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Alles mögliche ist schon versucht worden, um den politischen oder parteipolitischen Auseinandersetzungen die „schlagenden Gründe" zu entziehen; genützt Hai es nicht viel. Genützt hat es auch kaum, wenn hier und da vielleicht einmal — z. B. vor einer Wahl — so eine Art Burgfrieden zwischen den verschiedenen Parteien und Verbänden vereinbart wurde und man allerseits die Zusicherung gab, sich lediglich auf mündliche Auseinander setzungen zu beschränken. Bald war doch wieder der Krach da und dann spielten eben nicht bloß jene „schlagenden Gründe", also Zaunlatten, Steine oder was sonst zur Hand war oder rasch herbeigeholt, teilweise auch Mltgebrachi wurde, eine unerfreuliche Rolle, sondern das virtuos geführte standfeste Messer oder der Schlagring. Bisweilen, und nicht gerade sehr selten, auch der Stiefel absatz. Hinterher haben dann die Ärzte zu tun oder — nichts mehr zu tun. Wird daher die Mahnung noch Erfolg haben die jetzt der preußische Innenminister an die politischen'Ver bände und die ihnen nahestehenden Parteien und Zeitungen richtet und die auch andere 8andesminifter hätten abgeben können, alle Anstrengungen zu machen und das Notwendige zu veranlassen, um der steigenden polt tischen Verhetzung und den durch sie hervor gerufenen, zum mindesten nicht verhinderten Kämpfen jener Art endlich einmal ernsthaft entgegenzuwirken? Es ist nicht die erste Mahnung dieser Art, nur wird sie dies mal verschärft durch die Drohung, zu einer Auflösung von Vereinen und Verbänden zu schreiten, die nichts tun, um solche Ausschreitungen zu verhindern, sie womöglich insgeheim noch fördern Das gleiche wird in einem Erlaß des Ministers an die Polizeibehörden gesagt — allerdings geht er noch weit über die Drohung einer Auflösung in sofern hinaus, daß er ein vorbeugendes Verbot von öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel oder Umzügen anordnet, wenn diese „eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen", ebenso von geschlossenen Versammlungen, „die nach Beginn einen un friedlichen Charakter annehmen". Das ist reichlich un bestimmt, verlangt also eine viel genauere Fest - legung der Voraussetzungen für solche Auf lösungen und Versammlungsverbote, weil sonst leicht der Vorwurf laut werden kann, daß bei ihnen auch wieder parteipolitische Erwägungen mitsprechen können Anderer seits können freilich gerade die Ortsbehörden am besten beurteilen, ob bei irgendwelchen parteipolitischen Veran staltungen „Gefahr in Verzug" vorliegt. Es ist geradezu traurig, daß es überhaupt zu diesem Erlaß erst noch kommen mutzte! Aber gerade in letzter Zeit sind wiederholt parteipolitische Morde und Schläge reien vorgekommen, die ihre Opfer unter besonders üblen Umständen forderten. Das sind nicht mehr Körperver letzungen im parteipolitischen Affekt, sondern wohlvor bereitete Handlungen, denen auch die Polizei häufig machtlos gegenübersteht. Traurig ist es, daß erst Per sammlungsverbote notwendig wurden, um die Ruhe einigermaßen wiederherzustellen, daß alfo die Staats- autorität eingesetzt werden mußte, um die Parteipolitisch derart „Kämpfenden" auseinanderzubringen und vielleicht noch Schlimmeres zu verhüten! Das ist unwürdig eines Volkes, das den Anspruch erhebt, politisch rmf »u sein, und bei dem nun eine Art Erziehungsarbeit ein fetzen mutz. Zum mindesten heute droht mit einer solchen zwangsmäßigen Beruhigung der unreifen Teile unseres Volkes, die im politischen Kampf zur rohen Gewalt greifen. An Worten und Mahnungen hat es bisher wirklich nicht gefehlt, aber