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Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 22.12.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1776437853-188912228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1776437853-18891222
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1776437853-18891222
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLichtenstein-Callnberger Tageblatt
- Jahr1889
- Monat1889-12
- Tag1889-12-22
- Monat1889-12
- Jahr1889
- Titel
- Lichtenstein-Callnberger Tageblatt : 22.12.1889
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LichleMem-tkallnberger Tageblatt. E > 3S. Jahrgang. - . > Beilage zu Nr. 298. Sonntag, den 22. Dezember 1889. Der Erbe des Hauses. Roman von Hermine Frankenstein. - (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Der Morgen war noch immer grau und neblig, aber als Lowder das junge Mädchen erkannte, er schien ihm die Luft plötzlich hell uud souuenklar. Er ritt an ihre Seite und lüftete höflich den Hut. „Dies ist ein unerwartetes Vergnügen, Blanche," sagte er fröhlich. „Habt Ihr mich gesucht?" „O nein, durchaus nicht," entgegnete Blanche, ihn mit schelmischem Lächeln begrüßend. „Bildet Euch nicht ein, daß Ihr von solcher Wichtigkeit seid, Ma ster Hugh. Ich war in Ardleigh. Und Ihr, wo seid Ihr gewesen, Herr Ritter?" „Ich habe einen Spazierritt längst dem Flusse gegen den Wald von Dean zu gemacht," erwiderte Lowder. „Ihr wäret verschwunden, sonst hätte ich Euch gebeten, teilzunehmen. Ich glaube, mein armes Pferd ist müde." „Das ist's auch," sagte Blanche. „Wollt Ihr nicht mit mir nach Hause fahren? Der Reitknecht kann Euer Pferd führen." Die Einladung war gerade das, was Lowder wünschte uud er nahm sie sofort an. Er stieg vom Pferde, übergab es dem Reitknecht und nahm dann an Blanche's Seite Platz. Die Ponnies fingen sofort wieder an, im Trabe zu gehen. Als Jasper Lowder so nahe neben Blanche saß und ihr Atem ihn fast berührte, als er sich zu ihr neigt, da fühlte er sein Herz erheben, und die Versuchung übermannte ihn, sein Geschick gleich kennen zu lernen. Der Reitknecht saß rückwärts und entfernt genug, um nichts hören zu können. Sonst war die Straße ganz öde uud menschenleer. Auf der einen Seite lag der Tressilian-Park, auf der anderen Felder und und eine junge Anpflanzung, die ebenfalls zu dem Gute gehörte. Sie waren in dieser stillen Novem berlandschaft ebenso verlassen, als ob sie sich in dem Empfangszimmer des Herrenhauses befänden. „Jasper Lowder wandte sich plötzlich um und schaute voll in das schöne Gesicht Blanche's. Es war kein stolzes, leidenschaftliches Gesicht, wie das der Olla Rymple; es war schön und zart und heiter, aber es lag auch Geist in den großen, grauen Augen und Festigkeit um den holdselig lächelnden Mund. Einen unwiderstehlichen Impuls gehorchend, Agriff Lowder, die zarte, weiche Hand, welche die Peitsche hielt. Blanche entzog sie ihm nicht, schaute aber auch nicht auf zu ihm; aber Lowder fühlte, wie ihre Hand in der seinigen zitterte und ein Ge fühl der Gewalt über sie machte ihn Plötzlich kühn. „Blanche," sagte er sanft, „diese Eure Hand ist ein Preis, um den ein Fürst werben dürfte und wenn Euer Herz dieselbe begleitet, so wird der Mann, den ihr damit auszeichnet, glücklicher sein, als irgend Jü'-st. Ich habe Euch gesagt, daß Ihr mir Mäh ern langen Abwesenheit vom Hause stets rend uren deal edelster Weiblichkeit vorschwebtet. Ich als das I "all Bewunderung für das junge Mäd- ieWe heuv, ein Vater wie seine Tochter liebte: cken, tvelches rheit zu gestehen, ich erwartete nicht, L '»g M Li°b°'w«d°n s°M. Sch daß drese Bew . daß Euch nie so lieben alarrdle M 't, um zu heiraten; doch der werde, Eure Ndii besiegte mich. Ich habe erste BEä rn - gesehen, aber keine war so viele reizende o Ihr kennt meines Vaters Pläne reizend Blanche. Ihr wißt auch, daß lür unser Gl , Vaters war, daß Ihr den es der WnnsH Tressilian's heiraten sollt?" Sohn senkte den Kopf, um ihr Erröten Das öv ihres kleinen, weißen in verbergen.