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Weißeritz-Zeitung : 31.03.1934
- Erscheinungsdatum
- 1934-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-193403316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19340331
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19340331
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1934
- Monat1934-03
- Tag1934-03-31
- Monat1934-03
- Jahr1934
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 31.03.1934
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von nicht lieber einen der jungen Frau, aus dem Hause. „Warum hast du lieber einen Bauern genommen, als den Lehrer. Mä- ken, dann würde der Hof an der Deke deinem Manne und Hinrich Holtermann saß in der Stube auf seine alle Bibel gebückt und las die Namen der Besitzer im Hof an der Beke. Sollte er nun einen ganz fremden, einen städti schen Namen dahinter schreiben als Anerben? Wenn's auch sein Tochterkind war, fremdes Blut war in ihm, kein Heidjerblut. Draußen ein Aufschrei! Ein Schatten fiel von der Tür her über die Bibel. Der Bauer sah auf. Da. im Tür rahmen, leicht vornübergebllckt, um nicht anzustoßen, stane- ei.-re Männergestalt, fremd und doch bekannt. Stumm schaute der Gast zu dem Alten hin mit bittendem Blick. Dann klang auch die Stimme, bittend, ein Ton darin wie von verhaltenem Schluchzen: „Vater! Darf der verlorene Sohn eintreten? Mich zog's her von jenseits des Meeres, aus den hohen Gebirgen! Dort habe ich verstehen gelernt, was es um eigenes Schaffen auf eigenem Heimaterde ist! Darf ich hier- bleibc-n und dir weifen, daß ich die Baucrnarbeit nun nicht mehr verachte? — Mit all meinem Bücherwislen verdiente ich mir dort in den Städten nicht trockektes Brot! Die Ar beit, die ich als Kind hier lernte, sie hat mich über Wasser > gehalten, mir die Mittel gegeben, zurückzukommen. Ein Landwirt bin ich geworden. Vater, der weiß, was er zu tun hat." Der Alte war aufgestanden. Seine Hände hatten sich I gefaltet. Seine Augen blickten zum Sohne hin. Keinen Schritt ging er dem lange Ersehnten entgegen, aber, als Harm nun kam, ihm die Hand hinstreckte, da legte Hin rich Holtermann seine Hand mit festem Druck in die seines Sohnes. „Das ist mein von Gott erbetenes Ostergeschenkk Sieh, Harm, hier in der Bibel steht unser Name seit langer Zeit. Alle saßen sie im Hof an der Beke! Nun aber woll ten die anderen, es sollte hier bald ein anderer Name stehen! — Da bat ich Gott! Er hat dich hergeschickt! Sei willkom men daheim, Sohn! Harm Holtermann!" „Seid bedankt, Vater! Ich will l>eweisen, daß ich deine Liebe wert bin, wert bin, den Hof an der Beke später zu besitzen!" „Eins noch vorher? Kommst du allein, oder hast du von drüben Weib und Kind mitgebracht?" „Nein, Vater! Sine wird meine Frau, wie es immer bestimmt war. Ich habe sie schon gefragt auf dem Wege." „Sie hat auf dich gewartet. Harm! Sine und ich, wir wußten, daß du wiederkommen würdest! Sine ioll mir eine liebe Sohnestochter sein. Auf die Bäuerin kommt es an. Sine ist eine Bäuerin, wie sie sein soll. Was du versiehst, wird sie richtig machen. Nun sollst du mir um so mehr will kommen sein! Und zu Ostern machen wir den Versprach richtig, wie sich's gehört! — Meike, komm' her! Sieh', ich hatte doch recht! Nun feiern wir frohe Ostern! Und der Hof an der Beke wird ein Erbhof der Holtermanns! Will's Gott, noch für viele Geschlechter! Jungen zugeschrieben als Erbhof. Glaubt dein Vater im mer noch, daß Harm wiederkommt?" „Ja, weil