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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 08.09.1934
- Erscheinungsdatum
- 1934-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-193409083
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19340908
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19340908
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1934
- Monat1934-09
- Tag1934-09-08
- Monat1934-09
- Jahr1934
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M ! f l ! 1 „Hast du auch eine Buddel für mich kalt stellen lasten, Durchlaucht?" Der Angeredete schrak auf und blickte in das ver gnügte Gesicht des Freundes. Da stand Grottkau, seine Augen blitzten und in seiner Rechten schwenkte er ein Blatt Papier. Las mit Namen bedeckt war. Niedergeschlagen betrachtete der Prinz das glitzernde Ding. In dem seinen Gewebe klaffte ein langer Ritz. „Aschenbrödel läßt dem Prinzen einen — Handschuy zurück," murmelte er. Er ging langsam zur Hauptallee zurück und geriet in den von Grottkau geführten Gästeschwarm, der ihn lachend umringte. Grottkau sah den Freund verwundert an, als er dessen betrübte Miene bemerkte. Atemlos hatte Anne von Falke das Stanieckische HauS erreicht. Alle Fenster waren dunkel. Nur in -er Mansarde brannte Licht. Natürlich, dort satz gewitz Senta Bratt und wartete, wollte das Abenteuer vom Prinzen hören! Mit klopfendem Herzen stieg Anne die Treppe hinauf und öffnete die Tur zum Zimmer der Malerin. Sitz sah sich Ursel gegenüber, die in den verlassenen Räumen Ordnung machte. Die Alte stietz einen Schrei der Bewunderung aus, als sie das junge Mädchen erblickte. „Oh, Fräulein Anne, Sie sehen ja wunderschön aus!" „Wo ist Fräulein Bratt, Ursel?" „Das Fräulein ist abgereist. Sie hat ein Telegramm bekommen, das sie sofort abrief. Ich soll schön grützen, und Las Kleid sollen Sie behalten. O Gott, welch ein schönes Kleid!" Die Alte hielt erschrocken inne, denn Anne brach in fassungsloses Weinen aus. Hastig warf sie ihren Wisch-« lappen hin und schloß das Mädchen in die Arme. „Kind, Kind, was ist denn passiert? Hat Frau Staniecki Sie erkannt?" „Nein, Ursel." „War's denn nicht schön auf der Tanzerei?" „Es war sehr schön, Ursel. Aber " Das Schluchzen erstickte Annes Stimme. Sie klam merte sich an die alte Frau, die ihr sacht das Blondhaar streichelte. Ursel nickte langsam mit dem Kopfe. Sie war eine einfache Seele, aber sie hatte ein feines Gefühl und ahnte instinktiv, was geschehen war. Anne war der Unterschied zwischen dem Leben, das sie führte und jenem, das sie zu führen ein Recht hatte, auf diesem Ballabend kratz zum Bewußtsein gebracht worden. Das empfand sie deutlich. Und wer weiß, was noch ge« schehen war. „Ich habe gleich zu Fräulein Bratt gesagt, wenn dies, Teufelsidee nur gut ausgeht," brummte sie. „Si, nannte es „ein Märchen inszenieren". Märchen kann nur der liebe Gott schenken. Da soll der Mensch sein« Hände davon lassen." Anne hob das tränenüberströmte Gesichtchen. Jetzt lächelte sie sogar. „Und doch möchte ich mein Märchen nicht misten Ursel!" „Dann ist's aut, Annekind. Dann verschließen Sie es schön fest in Ihrem Herzen, daß die Menschen nichi -ran kommen können und daraus herumtreten, wie es Menschenart ist. Nun wollen wir das Silberkleid ausziehen und gut verwahren, damit es niemand zu sehen bekommt. Haben Sie denn etwas gegessen, Anne?" , „Das habe ich ganz und gar vergessen." „Essen muß man, auch wenn man Märchen erlebt Gehen Sie jetzt in Ihr Zimmer und zu Bett, Fräulein Anne. Ich mache Tee und bringe Ihnen ein paar Butterbrote." Anne lag bereits in ihrem schmalen Mädchenbett, als Ursel mit dem Teebrett eintrat. „Ursel," sagte sie, „Mama hat sich heute abend mit dem Konsul verlobt." „Na, dann hätte sie's also erreicht," war die gelassene Antwort, und innerlich fügte die alte Dienerin hinzu: „Wie gut, daß das Malfränlein die Adresse dagelassen hat. In den