porzellan - Manufaktur . bringen. Auch an anderen Höfen Deutschlands ent- ! standen bald infolge Verrats der Fabrikationsgeheim nisse Manufakturen, und die betreffenden Staaten schützten ihre neuen Gründungen gegen das sächsische Porzellan durch Einfuhrverbote. i Aber- die Schöpfungen Meißens, die auf der Kehr- l feite die gekreuzten Kurschwerter als Schutzmarke bezw. ! als Herkunftszeichen tragen, holten sich später auf fast i allen internationalen Kunstausstellungen den ersten Preis. Kaendlers eifrigstes Bemühen war, die Tafeln der säch- l fischen Fürsten und ihrer Günstlinge zu schmücken, und so entstand das aus 1900 Teilen bestehende Prunk service, wie es kein zweites wieder gegeben, das so genannte Schwanenservice, das Hauptwerk Kaendlers. Die Kaendlersche Erbschaft verpflichtete. Und die Manufaktur hat diese Verpflichtung anerkannt und ein» gelöst im Bewußtsein ihrer Tradition. Es gelang ihr, Professor Gaul, den größten unserer Tierbildner, fürs Porzellan zu gewinnen, sie zählt Namen wie Max Esser, seinen Jünger, Max Scheurich und Barlach und Börner zu ihren künstlerischen Mitarbeitern. Daß aber Porzellan auch fast allein durch seinen Stoff zu wirken vermag, zeigen die nettesten Arbeiten von Professor Niemeyer. Nur durch spärliche Bemalung belebt, ist es fast nur die Masse, die zum Empfinden spricht. Das Bereich der Kunst von Meißen hat sich längst so erweitert, daß Porzellanglockenspiele, Porzellan brunnen, Kriegergedächtnisstätten in Porzellan ent standen sind, von vornehmster und vorbildlicher Gesamt- Wirkung Seltene Gesichte steigen empor, wenn matt sich den Ablauf der 1000 jährigen Geschichte einer Stadt über denkt. Ueberaus reich und wcchselvoll gibt sich so auch das Schicksal der Stadt Meißen. Nicht alle Reisenden finden sich zu dieser Stadt und sie ist doch eine der schönstgelegenen Städte Deutschlands, im glücklichen Besitz einer großen Zahl altertümlicher Bauwerke und einer vielgestaltigen Historie. Zuerst werden wohl von den wendischen Fischern an der Elbe kampfgehärtete Krieger aus dem Westen Land am Fluß abgesteckt und aus einem verfallenen Heidenwall mit Balken und Stein auf dem Hügel eine Veste gebaut haben. Dann kam der Bischof, um den Kampf mit dem Heidentum auf- zunchmen. Die Polen versuchen einen Ueberfall, werden aber abgeschlagen und noch lange Zeit hernach wird das freudige Ergebnis durch eine Prozesion in der Erinnerung behalten. Seuchen und Krieg wüten, die erste Domkirche wird auf dem Schloßberg gebaut, böhmische Horden sengen und brennen; Afra, eine heidnische Königstochter, wird eine Maria Magdalena und stirbt für ihr Christentum; ihr wird Kirche und Kloster Afra geweiht, das später zur Fürstenschule umgewandelt wird und die Bildungsstätte Lessing's und Gellert's wurde. Kaiser Heinrich IV. überrennt Meißen in seiner Fehde mit Bischof Benno und die Hussiten kriege verwüsten das Land und demoralisieren die Leute, bis ein Franziskanermönch durch Zorn und Lehre Besserung erreichte. Endlich läßt zu Ende des 15. Jahr hunderts Herzog Albrecht durch den berühmten Meister Arnold von Westpfahlen die herrliche Albrechtsburg aufrichten. Ihr folgt, zuerst auf Anlaß von Kaiser Otto I., die Ausführung von Meißens berühmtesten Bauwerk, dem Dom, einem Meisterstück gotischer Bau kunst, mit seiner 78 m hohen Turmpyramide von zierlich durchbrochener Arbeit. Angebaut sind Erbbegräbnisse und Grabkapellen verschiedener Häuser. In neuerer Zeit wurden Räume der Albrechtsburg dem zugereisten Apotheker Böttcher zugewiesen, der dort die erste Por zellanfabrik errichtete (1710). Der 1686 in Schleiz ge borene Böttcher mußte aus Berlin, wo er sich der Kunst des Goldmachens gerühmt hatte,, fliehen und wurde von August I., dem Starken, in Dresden auch zum Gold- machen angehalten. Das gelang ihm zwar wieder nicht, dafür aber glückte es ihm, eine braunrote Masse her zustellen, die zwar dem japanischen Porzellan noch nicht gleichkam, aber doch ihm ähnlich war. Den Wert der Erfindung erkennend sicherte sich der kluge und geld bedürftige Sachsenfürst des Erfinders und installierte ihn in den Räumen der Albrechtsburg, um die gefundene Porzellanmasse zu verbessern. So entstand die jetzt weltberühmte Meißener Porzellanmanufaktur, die über anderthalb Jahrhunderte in der Albrechtsburg verblieb. Böttcher, der in dem Mathematiker Ehrenfried Walter von Tschirnhaus einen Vorläufer gehabt