Volltext Seite (XML)
Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr.-Bezugspreis monatlich 2,— AM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 NM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Npfg. Alle Postanstalten und Post voten, unsere Austräger u. ee Geschäftsstelle, nehmen zu ^derzeit Bestellungen ent- W0MeNvlat1 fUk Wilsdruff U. UMflegtNd gegen. Im Falle höherer Gewalt, od. sonstiger . Betriebsstörungen besteht «ein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesondter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufliegendcm Tarif Nr. 4. — Na chwei sung s-Ge b ü hr : 20 Npfg. — Dorgeschriebene Erscheinungslage und Platzvorschriftcn werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeigen « Annahme dis vormittags 1l) Uhr. . - c,« Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermit- Fernsprecher* ?lmt WllZdrUfs Nr. 6 leiten Anzeigen übernehm men nur keine Gewähr. - ——— — Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingczogcn werden muß oder der Auftraggeber jn Konkurs gerät. Nr. 64 — 94. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 16. März 1935 Heilige Saat für die Zukunft. Zum Heldengcdenktag 1935. Von Wehrkreispfarrer Inc. Dr. Schütz, Pfarrer an der Garnisonkirche in Potsdam. Wie mühsam hat sich der deutsche Volkstrauertag einen festen Platz im Herzen des deutschen Volkes erringen müssen. Die unermüdliche Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge hat in einem zähen Kampf den Gedanken an einen die ganze Nation zusammen schließenden Gedenktag dnrchgcsetzt. Nun hat er Wurzeln geschlagen und ist fest verankert im Herzen unseres Volkes. Er ist ein Tag des Staates und der Wehrmacht, der Kirche, der ganzen Nation geworden. Dem neuen Reich verdanken wir es, daß das Gedächtnis an die Gefallenen des Weltkrieges und der Bewegung in jedem Deutschen lebendig erhalten wird. Das lassen wir uns von niemand in der Welt aus dem Herzen reißen! An diesem Gedenktag wird in allen Standorten des Reiches in großen soldatisch-militärischen Feiern an die alten ruhmreichen Fahnen das Ehrenkreuz der Kriegs teilnehmer angeheftet. Da hängt in der Potsdamer Garnisonkirche über dem Sarge Friedrichs des Großen die Fahne des II. Bataillons des 1. Garderegiments zu Fuß, in deren Schaft noch heute der eingcdrnngcne Granat splitter steckt; da ist die Fahne des Potsdamer Reiter regimentes Gardeducorps in der Königsgrnft, das vom Großen König selbst gegründet wurde, die Fahne auch gekrönt von dem fliegenden Adler, der die Helmspitzen der Gardeducorps zierte. Eine der Schwingen ist im Welt kriege bei Soissons von einem Granatsplitter weggerissen worden. Da ist in dieser Kirche auch die Fahne des kl. Bataillons des 3. Garderegiments zu Fuß, von der seit dem Gefechte bei St. Leonard am 26. September 1914 nur noch der untere Stock mit den beiden Ringen übrigblieb, der dann noch einmal von einer Gewehrkugel getroffen wurde. So wurde die zerschossene Fahne ehrenvoll weiter geführt. Das Fahnentuch aber hat ein verwundeter deut scher Soldat unter der Uniform verborgen, es mit seinem Blut durchtränkt, mit seinem zerrissenen Leib bedeckt und sterbend mit ins Grab genommen. Es ist im Kriege nicht in Fcindeshand gefallen. Wie redet jede einzelne dieser Fahnen der Potsdamer Garnisonkirche, die sich segnend auch über die Geburtsstunde des Dritten Reiches her niedergesenkt haben, von dem Heldentum der Pflicht erfüllung und der Treue bis an den Tod. Mit ihrem Fahneneid, dem unverbrüchlichen Manneswort, haben sie sich mit Leib und Seele dem Vaterland verschworen und mit jedem Tropfen Blut die Treue bewährt. Zwei Millionen Kreuze stehen