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Frankenberger Nachrichtsblatt und Bezirksanzeiger : 08.02.1876
- Erscheinungsdatum
- 1876-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786996049-187602081
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786996049-18760208
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786996049-18760208
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- Saxonica
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- Ausgabe
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- ZeitungFrankenberger Nachrichtsblatt und Bezirksanzeiger
- Jahr1876
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dentsche« Reich» und von Preußen werden am 1b. d. M. zu einem mehrtäaigen Besuch am königl. Hof zu Dresden eintreffen. Gegen die Verwaltung des Reichsinvaliden- fondS waren vor einiger Zeit schwere Beschul digungen wegen leichtsinniger Anlage seiner Mit tel in SpemlationSpapieren erhoben worden. DaS Lpz. Tgbl. glaubt nun mit Recht, „da ge rade in Sachsen der Gegenstand von gewissen Parteien in der frivolsten Weise zu Verdächti gungen und Verläumdungen hervorragender na- tionalliberaler Mitglieder des Reichtages und der Organe der Reichsregierung benützt worden, her vorheben zu sollen, daß der von einem Süd deutschen, dem zur Fortschrittspartei gehörenden Abgeordneten Frankenburger, verfaßte Bericht alle die elenden Anklagen, daß die Gelder des Jnvälidenfonds dazu gedient, den Abgeordneten Miquel, Bamberger, dem Minister Camphausen rc. persönliche Vortheile zu verschaffen, vollstän dig entkräftet. Man ist in der Commission sehr gründlich zu Werke gegangen, man hat sich mit den mündlichen Erklärungen der Regierungs- Commifsare nicht begnügt, sondern eS haben dieselben einen bis in das kleinste Detail sich erstreckenden Fragebogen beantworten müssen, und das Ergebniß der sich daran schließenden Berathungen war, daß sämmtliche der in der Budget-Commission vertretenen Parteien, mit einziger Ausnahme der Ultramontanen, die un bedingte Ueberzeugung gewonnen hatten, daß von irgend welcher Unredlichkeit in der Verwaltung des Jnvälidenfonds nicht im Entferntesten die Rede sein könne. Freilich die klerikalen Mit glieder der Commission, vor allen der bekannte Abgeordnete v. Schorlemer-Alst, welche so große Hoffnungen in Bezug auf ihre Parteizwecke an den Austrag der von ihnen mit großer Gier in den Vordergrund geschobenen Angelegenheit geknüpft hatten, glaubten den Schein für sich dadurch retten zu sollen, daß sie sich zu einem Minoritätsvotum vereinigten, welches zwar auch die formale Gesetzlichkeit der Capitalsanlage und des Verfahrens anerkennt, indessen den Satz aus spricht, daß die Verwaltung des Jnvälidenfonds den Absichten und dem Geist des Gesetzes zuwider gehandelt habe. Es bedarf keines Wortes zur Würdigung dieser Taktik. Der Geist, von dem die Mitgleder des Centrums im Reichstag bei ihrer parlamentarischen Thätigkeit geleitet wer den, ist zur Genüge bekannt". Der Reichstag selbst hat am Freitag nur gegen die Stimmen der Ultramontanen und Socialdemokraten die Ansicht der Commission getheilt und ein von den Ultramontanen wegen Verwerchung der Fonds gegen das Reichskanzleramt beantragtes Ta delsvotum gegen die gedachten Stimmen abgelehnt. In Lausigk herrscht wegen eines betrübenden Vorfalles nicht geringe Aufregung. Im dorti gen Militärgefängniß, zu welchem geeignete Lo cale des vormaligen Gerichtsamtsgebäudes be nützt werden, ist in voriger Woche ein Soldat den Erstickungstod gestorben. Ein Dielen- und Balkenbrand, der wahrscheinlich schon längere Zeit