Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 10.12.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Privatperson
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190512108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19051210
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19051210
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungOttendorfer Zeitung
- Jahr1905
- Monat1905-12
- Tag1905-12-10
- Monat1905-12
- Jahr1905
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 10.12.1905
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Poiinscke Kunälckau. Tie Wirre« i« Ruhland. * Infolge des Telegraphenbeamtenstreiks fliesten die Meldungen aus Rußland erklärlicher weise sebr spärlich. Seit mehreren Tagen macht sich in der 8., 14. und 18. Floiten- eguipage in Kronstadt eine beunruhi gende Stimmung bemerkbar. In den Kasernen werden die Forderungen der Matrosen verbreitet. In Offizier-Versamm lungen in Zarskoje Selo wurde beschlossen, im Falle der Verwendung des Militärs bei Kundgebungen, auf die friedliche Menge nicht feuern zu lasten. „Fort mit Dur nowahallt es in der Oppofitionspreffe. Die Zeitung ,Ruß' fordert in einem Leitartikel unter der Überschrift: „Entfernen Sie sich doch, Durnowo!", daß der Minister seinen Posten schleunigst verlasse, da erst dann eine Beruhi gung der Gemüter zu erwarten sei. Er solle gehen, bevor der Wirrwarr die äußerste Grenze erreicht hat. — Der Zar will nächster Tage nach Moskau abreisen, um den Eid auf die Verfassung zu leisten. "Der General-Postdirektor verfügte die so fortige Entlassung aller streikenden Post- und Telegraphen beamten. — In Finnland ist ein neuer Eisenbahner- Ausstand aus Anlaß der Ernennung des Senats ausgebrochen. * Infolge neuer blutiger Unruhen wurde das Standrecht über das Gouvernement Kiew verhängt. "In polnischen Kreisen rechnet man mit dem Ausbruch eines allgemeinen Aufstandes in Russisch-Polen in allernächster Zeit. Zu diesem Zwecke sollen bereits gegen 200 000 Polen und etwa 160 000 Galizier mit Waffen ausgerüstet sein. * * * Deutschland. "Der Kaiser wird neueren Meldungen zufolge seine Reise nach Spanien und Portugal im März antreten. (Ob der Monarch -tatsächlich nach Portugal reist, er scheint zur Zeit mehr als zweifelhaft, da der Königsbeiuch bekanntlich verschoben worden ist.) "Die Thronrede, mit welcher Fürst Bülow im Auftrage des Kaisers den preußischen Landtag eröffnete, stellt in erster Linie erfreu licherweise fest, daß die Finanzlage Preußens — im Gegensatz zu der des Reiches — eine andauernd günstige ist. Sie macht es möglich, mancherlei Verbesserungen durch Mehraufwen dungen Herbeizukühren, wie die Erhöhung des Wohnungsgeld - Zuschusses der Unterbeamten, Verbesserung der Wohnungsverhältnisse der staatlichen Arbeiter. Außerdem werden noch eine Anzahl wichtiger Gesetzesvorlagen dem Landtag angekündigt über das Knappschafts- Wesen, daS Kreis- und Provinzialabgabengesetz und vor allem das Schulunterhaltungsgesetz. Die Thronrede beklagt den Übergang deutschen Grundbesitzes in polnische Hände, ohne Mittel anrugeben, die solchen für Deutschland uner wünschten Besttzwechsel hindern könnten. (Die Ansiedlungskommission hatte die Ausgabe, pol- Nische Güter anzukaufen, um fie in deutschen Besitz übergehen zu lassen, und nun muß sie es erleben, daß deutsche Güter in polnischen Besitz übergeben, ohne daß fie eS hindern kann.) " Eine Interpellation über das Sprem - berger Eisenbahnunglück des letzten Sommers hat der Abg. Strofser Breslau (kons.) mit Unterstützung seiner Pauei im Preuß. Ab geordnetenhause eingebracht. Ebendort hat Abg. Hilbck (nat.