Harm sich noch nicht gemeldet hat/ „Ach ja, dein Vater ist ein Spökenkieker! Oft irrt das aber auch." „Mein Mann hält es für Einbildung, aber im Kriege hat es immer gestimmt." .Rede man dem Vater zu, Mäken, daß er den Hof ein schreiben läßt!" „Wird nichts Helsen! Wenn der Vater nicht will, denn will er nicht!" Während der Schulze im Hof an der Beke alle Minen springen ließ, um den Bauern zu bewegen, den Hof als Erb hof emschreiben zu lassen, wanderte über die Heide von der kleinen Bahnhaltestelle her ein großer, noch junger Mann. Um das gebräunte Gesicht fegte der Wind die flachsblonden Haare, daß sie von der schwieligen Hand zurückgestrichen werden mußten. Oft blieb der Wanderer stehen, sah sich mit durstigem Blick um und trank das Bild der früher so bekannten, in Jahren des Fernseins oft ersehnten Heimat in sich ein. Jetzt kam der Mann an die Rückseite eines gro ßen Hofes. Am Kolk, der mit reinem Wasser gefüllt war, stand ein kräftiges Mädel und wusch allerlei Gefäß aus, die sie am Ziehbrunnen dann nachspülte. Leise pirschte sich der Wanderer durch das Wachholdergebüsch, legte mit eins seine Hände von hinten um des Mädchens Kopf, die Augen so verdeckend. „Rate, wer ist's?" „Das, das — es kann ja nicht sein!" stammelte das Mädel, riß sich los, und schrie auf: „Harm! Harm! Bist du es wirklich! Bist nicht tot? Nicht verdorben und gestorben?" „Hält man mich hier für tot, Sine? Der Vater auch?" „Ob der, weiß ich nicht. Holtermanns Vater sieht ja mehr als unsereins. Aber alle anderen sagten es, weil du nie schriebst. — Auch an mich nicht!" Ein leiser Vorwurf klang durch. „Und da hast du einen anderen Mann gefreit. Sine?" ,Hch? Nein! Mochte keinen von denen, die fragten. Wenn auch meine Eltern schalten." „Dann kommst du doch noch als Bäuerin auf den Hof an der Beke Sinne!" „Bleibst du jetzt hier, Harm?" „Wo sonst? Habe mich nach diesem Tag gesehnt die Jahre durch, wenn ich droben an den Anden für deutsche Siedler schuftete. Lernte da. wieviel schöner es ist, auf eigenem Erbe zu schaffen. — Wenig hört man da droben von dem, was in der Welt vorgeht. Aber, daß es jetzt hier wieder Ordnung und Ruhe gibt, von dem Umschwung, das hörte ich doch. Und merkte es auf dem Schiff und auf dem Herwege! — Nun noch einen Willkommenkuß, Sine! Der soll mir Mut machen, vor den Vater zu treten!" Sine war nicht geizig. Erst, als des Schulzen Stimme über den Hof klang, fuhren die beiden auseinander. Sine an die Arbeit, Harm Holtermann zum Hof an der Beke. „Zum Ostermontag im Gasthof, Sine!" rief Harm noch zurück. Erst an der Kirche, Harm!" klang die Antwort. Auferstehung Heide im Vorlenz. Weitgedehnt über welliges Gelände ein graugrüner Leppich dürren Heidekrauts. Falbes Gras des Vorjahres dazwischen, hie und da die düstern Koboldgestalten der Wa- cholderbllsche, oder abgenagtes, verwittertes Geäst gleich fahlem Totengebein. Leblos noch alles, ohne Spuren eines Knospens und Zum-Licht-Drängens. Einzig um die Birken am Wegrand ein goldgrünes Schleierwehen um Heller leuchten des Silbergestämm. Und die Luft erfüllt von zartem, geheim nisvollem Duft, der um die Ferne blaugoldene Lichter webt und ein Ahnen von nahendem Frühling in die Seele gießen will. Mitten auf der kahlen, grauen Heidefläche auf kleinem, rundlichen Hügel eine einzelne, hohe, alte Tanne. Ihre star-' ken Wurzeln umklammern den Hügel, ihre Aeste hängen tief zum Boden nieder, ihre Wipfelzmeige sind windzerzaust. Denn ob sie auch hier in