geglimmt, soll die Ursache des beklagenswer- then Vorkommnisses sein. Die Mittheilung über eine resolute junge Ame rikanerin in Leipzig, die ihre Wirthsleute mit einem Revolver bedroht haben soll, wird durch deren Rechtsanwalt als unwahr bezeichnet. In der Nähe von Zittau wurde in voriger Woche ein prächtiger Adler geschossen, der von einer Flügelspitze zur andern zwei Meter mißt und sich jedenfalls vom Süden verflogen hatte. Von glaubwürdiger Seite wird der„Dr. Ztg." mitgetheilt, daß von dem Gläubiger eines grö ßeren, jetzt im Concurse sich befindenden Restau rants der inneren Stadt eine Forderung von 1050 Mark für geliefertes — Pferdefleisch an gemeldet worden ist. Bom Reichstage. Die 2. Lesung des Hülfskaflengesetzes ist am Donnerstag Abend zu Ende geführt worden und l° wird die sifthfische Lande,Vertretung für ihr,Bts eiti«Mg »war mit «iniaen mebr oder Nummer unerkeb- zu sorgen haben. E« handelt sich dab« nicht um Bor- U.» °u« «-setz-n, sondern um Bestimmungen einzelner lichen Zusätzen nach den wesentliche Verbessern»- Statuten, vielleicht sogar, das ist nicht klar geworden, nur gen für die Arbeiter als die Regierungsvorlage enthaltenden Beschlüssen der Commission. Mit um Disziplinarvorschriften. Fast im ganzen Deutschland bestehen die Knappschastskaffen nach gleichen Grundsätzen; sie verfolgen nicht blo» die Zwecke, den Bergleuten freie Medicin und sreien Arzt zu verschaffen, sondern sie find Jnvalidenkassen, sie gewähren den Wittwen Unterstützmkh, den Waisen Schulunterricht. Die Knappschaft-kaffen de- rühren also ein weit umfangreichere« Gebiet und naturge mäß kann man nicht in eine bestehende, eigenartige Gesetz gebung eingreifen, welche bisher viel Größere» und Um fangreichere« geleistet hat, al« wir mit Hülse diese» Gesetze» leisten werden. Unser Bergmannsstand, soweit er au« äl teren Elementen besteht, weist deshalb in der That einen Stand aus, der noch bi« zur Gegenwart im Einvernehmen Eifer und Nachdruck erklärten sich die Verthei- diger der freien Bewegung der Arbeiter, die eine Förderung der gesunden Organisationen auf diesem Gebiete erstreben, gegen eine Bestimmung, welche der Bildung der freien Kaffen den Tod bringen würde (8 6, welcher nach den von den Vertretern der Regierung declarirten Absichten die Verbindung der Kaffen mit den Genoffen schaften, resp. Vereinen hindern sollte). Ins- besondere führte Duncker, der Mitschöpfer der Gewerkvereine, in beredter Weise aus, daß die Fassung der Regierungsvorlage die Axt an den besten und schönsten Theil der wirthschaftlichen Entwicklung des Volkes lege und wies eindring lich nach, daß gerade die Loslösung der Kaffen von den gesunden Arbeiter-Organisationen die Arbeiter in die Reihen der gefürchteten Social demokratie treiben würde. Die von der Com- miision beibehaltene Beitragspflicht der Arbeit geber zu den gewerblichen Hülfskaffen versuchten die Socialdemokraten damit zurückzuweisen, daß sie die Beiträge der Arbeitgeber als innebehal- renen Lohn der Arbeiter bezeichneten! Der 8 selbst (8 141b) lautet: Durch Ortsstatut kann bestimmt werden: 1) daß Arbeit- geber diejenigen Beitrüge, welche ihre Arbeiter an eine auf Anordnung der Gemeindebehörde gebildete Hülfskasse zu entrichten haben, bis aus die Hülste de« verdienten Lohne« vorschießen, soweit diese Beitrüge während der Dauer der Arbeit bei ihnen füllig werden; 2) daß Fabrikinhaber zu den vorgedachten Beiträgen ihrer Arbeiter Zuschüsse bi« auf Höhe der Hälfte dieser Beiträge leisten; 3) daß Arbeit geber ihre zum Eintritte in eine bestimmte Hülfskasse ver pflichteten Arbeiter für diese Kasten anmelden. Wer