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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 13.09.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-192709138
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19270913
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19270913
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- Saxonica
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1927
- Monat1927-09
- Tag1927-09-13
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Beilage zriln Frankenberger Tageblatt Nr. 214 Dienstag, den IS. September 1S27 8«. ^ahrs,^«^ Hindenburgs Daxl Reichspräsident v. Hindenbura hat an den Leiter Her Lindenburg-Svend«, Ministerialrat Dr. Kar- Ke dt, unter dem 9. September solgendes Schreiben Hrichtet: ' Sehr geehrter Herr Ministerialrat! Aus Ihrem Pericht habe ich mit lebbastem Interesse gesehen, in welch hervorragender Weise siL trotz der Un- aunst der Verhältnisse weit« Schichten de« Wirt- schaftelebenc, der Gewerkschasten, der Beamtenschast, der Kommunen, der Presse usw. an der Hinden burg-Spende beteiligen. Diese Tatsache hat mich ausrichtig gefreut. In jedem Beitrag zur Kjndenburg-Spende lebe ich dankbar ein Zeichen freundlicher Gesinnung für mich, aber auch den Be chets dafür, daß die Treue und Dankbarkeit üeaen die Kriegsopfer und brüderliches Mitgefühl für ihre Not tm deutschen Volke nicht erloschen sind. Wenn dieHinden- Mrg.Svend« ein günstiges Ergebnis zeitigt und ihr damit die herzlich von mir gewünschte Möglichkeit Deaeben wird, stärker als bisher in Einzelfällen Not Wd Elend in den Kreisen der Kriegsbeschädigten Md Kriegshinterbliebenen zu lindern, so werde ich Mrn des Geistes der Treue und Opserfreudigkeit Mdenken, au» dem heraus mir das ganze deutsche Ddlk die Mittel in die Hand gegeben hat. Schon jetzt bitte ich Sie, allen, die di« Freundlichkeit ge> Habt haben, den Gedanken dieser Spende zu meinem DV. Geburtstag in die Tat umzusetzen, meinen auf- richtigen und herzlichen Dank zu übermitteln. Ich hoffe dabei gern, dah Ihre und der sonst Beteiligten so dankenswert« Arbeit auch kernerhin von gutem Erfolg begleitet sein möge. Das würde mir die größte Freude meine» Geburtstages sein. Mit freundlichen Grützen v. Hindenburg. «eia Grand zam Wirtschafts- Pessimismus Geheimrat Kastl über die Koujunlturlage. Halle, 12. 9. Auf der Hauptversammlung der Gesellschaft deutscher Metallhütten- und Berg>- leute sprach u. a. Geheimrat Dr. Kastl zu aktu ellen Fragen der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik. , Man kritisiert in der Presse vielfach den Un- Lug, der sich daraus ergebe, das; die gegenwärtige Konjunktur mißverstanden werde. Selbstverständ lich sei es verkehrt, in schärzestem Pes simismus zu machen. Die gegenwärtigen Kon- Hunkturverhältnisse leiteten sich her aus dem eng, Irschen Bergarbeiter streik. Die Entwick lung, die dieses Ereignis bei uns zur Folge ge- Kabt habe, sei zunächst nicht vorauszusehen ge wesen, vor allem nicht, daß sich seine Wirkungen his auf die Fertigwarenindustrie ausdehnen wür den. Es handle sich jetzt darum, einen Rückschlag nach dieser Konjunkturperiode zu vermeiden. Die Erklärungen Geheimrat Duisbergs seien vielfach mißverstanden worden. Die Ver schuldung ans Ausland sei an sich noch kein Grund zu Pessimismus, denn jede kapitalistische Wirtschaft müsse sich verschulden. Ohne diese Kredite wäre es nicht möglich ge