Volltext Seite (XML)
WschcMM für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Mmtsölatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^7 18. Dienstag, den 25. Februar 1873. Wie es im römischen Concil mit der Unfehlbarkeit zugegangen ist, schilderte auf der Katholikenversammlung in Constanz dieser Tage der tief eingeweihte Professor Friedrich in München, der Zeug« des Concils war. . Schon mit Uebcrgabe der Geschäftsordnung war die Verkündig ung der Unfehlbarkeit entschieden. Die meisten Bischöfe hatten aber gar nicht gemerkt^, was für ein gefährliches Papier sie mit die ser Geschäftsordnung, welche das alleinige Vorschlagsrecht dem Papste zuschricb, in Händen hatten. Den theologischen Bestächen sei es ge lungen, sie darüber aufzuklären; nach und nach habe sich auch eine Opposition gebildet, aber im Ganzen haben die Oppositionsbischöfe das Lob nicht verdient. Im März 1870 sei Cardinal Rauscher überzeugt gewesen, daß die Unfehlbarkeit bei den Jesuiten beschlossene Sache sei und sie fest darauf lossteuerten. Er habe aber erklärt: in keinem Falle ein Schisma Hervorrufen zu wollen. Die äußerliche Einheit habe ihm höher gestanden, als die Wahrheit. (Bewegung.) Trotz aller Machinationen hätten 80 Bischöfe gegen das Dogma ge stimmt und eine große Anzahl mit xlaost zuxta mockum, was das heißen solle, wisse man nicht, es sei nur die etwas ummäntelte Cha rakterlosigkeit. (Große Bewegung.) Als in der letzten Stunde die Oppositionsbischöfe sich zum Papste begeben hätten, um ihn zu bitten, von dem Unternehmen abzustehen, sei derselbe weich geworden und habe ihnen eine Aendcrung versprochen. Nachträglich aber hätten die Jesuiten den alten Mann wieder anders gestimmt, indem sie ihm drohten, er werde, wie Honorius II., zum Ketzer erklärt werden, wenn er nachgebc. Den Opposilionsbischöfen wurde schließlich gesagt: die Sitzung zur Hanptabstimmung über das Dogma sei schon anberaumt und könne nicht widerrufen werden. Also der Umstand, daß die Sitzung bereits angesagt war, wurde dafür entscheidend, der katho lischen Christenheit eine so ungeheuere Lüge aufzubinden! (Sensa tion.) Pius IX. habe später selber gestanden, daß er das betreffende Schema noch nicht gelesen habe. Er wußte in den entscheidenden Tagen selbst nicht, wie und mit welchen Worten die Jesuiten ihn für unfehlbar erklären wollten. (Bewegung.) Ja, meine Herren, ich sage dies mit vollem Bewußtsein: auch bei Verkündigung des Dogmas von der unbefleckten Empfängnis) wußte der Papst nicht, was er unterzeichnet hatte. (Große Bewegung.) Als nach der entscheidenden Abstimmung vom 18. Juli 1870 55 Bischöfe fluchtähnlich die Stadt Rom verließen, überreichten sie in ihrem Namen uud wie sie sagten, im Namen vieler anderer einen Protest und gaben sich das Wort: wenn sie in ihre Diöcesen zurückgekehrt sein würden, nicht vereinzelt zu handeln. Nach dem Concil kamen sie auf Betreiben des Erzjesui ten von Kctteler und des nicht minder gefährlichen (wenn auch weniger gescheivtcn, dafür desto gefügigeren) Bischofs v. Melchers von Köln in Fulda zusammen, um sich gegenseitig ihr Wort zu brechen. (Tiefe Bewegung.) Welche Praktiken angewendet wurden, um die Unter werfung hcrbeizuführen, dafür gab Redner noch ein weiteres Beispiel. In dem „Giorualc di Noma," der officiellcn päpstlichen Zeitung, er schien etwa zwei Monate nach dem Concil ein Artikel: daß die Car dinale Rauscher und Schwarzenberg sich unterworfen hüllen, was gänzlich unwahr war. Man brachte durch jenen Artikel die Cardi- näle in die Lage, entweder erklären zu müssen, das offizielle Blatt habe gelogen oder sich durch Stillschweigen zu unterwerfen. Sie wählten Letzteres. So kam durch Wortbruch, List, Lüge und Betrug der sogen, avusonsus unanismis zu Stande. (Bewegung.) Redner kehrt zur Unterwerfung der deutschen Bischöfe zurück Die meisten derselben seien unwissend und schwach von Charactcr, da die Regier ungen leider seit Decennien nur die unwissendsten und charakterlosesten der Theologen aus die BischofsNühle habe gelangen lassen, in der Meinung, mit solchen gefügigen Werkzeugen am besten regieren zu können (Lebhafter Beifall.) Wie sehr sie sich getäuscht, beweise der gegenwärtige Streit. Der unerhörte Wortbruch' von Fulda sei ein schmachvolles Ereigniß, welches in der deutschen Geschichte ohne Bei spiel dastehe. (Sensation.) Dann kommt Redner auf die Unterwerf ung des Klerus zu sprechen. Nachdem die Bischöfe ihr Wort ge- hrochen, wollten sic auch den