die- jer Pflicht nicht genügt, kann von der Kasse für alle Zah lungen, welche bei rechtzeitigem Antritt von den Arbeitern zu entrichten gewesen wären, gleich einem Mitgliede iu Anspruch genommen werden. Bei der Debatte über 8 6 gaben Aeußerungen des Abg. Bebel über die Regierungsvorlage, die er mit der Bemerkung schloß, der Reichstag möge beschließen, wie er wolle, der Socialdemo- kralie werde er auf keinen Fall schaden, dem Bundesbevollmächtigten Handelsminister Achen bach Veranlassung zu der mit Heiterkeit und Beifall aufgenommenen Erklärung: die verbün deten Regierungen hegten kein Mißtrauen gegen die Arbeiter, wohl aber berechtigtes Mißtrauen gegen die Wühler. Zu den in vor. Nr. erwähnten Liebknecht'schen Auslassungen versprochenermaßen zurückkommend, tragen wir nach, daß Liebknecht und Genossen beantragt hatten, die bei Bergwerken rc. be schäftigten Arbeiter den neubeschlossenen Gesetzes bestimmungen zu unterwerfen, während der Ent wurf nur solche bei Bergwerken beschäftigte Ar beiter den Fabrikarbeitern gleichgestellt wissen will, welche den Gewerkschaftskassen nicht ange hören. Zur Begründung dieses Antrags äußerte Liebknecht: Die Knappschaftskaffen ständen unter den gegenwärtigen Verhältnissen vollständig unter dem mächtigen Einfluß der Grubenbesitzer und Bergwerksbesitzer; dieser Einfluß sei ganz unbe rechenbar, so daß diese Herren mit dem Gelds der Arbeiter geradezu machen, was sie wollen. Jede freie selbstständige Regung der Arbeiterin Bergwerken werde dadurch niedergehalten, daß den Leuten sofortige Entlastung und damit lang samer Hungertod drohe. Das komme eben da her, daß auch bei diesen Kassen wieder die Be sitzer betbeiligt seien und bei der Verwaltung derselben natürlich überwiegenden Einfluß haben, so daß auch hier die Arbeiter nicht dazu kom men, ihr eigenes Geld zu verwalten. Die Bergwerksarbeiter seien Leibeigene, gefesselt an die Scholle, jeder Freiheit baar und ihr Geld werde von diesen ihren Herren verwaltet! Mi nister Achenbach antwortete darauf unter mehr maligem lebhaften Beifall: Au« der ganzen Rede geht hervor, daß der Vorredner keziell einen einzigen sächsischen Bezirk, den Zwickauer, im Suge gehabt hat. Sind dort wirklich Mißstände vorhanden, mit den Eigenthümern gemeinschaftliche Ziele erstrebt hat und noch heut ein konservatives Bewußtsein bewahrt und denjenigen Verführungen unzugänglicher ist, welche an an dere Arbeiter herangetreten sind. Diese Harmonie ist aus d-r Tüchtigkeit der Bergleute und der Thätigkeit der Werkseigenthümer entsprungen und e» ziemt sich von dieser Stelle au« gegen die Behauptung zu protestiren, daß die Bergleute Leibeigene seien. Die Eigenthümer haben da» volle Gefühl für da« Wohl ihrer Arbeiter und wissen in guten und bösen Tagen für dieselben zu sorgen! Im übrigen ist für Preußen z. B. im Jahre 1873 der Bei- trag der Besitzer zu den Kaffen ebensogroß gewesen, al« der der Arbeiter, ca. 1j Mill. Thlr. Für Gesundheitspflege sind verwendet worden 1,035,OM Thlr., sür Jnvaiidennn- terstützung 760,OM Thlr., für Wittwen 518,OM Thlr. (Hört!), für Waisen 276,OM Thlr. (Hört!). Daß ditEi- genthümer mit diesen Kassen wirthschaften, wie sie wollen, ist nicht wahr; denn sie stehen unter Kontrole von Kom- missarien und in dem Gefühl der Zusammengehörigkeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern liegt dabei die Bürgschaft sür da« Gedeihen und die fernere Blüthe de» Gewerbefleeße«. Au« einer durch langjährige Erfahrun- gewonnenen Ueberzeugung glaube ich e« aussprechen zudür- fen, daß wir alle Ursache haben, diese Institution, welche so Großes