A-orker Wochenblatt. M i t t h e i l u n g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 16 gr. SLchs., bei Beziehung des Blatte» durch Botengelegenheit 12 Gr. SLchs. ^4^ 14. Erscheint jeden Donnerstag. 4. ApNl 1839. Zur Reform der Diplomatie. Die Geschichte drr letzten Sitzung des vor Kurzem aufgelösten französischen Parlaments stellt sich den Blicken jedes aufmerksamen und verständigen Beob« achters der Zeitereignisse als eine Begebenheit von unberechenbarer Wichtigkeit dar. Sie ist ein nicht zu verkennender Wendepunkt In dem In Frankreich noch dem Jahre 1830 von seinem Ausgangspunkte sich mehr und mehr entfernenden Gange der Dinge und in den seitdem allmählig zur Herrschaft gebrach ten Ansichten über die „unabänderliche" und angeb lich einzig Heil bringende Staatskunst. Ium ersten Male seit Jahren hat das gesetzliche Organ die von der öffentlichen Gewalt eingenommene Stellung und ihr Verfahren bet Leitung der Staatsgeschäfte einer unabhängigen Prüfung unterworfen in den mit vol lem Rechte allgemeines Aufsehen erregenden Verhand lungen der französischen Abgeordnetenkammer über die auf die Thronrede Ludwig Philipps bei Eröffnung dcS Parlaments zu erwidernde Dankaddresse, dem einzigen wichtigen Gegenstände, den man einer gesetz gebenden Versammlung zu Ende zu bringen erlaubte, die sich nicht zu einer unbedingten Billigung alles dessen, was geschehen, Herablossen wollte. Abgesehen von der Wichtigkeit, welche jene Verhandlungen der Abgeordneten zu Paris für ihr eigenes Land haben, wird der Erfolg des Kampfes, der In Ihnen zwischen der öffentlichen Meinung und der öffentlichen Gewalt sich entspannen hat, von unausbleiblichem Einflüsse für den Gang der Dinge in ganz Europa sein. Denn wie es überhaupt ein eigenthümliches Merkmal un serer Zeit Ist, daß keine Bewegung in dem einen Lande ohne Nachwirkung auf alle übrigen Glieder der Staatenfamilie bleibt, so sind es auch heute noch Im mer namentlich die Zustände Frankreichs — mag man von feinem Volke halten, was man wolle — welche wesentlich das Gepräge der Politik des ganzen euro päischen Staatensystcms bestimmen und bedingen. ,Märe ich König von Frankreich, ohne mich sollte kein Kanonenschuß In Europa geschehen," sagte Frie drich 2. von Preußen von dem Frankreich unter Lud wig 15.; das heißt in der Sprache von 1839 über setzt: „wäre ich König drr Franzosen, ohne mich sollte kein Protokoll in Europa unterzeichnet werden. Auch für Deutschland, so sehr man sich hier auch gegen jede solche Ansicht von frühern Jahren her zu sträuben pflegt oder die Miene zieht, so weit man eS auch In der Emanclpatlon von französischem Einflüsse gebracht haben mag; gilt dennoch, wie die Erfahrung noch der nächst vergangenen Jahre lehrt, jene Be hauptung in ihrem ganzen Umfange. Auch unS Teutschen, Frankreichs nächsten Nachbarn, wird eS in unsern eigenen Verhältnissen nicht unmerklich bleiben, wer als Sieger auS jenem Kampfe der politischen Elemente jenseits des Rheins hervorgegangcn sein wird. Seiner Selts wird aber auch Frankreich, mag die Gestaltung seiner Zukunft ausfallen, wie sie wolle, fortan nicht umhin können, Teutschland diejenige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die es ihm bi- jetzt leider meist nur mit selbstsüchtigen Blickrn zu» gewendet hat. Von Leutschland zunächst wird da-