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UmM, W«, §ikdt«lch i«d die WWck«. Amtsbtcrtt für die Kgl. KmtshauxLmMnschaft zu Weißen, das Kgl. Amtsgericht und den Stadiralh zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Psg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Ühr angenommen. Nr. 21. Dienstag, den 15. März 1887. Bekanntmachung. Der diesjährige hiesige FrühjahrSmarkt wird Donnerstag, den 17. und Freitag, den 18. März abgehalten. Wilsdruff, am 2. März 1887. Der Stadtgemeinderath. Kicker, Brgmstr. Bekanntmäch nn g, die Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers betr. Der 22. März, an welchem Seine Majestät Kaiser Wilhelm, der erhabene Schirmherr des Deutschen Reiches, das 90. Lebensjahr vollendet, soll in unserer Stadt in folgender Weise festlich begangen werden: Morgens 6 Uhr Reveille, Vormittags von 11 bis 12 Uhr Musikaufführung auf dem Marktplatze und Abends von 8 bis 11 Uhr Festfeier im Saale des Schießhauses unter Mitwirkung der Gesangvereine Liedertafel und Sänger kranz sowie des hiesigen Stadtmusikcorps; . Festrede: der unterzeichnete Bürgermeister. ^ndem wir dies andurch zur öffentlichen Kenntniß bringen, fordern wir zugleich die geehrte hiesige Bewohnerschaft aus, durch recht zahlreiche Be theiligung und durch Schmückung der Däuser die von uns geplante Feier zu einer des Tages würdigen zu gestalten. Wilsdruff, am 14. März 1887. Der Stadtgemeinderath. — Ficker, Brgmstr. Aag-Sgefckichte. Der Reichstag hat am Freitag und zwar ohne jede Debatte die Militärvorlage nach dem Regierungsentwurf unverändert in dritter Lesung mit 227 Stimmen gegen 31 Stimmen angenommen, während 84 Abgeordnete sich der Abstimmung enthielten. Es sind somit während der Abstimmung nur 342 Mitglieder im Saale anwesend gewesen, während anzunehmen ist, daß einzelne Mitglieder der kleinen Oppositionsgruppen sich vor der Abstimmung, wie bei der zweiten Lesung, aus dem Saal ent fernt haben. Würde es auch dem Beschluß des deutschen Reichstages ein noch schwereres Gewicht verliehen haben, wenn er mit einer imponiren- den Majorität gefaßt worden wäre, so wird derselbe doch nach außen, wie nach innen seine Wirkung auf Stärkung der Friedensaussichten nicht ver fehlen. Die 31 ablehnenden Stimmen dürften doch zum größten Theil von der",deutsch freisinnigen Partei ausgehen, während die Stimmenthalter zu dem Centrum gerechnet werden können, und unsere Gegner im Auslande werden es noch recht wohl im Gedächtniß haben, daß diese beiden Par teien, freilich die eine mehr oder weniger, freudig gewillt waren, die Er höhung der Präsenzstärke des deutschen Heeres zu bewilligen, wenn auch, wie sie geltend machten, aus inneren politischen Gründen nur auf 3 und nicht, wie die Regierung forderte, auf 7 Jahre. Möge mit der am Freitag erfogten Abstimmung der heftige Streit der Parteien nun begraben und es dem uns nicht freundlichen Auslande klar geworden sein, daß die deutsche Nation allen inneren Hader fallen lassen wird, wenn es gilt, die Sicherheit, Wohlfahrt und Machtstellung des Vaterlandes zu wahren, aber ebenso auch in Uebereinstimmung mit der Regierung gewillt ist, von der Erhöhung der Wehrkraft sonst nur im Interesse der Erhaltung des euro- päischen Friedens Gebrauch zu machen. Die konservative Fraktion (Ackermann, Hartmann, v. Kleist- - Retzow, Kropatscheck u. Gen.) hat^die völlig mit denen des Centrums und den Anträgen aus der vorigen Session gleichlautenden Anträge auf Vermehrung der Jnnungsrechte und Befähigungsnachweis der Handwerker- Heute besonders im Reichstag eingebracht. Berlin. Wer zu Kaisers 90. Geburtstag hierher kommen will, muß schon jetzt in einem unserer Gasthöfe Quartier bestellen. Der Fremdenandrang scheint ungewöhnlich stark zu werden, wovon die bisheri gen Anfragen bei den Hotelbesitzern Zeugniß geben. Allerdings nehmen die Vorhereitungen zu dem Tage eine Ausdehnung an, die der Einzigkeit des Festes entspricht, und so wird es in der That zum 22. März hier viel zu sehen und zu hören geben. Haben wir vom 21. bis zum 23. März leidliches Wetter, so entfaltet sich eine Jlluminationspracht, wie sie vordem hier wie überhaupt nirgends gesehen worden ist, und erlaubt das Befinden des Kaisers eine Theilnahme an den Huldigungen des Hofes, der fremden Fürsten, der Botschafter und der Generalität, so nehmen auch sie einen vorher nie gekannten Glanz an. Auf dem Schlosse, im kaiser lichen wie in den prinzlichen