-lib.) eure Interpellation betreffs des Wagenmangels im Eisenbahngüterverkehr angemeldet. * Zu der Nachricht von der Schaffung einer neuen Verfassung für Elsaß-Loth- ringen bemerkt die .Kreuzztg.': „An dieser Mitteilung ist nur richtig, daß der Beschluß des Landesausschusses dem Reichskanzler übermittelt uub von diesem dem Bundesrate zugestellt worden ist. Dagegen fehlt den Vermutungen, die der Abg. Wetterls an die Tatsache knüpft, bis jetzt jede greifbare Unterlage.". (Es handelt sich also lediglich um einen „Fühler".) * Das Württembergische Kultus- Ministerium gibt im , slaatsanzsiger' be kannt, daß reichsangehörige weibliche Personen unter gleichen Bedingungen und in gleicher Weise wie männliche Personen als ordentliche Studierende zum Besuch der Technischen Hochschule in Stuttgart zugelassen werden. Öfterrerch-Ungae«. "Bei den Straßenkundgebungen in Budapest, die durch streikende Buch- drucker veranstaltet wurden, kam es zum Hand gemenge zwischen Polizisten und Streikenden, wobei drei der letzteren verletzt wurden. Aus Anlaß der überaus ernsten Lage in Böhmen und Ungarn begab sich der ungarische Minister präsident Baron Fejeroary nach Wien, um mit dem König über geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von ernsten Ruhestörungen zu verhandeln. * Wegen der zunehmenden Unruhen bei den Wahlrechts-Agitationen in Böhmen sollen mehrere Regimenter in Nieder- und Oberösterreich Befehl zur Bereitschaft er hallen haben, nach Böhmen abzugshen. Es ver lautet, daß Truppen aus Olmütz und Krakau Marschbefehl nach Prag erhielten. Frankreich. * In dem am Dienstag abgehaltenen Ministerrät machte Ministerpräsident Rouvier seinen Ministerkollegen Mitteilungen über den Konflikt der Pforte mit den Mächten. Nachdem die österreichisch-ungarische Regierung abgelehnt habe, auf die letzten Vorschläge der Türkei einzugehen, werde die internationale Flotte einen neuen Punkt des türkischen Gebiets besetzen. * In Agde bei Montpellier wurde ein Mann verhaftet, der anfangs behauptete, Morales zu heißen, nach eindringlichem Verhör aber er klärte, der vielgesuchte Alexander Farras zu sein, der in der Nacht auf den 1. Juni das Bombenattentat auf den König von Spanien verübte. (Es erscheint sehr zweifel haft, ob man endlich den „Richtigen" er wischt hat.) G«gka«d. "Die Londoner Blätter find allgemein der Ansicht, das Ministerium Campbell Barmerman werde dem König die Auflösung des Parlaments zum 1. Januar und sofort darauffolgende Neuwahlen empfehlen. "Die Unterstellung Ägyptens unter England findet jetzt auch darin ihren Aus druck, daß das englische Briefporto von einem Penny vom 15. d. ab auch auf Ägypten und den Sudan ausgedehnt wird. Dänemark. "Der Ausstand in sämtlichen Textil- warer.sabriken Dänemarks ist jetzt nach fünf monatiger Dauer durch ein Übereinkommen bei - gelegt: die Arbeit ist wieder ausgenommen worden. Die Arbeiter haben eine Lohnerhöhung und eine geringe Verkürzung der Arbeitszeit erhalten. Schwede«. * Schweden sendet Zwei Torpedoboots- Zerstörer zum Schutze der schwedischer Staatsangehörigen nach Rußland. Balkauftaate«. * Es besteht die Aussicht, daß die Flotten - kundgebung gegen die Türkei doch noch das erwünschte Ziel erreicht, ohne daß schärfere Maßregeln als bisher ergriffen zu werden brauchen. Die Antwort der Pforte auf die Note der Mächte ist den Botschaftern bereits überreicht, und man darf annehmen, daß dieses Schriftstück in der Frage der mazedoni - chen Finanzverwaltung weit genug entgegenkommt, um ein Abbrechen der militäri- chen Aktion der Mächte möglich zu machen. * Serbien plant zurNeubewaffnung der Armee und für neue Eisenbahnlinien eine Anleihe von 50 Mill. Mark. Japaa. "Das angesehene japanische Blatt,Kokumin' iußert