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Weißeritz-Zeitung : 04.02.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-193702041
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19370204
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19370204
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1937
- Monat1937-02
- Tag1937-02-04
- Monat1937-02
- Jahr1937
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 04.02.1937
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Ivrksderreedtsvovutr: äuknLrls Verlag O. m. k. k., Koplin 8^V 68 l Nachdruck verboten. (NN leises Neidgefühl steigt in Christa aus. „Die können gut lachen", überlegt st«. ,,j)i« wissen nichts mehr von dem Schmerz einer Trennung, von Abschied und Aus einandergehen. Für sie gib! es keine Züge, die davan- sahren und den Liebsten milnehmen." Doch als sie gewahr wird, daß sie Just Overland urRhrend der ganzen Zeil mit besorgten Blicken betrachtet hat, da schrickt sie zusammen. „Wenn wir setzt nicht bald aufbrechen, dann bin ich morgen früh nicht ausgeschlafen, die Modelle werden ver zeichnet und es gibt lauter unzufriedene Kundinnen", scherzt sie, mit dem Versuch, das Gespräch wieder in leichtere Bahnen zu zwingen. „Nicht wahr, das wäre doch wirklich eine schlechte Nach wirkung Ihres so harmlosen Wunsches!" „Sie haben recht, in diese Gefahr darf ich mich aller dings nicht begeben. Wenn ich auch nichts für meine Kundinnen befürchte, so möchte ich doch nicht die Schuld tragen, dah Sie sich morgen etwa gar unfroh und nicht ausgeschlafen fühlen." Er winkt dem Kellner und bestellt die Rechnung. Still und leer liegen die Straßen, die sie dann durch schreiten. Der Rhythmus ihrer Schritte klingt in ver blüffendem Gleichklang auf und hinterläßt in beiden ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Und als Christa längst in ihrem schmalen Mädchendett liegt und den Verlaus des heutigep — — dieses Tages mit den goldenen Füßen überdenkt, tu hat sie immer wieder den Klang der dunklen Männerstimme im Ohr: ..Vielleicht habe ich gerade mein Wunschbild erwischt!" Es hilft, alles nichts, daß sie die Erinnerung an Klaus hcruufbeschwört, die Stimme will nicht weichen, und Klaus i? ja auch so fern, und schreibt so selten. 18. Kapitel „Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich m Zett und Ewigkeit!" Zart,und verhalten klingt dieses innige Lied des nor dischen Komponisten durch den weiten Saal, Ningt hinaus auf die stille Terrasse, aus der Klaus Wegener im Schutze der Dunkelheit sitzt. Er hat seinen Sessel weit aus dem Lichtkegel herausgerückt. Wenn er die Augen schließt, dann glaubt er ganz allein irgendwo auf dem weiten Land zu sein, er steht eine dunkle Landstraße, die von hohen Bäumen schattenhaft begrenzt ist, weiße Kilometersteine leuchten wie flirrende Glühwürmchen und sonst nichts — Nacht und Einsamkeit, erwünschte, begehrte Einsamkeit! So stark und lebendig steht dieses Wunschbild vor sei nem geistigen Auge, daß er meint, den Geruch frischer Erde zu verspüren. Alles ist versunken, der weite Saal mit sei ner unermeßlichen Lichtfülle, das bunte, atemberaubende Bild all der glänzenden Toiletten der Damen, all der Herren, unter denen man führende Köpfe der Kölner In- dustrie und Gesellschaft sehen konnte. Er ist auch vergessen, dieser beglückte Stolz, der seine Brust erfüllt hat, als er hier herkam. Du, Klau» Wege ner, einer der Angestellten der großen Leuchner-Werke, bist zu der Gesellschaft geladen, die dein Direktor heute gibt. Man hat dich für würdig erachtet, dich, den kleinen Kauf mann Klaus Wegener! Nein, nein, so ist