wesen, die deutsche Wirtschaft wieder anzukurbeln. Ast seien die Nuslandskredite leider nicht richtig verwendet worden; aber wir würden auch in Zu- Aunft zunächst nicht um die Aufnahme weiterer ausländischer Anleihen herumkommen. Von der öffentlichen Hand sei hier viel gesündigt worden. Immerhin hätten auch die Anlagen der Kommu- Wlverbände die industrielle Erzeugung anzufeuern Vermocht. Aber unsere Konjunktur, die eine reine Inlandskonjunktur sei, würde eine Gefahr be deuten, wenn sie zu Preiserhöhungen führte, die uns dis Anpassung an das Preisniveau der Weltmarktes unmöglich machten. Die Preis politik sei zunächst eine Frage der Einzelunter- nehmungen. Die Rationalisierung sei heute noch nicht abgeschlossen. Geheimrat Kastl befaßte sich zum Schluß mit handelspolitischen Problemen und wies auf die außerordentlich gefährliche Entwicklung unserer öffentlichen Ausgaben hin, im Zusam menhang hiermit u. a. auch auf die ungeheuer gestiegenen sozialen Lasten. Die Beschlüsse der Wirtschaftskonferenz in Genf bedeuten einen Er folg, doch könne das alles nicht von einem Staate allein gemacht werden. Wir seien vor allem auf den Export angewiesen. Deshalb müsse bei aller Rücksicht auf den Binnenmarkt den Erport- wünschen der Wirtschaft Rechnung getragen werden. Ela Stahlhelm-Programm Dl« Parole Mr Vie nächste Reichstagswahl Berlin. 10. 9. Der Führer des Stahlhelms, Seldte, hat dieser Tage in Oldenburg program matische Änsführungen über die Zukunstsausgaben des Stahlhelms gemacht. Als Hauptziele de« Stahlhelms bezeichnete er u. a.: Der Stahlhelm weih, daß auch die kommenden Jahr« mit schwerer Arbeit innen und außen erfüllt sein werden. Trotz dem wird er aus lein Programm so manchen Punkt setzen, der viel ehrliche Arbeitsleistung und Selbst verleugnung fordern wird. Wir wollen von den zahlreichen Programmpunkten heule nur vier nennen: Die Forderung der Ichwarz-weitz-roten Fahne als Reichrflagge, als Fahne des Deutschen Reiches: di« Erklärung des 18. Januar, des Griln- dungstaaes des Deuischen Reiches, zum Reichs - feiertag: Beseitigung der Kriegsschuldlüge: der Anschluß Oesterreichs an Deutschland. Zu diesen vier Punkten wollen wir im Kreise der Stahlhelmführer und Kameradin heute in aller Oestentlichkeit schon kurz Stellung nehmen. Wir erfassen dann nicht nur das Etahlhelmprogramm der nächsten Winters, sondern wir greifen bewußt auch heute schon in jenes Geschehen mit hinein, das mit der nächsten Reickstagewahl verbunden sein wird. Die nächsten deutschen Reichstagswahlen werden ringen um die Fahne, um dos Problem der staatsbürgerlichen Ovferbereitschaft und um da« pazifistisch-materielle Internationale und das Schwarz-Rot-Goldene auf der anderen Seite. StatistWe EcheblW de» Sächsischen Lehreroerems Man schreibt uns: Der Christliche Elternverein in Sachsen hat in einer Entschließung Stellung genommen gegen eine vom Sächsischen Lehrerverein vorgenommene stati stische Erhebung zum geplanten Neichsschulgeseh, und die vom Landesverband der christlichen Eltern vereine horausgegebene „Schulpolitische Korre spondenz" beschäftigt sich unter der alarmierenden Ueberschrift „Die irreführende statistische Erhe bung des Sächsischen Lehrervereins" in längeren Ausführungen mit dieser Befragung. Der SLV. stellt hierzu folgendes fest: Wenn der Keudellsche Entwurf Gesetz werden sollte, so wird auch im Freistaat Sachsen i» zahlreichen Gemeinden eine verhängnisvolle