sich zur d euts ch en Th ro nred e wie olgt: Die Thronrede ist eine Aussprache, wie ie so leicht keiner nachmacht, sehr geschickt und energisch. Die Stelle über Japan mutz das Volk und die Regierung mit Freude und Dankbarkeit erfüllen. Wir versprechen, daß wir des Kaisers Erwartungen nicht täuschen und uns vielmehr mit aller Kraft den Kultur aufgaben widmen werden. Mögen andre der deutschen Politik mißtrauen, wir erklären, daß unsre Regierung und d«S Volt Deutschland richtig verstehen, wie wir von Deutschland der- standen werden; die Beziehungen zwischen beiden Ländern werden deshalb täglich wärmer. Es gereicht uns zu großer Freude, daß die Thron rede uns Anlaß bietet, das auszusprechen, waS wir längst aussprechen wollten. (Diese sym pathische Auslassung des japanischen Blattes wird die englischen Bundesgenossen nicht son derlich entzücken.) Deutscher Reichstag. Am 6. d. steht auf der TageSordung die erste Lesung des EtatS^ des Flottengesetzes und der Finanzreformvorlage. Reichskanzler Fürst Bülow: Ich ergreife gleich im Anfang der Verhandlungen das Wmt, um mit kurzen und sachlichen Worten die wichtigste dies jährige Vorlage, die Reichsfinanzreform, zu be gründen. Von ihr hängen die äußere und innere Sicherheit, die Fortsetzung der Sottalreform, die Entwickelung der Wehrkraft zu Wasser und zu Lande ab. Die Reichrfmanzen haben sich so un günstig gestaltet, daß es die Pflicht der verbündeten Regierungen war, an das schwierige und unpopuläre Werk ihrer Reform zu gehen. 1879 erklärte Bis marck: Jetzt ist das Reich nicht mehr ein lästiger Kostgänger der Einzelstaaten, sondern ein Kost gänger gleich einem König, der bei einem Privat mann wohnt. AuS dem König ist jetzt aber ein armer Reisender geworden. Die Zollpolitik des Fürsten Bismarck zielte gerade auf Entlastung der Einzelstaaten. Die Interessen der Einzelstaaten er fordern, daß die Matrikularbsiträge sich in mäßigen Grenzen halten, sonst gehen die Einzelstaaten zu grunde. DaS war Bismarcks Meinung, daS war auch Miquels Meinung. Es ist im hohen Grade unstaa Smännisch und schlägt allen Grund sätzen der Volkswirtschaft ins Gesicht, laufende Ausgaben durch Anleihen zu decken, und der R..chstag hat auch nur in einem einzigen Falle eine solche Anleihe bewilligt. Ist doch ohnedies die Schuldenlast des Reiches hoch genug. Im Jahre 1875 war das Reich schuldenfrei, jetzt, 1905, beträgt die Schuldenlast 3^2 Milliarden. Prozentual find die Schulden des Reiches um über SO Prozent in einem Jahrzehnt gestiegen, während die Steigerung in demselben Zeitraum in England zum Beispiel nur 8 Prozent, in Italien etwa 13 Prozent betrug. Und das alle?, obwohl wir geradezu Virtuosen in der Sparsamkeit find. Die natürlichen Mehreinnahmen, die das Reich zu er warten hat, werden vielleicht ausreichen, um die wachsenden Ausgaben für Heer und Marine sowie für die Invaliden zu decken. Das Reich hat aber noch eine Fülle andrer Aufgaben zu erfüllen, die es nicht zu erfüllen vermag, wenn seine Finanzen nicht Von G-und auf saniert werden. Die ver bündeten Armierungen haben sich aber bestrebt, die neuen Lasten auf möglichst viele und möglichst leistungsfähige Schultern zu verteilen und die Lebensbedürfnisse der breiten Masse möglichst zu schonen, wir wollen richt ihre Lebens-, sondern nur ihre Genußmittel treffen. Die Belastung der Be völkerung Deutschlands durch indirekte Steuern ist nicht höher, das Verhältnis der direkten zu den indirekten Steuern ist in Deutschland nicht un günstiger als anderSwo. Der Reichskanzler verliest eine lange Tabelle, geht dann des näheren auf die Erbschaftssteuer ein. die bei uns dürftig ausgebilüet ist. DaS Nähere wird Ihnen der