sie blieben, wie der preußische Innen minister erklärt, bedauerlicherweise vielfach ohne Erfolg. Noch einmal will er an die Parteien und Bünde seslbst appellieren, ihrerseits dem Kampf weniger schroffe, ruhe störende Formen zu geben, noch einmal — aber zum letztenmal. Nützt es auch diesmal nichts, dann will er rücksichtslos die Macht des Staates einsetzen, weil es ja schließlich doch Hauptaufgabe des Staates ist, für Ruhe und Ordnung auch bei der Austragung parteipolitischer Meinungsdifferenzen zu sorgen, den Schlagring nicht zur beliebtesten politischen Waffe werden zu lassen. Eins wird man in den angedrohten Maßnahmen noch vermissen, was aber bekanntlich leider nur zu oft gerade der Aus gangspunkt politischer Schlachten wurde: Versamm lungsschutz. Das mehr oder weniger gewaltsame Sprengen von Versammlungen, das ja immer vorher genau organisiert ist, müßte so weit wie irgend möglich verhindert oder, wo es doch geschieht, unter Strafe gestelli werden. Leider ist ein entsprechender Vorschlag 1324 im Reichstag abgelehnt worden, aber er wäre die — und zwar eine leider sehr notwendige — Ergänzung der an gedrohten polizeilichen „Beruhigungsaktion". Hinter der freilich noch ein nicht gerade kleines Fragezeichen steht: wieweit läßt sie sich im Hinblick auf die vielfach allzu geringen Mannschaftsbestände der Polizei namentlich ab seits der Großstädte überhaupt durchführen? Wiederholt war sie ja viel zu schwach, um durchgreifen zu können. Was allein sie unterstützen kann, wäre auch ein energisches Durchgreifen der Parteien und Verbände ihren eigenen Mitgliedern gegenüber. > Fördert die Ortspresse » M die Höhe der MWHllUW Kurse OoWlrung Paris, 25. März. Die Havas-Agentur berichtet über den Verlauf der nachmittags abgehaltenen kurzen Vollsitzung der Re parationskonferenz, daß nach Erstattung der Berichte durch Lord Revelstvke und den amerikanischen Delegierten Perkins der Vor sitzende Owen D. Young das Wort ergriffen und erklärt habe, daß nach seiner Ansicht der Augenblick gekommen sei, die Frage der Ziffern anzuschneiden. Er habe vorgeschlagen, daß die De legierten in privaten Unterredungen von Delegation zu Delega tion darüber sprechen, um die vertiefte Prüfung in der Vollsitzung vorzubereiten. Dieser Vorschlag sei von dem Reparationssachver ständigenausschuh angenommen worden. In dieser Woche wird nur noch eine Vollsitzung abgehalten. Die Einberusung auf Mitt woch oder Donnerstag sei dem Vorsitzenden anheimgestellt wor den. Die Konferenz tritt dann erst wieder am 4. April zusammen. * Die am Nachmittag stattgesundene Vollsitzung der Repara- lionskonferenz dauerte nur eine halbe Stunde. Lord Revelstvke legte den letzten Teil seines Berichts betreffend die Kapitalbe schaffung der geplanten Zentralbank vor. lieber ihn ist im wesent lichen eine Einigung erzielt worden. Namens des Sachlieferungs ausschusses erstattete Perkins einen neuen Bericht. Verschiedene das Sachlieferungsprogramm betreffende Fragen sind auf Antrag von deutscher Seite zurückgestellt worden. Ist Sachverständigen erst auf halbem Wege Berlin, 25. März. Das „Berliner Tageblatt" veröffent licht unter obiger Keberschrift einen Artikel seines Pariser Son derberichterstatters über die Sachverständigenverhandlungen, in dem es unter anderem heißt: Der Handel um die Zahlen hat noch nicht zur Einigung geführt. Etwa 400 Millionen Mark für die Durchfchnittsannuität auf 37 Jahre beträgt wohl heute die Kluft zwischen Angebot und Forderung. Man darf diese Zahl nicht unterschätzen. Das bedeutet für Deutschland den Unterschied zwischen dem noch gerade