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Weißeritz-Zeitung : 27.07.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-192907272
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19290727
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19290727
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1929
- Monat1929-07
- Tag1929-07-27
- Monat1929-07
- Jahr1929
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 27.07.1929
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Oolcknann un6 Romao von 6rote von 8sk Oopvrkrrdt dv ^or-tln ^eucLtvsnrrer. tt.iHe tLLrale) Es war Liefertag. Lotte Menkin stapelte die Morgen röcke, die geliefert werden mußten, zu großen Packen, um die sie grüne Drillichtücher band. Ihre Mutter und Schwester waren in gleicher Weise wie sie beschäftigt. „Fein, daß wir die Arbeit noch geschafft haben", sagte Lotte, und nickte ihnen zu. Man hatte wieder einmal die Nacht zu Hilse nehmen müssen, um fertig zu werden. Mutter Menkin und Ida sahen übernächtig aus, aber Lotte war wie immer frisch und strahlend. Was machte ihr eine durchwachte Nacht aus? Nichts! So elfenhaft schlank und zart schien sie und war voch so stark. Ihr Starksein kam aus ihrer Heiterkeit. Sie war immer froh und zu frieden, obgleich ihr stets der größte Teil Arbeit zufiel, und alle Nöte des Hauses auf ihr lasteten. Die Mutter war nicht mehr jung. In dreißigjähriger ununterbrochener Arbeit war sie müde geworden, und die Ida war langsam, und nahm alles, was an sie kam, schwer. Sie murrte auch jetzt: „Gott, wie man sich schinden muß, und keinen Schritt kommt man weiter. Gar nichts, auch rein gar nichts hat man vom Leben!" Sie nahm ein Kimono aus schwarzer Seide von dem Eisenständer, an dem von dieser Sorte noch Dutzende hingen, und sah es prüfend an. Lotte nahm es ihr aus der Hand, und schlüpfte schnell hinein; sich vor dem Spiegel drehend, sagte sie: „Fein, hochfein! Paradiesreiher auf dem Rücken, letzter Schick! Wenn man sich doch auch einmal in so etwas hüllen dürfte! Aber vielleicht kommt's noch so, daß man alles haben kann, was man sich wünscht." Ida lachte kurz auf. „Du mußt Geyer heiraten, dann ja. — Er macht dir ja immer schöne Augen. Wenn du es geschickt anstellst, nimmt er dich vielleicht." „Brrr", machte Lotte, und schüttelte sich, den seidenen Kimono ablegend. „Macht doch, daß ihr mit dem Einpacken fertig werdet", mahnte die Mutter, „es ist gleich zehn Uhr. Die Droschke ist um zehn Uhr bestellt." „Wir sind ja gleich fertig, Mutter", sagte Lotte, und dann, während sie fleißig weiter packte, erzählte sie: „Wißt ihr, wenn ich zum Liefern fahre, dann lege ich mich immer behaglich in die Polster der Droschke zurück, und träume davon, oatz ich noch einmal so zu meinem Ver gnügen fahren werde. Und zwar nicht Droschke, sondern in eigener Equipage oder eigenem Auto. Neulich sitze ich auch mit so großartiger Auslage, und sehe ein wenig mit leidig auf die Menschen, die zu Fuß an mir vorübergehen; ich fühle mich schon ganz als große Dame, denn ich hatte mich in diese Rolle hineinphantastert, als plötzlich der Packen Morgenröcke hinter mir ins Schwanken geriet, und nach vorn überkippte, mit unter sich begrabend. Der Kut scher mutzte halten, um mich zu befreien; ein junger Mann, der auch hilfsbereit hinzugesprungen war, sagte: ,Na, da haben Sie wohl ordentlich eins auf den Kopf gekriegt?'