Herr Staats sekretär des ReichsschatzamteS darlegen. Unter Bei fall und Heiterkeit erzählt der Reichskanzler, er habe einerzeit dem Kaiser gesagt, nur drei Männer in Deutschland seien geeignet, die Reichsfinanzreform durchzubringen: der Arg. Richter, den Wissen und Charakter dazu qualifizierten, der aber leider einen olchen Posten wohl nicht annehme, dann der leider chon zu alte Herr v. Aschenborn und schließlich Frhr. v. Stengel. Er hoffe, daß diesem däs Werk gelinge. Wenn der Reichstag die Vorlage mmehme, erleichtere er die Gegenwart des Reichs, sichere seine Zukunft und vermehre seine Verdienste um eine eminent patriotische Tai. Reichsschatzsekretär Frh. v. Stengel: Ich bitte mich zu entschuldigen, wenn ich etwas von den Ausführungen des Herrn Reichskanzlers wiederholen sollte, denn ich bin nicht in der Lage, meinen Ge dankengang zu unterbrechen. (Redner gibt alsdann in fünsoiertelstündiger Reds die übliche Übersicht über das abgclaufene und neue Etatsjahr. Seine Aus führungen bleiben auf der Tribüne vollkommen un- vei stündlich.) A Oie kLuerv-Sruvkiicle. 9 Erzählung auS d. bayrischen Bergen v. M. Neal. (Fortsetzung > „Dös glaub i," begann jetzt seinerseits Guntherer, der darauf brannte, ans Ziel zu kommen. „De Arm 'chaug an und die Muskeln ... und Knochen hat a wia a Ries'!" „Auf döS kommt's aa net allemal an," ent gegnete Veronika mit unverkennbarer Gering schätzung, „es siehchl mancher stärker aus als er is, und wenn's d'rauf ankimmt. wirft 'n a WeibatS um." „Du scheinst in meine Kraft nicht viel Ver trauen zu haben, Vroni," meinte Gottfried, der sich über den Ton der Bärenwirtin ärgerte. „I woaß ja net," gab Veron ka ironisch zurück, „du magst ja stark sein, aber an Beweis hab' i net!" „Aba i!" rief jetzt Guntherer, „i hab' an Beweis davon. Und dir wird er na glei an Beweis liefern, Bärenwirtin! Erinnerst di no, vaS d' damals g'sagt hast, als d' mi ab- p'wiesen hast? I hab' ma's g'nau g'mirkt! Siehchst, hast d' g'sagt, i komm' da sogar ent gegen und nimm aa an Stellvertreter an, den du stellst . . . wenn mi der niederzwingt, wer' i bei Weib! Hast dös g'sagt oder net?" Bei der Bärenwirtin zogen sich bei diesen Worten Falten auf der Stirn zusammen. Sie fühlte, daß jetzt für fie die Entscheidung ge kommen sei. „DöS hab i g'sagt," antwouete fie trotzig, den Licken Gottfrieds ausweichend. „Guat, heut bin i nun kemma, di beim Wort z'nehma! I hab an Stellvertreter mit bracht, . . . da is a!" Dabei wies Guntherer auf Gottfried. „I frag di jetzt, willst mei Weib wer'n oder laßt as auf'n Kampf an- kemma, der ja do zu deine Ungunsten aus fallt ?" „Oho!" rief Veronika ärgerlich, „döS möcht' i do erst abwarten!" „Aber Onkel, laß doch die Sache aus sich beruhen. Du wirst doch nicht verlangen, daß ich meiner Beschützerin von der Kiesgrube viel leicht im Jux ein Leids zufüge . . . Das könnte ich mir mein Lebtag nicht vergeben!" Wie fie diese Herausforderung reizte. Sie betrachtete Gottfried spöttisch von oben bis unten. Wie verhältnismäßig zart er war, er blieb, was den Körperbau anlangt, w'it hinter den Stärksten des ganzen Sacharanger Tales zurück, und Veronika hatte doch fie alle über wunden. Wie sollte al,o er . . . „Na, g'scheh'n tat mir so arg viel kaum, i glaub' eher, daß umkehrt aa g'fahren war. Wennst sonst koa Sorg Haft, als um mi, na kannst z'sneden sein!" Veronika hatte rasch, voll Erregung ge sprochen. Es zuckte ihr in allen Fingern. „Wer der Stä kere is, wer' ma ja sehg'n," sagte Guntherer, „i wett' mein' Hof, daß d' döSmal an den Unrecht'» kimmst!" Veronika lachte gerade heraus, aber ihr Lachen klang nicht echt. „I frag di nur, obst du ihn als mein' Stellvertreter anerkennst. Mei'n