Klerus zur Unterwerfung zwingen und durch diesen das Volk. Die große ungeheuere Lüge von der Unfehl barkeit, wie die Welt noch keine gesehen habe, solle dem Volke auf gebürdet werden. Wir bringen Ihnen keine Lügen, wie unsere Geg ner behaupten, wir sagen Ihnen die Wahrheit, schloß der Redner. Ich habe all' das Gesagte schon oft ausgesprochen, ich habe es in meinen Werken drucken lassen und noch ist cs nicht gelungen, mich einer Lüge zu überführen, uoch hat keiner der Betheiligten es ge wagt mir zu widersprechen. (Anhaltender Beifall.) Tagesgeschichte. Das Finanzministerium, das Ministerium des Innern und das Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts machen Folgendes bekannt: Nachdem mit allerhöchster Genehmigung Sr. Ma;, des Königs die Herstellung einer neuen geologischen Karte des Königreichs Sachsen beschlossen, auch der dazu nöthige Aufwand von den Ständen des Landes bewilligt worden ist, soll zu diesem Zwecke ein« speciclle Untersuchung des ganzen Landes vorgenommen werden, mit deren Leitung der Professor der Geognosie an der Universität Leipzig vr. Credner beauftragt worden ist. Ze wichtiger und werthvoller eine möglichst genaue Kenntniß der Bodenverhältnisse nicht blos in wissenschaftlicher Beziehung, sondern namentlich auch für die land- und forstwirthschastlichc und gewerbliche Bodenbenutzung aller Art ist, um so mehr darf erwartet werden, daß diesem gemeinnützigen Unternehmen auch von Seiten aller nicht unmittelbar dabei Betheiligten, insbesondere der bestehen den wissenschaftlichen und landwirthschaftlichen Vereine, sowie von den öffentlichen Lehrern, allen sonst fachkundigen Personen ein entsprechendes Interesse geschenkt und vorkommenden Falls die wünschenswerthe Erleichterung und Unterstützung ent gegen gebracht wird. Die sämmtlichen Verwaltungsbehörden des Landes, sowie die Gcmemdevorstände und alle Besitzer und Verwalter von Grundstücken werden daher aufgesordert, dem Professor vr. Credner und seinen von ihm legitimirtcn Mit arbeitern nicht nur die Begehung von Grundstücken, sowie die Einsicht in Karten, Schriften und Sammlungen auf Ansuchen zu gestatten und die thunlichste Förder ung ihrer Arbeiten zu gewähren, sondern auch von der Vornahme einzelner interessante Ausschlüsse über den Bau des Erd-Jnnern versprechender Arbeiten, wie Wegebautcn, Gräben-, Stölln-, Schacht-, Brunnenanlagen, Bohrversuche, Steinbrllche u. s. w. sowie von dem Funde etwaiger, für die Geologie verwerthbarer Gegenstände, wie z. B. Scelette, Steinwerkzeuge, Urnen u. s. w. oder von Metcorfällen, Höhlencr- schließungen n. dergl. dem Professor vr. Credner möglichst bald zu benachrichtigen, damit derselbe nöthigenfalls die geeigneten Schritte thun kann, die sich bietenden Aufschlüsse für die Zwecke der geologischen Landesuntersuchung nutzbar zu machen. In Pirna hat der Kirchenvorstand beschlossen, seine Sitzungen öffentlich abzuhalten. Aus Niederwartha lassen sich neuerdings wieder einmal be deutsame Anzeichen vernehmen, nach denen die baldige Inangriffnahme des viel besprochenen Brückenbaues für die direete bereits bis Großen hain in Herstellung genommene Berlin-Dresdner Eisenbahn zu ver- muthen ist. So sollen unlängst nicht blos Bestellungen auf circa 16,000 Schock Werkstücken in den Sandsteinbrüchen zur neuen Brücke gemacht worden sein, sondern cs ist auch Thatsachc, daß z. B. wegen Miethe von Logis in Niederwartha Seiten der technischen Beamten eingehende Umfrage erfolgte und dabei angeblich sogar zur Erwäg ung gelangte, im dasigen Gasthof den ohnehin selten benutzten Saal in geeigneter Weise baulich umzugestalten. Wie das „Preußische Volksblatt" hört, hat Sc. königl. Hoheit der Prinz Friedrich Carl die ihm nach dem letzten Kriege zugefallene Dotation zum großen Theile behufs Begründung von Stiftungen an diejenigen Regimenter rc. überweisen lassen, welche in den Feldzügen von 1864, 1866 und 1870/71 unter seinem Obcrfehl gefochten haben und Gelegenheit fanden, sich besonders hcrvorzuthun. Die Zinsen dieser Stiftungs-Kapitalien sollen laut Verfügung des hohen Gebers zur Gewährung von Zulagen an Unteroffiziere und Kapitulanten verwendet werden. Es sollen gegen 30 Regimenter beziehungsweise Jägerbataillone derartige Schenkungen in Beträgen bis zu 3000 Thlr. empfangen haben. Das geflügelte Wort vom Heiden- eigentlich „hehdtenmäßig viel Geld" in Prenßen ist überflügelt und Herr v. Manteuffel wird ein neues erfinden müssen. Die Staatseinnahmen von 1872 haben