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Wochenblatt für WilS-ruff, Tharaud, Rosse«, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Zwanzigster Jahrgang. Donnerstag, den 5. Januar l860. 1, Verantwortlicher Redacteur und Verleger: Albert Reinhold. Non Lieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für Len Viert eljabrgang betragt 10 Ngr. Sämmtliche Königs. Postämter nehmen Bestellungen Laraus an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, weiden in Wilsdruff sowohl in der Redaclion, als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bi« längstens Donnerstag Vormittag, in Tharaud und Noffktl aber bis längstens Mittwoch Nachmittag erdeten. — Ltwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blatter entsprechen, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. Die Re-action. ^IZ^WcMickr M üss tMAMWr ' Das jüngst entschwundene Jahr war ein ernstes für den größten Theil Europa'ö und wird einge tragen werden in die Jahrbücher der Geschichte und in den Schulen werden es sich die Kinder dereinst rinprägen müssen. Hat eS doch einen der blutigsten Kriege gebracht, den die Weltgeschichte je ausge zeichnet. Wir aber haben Gott inbrünstig zu dan ken, daß der italienische Krieg sich nicht in einen europäischen verwandelte, wie eS den Anschein ge wann. Wenn wir aber auch nicht unmittelbar in die Schrecknisse und Gräuel des Krieges hineinge zogen wurden, so litten doch die meisten Staaten unter dem Drucke der Rüstungen, welche die Staats kassen mit neuen Schuldenlasten beschwerten, so litten doch alle Staatsbürger durch Geschäftsstockungen. War doch die diesjährige Leipziger Ostermesse, welche frisches Lebenswasser in die Geschäfte bringen sollte, eine der traurigsten, die je abgehalten wurde. Tau sende haben durch die reißend schnelle Entwcrthung der Staatspapiere und durch den Fall vieler ange sehener Handelthäuser einen großen Theil ihres Vermögens verloren. Wie oft hat doch die Furcht vor einem europäischen Kriege drückend wie ein Alp auf den Völkern gelegen. Blicken wir aber auf die am Kriege unmittelbar betheiligt gewesenen Staaten, auf Italien, Oesterreich und Frankreich — welcher namenlose Elend waltete dort, wo die kräf tigsten Söhne der Bevölkerung dem Moloch des Krieges in ungezählter Zahl zum Opfer gebracht wurden und Lausende von Familien den Verlust sines theuttn Sohnes, eines geliebten VaterS be weinen, der Tbräncn noch nicht zu gedenken, welche in den Lazarethen vergossen wurden. Den Neujahrsmorgen feierten wir noch in tiefer Ruhe und im Gefühle einer dauernden Sicherheit. Da wurde die Welt plötzlich durch den Telegraphen erschreckt, welcher die Nachricht brachte, der Kaiser Napoleon habe den österreichischen Gesandten mit einem ernsten, vieldeutigen Neujahrswunsche über rascht. Die politische Welt und die Börsen sahen darin die Vorboten einer nahen Kriegserklärung und die Furcht vor einem europäischen Kriege griff im mer weiter um sich. Noch deutlicher für den nahen Kampf sprach die Herbeirufung der algerischen Kern truppen und die Ansammlung französischer Armeen in Marseille, Lyon und Grenoble. Auch Oester reich verstärkte seine Truppen in Italien, war aber im Voraus im Nachtheil, weil es eine allzulange Linie von Ancona und Bologna über Parma und Piacenza bis Mailand und den Langensee besetzen mußte. Vergeblich waren unter solchen Umständen die Aermittelungsvorschläge Englands und Ruß lands. Frankreich wollte Krieg, Italien glühte da nach wie ein Vulkan und Oesterreichs Eyre ver langte ihn. Als Oesterreich an L-ardinien das letzte Wort richtete, landeten auch schon die Franzosen in Genua und begannen die merkwürdigen und gefahrvollen Uebergänge über die savoyischen Alpen. Am 27. April begannen die Oesterreicher die Feind seligkeiten durch Ueberschreitung des Tessin, wor auf rasch französische Truppen dem bedrohten Turin zu Hülfe eilten, aber auch der Aufstand in Parma,