Hof gegen den dein!" „Einverstanden!" rief Veronika heiser vor Wut. „I laß ma net nachsag'n, daß i dem Kampf mit so an Studenterl ausg'wichen bin. Kannst ma leid tuan, arms Bürschel!" Die Bärenwirtin war aufgestanden. Sie überragte die beiden Männer, die sich jetzt gleichfalls erhoben hatten, fast um Kopfeslänge. „Dein Bedauem, Vroni, brauch ich nicht," rief Go.riried, der gleichfalls erregt wurde, „das Bedauern ist ganz auf meiner Seite!" „Bravo, Friedl!" schrie Guntherer, „dös ließ i mir net g'fallen. Zeig, daß d' a Schneid hast!" „Mit der Schneid is net tan," erwiderte Veronika, „aber dös, was du kannst, Guntherer- bauer, kann i aa. Hof gegen Hof, und wer's Wirtshaus kriegt, muaß d' Wirtin als D'reingab nehma. IS koana z'neid'n drum!" „Soll a Wort sein!" schrie Guntherer, der sich endlich vor der Erfüllung seines heißesten Wunsches gestellt sah. „Asa an Zeugen müaß ma bei dem Handel aa hab'n, damit's hintennach, wennst besiegt bist, koan Zweifel gibt! Is denn niemand da, der an Zeugen machen könnt?" Der Lenzer Sepp erschien, als habe er nur des Rufes geharrt, unter der Mr und sagte: „I bin Zeug', was g'wett't habt's!* Dann verschwand er, trank seinen Schnaps aus und stürzte aus der WirMvbe. „Abg'macht!" erwiderte Guntherer, „und jetzt los!" Veronika wußte, daß der Sepp alles auf bieten würde, die Dor,bi.wohner von Sacharang so schnell als möglich von dem wichtigen Er eignis in Kenntnis zu setzen. Sie brannte des Abg. Fritzen (Zir.): Wir bedauern die späte Einberufung des ReichstigS außerordentlich. ES ist fast unmöglich, daß wir mit dem Etat und den Steuergesetzen bis zum 1. April fertig werden. Auf keinen. Fall wird dies ein diätenloser Reichstag ver mögen. — Der Etat bietet in den letzten Jahren viel mehr ein Spiegelbild der äußeren wie der inneren politischen Lage. Südweüasrika verlangt an außer ordentlichen Ausgaben 103 Millionen, die auf An leihe genommen werden müssen. Kiautichou bean sprucht 13^2 Millionen. Weiter stellt Redner die wich tigen Fragen dec auswärüaen Politik in den Vorder grund, vom Reickiskanzler Aufklärung fordernd. Wir alle haben den Wunsch, mit dem auf dem Gebiete der Kultur so segensreich wirkenden Nachbarlande Frankreich in guten Beziehungen zu leben und mit England die früheren guten Verbindungen wieder anzuknüpfen. Die Flottenforoerungcn werde daS Zentrum mit Ruhe, Ernst und allem Wohlwollen prüfen. Voraussetzung für die Annahme sei die Sicherung der Deckung. Die Steucrvorlage werde das Zentrum nicht als einheitlich behandeln. Die Verkchrssteuern seien vielfach unsympathisch. Die Steuern auf Rohtabak und Braumalz seien mit dem 8 6 des Flottengesetzes von 1900 unver einbar; an diesem werde das Zentrum aber unbedingt festhalten. Um den Fmanzministern der Kleinstaaten ein stärkeres Interesse an der Finanzgebahrung LeS Reiches zu sichern, werde daS Zentrum eine erheblich größere Beladung der Einzel staaten durch M2 rikularbeiträge fordern, als die Finanzreform plane. Unter Schonung der schwachen Schultern werde das Zentrum sich bemühen, den Verbündeten Regierungen alle Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Erhaltung des Friedens und nötigenfalls zu seiner Wiedererkämpfung notwendig Reichskanzler Fürst Bülow ergreift hierauf nochmals daS Wort, um über die auswärtige Politik zu sprechen. Die gegenwärtige Lage sei keine durch aus befriedigende; Verstimmungen seien erst über wunden, neue zu befürchten. Man habe zu rechnen mit einer tiefgehenden Abneigung der öffentlichen Meinung in England gegen uns. Er begrüße es, daß sich in allerletzter Zeit Ansätze zeigten in ernsten englischen Kreisen zur Beseitigung dieser bedenklichen Spannung. Der