ans deutschen Soldatengräbern in der ganzen Welt, wo unsere feld grauen Väter und Brüder kämpften, bluteten und starben. Im eisengepflügten, blutgetränkten Boden des Westens, in den weiten eisigen Schneefeldern des Ostens, in den Bergen der Alpen und Karpathen, im brennenden Sand der Wüste, in allen Erdteilen stehen sie als Zeichen des Opsertods der Helden. Sie sind das Sinnbild für Frei willigkeit des Sterbens, der Hingabe des Lebens, des Opfermuts bis an den Tod, der Pflichterfüllung bis zum letzten Gedanken. Kein schöneres und heiligeres Zeichen wußte das deutsche Volk für seine gefallenen Brüder als das schlichte schwarze Kreuz. Wie tief muß dieses Zeichen im Herzen eines Volkes verwurzelt sein, wenn es das schönste Symbol für sein gewaltigstes und heiligstes Erleben geworden ist. Von dem großen Kreuz, das das Heil der Welt bedeutet, fällt ein Licht auf die Millionen Kreuze, die das Vaterland schirmen, von jenem großen Opfer zu unserer Versöhnung ans ihr Sterben zu unserer Befreiung, von der Liebe des Gottessohnes, die sterbend sich hingab für die Brüder, auf die Pflichterfüllung der vielen, die für ihr Volk starben. Der Schatten jenes Kreuzes segnet auch die Kreuze ans den Gräbern der Gefallenen. Auf einem Kriegergrab hatten deutsche Soldaten 1914 ein schlichtes Kreuz errichtet. Ein abgehauener Birken stamm wurde in die Erde gesenkt und ein dürrer Ast als Querholz daran befestigt. Nach Jahren aber war dieses Kreuz aus Birkenholz wieder ausgeschlagen,.hat auf den Gräbern der deutschen Soldaten Wurzeln gefaßt und sich mit frischem Grün wieder geschmückt. Was ist das für ein Sinnbild! Aus ihrem Sterben und ihren Gräbern wächst neues Leben für unser Volk. Ihr Opfer war nicht um sonst. Es war eine heilige Saat für die Zukunft. Aus den Schützengräben und den Massengräbern des Westens und des Ostens wächst der neue Lebenswille, der tiefe Gemeinschaftssinn, die Glut des Opferns, die Kraft der Wehrhaftigkeit und die heiße Liebe zu unserem Volk. Das große Kreuz und die vielen Kreuze, das Ver mächtnis der Gefallenen, die unsere Mahner und Richter sind, rufen am Heldengcdenktag unser ganzes deutsches Volk zu Pflicht und Treue, zu Dienst und Opfer, zu einer unzerstörbaren Gemeinschaft des Geistes und des Willens. So wandelt sich ihr Sterben zu Krast und Segen für unsere Gegenwart. NMW begräbt die AMstW. Französischer Parlameniskampf um die Mlitärdienstzeii. Die Frage der Verlängerung dermtlt. tärischcn Dienstzeit in Frankreich beschäftigte am Freitag die französische Kammer. Seit Tagen war eine leidenschaftliche Polemik in der französischen Presse gegen die Regierung zu finden, weil die französische Regierung diese Frage immer noch nicht entschieden hatte. Dabei faselten die Befürworter der zweijährigen Dienst zeit in Frankreich erneut von einer angeblichen übermästi- gen deutschen Aufrüstung, von deutschen Aufmarschpläncn usw. Nachdem die politischen Leidenschaften in Frankreich dementsprechend ansgepeitscht waren, sah man mit Span nung der Parlamentsaussprache entgegen. Bereits am Freitagvormiltag hatte die franzö sische Kammer getagt, wobei sie sich mit der öster reichischen Frage beschäftigte. Der rechtsgerichtete Ab geordnete Henriot kritisierte dabei die Tatsache daß die französische Regierung nicht in der Lage gewesen fei, dem österreichischen Bundeskanzler einen würdigen Empfang zn sichern. Außenminister Laval antwortete sofort dem französischen Abgeordneten und betonte, die österreichischen Staatsmänner seien nach Paris gekommen, um den Doncupakt und verschiedene mit der Aufrecht erhaltung des Friedens in Mitteleuropa zusammen hängende Fragen zu besprechen. Frankreich