es ja gar nicht! Für würdig gehalten, welch häßlich»». verstaubtes Wort, das hlekfür keine An- wendurN finden darf. Ehrlich, Klaus, Frau Reny Leuchner ist es gewesen, von der diese Einladung ausging, die elegante Frau Reny, die eine kleine Schwäche für den blonden Klaus hüt! Und noch immer klang drinnen dieses sehnsüchtige Lied auf, diese» Lied, das, Erinnerungen gleich, einen rollenden Filmband heraufbeschwört und endlich eine leise Traurig zett zurückläßt. Aber dann setzt rauschender Beifall ein, so elementar und plötzlich, daß Klaus zusammenfährt. Alles eilt alif di« Künstlerin zu, um sie zu beglückwünschen. Diesen Augenblick benutzt Frau Reny, um sich nach ihrem Schützling umzusehen. Aber e» dauert geraume Zelt, ehe sie ihn in der schützenden Dunkelheit der Terrasse entdeckt. „Drinnen wartet man auf flotte Tänzer, Herr Wegener, upd ich glaube nicht, daß mit der Einladung di« ausdrück liche Erlaubnis, den ganzen Abend hier aus der'Terrasse zu verträumen, verbunden war." Ihre Stimme Ningt verhalten und erregt Klaus aus «ine unerklärliche Weise. Er springt rasch aus und tritt «inen Schritt heran. Me «in großer, voll entsalteter Schmetterling st«ht" Krau R«ny in ihrem weißen, fließenden Seidenkleid vor Hm. Der Duft ihres schweren, fremdländischen Parfüms WM sich mit d«m schwachen Dust der Blumen, der vom WiMm hiraufdringt. „Ich bitte um Entschuldigung, gnädige Frau, aber ich mochte dieses herrliche Lied nicht inmitten all der lachenden Menschen genießen. Ich mußte es hier in der Stille des Parkes auf mich wirken lassen!" Frau Reny schlug ihn lachend mit ihrem kleinen Fächer aus die Schulter. Einen Augenblick streifte ihre Hand fläche seine Wange. — „Sie sind ein echter, deutscher Träumer, Herr Wegener. Geben Sie acht, daß Sie nicht einmal den rechten Augen- blick versäumen." „Unbesorgt, gnädige Frau, zur rechten Zeit bin ich be stimmt wach!" Mit einem Ruck hat Klaus diese schwermütige Stim mung abgeschüttelt und ist nun ganz der lustige, unbe schwerte Tänzer, den Frau Reny erwartet und ge laden hat. „Wenn Sie erlauben, werde ich jetzt das Tanzbein schwingen, bis der Musik der Atem ausgegangen ist", lacht er und bietet Frau Reny seinen Arm. Drinnen schlägt ihnen eine Welle ausgelassener Fröh lichkeit entgegen, der Tanz hat begonnen und hat all die älteren Herrschaften in die nebenan liegenden Zimmer gefegt. Klaus hält Wort, er wirbelt unermüdlich durch den Saal, so unermüdlich, daß Frau Reny ihn einmal scherz haft droht: „Ich glaube, Sie haben mich ganz vergessen!" Nein, vergessen nicht, aber eine unerklärliche Scheu hat ihn bis jetzt davon abgehalten. Er fürchtet sich davor, diese schlanke, zerbrechliche Frau in den Armen zu halten, fürchtet den Duft ihres exotischen Parfüms, der seine Sinne umnebelt wie ein berauschendes Gift. Aber einmal muß es doch geschehen, und so verbeugt er sich und bittet um den nächsten Tanz. Wiegendes Schreiten und Gletten! Klaus ist von Christa her an gute« Tanzen gewähnt. Auch Lore Haller hat sich weich und schmiegsam seiner Führung anvertraut, aber all das kommt nicht an gegen di« federnde Leichtigkeit, mit der Frau Reny sich in seine Arme schmiegt. Zart und zer- brechlich, m'an spürt sie kaum, man glaubt eine flaumige Molke in den Armen zu haben, die sich bei der leisesten Berührung in Nichts auslöst. Eine Zauberelfe, die den Duft ferner, südlicher Länder ausströmt. Als die Musik endlich schweigt, verbeugt er sich auf- atmend. Ist es möglich, daß dieser Tanz nur Minuten gewährt hat, er glaubte Stunden um Stunden getanzt zu haben. Noch am andern Morgen, als Klaus Lore Haller müde und nicht ganz ausgeschlafen von dem gestrigen Fest er zählt, muß er an diesen Tanz denken. „Es war wundervoll, und ein einziges Mal habe ich sogar mit Frau Reny tanzen müssen." Er sagt tanzen müssen, aber seine Stimme stockt dabei, und seine Augen sehen ein wenig verträumt in die Ferne. Ueber Lores Gesicht zuckt es wie in leisem Schmerz. „Wenn Sie sich nur gut amüsiert haben!" Ihre Stimme klingt spitz und ist getränkt von dem uralten Mädchen schmerz, des Sichzurückgesetztfühlens, dieser Mischung au» Eifersucht und Weh. Klaus schaut sie ein wenig betroffen an. „Aber, Fräulein Haller, was haben Sie denn mit einem Male?" „Nichts, wirklich nichts. Aber ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, daß wir wieder etwas arbeiten. Herr Prokurist Lendwig hat bereits zweimal nach Ihnen gefragt. Ich glaube, es handelt sich um di« Geheimkalkulation, die wir ausgestellt haben!" „Sie ist ja eifersüchtig", denkt Klaus spitzbübisch. „Die kluge, tapfere Lore Haller »st richtiggehend eifersüchtig. Also nicht nur guter Kamerad, ste ist auch eine echte, rechte Frau!" Und diese Feststellung freut ihn, freut ihn mehr, al» er noch vor kurzem für möglich gehalten hält«. Aber dann schiebt er mit einer kleinen Kopfbewegung all diese Gedanken zur Seite, jetzt muß di« Arbeit zu ihrem Recht kommen. „In einer halben Stunde bringe ich Ihnen die Auf stellung, Herr Lendwig!" sagt er, nachdem er den Hörer abgenommen und am anderen Ende di« knarrende Stimme seines Vorgesetzten vernommen hat. „In einer kleinen halben Stunde." Joch diese kleine halbe Stunde soll sich um unendliche Zeit verzögern. „Fräulein Haller", schreit Klaus mit einem Male aus, „Fraulein Haller t" Bei diesem jähen Anruf ist Lore erschreckt ins Zimmer getreten. „Was ist denn los?" fragt sie und ahnt km gleichen Augenblick die Zusammenhänge. Dieser suchende, eifrig in seinem Schreibtisch wühlende Klaus spricht deut- lich genug. Klaus Wegener wühlt noch immer erregt in seinem Schreibtisch, fördert Bogen um Bogen zutage und hat zit- ternd« HLnde vor Ausregung „Di« List« die GHrimkattulation — FWlein Lor« —- hab«» M« di« Kalkulation au» m«inem SMeib- tisch genommen?" Stoßweise, keuchend komm«» die Wort« au» seinem Mund«. Mit einem Satz ist Lore bei ihm. „Um Pottep willen, Die wollen doch nicht etwa sagen, daß die List« ver schwunden ist. Nein, nein das ist ja unmöglich. Wissen Sie denn, was das bedeutet?" Jetzt hat sie die gleiche Erregung befallen wie Klaus. „Nein, das ist ja unmöglich", stößt ste immer wieder her vor. „Hören Sie, das kann ja gar nicht sein!" Sie rüttelt den Kameraden wild an der Schulter. „Besinnen Sie sich doch, wo haben Sie die Kalkulation hingetan?" Aber Klaus wehrt ab. „Da gibt es doch nichts zu be sinnen", sagt er müde. „Die Liste lag in dem unteren, fest oerschlosienen Fach meines Schreibtisches und jetzt, jetzt ist sie verschwunden. Ist einfach weg begreifen Sie das?" Nein, Lore Haller kann diese Tatsache auch nicht fasten. „Es ist doch unmöglich, es kann doch nicht möglich sein", stammelt ste mit blassen Lippen. Und als der erste Schreck vorüber ist, hat Lore Haller ihre Beherrschung wiedergefunden. Jetzt ist ste wieder der gute, tapfere Kamerad, auf den man sich auch in der größten Not verlasten kann. Rasch entschlossen greift sie zum Telefonhörer. «Herr Lendwig", sagt sie und versucht mit allergrößter An strengung ihrer Stimme Festigkeit und Unbefangenheit zu verleihen. „Herr Lendwig, in der Liste haben sich einige Fehl berechnungen herausgestellt. Hat die ganze Angelegenheit bis morgen früh Zeit?" Und nach einigen Minuten des Schweigens legt ste den Hörer aufatmend wieder zurück. „Hat bis morgen Zeit!" sagt ste. „Nun wollen wir die Angelegenheit noch einmal in aller Ruhe überlegen." „Da ist doch nichts zu überlegen, die Kalkulation ist verschwunden, was gibt es da zu überlegen!" Klaus hat noch immer nichl seine Fassung zurück gewonnen und schreit Lore gereizt an. „Wer hat eigentlich alles von der Aufstellung der Kal kulation gewußt?" überlegt diese ungeachtet weiter. „Da war erst einmal Herr Direktor Leuchner — fällt aus, dann Prokurist Lendwig — — fällt aus, und dann, ja dann wußten ja nur noch Klaus und ich davon. Halt! Nein, Frau Reny Leuchner kann auch noch davon wissen die ist gerade dazu gekommen, als wir bei der Arbeit waren. Aber warum sollte ste?" Nein, da scheiden wohl alle aus, man mutz den Täter in anderer Richtung suchen. Doch so sehr sie sich auch müht, ste kann zu keinem Ergebnis kommen. Man kann auch nicht das geringste unternehmen, da nicht die kleinste Spur, auch nicht der leiseste Fingerzeig vorhanden ist. Es ist ja eine Geheimbilanz und jedes unbedacht« Wort kann di« ganze Angelegenheit nur noch verschlimmern. Es ist «in trüber, bedrückter Tag, ein Tag, der wie eine dickflüssige Mass« sich ins Unendliche dehnt und kein Ende nehmen will. Wohl schon zum hundersten Male haben die beiden den Schreibtisch durchsucht, haben ein Fach nach dem andern herausgenommen, doch immer ohne das geringste Ergebnis. So kann auch Lor« Haller mit ihrem heißen, starken Willen d»m Kameraden nicht helfen, sie kann nicht» weiter tun, als ihn den ganzen Tag nicht einen Augenblick zur Besinnung kommen zu lasten. Wie ein leise plätschernder Strom fließet» ihre Trost worte an ihm vorüber, ihre lieben Worte, die ihm immer wieder versichern, daß bestimmt, aber auch ganz bestimmt noch alles gut wird, daß sich der ganze Fall aufklären wird. Und Klaus nickt nur und nimmt von allem nur das Bewußtsein auf, daß er sich in Lore Haller nicht geirrt hat, daß sie die Frau ist, die auch im allerschwerften Sturm nicht versagt. Und diese» Bewußtsein ist ungemein wohl tuend und lindernd. Auch nach Feierabend hat ihn Lore nicht verlasten. „Ich bleibe bei Ihnen, sonst habe ich doch nur Sorge um Sie!" hat Lor« gesagt und dann noch einmal gebeten: „Nicht wahr, das darf ich doch, ich darf doch b«i Ihnen bleiben?" Und Klaus ist ihr dafür dankbar. Wenn er auch kein guter Gesellschafter ist, wenn auch seine Gedanken immer wieder wie magnetisch angezogen um da» rätselhaft« «er- schwinden der Geheimkalkulation kreisen, es tut doch wohl» daß Lore da ist. Sie sind langsam und schweigsam durch di« lauten Straßen der Stadt gegangen. Eie halten sich an den Händen wie zwei au» dem Nest gefallen« Bögelchen. Ein paarmal bleiben ste vor den Schaufenstern stehen, aber sie merken gleich darauf, daß keiner von beiden mit seinen. Gedanken dabei ist. So unterlasten st« e», und gehen ohne Aufenthalt weiter, gehen über die brausende Rhetnbrücke, di« Klaus sonst stets in hellste» Entzücken versetzt, heute aber vollkommen unbeachtet bleibt. Sie gehen immer weiter ohne rechtes Ziel und landen endlich, da sie Hunger verspüren, in dem kleinen Wirts hausgarten, in^ der Dorstadt, in dem sie aus ihrem ersten Ausflug eingekehrt sind. Und heute ist es Lore, die dafür sorgt, daß Klau» etwas zu sich nimmt. Aber er tut e» widerwillig und schiebt da» Gedeck nach einigen Bisten wieder zur Seite. „Ich kann nicht, essen; wirklich, ich kriege keinen Bisten hinunter!" Dann fitzen sie beide wieder schweigsam da und habe» traurige, unfrohe Gesichter (Kortstbuna folgt.) ..
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