weiter, freier Einsamkeit Naum genug hatte, den Stamm zu recken, lichtentgegen, die Aeste weithin zu strecken — auch die Winde haben Raum gehabt, sie zu rütteln, zu schütteln nach Herzenslust. Dunkelgrün ! steht die alte Tanne im fahlen Braun. Leise knarrt es in ih rem Gezweig, leise raschelt es im dürren Gras vom Abend hauch. Noch schweigen Jmmensummen und Lerchenlied. Noch ist der Lenz nicht da. Doch wie in sehnsüchtigem Warten liegt die Heide. Und schaut auf zum Abendhimmel, dessen dun- I stige Ferne sich jetzt zu wandeln beginnt. Gewölk ballt sich I im Westen, dunkler und dunkler. Durch die Stille geht ein Sausen und Brausen, wächst, wird stärker und lauter. Bis I der Sturm sein mildjauchzendes Grußlied anhebt, dem na henden Frühling entgegen, dem lange erwarteten, der Ein- I zug halten will zur Nacht! Frühlingsgewitter! Grell lohen die Blitze um oie ur- ! alte Tanne auf dem rundlichen Hügel. Mit dröhnendem La- i chen wirbelt der Sturm um sie her, greift in ihr zottiges Wipfelhaar, packt ihren Stamm: „Beuge, ducke dich, Alte! Willst du allein dich mir entgegenstemmen, wenn ich ein hersause auf meiner Bahn? Freie Bahn schafft sich der Lenz sturm! Ducke dich und gib Raum!" Aber die Tanne stemmt sich dem Sturme enrg«g«>,, nicht ducken will sie sich, und nicht zerbrechen kann sie die wuch- rende Faust. Da brüllt der Sturm auf: „Gibst du nicht Raum, so schaff' ich ihn mir!" Derber greift er zu, tiefer hinein ins Geäst, rüttelt und hebt. Ein Stöhnen geht durch den Baum, ein Schwanken und Zittern — ein krachender Fall — und mit Siegesgejauchz' fährt der Sturm über die Gefällte da hin: „Ich bin wie das Schicksal! Wer sich wider mich stemmt, den stürze ich nieder! Heia, Raum! Der Lenz will nah'n! Ich, de>- Sturm,-bin Frühlings Wegbereiter!" Verlegende Von Geo Hering. 2us me drei heiligen Frauen dem Grabe oes Herrn zugingen und in ihrer Bekümmernis sich absorgten, wer ihnen wohl den schweren Stein wegwälzen würde, damit sie den heiligen Leichnam salben könnten, da verbreitete sich ein Heller Schein um sie, der stärker wurde, je näher sie dem Ziele kamen. Sie traten mit ängstlichem Gemüte in den Garten, in dessen Gruft der Tot« gelegt worden war. Der Garten aber sprühte in einem wunderbaren Licht, das sich am Grün und an den Blumen brach, daß schier jedes Gräslein eine andere Farbe hatte. Da erschien den Frauen der Engel und verkündete ihnen die Auferstehung des Herrn. Darüber erschreckten sie der maßen, daß sie die kostbaren Gefäße mit den Salben fallen ließen. Die Gefäße zersprangen und ihr herrlicher Inhalt verbreitete sich im ganzen Garten. Da fing ein Duften rings um an, wie zuvor noch nie gewesen war. Die Salben tauten wie ein silbernes Bächlein auf alle die Blumen des Gartens und eine jede sammelte in ihrem Kelch ein Tröpflein dieser Kostbarkeit. In dieser Stunde bekamen die Blumen ihren Duft, denn zuvor hatten sie nur die leuchtende Farbe. Und getröstet von diesen Wohlgcrüchen gingen die hei ligen Frauen aus dem Garten und suchten den auferstan denen Heiland . . . Nachdruck dieser Originallcgcndc verbotenll Der Hof an der Bete Skizze von M. E. G e b h a rd t. „Hast ja noch Zeil zum Ueberlegen, Hinrich! Wir dach ten nur im Dorf, schön wär's, wenn wir auch Erbhöfe hätten. Und der Hof an der Beke ist doch der größte weitum in der Heide. Eignet sich keiner so als Stammhof eines asten I Geschlechts, wie der!" „Erbhof, wenn kein Erbe da ist!' „Weißt für gewiß, Hinrich, daß der Harm tot ist?" Der