^ Lowders glühende Blicke sichtbar. Hütchens nn zurückgeschreckt, sondern eher ermu- Dnrchans Ntzetrüger fort: ligi, stAr ie Hugh — jung wie ich auch war, er eine große Vorliebe für mich ge- stierte oft. den Wunsch, daß ihm die inen solchen Sohn hätte geben sollen, sich mit der Hoffnung, daß Ihr eines Erben von Tressilian-Hof heiraten Wer re Heirat ist der sehnlichste Wunsch meines a»d ich, Blanche," — er senkte seine Summe -st"' Zärtlichen Flehen herab — „muß ich erst sagen, ^^„uhr ich mick) sehne, Euch mein zu nennen? uwllt^hr mir diese kleine zurte Hand geben, Blanche? ^"^2hr mich heiraten?" Eme nie gekannte Glückseligkeit bemächtigte sich "Mr. Dieser edle Hugh, dachte sie, der würdig wäre, eine Prinzessin zu heiraten, liebte sie! War sie jemals so glücklich gewesen? „Sprecht, Blanche," sagte Lowder in angstvollem Tone, denn ihr Schweigen beunruhigte ihn. „Sagt, daß Ihr mich liebt —sagt daß Ihr mein sein wollt." Sie legte die kleine Hand, die sie ihm entzogen hatte, sanft in die seinige zurück. Und einige Minuten später schaute das reizende Gesicht, von glühender Röte übergossen, zu ihm auf, und in den glückselig strahlenden Augen und von den zuckenden Lippen las Jasper Lowder seine Antwort. „Ihr liebt mich!" rief er entzückt. Und das Mädchen antwortete in kaum vernehm barem Flüstern! „Ja, Hugh!" Jasper Lowder ergriff ihre Hand in höchstem Entzücken. Er hatte Hugh Tressilian Heimat, Freunde, Stellung und die Liebe eines edlen Vaters geraubt. Und nun hätte er ihm auch die Liebe gestohlen, die in diesem edlen und reinem Herzen für Hugh Tres silian groß gezogen worden war. Falscher Freund! Welcher Verrat konnte schänd licher sein als dieser? Er sehnte sich danach, das Mädchen zum Verlobungskusse in seine Arme zu schließen und versprach sich diese Wonne bei seiner Ankunft auf dem Schlosse. Jetzt gab er sich damit zufrieden, ihre Hand in warmem Drucke festzuhalten. „Mein! mein!" flüsterte er. „Dieser Augenblick belohnt für Alles!" Er meinte vielleicht für all' die Schlechtigkeit und Grausamkeit und für den schändlichen Verrat, den er an einem Menschen ausübte, welcher ihn wie einen Bruder geliebt und ihm vertraut hatte. „Ihr liebt mich, Blanche?" flüsterte er in freu digem, entzücktem Tone. „Ja, Hugh," stammelte das junge Mädchen mit niedergeschlagenen Augen. „Ich habe Euch immer geliebt! Sir Arthur hat mir viel von Eurer Hochherzig keit erzählt, daß ich Euch schon seit Jahren liebte!" Lowder's Gesicht umwölkte sich. Diese Liebe ge hörte also nicht ihm — war nicht durch seine Blicke und sein Lächeln entstanden, sondern sie gehörte Hugh — dem armen blödsinnigen Hugh- Diese Entdeckung war ein bitterer Tropfen, der für den Augenblick seine Glückseligkeit trübte. „Ich habe nie einen Anderen geliebt, als Euch, Hugh," sagte Blanche sanft und schüchtern. „Und Ihr, habt nie zuvor geliebt?" Ihre Augen waren noch immer niedergeschlagen und sie sah nicht, wie seltsam sich Hughs Gesicht veränderte. Ihre unschuldige Frage brachte ihm einen Teil seiner Vergangenheit zurück, den er gerne für immer aus seinem Gedächtnisse verbannt hätte. Ein anderes Gesicht schien sich zwischen ihn und seine Liebe zu drängen — das Gesicht Derjenigen, der er unter Frau Hester Lowder geschrieben hatte. Ein geisterhaftes Lächeln spielte um seine Lippen, als er antwortete: „Nein, Blanche, ich habe nie zuvor geliebt. Es muß ein günstiges Geschick gewesen sein, daß mein Herz für Euch frei gehalten hat! Kein anderes Weib hat je meine Küsse auf ihren Lippen gefühlt! Kein anderes Weib hat mir bisher Interesse eingeflößt. Das Geschick hat uns Beide für einander bestimmt!" Blanche versank in ein seliges Stillschweigen. Die Zügel lagen schlaff in ihrer Hand und die Ponnies, welche sich nicht angefeuert fühlten, trabten langsam weiter. Uud Blanche, die mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war, hielt sich für das glücklichste Mädchen der Welt. Lowder war nicht weniger glücklich. Seine er wachenden Erinnerungen begrub er aus's Neue und machte Pläne für eine Zukunft voll Wonne uud seliger Freuden. Plötzlich hielten die Ponnies vor dem Parkthore des Tressilianhofes und nachdem das Gitter geöffnet worden, fuhren sie rasch die Allee entlang, dem Herrenhause zu. „Ihr habt mich sehr glücklich gemacht, Blanche," sagte Lowder. „Wie sich mein Baker freuen wird!" und seine Lippen zuckten eigentümlich. Blanche's Gesicht leuchtete. „Der gute Onkel," sagte sie sanft, „er wird sich sehr freuen." „Noch eins, meine süße Blanche," sagte Low der. „Ihr werdet mich nicht zu einem langen Brautstande verurteilen. Ich