Möglichen und der Gefahr einer finan ziellen Katastrophe. Es gibt Grenzen, an denen ein Pfennig mehr KWkilMV 111 HHWML8WI» oder weniger über Zahlungsfähigkeit oder Bankrott entscheidet. Aber auch von der Gegenseite werden diese 400 Millionen nicht als Lappalie behandelt, obwohl man im Vergleich zu den For- rungen schon um das Drei- bis Vierfache dieses Betrages her untergegangen ist. Die Fülle der Kombinationsmöglichkeiten bil det rein äußerlich einen Verzögerungsfaktor. Sie sind aber an derseits die Basis sür die allgemeine Hoffnung, daß man schließ lich doch noch zu einer Einigung gelangen wird. Vom deutschen Standpunkt aus muß die vollkommene Wiederherstellung der wirtschaftlichen Souveränität Deutschlands die grundsätzliche Vor aussetzung sür eine Endregelung sein. Die englischen Sachver ständigen haben diesen Grundsatz offenbar noch nicht voll aner kannt, wenn sie noch immer aus der Beibehaltung des Recovery Act bestehen, nach dem die englische Regierung das Recht hat, 26 Prozent des Entgelts für die private deutsche Einfuhr nach Eng land zu beschlagnahmen. Man will an ihm festhalten, um sich Frankreich gegenüber einen großen Teil des bedingungslos erfol genden deutfchcn Transfers zu sichern. Das Young-Komitee ist erst auf halbem Wege angelangt, und seine Verhandlungen wer den noch manche Krise zu überwinden haben. Stegervald zur Koalitionssrage. Drei Wege. Der Rcichstagsabgeordnete ^es Zentrums Dr. Stegerwald ging in einer zu Büren (Westfalen) gehaltenen Rede auf die gespannte innenpolitische Lage ein und sagte dabei u. a.: Es gibt nur dreierlei: entweder Diktatur oder N e i ch s t a g s a u f l ö s u n g oder aber feste Koali tion. Diktatur bedeutet praktisch: die Zerreißung der Ncichscinheit. Neichstagsauflösung bedeute, Stärkung des Radikalismus. Mithin bleibt nur der Weg zu einer festen Koalition offen. Wer im Zentrumslager ein bewußtes Fernbleiben von der Negierung will, arbeitet praktisch, ob gewollt oder ungewollt, au der Anbahnung der Diktatur. Jede Negierungskoalition hat sich bewußt zu sein, daß die deutsche Politik in den nächsten Jahren aus allen Ge bieten Ausgleichspolilik sein muß. Alle Parteien, die in der Regierung vertreten sind, müssen in den nächsten Jahren den Willen mitbringen, den Staatswagen, ohne Rücksicht auf vorübergehende Popularität oder Unpopu larität, unter allen Umständen bergauf zu schieben. Hugenbergs Brief an Amerika „Unsere Sache ist eure Sache." Zuerst durch Andeutungen Berliner Blätter und dann durch eine Veröffentlichung der Pressestelle der Deutsch nationalen Partei wurde bekannt, daß Geheimrat Dr. Hugenberg, der Führer der Deutschnationalen Volks partei, einen Brief an sämtliche Senatoren und Abgeord nete der Vereinigten Staaten, an die dortigen Gouver neure und Bürgermeister, an alle führenden Zeitungen und an hervorragende Persönlichkeiten des wirtschaft lichen und geistigen Lebens in Amerika gesandt hat. Der Brief nimmt Stellung zu den gegenwärtig schwebenden Pariser Reparationsverhandlungen und wurde in der amerikanischen Presse veröffentlicht. Die Auslassungen Dr. Hugenbergs sollen, wie die deutschnationale Presse stelle mitteilt, amerikanischen Anregungen entsprochen haben. Aus dem Wortlaut. Das Schreiben erklärt, die Pariser Verhandlungen gäben hervorragenden Mitgliedern des amerikanischen Volkes Ge legenheit, ihre wichtige Stimme im Sinne einer endlichen Befriedung Europas und damit der Wett in die Wagschale zu werfen. Dann heißt es u. a. weiter: „Deutschland ist nicht in der die bisherigen Lasten aus eigener Kraft zu tragen. Nur die Anleihen, die