haben soll, hatte nicht viel von seiner Erfindung, er wurde immer beobachtet, war seiner Sache und seiner Person nie recht sicher und starb bereits im Jahre 1719 im Alter von 33 Jahren. Der deutsche Dichter K. H. Strobl hat dieses seltsame Erfinderschicksal in seinem schönen Roman »Das Geheimnis der blauen Schwester" sehr treffend gestaltet. Die Meißener Porzellanmanufaktur, die erste Europas, blühte auf und brachte dem Fürsten und seinem Lande Ruhm und Geld ein. Seitdem es eine Kunst gibt, haben die Menschen nach würdigem Material gesucht. Marmor, Silber und Gold wurden aus der Erde gegraben, die Bronze und andere Metall mischungen wurden erfunden, aber lange gelang es nicht, einen Stoff zu bekommen, in dem man die Geräte des täglichen Lebens, Gefäße, Teller, Schüssel und Tassen, schön und zierlich Herstellen konnte. Zinn und Silber, die bis dahin auf der Tafel benutzt wurden, wirkten zu herbe oder gar zu feierlich. Der gewöhnliche Ton blieb wiederum zu gewöhnlich. Dem Wunsche, daß jedes Ding, dessen wir uns bedienen, so schön wie irgend möglich ist, kam die Erfindung des Porzellans bestens entgegen. Es ist wie geschaffen für das Eß- geschirr und in der praktischen Verwendung des Por zellans bleibt dies an hervorragender Stelle. Die ersten Künstler stellen ihr Können in den Dienst des täglichen Lebens. Was Meißen an großen Tafelservicen im Laufe von mehr als zwei Jahrhunderten herausgebracht hat, ist weltbekannt. Aber sehr bald hat stcy auch die Bildners! des Porzellans bemächtigt, denn wie verlockt der Stoff dazu. Die zwei einander fast widersprechenden Eigenschaften — Härte und Bildsamkeit — geben dem Künstler wie bei keinem anderen Material die Möglichkeit, die feinsten Nüancen ihrer Bewegung, daß dünne Rankenwerk der Pflanzen, wie das zierliche Spiel eines Spitzenkleides wiederzugeben, wie unsere Abbildung nach einem Modell aus dem Lager der Firma Erich Bauch, Berlin, das August den Starken mit einer seiner Geliebten mit der ganzen Eleganz" des Rokoko darstellt, aufwelst. Von jeher ist auch das Tier in Porzellan gebildet worden, Kunstwerke erstenRanges bieten hierin Z.B. dasSchwanen- service von Johann Joachim Kaendler (ca. 1750), das auf Schloß Pförten in der Lausitz aufbewahrt wird. Das für die Iahrlauseudfeier der Stadt Meißen hergestellte Glockenspiel aus Porzellan besteht aus 46 Glocken, hat einen außerordentlich warmen, gehaltvollen Klang und wird eine Hauptanziehuugskraft der Feier bilden. Die Kriegergedächtnisstätte, ein Monumental werk der Porzellanmanufaktur, findet in der Nikolai- kirche Platz, wo auf langen Reihen von Porzellantafeln die Namen der .1700 gefallenen Meißener Bürger ver zeichnet sind. Als „Festmünze" schuf die Manufaktur im Auftrage der Stadt eine aus weißem Steinzeug her gestellte ovale Münze, die auf der Vorderseite das Meißener Wappen, auf der Rückseite das Stadtbild mit Frauenkirchturm und Bischofsturm zeigt. — Das heutige markgräflich-kurfürstliche Schloß, die Albrechtsburg, ist ein Spiegelbild der geschichtlichen Tragik Meißens: Der von den Brüdern Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht begonnene Bau sollte die Residenz der Wettiner werden. Da aber bei der Teilung im Jahre 1485 Albrecht die „Meißner Portion" erhielt, verlegte der mächtigere Kurfürst Ernst die Residenz in das für seine Reichsgeschäfte günstiger gelegene Dresden, und seine Nachfolger blieben ebenfalls dort. So ward die schöne Albrechtsburg nur zu kurzen tzoflagern aus ersehen und späterhin ganz vernachlässigt, bis im Jahre 1710 die von August dem Starken begründete Porzellan- fabrlk in den hohen, weiten Räumen untergebracht wurde. Als seinerzeit die sächsischen Kunstfreunde über den stetS sich steigernden Fabrikbetrteb in dem herrlichen Burgbau Klage geführt, wurde im Jahre 1863 auf Ver langen von König Johann von Sachsen ein eigenes Gebäude in dem Stadtteil Triebtsch für die Manufaktur errichtet, in dem sie sich heutiger Blütezeit erfreut. Die Albrechtsburg wurde dann in Jahrzehnten herrlich wiederhergestellt und hat öfter zu festlicher Glanzent faltung gedient, bei Anwesenheit hoher Fürstlichkeiten, bei Jubiläen und Kongressen. Sie wird auch bei nächt licher Festbeleuchtung Heuer wieder Kunde geben von hohen kulturellen Tradition und dem wirtschaftliche»» Gegenwartswert des tqusendjahrigen Meißen.
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