sehne mich darnach, Euch bald meine Gattin zu nennen. Können wir nicht am Weihnachtstage heiraten? Bedenkt, wie glücklich ich damit wäre und wie sich mein Vater freuen würde!" „Es ist unmöglich," erwiderte Blanche errötend. „Ganz unmöglich, Hugh. Heute ist der letzte Novem ber und ich kann in fünfundzwanzig Tagen nicht mit Allem fertig werden." „So werden wir uns also im Januar vermählen, Blanche!" flehte er. „Ah, das ist auch zu schnell!" In diesem Augenblicke blieben die Ponnies vor dem Hausthore stehen und Blanche wich einer ent scheidenden Antwort aus. Lowder sprang vom Wa gen und half ihr beim Aussteigeu. Ein Stalljunge erschien und übernahm Wagen und Pferde. Blanche eilte die Stufen hinauf und in das Haus. Lowder folgte ihr rasch und holte sie in der Halle ein. Dann zog er sie lachend und errötend in das nächste Zimmer und forderte seinen Verlo bungskuß. Das Mädchen fügte sich schüchtern und verschämt seiner Forderung, erwiderte aber die Liebkosung nicht. Ein seltsamer Schauer durchbebte ihre Ge stalt, als Lowder seine Lippen auf die ihren preßte; es war, als ob ihre Seele seine Verdorbenheit er kennen und sich gegen ihn auflehnen würde. Ein geheimer Instinkt schien ihr warnend in's Ohr zu flüstern, daß er falsch und schlecht sei und ihr ge biete, sich vor ihm zu wahren. Das Gefühl war jedoch sehr flüchtig uud vorübergehend uud sie senkte nun ganz blaß den Kopf, um seinen Liebkosungen auszuweichen. Er bedeckte ihr goldenes Haar mit feurigen Küssen. Sie standen in der Mitte des Zimmers; der Hut des Mädchens war herabgesallen, ihr Haar in Unordnung geraten, ihr schlanker Leib von Lowder's Armen umfaßt; sein Gesicht in verliebtem Entzücken zu ihr hinabneigend, stand der Eindringling da, als die Thür aufging und Sir Arthur Tressilin eintrat. Ein einziger Blick auf das junge Paar verriet ihm, wie die Dinge standen. Mit einer raschen unwill kürlichen Bewegung' legte er die Hand auf sein Herz, während sein Gesicht erblaßte, dann wandte er sich zur Thüre. „Einen Augenblick, Vater," sagte Jasper Lowder rasch. „Wir haben Dir etwas zu sagen." Der Baronett zögerte eine Sekunde; dann näherte er sich dem jungen Paare mit mutigem selbstlosen Lächeln. „Vater," sagte Lowder, „Deine Wünsche haben ihre Erfüllung gefunden; ich liebe Blanche und sie hat versprochen, meine Gattin zu werden." Sir Arthur schaute sein Mündel an. „Und Du, Blanche?" fragte er. „Liebst Du Hugh?" Blanche's flüchtiges Gefühl der Abneigung gegen ihren Geliebten war verschwunden. Sie erinnerte sich jetzt nur an all das Gute, das sie in Verbindung mit Hugh Tressilian gehört hatte, und das Hugh der Held war, den sie schon seit Jahren liebte. Sie zwang sich, zu ihrem Vormunde emporzu schauen, und der glückliche Ausdruck ihrer Augen war für Sir Arthur Antwort genug. „Du liebst ihn, sagte der Baronett. „Und Du hast versprochen, meine Tochter zu werden, kleine Blanche? Ich danke dem Himmel, daß Deine holde Anwesenheit fortan dem Tressilian-Hof gehören wird. Es wäre mir schwer geworden, Dich von mir lassen zu müssen und in diesen alten Räumen ver geblich auf den süßen Klang'Deiner Stimme zu horchen oder Dein liebes Antlitz umsonst darin zu suchen. Blanche erhob ihr Gesichtchen kindlich und liebe voll zu ihm und Sir Arthur neigte sich herab und gab ihr einen väterlichen Kuß. Dann wandte er sich an Jasper Lowder, der sehr wohl wußte/ welchen Schmerz dieses edle Herz litt, indem er Blanche einem Anderen abtrat. Er sah die kummervollen Linien um Sir Arthur's Mund; er allein deutete richtig den Ausdruck von Selbstver leugnung in seinen braunen Augen. „Hugh," sagte Sir Arthur ernst und feierlich, doch mit freundlichem Lächeln, „sei sehr zärtlich gegen sie. Blanche ist wie eine zarte Blume, die nach dem Sonnenschein begehrt. Sie muß immer in den Sonnensckein Deiner Liebe leben. Wie Du an ihr handelst, so möge der Himmel an Dir handeln, mein Sohn." Diese Worte klangen in Lowdor's Ohren, wie die Beschwörung eines Fluches. Doch wußte der Betrüger sehr gut, daß Sir Arthur sie nicht so ge meint hatte. Der Baronett drückte Lowder die Hand und ver ließ dann Plötzlich das Zimmer, die Verlobten allein lassend. Das Geschick hatte in der That Jasper Lowder's Pläne sehr begünstigt. (Fortsetzung folgt.)
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