leistet, nicht zu zertrümmern, diese Institution, die Jahrhunderte alt ist und doch sich zeitgemäß entwickelt hat, nicht zu untergraben. Hüten wir un«, ein Werk an zugreifen, das der Vergangenheit genützt hat, uns nützt und, so Gott will, der Zukunft auch Früchte tragen wird! Abg. Professor Richter-Tharand: Liebknecht hat nicht lediglich und allein von den Knapp- schaitskassen de« Zwickauer Kohlenbecken« gesprochen, son dern von denjenigen Knappschastskaffen, die in seinem Wahlbezirke liegen, und e» charakterisirt sich durch die Art der Kritik, die er hier geübt hat, diese Rede als eine für die Zukunft gehaltene Wahlrede, die nicht besser gegen die besitzenden Klassen Hetzen kann, wie e« hier geschehen ist Die Knappschastskaffen Sachsens bestehen seit Hunderten, von Jahren, ich kenne sie genau und habe noch von keiner einzigen das erlebt, was un« der Hr. Abg. Liebknecht hier gesagt hat, nämlich daß es ein Unglück sei, solchen Knapp» schastSkaffen anzngehöre», denn sie würden den Arbeiter dem langsamen Hungertode zuführen. Ich habe in seiner ganzen Rede versucht, das Beispiel zu finden, wo die Ar beiter dem langsamen Hungertode preisgegcben werden. Ich erachte somit den Beweis durchaus nicht erbracht da für, daß die sächsischen Knappschastskaffen derart geleitet find, daß sie zu solch monströsen Zuständen, wie sie nn» der Abg. Liebknecht vorgeführt hat, führen müssen. WaS uun die Bestimmungen anlangt, die uns der Hr. Abg. Liebknecht aus den einzelne» Statuten und Bestimmungen der Knappschastskaffen vorgetragen hat, so find da« au» allem Zusammenhänge gerissene Sätze. Weiter hat der Hr. Abg. Liebknecht gesagt und mit großer Emphase diese Worte hier in die Versammlung geworfen, daß in diesen Statuten und namentlich in den ältern der KnappjchastS- kassen von Almosen die Rede sei, und hat davon gesprochen, daß die Unterstützungen, dre den Arbeitern gewährt wer den, eine Art Almosen seien. Meine Herren, Sie sehen aus der Dialektik, die hier befolgt wird, wessen Geiste« Kind die ganze Rede gewesen, denn da« Wort Almosen, was hier angeführt nnd zu einem solchen Ungeheuer auf» gebauscht ist, ist uns au« den alten Knappschastskaffen über kommen, die bereits im Jahre 1350 in Freiberg errichtet sind, zu einer Zeit, als man an eine Kritik des Worte« Almosen durch die Socialdemokraten noch nicht gedacht hat. (Heiterkeit.) Ueber den Punkt, über den sich die Herren hauptsächlich aussprechen wollen, ist Hr. Liebknecht nach meiner Ansicht sehr schnell hinweggegangen. Er sagt, e« zahlen ja in Wirklichkeit die Arbeitgeber gar keine Bei träge; denn da«, was sie als Beitrag zur Knappschaft«, kaffe zahlen, sei vorenthaltener Lohn. Nicht daß sie einen mildthätigen oder durch Gesetz geregelten Beitrag zu die sen Kassen geben, sondern man macht die Arbeiter glauben, daß das, was durch die vom Arbeitgeber hier bestimmten Statuten dieser Kasse zuzusühren ist, vorenthaltener Lohn sei und damit beweist man, daß die ganze Kasse zusammen gesetzt ist lediglich aus dem verdienten und vorenthaltenen Lohn der Arbeiter selbst. (Abg. Bebel: Sehr richtig!) Der Hr. Abg. Bebel hat die Güte, meine Auslegungen zu bestätigen, ich habe also die Pointe getroffen. Endlich hat der Lr. Abg. Liebknecht noch gesagt, weil die» nun alle» so sei, so legen die Knappschastskaffen um den Hal» der Arbeiter die Kette und ziehen sie nun fest zusam- men und halten ihn auf diese weise so, daß ein sendalisti- scher Zustand der Unterdrückung der Gedankenfreiheit, är ger wie im Mittelalter, herbeigeführt «erde, «der davon
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