Reichskanzler äußert sich weiter über den Dreibund. Eine Abwendung Italiens vom Dreibund sei nicht zu besorgen. Deutschland müsse allerdings sorgen, daß eS stark genug sei, im schlimmsten Falle auch ohne Bundesgenossen allejn seine Stellung verteidigen zu können. Die Be ziehungen zwischen Deutschland und Japan seien gut und freundlich. Die Räumung Chinas von den Besatzungtruppen werde wohl im Frühiahr erfolgen können. Von den Wirren in Rußland halte Deutschland sich vollständig fern; weder mit Ratschlägen, Angeboten noch irgend einer Art von Intervention sei man an Rußland heran getreten. Ein Mergreifen der Unruhen noch Deutschland, darauf möge man sich verlassen, werde die Regierung zu verhindern wissen. Die ein gehende Darstellung von der Entwickelung der Morokkofrage, die Fürst Bülow dann gibt, ge stattet einen Einblick in den großen Ernst der Lage, die durch die Frage vor einigen Monaten geschaffen worden war. Für Deutsch land handelte es sich darum, Front dagegen zu machen, daß über seine Interessen in Marokko ohne feine vertragsmäßig erforderliche Zu stimmung verfügt werde. Dieser klare ReLtkstand- punkt habe angesichts der versuchten gefährlichen und unberechtigten Jgnorierungspolitik festgehalten werden müssen. Daß man Deutschland das Motiv unterschiebe, eS suche nach einem Anlaß, über Frank reich herzufallen, sei absurd. Wenn derartige Gerüchte auskommen könnten, beweist dies, daß feindiclige Stimmungen gegen Deutschland vorhanden seien, denen gegenüber man auf der Hut sein müßte. Wer Deutschlands Friedensliebe noch nicht erkannt habe, der will fie nicht sehen und da helfen auch alle Versicherungen nicht I Darauf vertagt sich daS HauS. Von )>lab unct fern Zur Silberhochzeit des Kafterpaares bewilligte die Synagogengememde Breslau 10 000 Mk. für dis Errichtung einer Erziehungs anstalt für schwachsinnige israelitische Kinoer. Ergebmffe der BoltszähUmg. Von eiuigm deutschen Großstädten liegen die vor läufigen Resultate der letzten Volkszählung vor. München hat danach 537 800 (rund 500 VOO im Jahre 1900; Zunahme 7,6 Prozent). Nürnberg zählt 293 868 Einwohner (261681; 12,6 Prozent Zunahme). Braunschweig hat 136 423 (128 231) Emwohner, Leipzig zählte 502 570 (441 255). Magdeburg umfaßt 240 709 (229 667) Einwohner. halb vor Begierde, ihrem Lorbeerkranz ein neues, glänzendes Blatt einzufügen. „I bin bereit," sagte fie lächelnd, nachdem fie mit einemmal ihre Ruhe und Überlegung wieder gefunden hatte. „Soll denn aus diesem Unsinn wirklich Ernst gemacht werden?" fragte Gottfried. „Wir machen uns ja zum Gespött aller vernünftigen Menschen." „Was, hast dei' Schneid verloren?" schrie Guntherer, und sich zu ihm beugend, flüsterte er: „Und Traudl?" Das genügte Gottfried. „Ich habe meine Schneid durchaus nicht verloren. Wenn du auf den schlechten Witz ein gehen willst, Bärenwirtin, ich bin dabei, aber ich verwahre mich gegen alle Vorwürfe, wenn dir zu weh geschieht!" „Kümm're di um der' eig'ne Person. Da Bader wohnt net weit von da!" Mit diesen höhnischen Worten war die Bärenwiriin mitten in die Stube gegang-n, hatte die Röcke hinaufgeschürzt und die Schuhe auSgezogen. So erwartete fie in heraus fordernder Stellung ihren Gegner. Gottfried zauderte noch einen Moment, dann aber watt er seine Joppe ab und schickte sich mit dem Ausruf: „Wart', Hexe, der Spaß soll dich reuen!" an, Veronika zu unterlaufen. Diese aber folgte jeder seiner Bewegungen, den jungen Mann fest im Auge behaltend, stets bere-t, einen etwaigen Angriff zu parieren. So waren sich die beiden bereits aus Armeslänge nahegerückt, während Guntherer schweigend bei seite stand.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder