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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 17.1973
- Erscheinungsdatum
- 1973
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-197300000
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19730000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19730000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
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- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 17.1973
-
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- Ausgabe Nr. 11, 15. März 1
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- Ausgabe Nr. 38, 18. Oktober 1
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Band
Band 17.1973
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2 Informationen 7 Gestern und heute 19. Juli 1973 UZ Stichpunkte Größen • Rund 14 000 Stundenten lernen an den 16 Sektionen, im Bereich Medizin und an fünf selbständi gen Instituten der Karl-Marx- Universität Gemeinsam mit etwa 3500 Wissenschaftlern und 7000 Arbeitern und Angestellten bil den sie die „Belegschaft“ der älte sten und nach der Humboldt-Uni versität Berlin und der Techni schen Universität Dresden dritt größten Universität der DDR. • Unsere Universität erstreckt sich weit über die Grenzen der Stadt Leipzig hinaus. Von der Ostseeküste bis ins Erzgebirge reichen ihre Einrichtungen. In Zingst auf dem Darß z. B. ist ein Maritimes Observatorium statio niert, im erzgebirgischen Börn- dien ein Versuchsgut der Sektion Tierproduktion/Veterinärmedizin. • Die Universitätsbibliothek, ge gründet 1543, verfügt über rund drei Millionen Bände, wertvolle Handschriften und bibliophile Kostbarkeiten. • „Hortus medicus" hieß der Bo tanische Garten, als er 1542 eröff net wurde. Heute beherbergt er etwa 6000 verschiedene Pflanzen- arten aus allen Klimazonen. Namen • Die Zahl hervorragender Ge lehrter, die in Leipzig wirkten, ist groß. Genannt seien die Humani sten Aesticampanus, Crocus, Mo- sellanus, Camerarius und Rhaeti- cus, Christian Thomasius als Ver treter der frühen Aufklärung, aus dem 18. Jahrhundert Johann Christoph Gottsched, Professor der Dichtkunst, und Christian Fürchtegott Gellert, Philosoph und Fabeldichter, aus dem 19. Jahrhundert der Psychologe Wilhelm Wundt, die Chemiker Hermann Kolbe und Wilhelm Ostwald, die Physiologen Carl Ludwig und Paul Flechsig sowie der Mathematiker Marius Sophus Lie, in späterer Zeit die Physiker Werner Heisenberg und Gustav Hertz und der Ethnograph Julius Lips. • Studenten unserer Alma mater waren der Humanist Ulrich von Hutten, die Dichter Christian Günther. Friedrich Gottlieb Klop- stock. Gotthold Ephraim Lessing, Jean Paul Novalis. Friedrich Wil helm Schlegel und Theodor Kör ner, der russische Demokrat Alexander Nikolajewitsch Ra dischtschew, der Philosoph Jo hann Gottlieb Fichte, die Kompo nisten Robert Schumann und Richard Wagner, die Führer und Lehrer der deutschen Arbeiter bewegung Hermann Duncker und Karl Liebknecht. Ehrungen • Drei Ehrenbürger hat unsere Universität: die sowjetischen Kos monauten Andrijan Nikolajew und Pawel Popowitsch, die nach ihrem Gruppenflug im Jahre 1962 diese Würde erhielten, und Prof. Dr. sc. Dr. mult. h. c. Georg Mayer, der, vor vier Wochen ver storben, von 1950 bis 1963 un unterbrochen das Amt des Rek tors bekleidete und damit auf die längste Amtsperiode eines Rek tors in der Geschichte einer deut- schen Universität zurückblicken konnte. • Zu den mehr als 50 Persön lichkeiten, die seit 1945 zu Ehren doktoren ernannt wurden, ge hören der sowjetische Physiologe Pjotr Kusmitsch Anochin, die amerikanische Kommunistin An gela Y. Davis, der Physiker- Gustav Hertz, Träger des Staats preises der UdSSR und des Nobelpreises, der niederländische