alte Heidjer zuckte die Schultern: „Hat nie ge- ' schrieben all die Jahre her, seit er fortlief. Oder — oder hat deine Rosine etwa?" Der Schulze schüttelte trübe den Kopf: „Das Mädel weiß auch nichts, war aber damals doch deine Schuld, Hinrich, daß dein Erbe den Hof mied Und dann, da ist doch deine Tochter, die einen Sohn hat. Setze den zum Erben ein." „Das sage ich ihm auch immer. Schulten Vater. Aber da redet man wie gegen eine Wand." i „Der Hof an der Beke gehört in Holtermanns Geschlecht seit Urgedenken", sagte der Bauer, so steif geradeaus blik- kend, steif dastehend wie die beiden riesigen Machangeln am Hoftor. I „Mein Gerd ist doch so gern hier, spielt am liebsten ! auf dem Hofe", sagte die blonde Frau, «in wenig Trotz und I ein wenig Angst im Ton. „Spielt! Bauernarbeit ist kein Spiel! Harm spielte I auch immer als Kind mit Tieren und half bei der Arbeit. ! Als er groß war, wollte er auf die hohe Schule und achtete I Bauernarbeit gering!" „Hättest ihn ruhig mal in die große Stadt schicken sol- f len, Holtermann. Vielleicht säße er dann als Bauer jetzt I hier, und du brauchtest nicht um den Erben zu bangen!" „Wer sagt, daß ich mich um ihn bang«? — Nur fest- I legen, wer dann Erbe sein soll, das will ich nicht!" Dabei blieb es. Der Gemeindevorsteher ging, gefolgt I Der Sturm ist vorüber, das Wetter ausgetobt. Aus zer rissenem Gewölk bricht das Licht des steigenden Morgens. Boll blinkender Perlen steht das Heidekrautgestrüpp, das falbe Sandgras. Wie aufatmend recken di« Wacholderbüsche die hart geschüttelten Glieder. Die alte Tanne aber, die stolze, aufrechte, liegt am Boden, die Wurzeln wie in Jammer und Klage aufwärts in die Luft gestreckt. Aber da, wo sie vordem den Hügel umklammert gehalten, klafft ein weiter Spalt. Und darch gelben Sand und graues Heidekraut gähnt schwarz eine Höhle. Aufgesprungen ist das Tor, das bis dahin die Heimlichkeiten der Erdentiefe barg, und vor aller Augen liegt es nun offen da, das Steingrab, dessen Hüter die alte Tanne gewesen. Und aus seinem Grunde steigt ans Licht des Ostermorgens, aus Todesschlummer geweckt, in graue Schleier gehüllt, der Geist der Vorzeit. Er will denen, die sich nahen im Forscherdrange, erzählen von einem Helden- aeschlecht, das in versunkenen Tagen hier gehaust. Von Kämpfen und Freiheit und Lebensrecht, für die manch Wack rer verblutete, vom ehrenden, dankenden Gedenken derer, die ihren Gefallenen das Steingrab errichteten auf der Heide, und den Hügel über dem Granitblock getürmt. Auf daß bis in späte Zeiten rage das Heldenmal, den Nachgeborenen kün dend, daß auch die Vorzeit Männer gekannt — Männer, die ibr Leben gaben um Freiheit und Ehre. Geöffnet liegt durch Lenzsturmgewalt das Grab, das die Toten und ihr Gemässen so lange gehehlt. Morsch ward das Gebein, rostig das Gewasfen. Aber der Geist, der jenes einst im Leben beseelt, stand er nicht auf aus dem Hügel grab? Mahnt er nicht die Kinder unserer Zeit, uns, di« heute Lebenden? „Cs gibt «in Auf«rstehen auch für Völker!" Wir wissen es, es gibt ein Auferstehen! Ueber die von tausend Perlen funkelnde Heide geht ein Raunen und Flü stern, Geisterstimmen, heilige Chöre, fernher wallend aus Tiefen der Vergangenheit, fernhin tönend in die Weiten der Zukunft, ein jauchzender Ostergesang: „Heil dir, deutsche Seele, daß der Lenzsturm dich geweckt und du auserstanden bist zu neuem Leben, zu Licht und Frühling!" Florentine Gebhardt.
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