Zer schlagung der wohlgegliederten Volksschule in weniger leistungsfähige Splltterschulen und da mit eine beträchtliche finanzielle Belastung dieser Gemeinden erfolgen. Die christlichen Elternvereine berühren freilich diese Bedenken nicht, im Gegenteil, in einer Ent schließung sprechen sie die Erwartung aus, „daß die einklassige Schule als geordneter Schul betrieb anerkannt wird". Sie treten also für eine Schulform ein, die glücklicherweise Sachsen seit fast einem Jahrhundert nicht mehr kennt! Von den Auswirkungen des Neichsschulgesetzes interessieren die Oeffentlichkeit neben der Her abdrückung der Leistungen der Volksschule vor allem die finanziellen Folgen für Staat und Gemeinden. Die Zerschlagung der einen allgemeinen Volksschule eines Schulbezirks in verschiedene Bekenntnis-, Weltanschauung?- und Gemeinschaftsschulen muß die Kosten für das Volksschulwesen beträchtlich steigern, für mindere Leistungen also einen erhöhten Aufwand an Stenermitteln erfordern. Das wird sich in all den Gemeinden notwendig ergeben, wo auf An trag der Erziehungsberechtigten Sonderschulen er richtet werden müssen. Um zuverlässige Unter lagen darüber zu beschaffen, welche finanzielle Belastung im Freistaat Sachsen bei Durchführung des Neichsschulgesetzentwurfes eintreten würde, hat der Sächsische Lehrerverein einen Fragebogen an seine Mitglieder ausgesandt, der 19 Fragen — nicht 2, wie die „Schülp. Korresp." angibt — enthält. Schon aus der Ueberschrift: „Frage bogen zur Ermittlung zahlenmäßiger Unterlagen über die finanzielle Auswirkung des 3. Reichs- schulgeseßentwurfes" hätten auch die christlichen Elternvereine ersehen können, dah diese Fragen keine Gewissensersorschung bezwecken, daß auch keinerlei namentliche Angaben gefordert werden. Der Fragebogen ist auch nur an einen Teil der sächsischen Lehrerschaft ausgegeben worden. Die Lehrer der Großstädte sind beispielsweise nicht befragt worden. Auch die Frage 18: Wieviel Lehrer des Schulbezirks sind bereit, in der Be kenntnisschule im Sinne des Neichsschulgesetzes (mit Doppelaufsicht der Kirche) zu arbeiten? soll lediglich Unterlagen für entstehende Mehrkosten liefern. Es ist doch ohne weiteres klar, daß zahl reiche Aerseknugcn notwendig werden und damit Staat und Gemeinden beträchtliche Umzugskosten entstehen, wenn eine größere Zahl von Lehr kräften nicht bereit ist, an Bekenntnisschulen zu unterrichten, daß zahlreiche Hilfskräfte eingestellt und bezahlt werden müssen, wenn viele Lehrer von dem verfassungsmäßigen Rechte, die Er teilung des Religionsunterrichtes abzulehnen, Gebrauch machen. Durch die Antworten auf die Frage 18 sollen Unterlagen für die Errechnung der durch Ver setzung von Lehrkräften und Anstellung von Hilfs kräften entstehenden Kosten für Staat und Ge meinden beschafft werden. Es liegt nicht der mindeste Anlaß vor, nach Schutz für sogenannte „christliche Lehrerkreise vor Terror oder Schlag worten andersdenkender Kollegen" zu rufen. Wohl aber wäre es angebracht, wenn die christlichen Elternvereine auf wirksamen Schutz der durch den Neichsschulgesetzentwurf bedrohten pädagogischem und staatsbürgerlichen Rechte der Lehrer an Be kenntnisschulen sinnen würden. Die Bestimmungen über die Einsichtnahme in den Religionsunterricht sind durchaus nicht so harmlos, wie die „Schulpolitische Korrespondenz" sie hinstellt. Nach 8 16 des Entwurfes „bestellt oer Staat zur Einsichtsnahme in