. Ja, das hatte ich. Das war fürs Träumen, dachte ich; aber es soll mich nicht hindern, es wieder zu tun." Ida seufzte leicht aus. „Ja, unsereins darf sich nicht einmal in schöne Ding« Hineinträumen, gleich kriegt er eins auf den Hut." Mutter Menkin schüttelte den Kopf. „Wozu träumste, Lotte, sieh mir an — träume ick?" Nein, das tat sie wohl nicht, davon war Lotte über zeugt. Ein lachender Blick flog zur Mutter. „Ach, Mütterchen, wenn die Tage noch so grau und nüchtern erscheinen, sie werden gleich hell, wenn man von schönen Dingen träumt, und sest daran glaubt, daß sie einst kommen. Du und die Ida solltet es auch so machen wie ich. Immer in Erwartung von etwas Schönem sein, dann kommt es auch. — Willst du das mal versuchen?" Mutter Menkin hatte Stecknadeln zwischen den Lippen, um die Liefertücher festzustecken. Darum konnte sie nicht antworten. Was sollte sie auch aus diesen Unsinn ant worten? Die Mädels, besonders die Lotte, wollten immer etwas Besonderes vom Leben. Wer konnte das bean spruchen? Einfache Menschen, wie sie eS waren, nicht. Die mutzten froh und dankbar sein, wenn sie ihre Arbeit hatten, und diese mußten sie dann, so gut sie es konnten, leisten. Sie hatte nie mehr verlangt als Arbeit. Und nicht rechts, nicht links hatte sie gesehen, nur immer geradeaus, Mtd dieser Weg hieß Pflicht. Sie war seit zehn Jahren Witwe, eine Witwe mit drei Kindern. Das Jüngste, ein Junge, wurde geboren, als der Mann ein Biertäjahr tot war. Was wäre aus ihren Kindern geworden, wenn sie so viel Flausen im Kops gehabt hätte wie ihre Mädels. Es klopfte an die Stubentür. „Herein!" rief Ida. ... „Die Droschke wart't", sagte der Psrtter, VerM Auf gabe hatte, die Packen herunterzittragen. „Alles bereit, Fenzke." Mutter Menkin wies auf die zwei uukstnMrtthen Ballen. „Einer davon mutz auf den Bock", befahl Lotte, die sich eben vor dem Spiegel ihren käppchenartigen Hut aufsetzte. Sorgfältig zupfte sie an jeder Wangensette ein Löckchen ihres blonden Haares hervor. „Hier die Lieferzettel, Lotte!" Mutter Menkin legte die Zettel in das große Lieferbuch. „Wenn die Krögel etwas beanstanden will, höre ja nicht darauf hin. Die Sachen sind erstklassig. Zurückgenommen wird nichts, verstanden?" „Ja, ja, Mutter. Aber wenn die Krögel schlechter Laune ist, dann mäkelt sie auch an guten Sachen herum." „Ja, das tut sie. Aber hier gibt es nichts zu mäkeln. Die retournierten Sachen sind auch geändert. Alles stimmt auf 'n Punkt. Also mäkelt sie, nicht hinhören." „Nee, nee." — Lotte hörte auch nicht recht auf das, was die Mutter sagte. Mit einem kleinen Puderquästchen um Mund und Nase fahrend» betrachtete sie noch einmal ver gebt ihr Spiegelbild. Fenzke holte den letzten Packen. Lotte nahm das Lieferbuch an sich. „Mes drin, daß nicht nachher wieder von einem Stück der Zettel fehlt?" Die Mutter versicherte, daß alles in Ordnung sei. „Weißt du, Mutter, das habe ich dir noch gar nicht er zählt: der Chef hat mich neulich gefragt, ob ich nicht Mannequin bei ihm werden wollte." -Welcher?" „Geyer." „Ach nee?! Na, nun mach' man, daß du tSötz kömmst? Sie begleitete sie bis zur Korridortür. „Sie fragt nicht mal, was ich Geyer geantwortet habe", dachte Lotte, und sah, bevor sie abfuhr, noch einmal zu
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