ihm — in der Hauptsache von Ame - — gegeben wurden, ermöglichen die Zahlungen der Trwute an die Alliierten. Aus eigener Kraft hat Deutschland dem -Dawes-Pakt n i ch t s zu zahlen vermocht. Zurzeit also ädhlen die Amerikaner die Tributlasten Deutschlands. Sie sind K. dre — sicherlich ohne bösen Willen, aber tatsächlich — den ^kttttarismus Frankreichs finanzieren, den Engländern ihren Flottenbau ermöglichen. Sie sind es, die auch dem Marxis - svu s in Deutschland die Mittel in die Hand geben, staats- sozlalrsttsche und wirtschaftssozialistische Experimente zu machen. Die Deutschnationale Volkspartei will eine vernünftige und gerechte Lösung der Tributsrage und der damit verknüpften Fragen. Nur eine gerechte Endlösung gibt dem deustchen Volke die Möglichkeit, die Ausgaben ne« Al er füllen, die ihm sekne geographische Lage zuweist, den Schutz der zivilisierten Welt vor dem Bolschewismus, eine Aus gabe, in der eigentlich die gebildeten, einsichtigen und fort schrittlichen Elemente der Wett zusammenstehen sollten. Treibt man es durch eine unvernünftige Politik und durch untragbare Lasten wr Verzweiflung, so treibt man es dem Bolschewismus in die Arme. Dann erst ist Deutschland eine Gefahr. Die Deutschnationalen bejahen den Begriff des Privat eigentums, die Grundlage eines jeden staatlichen Lebens. Wir lehnen daher einen Pakt mit den Sozialisten ab. Wir lehnen daher — als einzige, große Partei Deutschlands — eise meglerungsgemelnschaft MN den Sozial demokraten ab. Unsere Sache ist die Sache aller derjenigen Elemente, die den Kampf gegen das Chaos wollen. Macht man uns durch eine unvernünftige Regelung der Tributtasten den Kampf un- möglich, dann bricht das Chaos über Deutschland über Europa hereiu und bring« schließlich die ganze zivilisierte liegt diejenige der „New York Times" Vor. Sie besagt: Stresemanns Probleme wie auch die Bestrebungen der deutschen Bankiers, eine Lösung der Reparationsfrage zu erreichen, werden durch die Deutschnationalen nicht er leichtert Wenn auch zu erwarten ist, daß Berlin den Ergeb nissen der Rcparationskonferenz kritisch gegenüberstehen Werde, wie immer sie ausfallen mögen, so bedeutet doch die Vorankündigung seitens der Deutschnationalen, daß sie nicht Mitarbeiten werden, eine Drohung, die nie manden schreckt, Deutschlands Stellung in der Welt jedoch wenig nützt. „GrasZeppelin" über dem Mtielmeer Moderne Kreuzritter. Das Luftschifs „Graf Zeppelin" hat seine Winterfesseln abgestreift und befindet sich auf der Früh jahrsfahrt. Den Sehnsuchtsweg so vieler Deutscher im Mittelalter hat Dr. Eckener mit seinen Gefährten und Gästen eingeschlagen, umalsmoderneKreuzritter zur Osterzeit dieheiligenStätten desMorgen- land es zu besuchen. Als die Nacht, in der man auf Frankreichs arg wöhnisches Geheiß hin die Fahrt antreten wollte, in Friedrichshafen einbrach, bestand wenig Hoffnung, daß der Start vonstatten gehen könnte, denn strömender Regen und eisiger Nebel hatten eingesetzt. Aber vom Atlantik her war der Zeppelin ganz anderes Wetter gewöhnt und Dr. Eckener entschloß sich um Mitternacht zur Fahrt. Beinahe verschlafen. Gegen 11.45 Uhr betreten die ersten Passagiere die Halle, unter ihnen die Gräfin Brandenstein- Zeppelin. Das Gepäck wird verstaut. Um 11.52 Uhr geht die B es a tz u n g an Bord. Die Passagiere sind mit Ausnahme von Staatspräsident Bolz und Reichsoerkehrs- minister a. D. von Guörard vollzählig anwesend. Kurz darauf werden die Sandsäcke voni Schiff genommen. Punkt 12 Uhr gehen die meisten Passagiere an Bord. Da treffen auch Staatspräsident Bolz und Reichsminister