Palais, in den Theatern, in den Ministerien und in zahllosen anderen staatlichen wie privaten Instituten sind die Vor kehrungen zu wirksamster Begehung des 22. März in vollem Gange. Sämmtliche Souveräne Europas werden in außerordentlichen Missionen sich vertreten lassen. Daß der Kaiser nicht im Stande ist, allen Gratu lanten persönlich sich zu nähern, versteht sich gegenüber der Menge glück wünschender Personen von selbst, ja es darf kaum erwartet werden, daß der Monarch bei der Gratulationscour im k. Schlosse sich zeigt. Die Ansprüche, die an ihn gemacht werden, reichen viel zu weit, als daß nicht die Leibärzte die äußerste Beschränkung der Feier, so weit sie das Erschei nen des Kaisers bedingen, mit vollem Nachdruck anordnen. In ähnlicher Weise wird die Kaiserin den Huldigungen sich entziehen, da sie der Scho nung ebenfalls dringend benöthigt ist. Was im Einzelnen geschehen darf und was nicht, geben die Aerzte an den einzelnen drei Tagen an, denn zu einer dreitägigen Feier erweitert sich der neunzigste Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers schon im Hinblick auf die Fülle der Festkundgebun gen. Es geht in Hofkreisen die Mittheilung um, das Allgemeinbefinden des Monarchen in den letzten Tagen sei um Vieles erfreulicher als in der Zeit vor und nach Weihnachten, und wenn der jetzige Zustand andauere, so werde die Bereitschaft des Kaisers zu persönlicher Betheiligung an dem Feste gewiß zu erwarten sein. Aus einem Studium der Abstimmungsliste über die Septennatsvorlage ergiebt sich, daß von 236 preußischen Reichstagsabgeordneten 130, also nicht viel über die Hälfte, für das Gesetz stimmten. Von den 48 bay rischen stimmten 15 mit Ja, von den 23 sächsischen 22, von den 17 württembergischen 14, von den 9 hessischen 6, ferner sämmtliche 14 badener, alle braunschweiger, mecklenburger und die ganze überwiegende Mehrzahl der Abgeordneten aus den kleinen Staaten. Es ergiebt sich daraus wieder, eine wie werthvolle und unentbehrliche Unterstützung große nationale An liegen aus den mittleren und kleinen Bundesstaaten empfangen. So schreibt ein sicher sehr einheitsstaatlich gesinntes Blatt, die „Magdeburger Ztg.": Möge man, wenn ja einmal wieder später der Freiheitsteufel jucken sollte, sich der patriotischen Haltung der Mittel- und Kleinstaaten erinnern und ihnen die Rechte lassen, die sie für ihre Eigen-Existenz eben für unent behrlich halten. Die „Friedensaussichten" haben sich in den letzten Tagen wiederum vermehrt. Als ein Symptom in dieser Richtung darf man die Verleihung des hohen russischen Ordens des weißen Adlers an den Staatssekretär des Auswärtigen, Grafen Herbert Bismarck, verrechnen. Unter den augenblicklichen Umständen gewinnt es das Ansehen, als ob diese Ordens verleihung einen internationalen Vorgang von materieller Bedeutung signa- lisire, der einstweilen noch der Oeffentlichkeit sich entzieht. Auch die Hier herkunft des Herm v. Lesfeps und die Friedensversicherungen, die er hier abgab, kann man unter diesem Gesichtspunkt betrachten. Den französischen Preßorganen, die von dem wildesten Kriegsgeschrei in einer raschen Schwen kung zu pathetischen Friedensbetheuerungen übergingen, hat man in Deutsch land einen ganz untergeordneten Werth beigelegt. Einen Mann von der Haltung und dem Verdienst des Herrn v. Lesseps, der in so großem An sehen bei seinen Landsleuten steht, darf man schon eher als den berufenen Vertreter der Anschauungen derselben betrachten. Die Gemahlin des russischen Botschafters, eine in der Berliner vor nehmen Gesellschaft sehr hochgeschätzte Dame, feierte am Donnerstag ihren Geburtstag. In der nachmittäglichen Theestunde erschien im Salon der Gräfin der Reichskanzler Fürst Bismarck, gratulirte auf das Herzlichste und unterhielt sich in liebenswürdigster Weise eine halbe Stunde lang mit den anwesenden Damen. Dieser Besuch, der einer Konferenz mit dem Botschafter folgte, ist, wie die „Post" meint, ein Ereigniß für die Gesellschaft, welches verdientes Aufsehen erregt. Es wird, wie in Berlin aus sehr guter Quelle verlautet, in unter richteten diplomatischen Kreisen angenommen, daß die letzte Katastrophe in Bulgarien nicht geeignet sei, die Aussichten für Erhaltung des europäischen Friedens zu verschlechtern. Im Gegentheil ist man der Ansicht, daß die maßgebenden Persönlichkeiten in Petersburg entschlossen ieien, nach wie vor Bulgarien sich selbst zu überlassen und von jeder thatsächlichen oder