den Religions unterricht im Schulwesen erfahrene Beauftragte, die von der Religionsgesellschaft vorgeschlagett werden". Außerdem ist „den obersten Stellen der Religionsgesellschaft Gelegenheit zu geben, sich davon zu überzeugen, ob der Religionsunterricht in Uebereinstimmung mit den Grundsätzen der Re ligionsgesellschaft erteilt wird". In prari be- deutet das die Wiedereinführung d?r kirchlichen Beaufsichtigung des Religionsunterrichts in den Volksschulen, die zum Segen von Schule und Kirche durch das Uebergangsgesetz vom Jahre 1919 im Freistaat Sachsen beseitigt wurde. Gegen- teilige Behauptungen sind nicht zutreffend. Der Sächsische Lehrerverein bekämpft den Reichsschul, gesetzentwurf, weil er u. a. die Schulhoheit des Staates untergräbt, die Schullasten des Staates und der Gemeinden ganz erheblich steigert, di« Erziehung zum Dienste an der deutschen Volks gemeinschaft außerordentlich beeinträchtigt. Bon einem Reichsschulgesetz muh verlangt werden, dah es der deutschen Volksschule in Wahrheit dient, die Schulhoheit des Staates wahrt, die Einheit deutscher Bildung fördert! M BrmdftWnzsseutze Seit Jahrzehnten kehren in den Spalten der großen Tageszeitungen die Meldungen über vor sätzliche Brandstiftungen regelmäßig wieder, aber noch nie seit Menschengedenken haben sie sich so sehr gehäuft, wie in den letzten Jahren. Wohl in jeder zweiten Zeitung kann man lesen, dah irgendwo ein Gehöft, eine Scheune oder ein Wohnhaus in Flammen aufgegangen ist. Nur in Ausnahmefällen wird als Ursache des Brande» ein unglücklicher Zufall oder höhere Gewalt, etwa Blitzschlag oder Explosion, angegeben. Die Ro gel ist leider bewußte und vorsätzliche Brand stiftung. In manchen Gegenden kommen zum Schrecken der gesamten Einwohnerschaft gleich ganze Serien von angelegten Bränden vor, di« gewöhnlich auf das Konto eines einzigen Brand stifters zu stellen sind. Ueberall, wo vorsätzliche Brandstiftung vor liegt, kommt als Antrieb für die verbrecherisch« Handlung entweder Rachsucht und Sabotage oder reine, von Verantwortung keineswegs freie Un vorsichtigkeit oder aber, und zwar viel häufiger als man glauben sollte, die krankhafte Brand stiftungssucht mit ihrer pathologischen Freude an aufgehenden Flammen in Betracht. Man nennt diese psychiatrische Veranlagung erblich schwer belasteter Personen Pyromanie. Sie ist ein be sonders um die Pubertätszeit auftretendes Symp tom geistiger Erkrankung, die zum unglückseligen Triebe wird, Brände zu stiften. Es sei aber darauf hingewiesen, daß die heutige Rechtspre chung den Pyromanen nicht mehr als reinen Gei steskranken ansieht, der für sein Tun nicht ver antwortlich ist. Man kann ihn wegen seiner traurigen Veranlagung mildernde Umstände zu billigen, aber strafrechtlich verfolgt und je nach dem angerichteten Schaden sehr schwer bestraft wird er dennoch; denn er hat die sittliche Pflicht, sich wie jeder andere Mensch, der gefährliche Neigungen besitzt, gerade dort, wo er erfahrnngs- ver 5puk von lünckenberg Roman von Otfrid v. Hanstein. Lopxri§ßt 1925 Karl Köhler 8c Co., Berlin-Zehlendorf. 