Regisseur Joris Ivens sowie Lite raturnobelpreisträger Michail Scholochow (UdSSR) und Pablo Neruda (Chile). UZ Verantwortlicher Redakteur: Doz. Dr. rer. pol. Harry Grannich. Diese Ausgabe wurde anläßlich der X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin von einem Diplo- manden-Kollektiv der Sektion Jour nalistik der Karl-Marx-Universität Leipzig gestaltet; ihm gehörten an: Regina Mäurer, Eva-Maria Rahne- berg, Peter Andriefski, Stefan Pop pitz, Detlef-Diethard Pries, Frank Stader. Satz und Druck: LVZ-Druckerei „Her mann Duncker" 11118138 Leipzig. Veröffentlicht unter Lizenz-Num mer 65 des Rates des Bezirkes Leipzig. Anschrift der Redaktion: 701 Leipzig, Ritterstraße 26, PSF 920, Telefon: 7 19 72 64. Erscheint wöchentlich. BEIM START ZUR VI. SOMMERINITIATIVE der Schüler und Studenten mit dabei: Studenten der Kiewer Bauhochschule, hier auf der Baustelle der neuen Studenten internate in Leipzig-Marienbrunn. Weitere Leipziger Einsatzgebiete sind die Wohnungsbaustellen der Stadtteile Lößnig, Straße des 18. Oktober und Möckern sowie die Leipziger Verkehrsbetriebe und das Getränkekombinat. Foto: Swietek 3000 KMU-Studenten im Studentensommer Sowjetische und polnische Kommilitonen in Borna (UZ) Während über 1000 Dele gierte der Karl-Marx-Universität an den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Berlin teilneh men, beginnt bereits eine Woche vorher für über 3000 Studenten der in der DDR traditionelle Studenten sommer. In zwei Etappen werden diese Jugendfreunde während der großen Semesterpause vom 23. Juli bis zum 7. September je vier Wo chen in Tagebauen. Großbetrieben und landwirtschaftlichen Produk tionsgenossenschaften arbeiten und zusammen mit den Arbeitern und Ge nossenschaftsbauern um die Erfül lung und Übererfüllung des Volks- Wirtschaftsplanes ringen. Das heißt jedoch nicht, daß sie vom Festival geschehen abgeschnitten sind. Ge meinsam mit den Festivaldelegierten und den Festivalhelfern unserer Universität haben sich alle vorge nommen zu zeigen: Das Festival ist Überall I Doch für sie beginnt der Studenten sommer nicht erst, wenn er am 23. Juli durch einen großen Appell auf dem Leipziger Rößplatz eröffnet wird, sondern die Studenten began nen mit Hilfe der FDJ-Grundorgani- sationen schon frühzeitig mit den Vor bereitungen, um den Erfolg ihres Einsatzes zli sichern. Sie formierten die Brigaden, trafen mit den Ein satzbetrieben detaillierte Abspra chen über die Arbeit, die Unterbrin gung und Verpflegung und stellten Brigade- und Lehrprogramme auf. Auch die Lagerprogramme wurden sorgfältig erarbeitet. In Zusammen arbeit mit den FDJ-Organisationen der Kreise und Betriebe wurde vor bereitet, daß jedes Lager sein eige nes kleines Festival — mit Kultur-, Sport- und Diskussionsprogrammen durchführen kann. Eine gleich große Tradition wie der Studentensommer hat in der DDR der internationale Studenten austausch. Jährlich fahren DDR-Stu denten in die UdSSR und in andere sozialistische Bruderländer, und aus diesen Ländern kommen Jugend liche in unsere Republik, um vier Wochen zu arbeiten und dann an einer Zwei-Wochen-Rundreise durch das Land teilzunehmen. Diesmal werden Komsomolzen aus Kiew, Moskau und Irkutsk, sowie Mitglie der des polnischen SZSP aus Torun zusammen mit Studenten verschie dener Sektionen im Braunkohlen kombinat Borna arbeiten. In ihrem Lager werden sie während der Ber liner Festtage ein internationales Minifestival begehen. Am 28. Juli, am Tage der feierli chen Eröffnung der X. Weltfest spiele in Berlin, wollen alle Stu denten im Studentensommer eine Höchstleistungsschicht zu Ehren der Weltfestspiele fahren und dann am 3. August dabeisein, wenn es heißt: ..Ein Tag wie in Berlin — rund um den Sachsenplatz“, und ein Tag des Festivals mit