habe sich nicht in die Politik des Bundeskanzlers Schuschnigg einzn- mischen. Laval hob dann hervor, daß die französische Regierung in bezug auf den Empfang der österreichischen Minister kein Vorwurf treffe. Schließlich erklärte Laval, daß die Frage der Wiedereinsetzung der Habsburger nicht besprochen worden sei. Frankreich begräbt die Abrüstung. In der Hauptsttzung der Kammer nahm Minister präsident Flandin das Wort zu einer Regierungs erklärung in der Frage der Dienstzeitverlängerung. Das Problem der relrntcnarmen Jahrgänge, so heißt es in der Erklärung, hat die Negierung seit langem be schäftigt. Die Zahl der Einberufenen, die gewöhnlich 230 000 Mann beträgt, wird von 1936 bis 1940 auf einen Durchschnitt von 118 000 Mann fallen. Es handele sich in keiner Weise für Frankreich darum, zu einer Erhöhung der unter den Fahnen befindlichen Effektivstärken zu schreiten, sondern die Verringerung des Kontingents durch eine vorübergehende Verlängerung der Dienstzeit auszugleichen. Jn einseitiger Auslegung der Abrüstungsbestimmungen des Versailler Vertrages fuhr der Ministerpräsident dann fort: Als nach dem Abgang Deutschlands von Genf die Aufrüstung dieser großen benachbarten Macht in verschiedener Form und in weitem Ausmaß trotz der Bestimmungen des Teiles V des Ver trages von Versailles fortgesetzt wurde, kann Frankreich es ohne Gefahr für die Landes verteidigung nicht zulassen, daß die Effektiven seiner Armee geringer werden. Flandin sprach in diesem Zusammenhang von 480 000 Mann, die in Deutschland sofort verfügbar seien und be hauptete, nach angeblich vorhandenen „Informationen" würden 1936 mindestens 600 000 Mann in Deutschland verfügbar sein. Demgegenüber würde der französische Stand auf 208 000 Mann sinken, zu denen noch 72 000 Mann hinzukämen, die als Reserven für die Überseestreit kräfte vorgesehen seien. Der französische Ministerpräsident fuhr dann fort: Frankreich bleibt der Politik der „Festi gung des Friedens" und der „Organisierung der inter nationalen Sicherheit" treu und will seine friedfertigen Absichten in keiner Weise in Zweifel stellen. Die Regie rung stellt aber fest, daß noch ein weiter Weg zuruckzu legen ist, bis man eine absolute Sicherheit findet, ohne hinter sich die Mittel haben zu müssen, um sich gegen einen Angriff zu verteidigen. Sie wird den Umstand nicht aus dem Auge verlieren, daß noch entsprechende Vertcidigungsmittel nötig sind, um die Sicherheit zu gewährleisten und um es Fraukreich zu ermöglichen, in vollem Umfange an der Aufrechterhaltung des Friedens in der Welt mitzu- arbciten. Unter diesen Bedingungen hat die französische Regie rung die Rekruten, die im April und im Oktober dieses Jahres eingezogen werden, noch länger unter den Fahnen zu behalten. Derselbe Beschluß findet auf die Kontingente bis einschließlich 1 939 Anwendung. Die zeit liche Jndienstbehaltung wird für die Rekruten, die im April 1936 zwölf Monate gedient haben, weitere sechs Monate betragen und für die späteren Klassen ans weitere zwölf Monate ausgedehnt werden. Außerdem hat der Kriegsminister einen Gesetzesvorschlaa einaebracht. der ihn ermächtigen soll, das augenblickliche militär dienstpflichtige Alter allmählich bis auf 20 Jahre herabzusetzen und die getrennte Ein ziehung der Rekruten (April und Oktober) aufzuheben. Derselbe Gesetzesvorschlag sieht eine Erhöhung der Zahl der Berufssoldaten vor. Die Regierung erklärt noch einmal den friedlichen Willen eines „in einem Jahrhundert viermal überfallenen Landes", und sie ist sich bewußt, der Repräsentant eines Landes zu sein, das seine Rüstungen nur in dem Maße aufrechterhält, wie sie für die Verteidigung