41 Nachdruck verboten. Stunden mochten vergangen sein — Schlüter fuhr aus einer Art Halbschlummer — er hatte so- Mr geträumt — irgendeine Verbrecherjagd — jetzt blickte er wieder hinüber — die Zigarre Klimmte. Er war beruhigt, aber sein Blick haftete auf dieser Zigarre wie gebannt. Wie müde er doch war — er konnte sich kaum aufraffen — gut, Latz drüben di« Zigarre ihm ansagte. Nein — eben das war seltsam. Wie konnte denn diese Zigarre immer so gleichmäßig glühen wenn Jefferson daran zog? Das war gar keine Zigarre, das war irgendein Gaunerstückchen. Er ritz seine Tasckenlaterns heraus. Jefferson faß nicht mehr in der Ecke, sondern ipn kleiner Stift mit einer winzigen Glühbirne, hie einer glimmenden Zigarre ähnlich sah, steckt« in den Kissen des Wagens. Der bayerische Kommissar, der neben Jefferson fitzen sollte, war ganz aus den Boden gesunken mid schnarchte wie eine Säge. „Jefferson ist weg!" Schlüter schrie laut — da regte es sich aus dem Rücksitz unter der großen Rsisedecke. Der Amerikaner Hafis sich der Länge nach auf her Bank ausgestreckt und wahrscheinlich nachge- Holsen, den Bayern auf den Boden des Wagens tzu befördern, nm besser liegen zu können. ,,No, er ist nicht weg!" „Was soll der Unsinn mit der Zigarre?" „Sie schliefen — ich wollte Sie nicht wecken, «nd Sie sollten auch nicht erschrecken, wenn Sie Aufwachen, eine kleine Erinnerung an den seligen Sherlock Holmes, die man bisweilen gebrauchen «ann. Und nun schlafen Sie wirklich! Ich denke W der Tat.Nicht daran, durchzuvrennen. sonst hätt« jch es längst getan," Schlüter schämte sich fast, denn Jefferson hatte recht — er hätte es tun können. Langsam dämmerte der Morgen herauf, dann wurde es Tag, und gegen neun Uhr kamen sie endlich in Lindenberg an. Schlüter fühlte sich wie gerädert — Bill Jefferson hatte vorzüglich geschlafen und war munter und frisch. Auf das Telegramm war Hammacher schon am Vorabend nach Lindenberg gefahren und hatte aus München Resl Waldhuber mit ihrem Vater und Hamilton mit Miß Ethel mitgebracht. Aus Nürn berg hatte man Amtsrichter Roland in Beglei tung des Professors Frankhofer ebenfalls herüber geholt. Nun Bill Jefferson gefaßt war, hatte man ja alle beteiligten Personen zusammen — jetzt mußte die ganze Angelegenheit sich klären. Dar kleine Städtchen Lindenberg war in die sen Wochen zu einer nie geahnten Berühmtheit gekommen. Dis beiden großen Diebstahlsassären mit ihrem mystischen Beigeschmack gingen natür lich durch cklle Zeitungen — Berichterstatter, Fremde, die Neugier hertrieb, überfüllten die Hotels. Auch heute hatte sich die Nachricht, daß Dr. Schlüter den Hauptschuldigen, den modernen Hexenmeister Bill Jefferson, einliefere, ganz Lin denberg und alle Fremden aus die Straße ge lockt, aber sie sollten nicht aus ihrs Kosten kom men, denn das verstaubte Auto fuhr in rascher Fahrt, vollkommen geschlossen, bis in den Hof des Amtsgericht«, und erst nachdem die Tore geschlossen waren, stiegen die Insassen aus. Schlüter hatte auch in langer Depesche davon berichtet, daß Bill Jefferson behauptete, Leipzig Nicht verlassen zu haben und welche Zeugen diese Aussage bekräftigten. Man hatte beschlossen, daß die vielen Personen, di« Jefferson genau kannten, ihn nacheinander und unbeeinflußt sehen und ihr Urteil bilden sollten. Am Auto stand Staatsanwalt Möllenhof. Bill Jefferson stieg aus. Müllenhof warf einen scharfen Blick auf den Amerikaner. „Guten Morgen, Mr. Jefferson! So dachten Sie wohl nicht, daß wir uns wiedersehen?" Jefferson lächelte verbindlich: „Gewiß nicht, denn da ich bisher überhaupt nicht das Vergnügen hatte, Sie zu sehen, Mister, so konnte ich mir auch über ein Wiedersehen nicht den Kopf zerbrechen." Staatsanwalt Möllenhvf war empört. „Wollen Eie vielleicht