554 mit vollstimmiger Harmonie kriegerischer Blasin struments den staunenden Fremden. — Um 6 Uhr tönte die Trommel, ebenfalls von Zöglingen ge, rührt, und das kleine fröhliche Völkchen etlte in den Speisesaal, wo jeder Knabe auf seinem be stimmten Platze ein Stück gutes Brod mit Butter in Empfang nahm, um es im Freien zu verzehren. Ein zweiter Trommelruf versammelte halb 8 Uhr die Knaben znr Betstunde, zu welchem Vehufe im Speiscsaale eine kleine Orgel sich befindet- Ein Zögling liest mit vielem Ausdruck die Gebete und ;ete Strophe der Gesänge laut vor, welche letztere alle singend wiederholen. Der von Musik beglei tete Zapfenstreich gebot um 8 Uhr Ruhe und rufte die Knaben in den Schlassaal, wo jeden ein beson- deres Bett mit Matratze und im Winter mit dop pelten Decken ausiummt. Von edelm Stolze er glüht, erzählten die Zöglinge, wie zuweilen Se. Majestät der König ihre kriegerischen Uebungen in hohen Augenschein nehme. Im mnzen Wesen des Instituts waltet ein Geist, welcher lebensvoll mit dem Zeitalter fortschreitet; nur die Uniform der Zöglinge versetzte damals noch um ein halbes Jahr hundert zurück und verstellte die Knaben. Am folgenden Tage durchzogen wir das freund liche Großenhayn und dessen minder freund liche Gegend, und lebensvoll grüßten nach dem todten Einerlei der Königsbrücker Waldebene (am Zosten) die romantisch wechselnden Gebirgs gestalten der fruchtreichcn Oberlaufitz. Die reizende Gegend von Camenz nahm uns auf, und eine viermonatliche Ruhe wurde mit regem Eifer benutzt, der höhern militairischcn Vollkommenheit die Bra ven zuzusühren, deren größter Theil das irdische Ziel auf fernen unwirtlichen Schlachtgefiiden oder in den nordischen Et -gräbern fand. Camenz, ro mantisch am Fuße des mächtigen Hutberges liegend, wtegt seine Vorstadt ländlich ins Feisenthal hinab, dessen Dtesentepptcb, von Kühen schweizerisch belebt, den Mühlbach begränzt. Ringsum wogen sorgsam gepflegte Fruchtfelder von Hügel zu Hügel vom le bendigen Gehölz bis zu des Gebirgs hohen waldi gen Spitzen, und nah und fern deuten Thürme und Wohnungen auf Wohlstand und Bevölkerung. Das frohe lebendige Gewühl in der Stadt, beson ders Markttags, bewies, daß eine freisinnig väter liche Regierung dem biedern fleißigen Volke auch in kriegerischen Zeiten Freude und Lebensglück zu sichern vermag. Eine wunderbare Erscheinung bie tet in dieser Gegend die scharfe Begranzung der Teutschen und Wenden in Sitte, Tracht und Spra che, welche jedoch in gleich glühender Vaterlands liebe und Fürstentreue zu gleichem staatsbürgerlichen Leben beider Stämme sich vereinen. Zerstreut zwi schen den teutschen Dörfern liegen die wendischen, und daß bet dieser Vermengung die Wer,den ihre nattonellen Eigenthümlichkeiten durch Jahrhunderte bewahrten, ist ein Beweis, wie das Streben der sächsischen Regierung dahin geht, gleichmäßig allen Untcrchanen das hohe Glück gesetzlicher Freiheit zu gewahren. — Sehcnswerth ist eine wcndischeHoch- zeit. Von dem wundersamen Trio einer Strohfie- dcl, einer Schallmei und eines Dudelsackes beglei tet, ziehen, zierlich angethan, Paar und Gäste zur Kirche, und einige Männer des Zugs sind mit mächtigen Dranntweinflaschen bewaffnet, aus wel chen sie die am Wege stehenden Zuschauer bewtr- then. — Die rosige Fülle kräftiger Gesundheit strahlt von dem lieblich blühenden Antlitze der wen dischen Mädchen, und man kann es keiner Mmtcr verargen, wenn sie, der Möglichkeit der ersten sü- ßen mütterlichen Pflichterfüllung beraubt, am lieb sten eine Wendin zur Ernährerin ihres Säuglings wählt. Durch den anziehenden Wechsel mannichfalriger Gebirgsansichten verkürzt sich der zweistündige Weg nach dem Frauenkloster Marien stern (an der Straße nach Bautzen). In den weiten Hallen der Klosterkirche vereinen sich treffliche Gemählde mit Gebilden in Marmor und Bronze zum Triumphe der Kunst, um die religiöse Erhebung im Anschauen zu erhöhen. Feierlich hallt der herrliche Gesang