nächsten Wochen wird sich's entscheiden, was aus dem armen Ding da werden soll." sich buchstäblich äSf'Kn Könsul uüd seine Verlövte, um beiden die Hände zu schütteln. . Bera warf sich mit einem theatralischen Schluchzer an -ie Brust ihrer Mutter. ^Geliebtes Kind!" sagte Frau Olga pathetisch. Alle umringten Eschental und seine Braut. Grottkau war in seinem Freiheits, und Tätigkeitsdrange nicht mehr zu halten. ^Kapelle!" schrie er Lurch den Wintergarten. Kapells! Hierher! Verlobungstusch! Hoch soll'n sie leben!" Aus dem Tanzsaal strömten Gäste und Musiker herbei. Grottkau setzte sich an die Spitze des Zuges, Bera ihrer Mama und dem Stiefvater in spe Werlastend. Er riß das Kommando an sich und schrie: „Die »Kapelle spielt: Treulich geführt! Bei diesen Klängen machen wir eine Verlobungspolonaise durch Len Park. Die Herrschaften, die noch maskiert sind, werLen gebeten, ihre ebenso schönen, wie interessanten Gesichter zu enthüllen. Der Festzug steigt!" - Lachend ordnete man sich Grottkaus Befehlen unter. Ä Der Berlobungszua setzte sich in Bewegung. , An der Spitze marschierte die Kapelle. Dann folgten Tschental, seine Verlobte und Vera. Die Gäste ordneten sich zu einem Zuge, besten Schluß Meersburg und Anne bildeten. „Dollen Sie Lie Maske nicht abnehmen, gnädiges. Fräulein?" fragte der Prinz. „Alle haben sich bereits von Ler lästigen Larve befreit, und ich wäre glücklich/ Ihr Gesicht zu sehen." „Wen würde ich mit Liefern Anblick glücklich machen?." fragte Anne, geschickt Lie Demaskierung ver zögernd. „Ich bin Prinz MeerSburg-Altenklingen, Leutnant zur See. Was ist Ihnen denn?" Anne von Falke war in ein nervöses Gelächter aus-! gebrochen. § Die Rolle -er verwunschenen Prinzestin, die sitz spielte, -ie Verlobung ihrer Mutter, der Zug der Gäste Lurch Len nächtlichen Park und der tolle, junge Mann> -er diesen Zug mit närrischen Bewegungen dirigierte^ all' das ritz an ihren Nerven. Sie mutzte Laran denken, daß sie noch heute nach-, mittag Küchendienste verrichtet hatte, daß sie in einem geliehenen Kleide steckte, und morgen in Lie Rolle des Aschenbrödels zurücksinken würde. UnL jetzt bat sie Ler von Senta Bratt herauf-«, beschworene leibhaftige Prinz Lie Maske zu lüften, Die Situation war zu narrisch! Erschrocken griff Meersburg nach Annes Hand. Das Lachen des Mädchens klang so sonderbar, wie verhalf tentzs Weinen. - „Was ist Ihnen, gnädiges Fräulein?" wiederholte er seine Mage. ' Was nun^solgte, spielte sich mit Sekundenschnelle ab. Der Gästezug hatte Len Park erreicht. Anne von Falke und der Prinz waren ein wenig zurückgeblieben. Sitz standen gerade an einer dunklen Seitenallee, die sich int Kark verlor. 4 Da riß sich Anne blitzschnell von Lem Prinzen los und floh Lie finstere Allee hinab. Einen Augenblick war Meersburg verblüfft, dann setzte er der Flüchtenden nach. Er sah den Silberschatten des Kleides zwischen den Bäumen verschwinden. Sein Zögern hatte Anne einen , tüchtigen Vorsprung verschafft. Mit fast körperlichem Schmerz empfand Meersburg, daß das fremde Mädchen ihm entkam. Plötzlich bemerkte er, wie die Fliehende halt machte. „Der Gartenzaun," fuhr es ihm durch den Kopf. „Nun kann sie nicht weiter!" Da faßte das Mädchen nach dem Zaun und schwang sich mit einem kurzen Sprung hinüber. Irgend etwas riß und knisterte. Anne kümmerte sich nicht darum. Ohne sich umzuwenden, floh sie die Straße hinauf. Atemlos erreichte Meersburg die Stelle, an der Anne verschwenden war. Er beugte sich über den Zaun und spähte die Straße entlang, die von einer matten Gas- laterne erhellt war. Sie war menschenleer. Von dem Mädchen im Lilberkleide war nichts mehr zu sehen. Nur ein glitzerndes Etwas hing an den Zaunspitzen. Mechanisch griff der Prinz danach. Er hielt em dünnes, mit funkelnden Stetnen besetztes Netzwerk in den Händen. Es war Le? Handschuh, de« üie.Memde getragen hatte.
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