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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Noffen, Sieben lehn und die Umgegenden. Amtsblatt für -as Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 10. Juli MF 28. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljahrgang beträgt iv Ngr. und ist jedesmal vorausjubezahlen. Sämmtliche KLnigl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten «tück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl (in der Nedaclion), al- auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, »ach Befinden hvnorirt. „ Umschau. Der plötzliche Tod deS Prinzen Ferdinand von Dänemark bringt die schleswig-holsteinische Frage wieder aufs Tapet. Der Prinz selbst zeichnete sich durch Nichts als ungeheure Schulden auS; sein Tod berührt daher nur diejenigen, welche Wechsel von ihm in Händen haben und bis jetzt immer noch die Hoffnung hegten, ihr Schuldner werde einst den Thron in Kopenhagen besteigen. In Hamburg und Lübeck ist daher große Trauer in den Geld- kreisen. Aber dieser Prinz war auch der letzte Sproß der regierenden dänischen Königsfamilie. Stirbt der jetzige König, der 55 Jahre alt und kinderlos ist, so geht die Krone auf die weibliche Linie über, da nach dem dänischen Königsgesetz wie in Eng land, Rußland rc. auch Frauen regierungsfähig find. Die beiden deutschen Herzogthümer Schleswig und Holstein sollten aber dann von Rechtswegen dem Herzoge von Augustenburg zufallen, denn in Deutsch land gilt das alte Gesetz, daß nur der „Mann vom Aianne" zum Thron berechtigt ist. Dadurch würde auch das unnatürliche Verhältniß gelöst, das einen deutschen Stamm unter die Gewalt der Fremden beugt. Für dieses Recht haben die Schleswig-. Holsteiner 1848 und 1849 gekämpft und auch säch« Uches Blut ist dafür geflossen. Die Diplomaten haben jedoch anders beschlossen. Das Londoner Protokoll vom Jahre 1852 setzt die Untheilbarkeit der dänischen Monarchie fest, beraubt den recht- Wigen Herzog von Schleswig-Holstein seiner An- wrüche und überträgt die Erbschaft dem Prinzen Christian, dem Vater der englischen Kronprinzessin Und de» neuen griechischen Königs. Diesem Pro- ^olle haben zwar Preußen und Oestreich, nicht aver der deutsche Bund, ebensowenig die Schleswig- Holsteiner, noch weniger der Herzog von Augusten burg zugestimmt. Wird nun, wenn der König Friedrich Vll. die Augen schließt, das Recht oder werden die Diplomaten siegen? — Man erfährt jetzt, daß das Auftreten deS Kronprinzen von Preußen nach der Preß verordnung vom 1. Juni viel entschiedener gewesen ist, als uuswärtige Blätter gemeldet haben. Er hat dem Ministerpräsidenten v. Bismark einen förm lichen Protest gegen die octroyirte Verordnung mit der Aufforderung zugehen lassen, denselben dem GtaatSministerium vorzulegen. Der König hat aber dazu seine Genehmigung nicht ertheilt und Herr v. Bismark soll geantwortet haben, daß sie als die treuen Diener des Königs nicht anders hätten handeln können und daß die Verfassung dadurch keineswegs verletzt sei. Auf den König soll das Verfahren des Kronprinzen einen mächtigen Eindruck gemacht haben, so daß vor der Hand an ander weitige Octroyirungen nicht zu denken sei. — Berlin ist seit einigen Abenden der Schau platz von Unruhen gewesen, dir zuletzt zu einem blutigen Krawall ausarteten, der einen ziemlich bösartigen Charakter trug. Die Ursache war fol gende: Ein HauSeigenthümer hatte gegen seinen Miether deshalb einen Exmisfionsbeschluß de» Stadtgerichts erwirkt, weil der Miether, ohne anzu fragen, einen eiserne» Ösen halte setzen lassen. AuS Rache dafür klebte der Miether, ein Bierwirth, ein Bild, zwei kämpfende Ziegenböcke darstellend, mit der Ueberschrift: „Exmtttirl wegen Aufstellung eines eisernen Ofens" an die Fenster und warnte gleich zeitig alle Miether durch rothe Zettel an den An schlagzetteln vor seinen Mierhsherrn. Dadurch wur den große Volksmassen auf den Montzplatz gelockt, die erst auf den HauSeigenthümer schmähten und