Vertretern der Weltju gend in Leipzig stattfindet. Kommentar 1949 -1973 Es war im Sommer 1949. Die Wunden des zweiten Weltkrieges waren längst nicht vernarbt. Da fuhren erstmalig 750 Mitglieder der Freien Deutschen Jugend zu einem internationalen Jugend treffen, zu den II. Weltfestspie len der Jugend und Studenten nach Budapest. Den besten Ver tretern der progressiven Weltju gend wollten wir Versichern, daß die junge Generation in unserem Lande das Erbe des antifaschisti schen Widerstandskampfes ange treten hat, daß wir dabei waren, die Wurzeln des Imperialismus und Faschismus ein für allemal auszurotten. Jeden bewegte da mals die Frage, wie die Weltju gend uns aufnehmen würde, uns, die wir aus dem Lande kamen, f von dem aus der Faschismus un ermeßliches Leid über die Mensch heit gebracht hatte. Der herzliche Empfang, die uns entgegenge brachte Solidarität, die überall spürbare Differenzierung zwi schen dem antifaschistisch-demo kratischen Deutschland und dem imperialistischen gehörten zu den unauslöschlichen politischen Er lebnissen, die ich in Budapest hatte. Zwei Jahre später — die DDR be stand zwei Jahre — hatten wir die Weltjugend in Berlin zu Gast. Allein der Beschluß, das Festival 1951 in Berlin durchzuführen, war ein großer Beweis des Vertrauens. Ich hatte damals gerade mein Abitur an der Arbeiter-und- Bauern-Fakultät abgelegt und wußte, daß ich mein Philosophie- Studium an der Moskauer Uni versität aufnehmen rvürde. Die Glückwünsche, die Hilfsbereit schaft und Freundschaft, die mir die sowjetischen Genossen damals entgegenbrachten — und die ich während meines Studiums dann immer unmittelbar spürte — wa ren für mich persönlich der be wegendste Eindruck vorn III. Fe stival in Berlin. Heute fährt eine neue Genera tion zum X. Festival nach Berlin, eine Generation, die unseren ge meinsamen Idealen des Sozialis mus und Internationalismus ver pflichtet ist. Heute ist die DDR dank ihres prinzipiellen Kampfes gegen den Imperialismus, dank ihrer konstruktiven Friedenspoli tik, dank ihrer ökonomischen, po litischen. kulturellen und sportli chen Leistungen in der ganzen Welt anerkannt und geachtet. Die Jugend hat an diesen Erfolgen hervorragenden Anteil. Ich bin überzeugt, daß das Festi val in Berlin ein erneuter Aus druck der nie versiegenden Kraft unserer Ideen von Frieden, Freundschaft und antiimperiali stischer Solidarität sein wird. Euer Glück und Eure Verpflich tung ist es. Zeuge und Mitgestal- ter dieser großen Demonstration, dieses schönen Festes zu sein. Prof. Dr. sc. Helmut Seidel. Direktor der Sektion Marxistisch-leninistische Philo sophie/ Wissenschaftlicher Kommunis mus 5. Mai 1953: Der Ministerrat der DDR verleiht... ... der Universität Leipzig den Namen „Kar-Marx-Universität" Karl Marx hat in Leipzig weder stu diert noch promoviert. Seine Besuche in unserer Stadt waren nur kurz. Warum trägt also gerade Leipzigs Universität seinen Namen? In der Verleihungsurkunde heißt es: „..Weil sie als eine der größten und bedeutendsten Universitäten seit 1945 beispielgebend war bei der Einführung und Verstärkung des Arbeiter- und Bauernstudiums und der Durchsetzung der Wissenschaft des Marxismus-Leninismus“. Viel Arbeit war geleistet worden in der Zelt zwischen der Neueröffnung am 5. Februar 1946 und jenem 5. Mai 1953. Nicht nur. daß nach dem zweiten Weltkrieg 70 Prozent aller Einrichtungen zerstört waren. Viele fortschrittliche Gelehrte waren von den Faschisten vertrieben oder gar ermordet worden, von 222 ver bliebenen Lehrern mußten 170 wegen ihrer nazistischen Vergangenheit entlassen werden. Eine neue Univer sität in neuem Geiste sollte entste ¬ hen. und lernen sollten die besten Söhne und Töchter des Volkes, wie das Land neu aufzubauen sei. An fangs den Schmähungen und Spöt teleien bürgerlicher Wissenschaftler ausgesetzt, bereiteten sich Hunderte Arbeiter und Bauern an der Vor studienanstalt, der späteren Arbei ter-und-Bauern-Fakultät, auf das Hochschulstudium vor. Heute er füllen viele von ihnen verantwor tungsvolle Aufgaben in unserem Staat. 1947 wurde die Gesellschafts wissenschaftliche Fakultät eröffnet, die erste Heimstatt des Marxismus- Leninismus an der Universität, und seit 1950 werden am Franz-Meh ring-Institut Diplomlehrer für diese Wissenschaft ausgebildet. Nur we nige Tatsachen. Auf den folgenden Seiten wollen wir Rechenschaft da von ablegen, wie wir uns des Na mens Karl Marx würdig zu erwei sen bemühen. NAMENSVERLEIHUNG anläßlich des 135. Geburtstages Karl Marx’: Minister Paul Wandel, Rektor Prof. Dr. Georg Mayer (t) und Prof. Kurt Hager, heute Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der SED. Sektionen - Bereiche - Institute Sektion Marxismus/Leninismus Sektion Marxistisch-leninistische Philosophie/Wissenschaftlicher Kommunismus Sektion Wirtschaftswissenschaften Sektion Geschichte Sektion Rechtswissenschaft Sektion Pädagogik/Psychologie Sektion Journalistik Sektion Kulturwissenschaften und Germanistik Sektion Theoretische und angewandte Sprachwissenschaft Sektion Afrika- und Nahostwissen schaften Sektion Mathematik Sektion Rechentechnik und Datenverarbeitung Sektion Physik Sektion Chemie Sektion Biowissenschaften Sektion Tierproduktion und Veterinärmedizin Bereich Medizin Sektion Theologie Franz-Mehring-Institut Institut für internationale Studien Herder-Institut Institut für tropische Landwirtschaft und Veterinärmedizin Institut für Körpererziehung Von Münsterberg bis Mehring - was sie uns zu berichten wüßten Hochburg der Scholastik . . . kein Doktordiplom für Zwanzigjährigen ... die Sterntaufe ., . Studenten und Barrikaden . . . Wer könnte besser über die Geschichte einer Universität Auskunft geben als jene namhaften Gelehrten und Studenten, denen die Chronisten stets einen besonderen Platz einräumen? Sei es, weil sie am Beginn wichtiger Zeitabschnitte standen, oder sei es, weil sie durch ihre Werke dauernden Ruhm erwarben. Auch Leipzig kennt solche Persönlichkeiten, Augenzeugen bewegter Kämpfe zwischen Zukunftsträchtigem und Überlebtem. Wir können sie heute nicht mehr nach ihren Erlebnissen be fragen, wir können uns nur vorstellen, was sie uns über ihre Zeit berichten würden. Nehmen wir also an, die Herren Münsterberg, Müntzer, Leibniz, Goethe und Mehring säßen mit uns an einem Tisch, und beantworteten unsere Fragen. Johann von Münsterberg (1350-1426), Professor der Theologie und erster Rektor der Leipziger Uni versität: Im Jahre 1409 verließ ich zu sammen mit 2000 Studenten, Pro fessoren und Ma gistern die „Gol dene Stadt“ Prag aus Protest gegen eine Verfügung des Königs von Böh men, wonach bei Abstimmungen an der Prager Universität die böhmi sche Nation drei Stimmen, die ande ren dagegen zusammen nur eine Stimme haben sollten. „Ausdruck erwachenden Nationalbewußtseins“ nennt man diese Anordnung heute, „das in der revolutionären Hussiten bewegung gipfelte.“ 400 von uns zo gen jedenfalls nach Leipzig, wo am 2. Dezember die „Universität schola- stica“ gegründet wurde, Adel, Kir che und Patriziern treu ergeben, „al lem Neuen gegenüber feindlich“, wie einer meiner Nachfolger behauptete. Trotzdem rühmen sich die Leipziger gerne, die älteste Universität des Landes zu beherbergen, die stets zu den meistbesuchten zählte, nicht zu letzt dank ihrer Lage in der berühm ten Messestadt. Thomas Münt zer (1490—1525), Führer der revo lutionären Volks massen im Bauernkrieg, der sich im Jahre 1506 in die Ma trikel einschrieb: Als ich seiner zeit nach Leipzig kam. unternah men die Vertre ter humanisti scher Ideen erste Vorstöße gegen