leugnen, daß Sie Bill Jefferson sind?" „Aber durchaus nicht." „Dann haben Sie dis Frechheit —" Schlüters Hand legte sich begütigend auf seinen Arm. „Herr Staatsanwalt — wollen wir den Mann nicht erst Hineinbringen lassen?" „Sie haben recht, aber so eine Frechheit —" Drinnen stand Landgerichtsrat Hammacher. Er sah den Amerikaner lang« und prüfend an. Jef ferson trat von selbst aus ihn zu. „Guten Morgen — ich kann mich leider nicht auf Ihren Namen besinnen, denn ich habe Sie nie gesehen, aber ich weiß, daß Sie mich jetzt fragen werden, ob ich mich an Sie erinnere." „Ich bin Landgerichtsrat Hammacher." „Freut mich sehr, und nun — stellen Sie mich hier nicht aus wie ein wildes Tier. Ich kann es wirklich nicht ändern — es ist ebenso unum stößlich sicher, daß ich der Detektiv Bill Jefferson von der Steeler-Co. in Neuyork bin, wie daß ich noch niemals in meinem Leben weder in Lin denberg noch in Augsburg oder München war. Die Schandtaten, die da in meinem Namen ver übt wurden, muß also totsicher ein Doppelgänger verübt haben, von dessen Existenz ich keine Ahnung Hatte und der mir ja fabelhaft ähnlich sehen muß. Ich stelle mich Ihnen sehr gern in jeder Weise zur Verfügung, beim es ist klar, daß ich selbst an oer Ergreifung dieses Doppelgängers ein noch viel größeres Interesse habe, als Sie selbst." Möllenhof zuckte es in allen Gliedern — Ham macher blieb ruhig. „Der Fall ist sehr schwierig. Ich habe von Herrn Dr. Schlüter über die Erkundigungen in Leipzig gehört, die Ihre Aussage bekräftigen, daß Ä« Leipzig seit über einein Monat nicht ver ¬ ließen, und doch — ich muß sagen — auch ich möchte schwören —" Jefferson setzte sich unaufgefordert nieder. „Dann tun Sie das lieber nicht, Herr Land gerichtsrat, und erzählen Sie mir die ganze Geschichte. Ich habe immerhin in kriminalistischen Dingen eine kleine Erfahrung und es wäre nicht unmöglich, daß ich Ihnen nützlich sein könnte." Während Möllenhof die formlose Ungeniert heit und Sicherheit des Amerikaners schon uneder empörte, blieb Hammacher ruhig. „Sie werden es uns nicht verdenken, daß wir bei der jedenfalls verblüffenden Aehnlichkeit, di« ! Sie in jedem Falle mit dem unter Ihren Namen , aufgetretenen Manne haben, uns zuerst Gewißheit zu schaffen suchen und Sie noch mehr Zeugen ge- genübcrstellen" „Wie Sie wünschen." Kommerzienrat Gugenheim wurde hereingeführt — cholerisch wie er war, erkannte er in dem Amerikaner sofort den Gesuchten. Sanitätsrat Schöler sah ihn lange an. „Mir war, als habe unser Bill Jefferson etwas weni ger grau und — aber ich kann mich irren." Der Geheimrat, der Ober aus dem Hotel, in dem Jefferson gewohnt, alle waren sofort erschienen. „Natürlich ist er's!" Jetzt wurde Amtsrichter Noland hereingeführt, er war sehr bleich und vergrämt, er sah aus wi« ein Schwerkranker. Man hatte ihm nichts davon gesagt, welchen Verdacht man Bill Jefferson ge genüber hegte. Vorläufig glaubte er noch, daß alle Anschuldigungen auf ihm allein lägen —> er selbst kannte die Schwere dieser Verdachts gründe, und wußte doch selbst von allem, was geschehen, nicht das Geringste. Man hatte ihm auch nicht gesagt, wen er jetzt sehen sollte. Er trat ein, geführt von einem der Kranken wärter, die Professor Frankhofer mitgebracht hatte. Während der Beobachtung seines Geisteszu standes war in der Tat aus ihm ein Kranker geworden. l (Fortsetzung folgt.)
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