des Friedens, die Aufrechterhaltung der Sicherheit und die Entmutigung des Angriffs not wendig sind. Die Ausführungen des Ministerpräsidenten wurden durch keinerlei Zwischenruf gestört. Seine Erklärungen wurden von der Rechten und der Mitte mit Beifall aus genommen, während auf der Linken eifiges Schwei gen herrschte, das bis in die Reihen der Radikalsozia listen ging. Löon Blum enthüllt die wahren Hintergründe. Der Marxistenführer Leon Blum ergriff dann das Wort und warf der Regierungserklärung Zweideu tigkeit vor. Er wandte sich scharf gegen die Art, in der die Regierung die Erhöhung der Dienstzeit vorgenom men habe. Die Form müsse im ganzen Lande ver dächtig erscheinen. Die Gegenüberstellung der fran zösischen und deutschen Effektivstärken in der Erklärung Flandins bezeichnete Blum als lückenhaft, da auch in Deutschland rekrutenarme Jahrgänge bevorständen. Es wäre richtiger, wenn die Regierung ihre Absichten gleich offen bekanntgeben würde. Sieben Milliarden Francs seien für die Befestigungs- werkc ausgegeben Worden, um Effektive zu sparen. Warum ändert man jetzt die Politik? Als Marschall Pötain Kriegs minister war, habe er die zweijährige Dienstzeit nicht gefordert. Das Jahreskontingent 1935 sei völlig normal. Frankreich verfüge im Mntterlande einschließlich der Kolonialstreitkräfte, die in Frankreich in Garnison liegen, nicht über 238 000 Mann, sondern über eine viel höhere Zahl, die sich 500 000 nähere. Jn gewissen Kreisen der Ärmee sei aber eine Tendenz zur Schaffung eines Berufsheeres sestzustellen. Man ziele also auf die Einführung der zweijährigen Dienstzeit und auf die Bildung eines Be rufsheeres ab. Frankreich verfüge über größere Streit kräfte, als die tatsächliche Verteidigung erfordere. Man bereite eine Angriffs st rategie vor. Leon Blum richtete an die Regierung die Frage, warum sie den Fortschritten der S i ch e r h e i t s o r ga tt i s a t i o n (Eintritt Sowjetrußlands in den Völkerbund, römische Abkommen usw.) nicht Rechnung trage. Das Wettrüsten und die ihm entsprechende Stimmung sei unvereinbar mit der Propaganda für die diplo matische Organisierung des Friedens. Zum Schluß be faßte sich Leon Blum mit der Frage, ob man heute vor den gleichen Fragen stünde wie 1913 und ob sich in den 22 Jahren nichts geändert habe. Daun hätten die Opfer des Weltkrieges gar keinen Zweck gehabt. Der Vorsitzende des Heeresausschnsses, der Kammer abgeordnete Oberst Fabry, versuchte den „Beweis" zu führen, daß „lediglich" die Rüstungen Deutschlands die neuen militärischen Maßnahmen Frankreichs veranlaßt hätten. Im übrigen handele es sich nicht nur um eine materielle Aufrüstung Deutschlands, sondern um die „Stimmung", die in Deutschland herrsche. Die ursprüng lich vorgesehenen übcrgangsmaßnahmen für die rekruten armen Jahre reichten im Hinblick auf die Aufrüstung Deutschlands nicht mehr aus. Selbst wenn es keine rekrutenarme Jahre gäbe, müßte die Dienstzeit erhöht werden. Kein Kriegsminister könne die Verantwortung dafür übernehmen, daß der M o b i lm a chu n g.s p l-ä n in Frage gestellt würde und daher müßten heute neue Maßnahmen getroffen werden. Der FriehemWrer. Zu der Rede Flandins vor der französischen Kammer schreib: DNB.: Wenn auch der französische Ministerpräsident sich in seiner Rede, mit der er die n e u e f r a n z ö si sche Auf- rüstnng begründet,, im allgemeinen einer maßvollen Sprache bedient, so kann doch seine Begründung, die sich allein auf das Verhalten Deutschlands stützt, nicht ohne wesentliche .Richtigstellungen, Ergänzungen und Vor behalte zur Kenntnis genommen werden. Die Vorkehrun gen, die Deutschland „trotz der Bestimmungen des Teils V.