die herrschende Scholastik. Vor allem Richard Crocus und Petrus Mosella- nus hinterließen mit ihren Lehren bei uns Studenten tiefen Eindruck. Gegen den zähen Widerstand seiner reaktionären Gegner richtete Crocus im Jahre 1514 auch einen der ersten Lehrstühle für Griechisch in Mittel europa ein. Im Gefolge der Reforma tion, unter dem Rektorat des 1539 gewählten Caspar Borners, über nahm die Universität Gebäude. Län dereien. Bücher und finanzielle Mit tel aus Klosterbesitz. Dem Wirken des Philologen und Historikers Joa chim Camerarius verdankte Leipzig zu jener Zeit einen großen Teil sei ner Anziehungskraft. Später trium phierte allerdings wieder die feudale Reaktion, und die Wissenschaft un terlag der lutherischen Orthodoxie. Gottfried Wil helm Leibniz 11646-1716), Be gründer der Deutschen Aka demie der Wis senschaften, be gann seine Stu dien als Fünf zehnjähriger: Ich bezog die Universität, um Jurisprudenz zu studieren, dane ben aber auch philosophische Stu ¬ dien zu betreiben. Mit 16 Jähren er ¬ langte ich den Grad eines Baccalau- reus, mit 17 den des Magisters der Philosophie. Ich sollte nun an einen Lebensberuf und an meine Promo tion denken, denn mein Name war bereits über die Grenzen meiner Vaterstadt hinaus den gelehrtesten Männern bekannt geworden. Allein, die juristische Facultät zu Leipzig verweigerte mir das Doktordiplom, wegen meiner Jugend. So verließ ich 1666 die Stadt. Verlangen zur Rück kehr hatte ich nie. Hörte auch spä ter, daß der Sohn meines Lehrers Jakob Thomasius, Christian, der 1687 erstmals Vorlesungen in deut scher Sprache gehalten hatte, drei Jahre später vor seinen Gegnern aus Leipzig fliehen mußte. Die Herren Professoren hatten mit dem Neuen, der Aufklärung, nichts im Sinn. Johann Wolf gang von Goethe (1749-1832) ließ sich 1765 auf Wunsch seines Vaters als Stu dent der Rechte in Leipzig im matrikulieren : Meine Kollegia besuchte ich an fangs treulich und emsig, aber ich wußte ge- als uns der Leh ¬ rer zu überliefern für gut fand. Ich konnte den schicklichen Moment kaum erwarten, wo ich mich von der Jurisprudenz frei und dem Studium der alten und der schönen Künste verbunden erklären wollte. Leider zwang Krankheit mich 1768 zur Rückkehr ins Vaterhaus. Und doch: Mein Leipzig lob ich mir! Es ist ein Klein-Paris und bildet seine Leute. Ausnahmen hat es allerdings auch gegeben. 1806 kamen die Universi tätsoberen auf die Idee, künftig die zum Gürtel und Schwert des Orion gehörigen Sterne die „Sterne Napo leons“ zu nennen. Das hinderte aber Hunderte Studenten nicht, als Frei willige in der Armee der Verbünde ten gegen die Eroberer ins Feld zu ziehen. Selbst Rektor Traugott Wil helm Krug legte 1813 sein Amt nie der, um Soldat zu werden. Franz Mehring (1846-1910) stu dierte von 1866 bis 1868 Philolo gie. Er sollte zu einem der be deutendsten mar xistischen Histo riker werden: Die bürgerlich demokratische Revolution von 1848 sah auch Leipziger Stu denten auf den Barrikaden in Dres den. 1831 hatte es endlich eine Uni versitätsreform gegeben. Sie förderte die Wissenschaftsentwicklung im In teresse des Bürgertums. Der Arbei terjugend nützte sie allerdings kaum. Nur wenige Arbeiterkinder konnten zu meiner Zeit studieren. Ganze 132 waren es zwischen 1859 und 1909. Sich mit dem wissenschaftlichen Sozialismus zu beschäftigen, war streng verboten. Trotzdem beteilig ten sich einzelne Studenten an den Kämpfen des Proletariats, Am 26. November 1918 wehte die rote Fahne auch über der Universität. Doch noch war die Reaktion stärker. Fast 30 Jahre sollte es noch dauern, bis Arbeiter und Bauern endgültig in Hörsäle und Seminarräume einzo gen. Darüber wissen Sie selber aber sicher besser Bescheid. rade schon so viel.
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