Adorker Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Siebenter Jahrgang. Preis für den Jahrgang Lei Bestellung von der Post S1 Neugroschen, Lei Beziehung des Blattes durch Botengelegenhekt 15 Ncugroschcn. 2S. 20. Z-li 1842 Erscheint zede Mittwoche. Briefe aus der Residenz Für uns Residenzbewohner d. h. für die meiner Klaffe, also für die kleinen und grosen Politiker — steht im Laufe dieses Jahres wieder neuer Stoff zur Unterhaltung zu erwarten, denn im Spätherbste be ginnt, wie Sie selbst wissen, unser vierter konstituzio- neller Landtag. Er wird, wie man hört, diesmal wichtige und umfängliche Vorlagen bringen und da her, was sich dann von selbst versteht, auch nicht von kurzer Dauer sein. Man spricht von einem Jahre, obwol das natürlich Niemand im Voraus genau wis sen kann. Einer der wichtigsten Gesezentwürfe, die an die Kammern gelangen werden, ist Zweifelsohne die neue Kriminalprozessordnung — wie wir, um im mer ein fremdes Wort zu gebrauchen, wenn wir auch ein teutsches dafür haben, zu sagen pflegen — d. h. ein Gesez über das Verfahren in Strafsachen. Viel leicht denkt Mancher, es sei das doch nur etwas für die Juristen, unwichtig und uninteressant für Andere. Dem ist aber durchaus nicht so. Denn wenn auch über ein Gesez dieser Art am Ende nur Juristen vom Fache und Leute, die in dieser Hinsicht einen Schaz von Erfahrungen gesammelt haben, gründlich urthei- len können; wichtig bleibt darum das zu erwartende Gesez für Jeden im Volke. Es ist dasselbe im Ge gentheil ungleich wichtiger, als das Kriminalgesezbuch selbst. Denn was kommt im Grunde vies darauf an, ob für irgend ein Verbrechen oder Vergehen diese oder jene Strafe, vielleicht auch eine härtere, als ver nünftigerweise sein sollte, bestimmt ist? Um dieser Strafe zu entgehen, darf ich nur das Verbrechen ver meiden, auf welches sic gcsezt ist. Aber darauf kommt es an, ob gesezliche Formen vorhanden, nach welchen der Richter verfahren muss, wenn die Frage entsteht, ob wirklich ein Verbrechen begangen worden ist, weil, I Dresden, am 16. Juli 1842. Wundern Sie sich nicht, wenn ich seit einigen Jahren keine Berichte mehr von hier aus geliefert oder Ihnen sonst Mittheilungen über unser Thun und Treiben, und über das Meinige insbesondere, gemacht habe. Sie kennen ja den alten Ausspruch: Der Mensch ist ein Gcwohnheitsthier. Nun das sehe ich eben auch an mir. So gern ich sonst gebriefstel- lert und gebriefwechsclt habe, so sehr bin ich jetzt da von abgekommen, so sehr muss ich mich ermannen, wenn es gilt, dem Papiere etwas anzuvertrauen, was über das Soll und Haben des gewöhnlichen Ge- schästslcbens hinausgeht. Doch wozu der langen Einleitung? Genug — Sie erhalten einmal eine Nachricht von mir. Beweisen Sie sich dankbar da für, aber fragen Sie nicht nach der besonder» Veran lassung dazu. Sie wissen, dass ich mich seit einiger Zeit in das Gebiet des politischen Lebens verirrt habe. Verirrt? Nein, auf den rechten Weg gefunden habe. Politisi- ren muss jeder Staatsbürger. Denn was ist dies an ders, als rege Theilnahme beweisen an den Angele genheiten des gemeinsamen Vaterlandes, die das Wohl und Wehe desselben betreffenden Fragen in seinem Kreise mir verhandeln und da, wo cs gilt, für das selbe wirken ? Hieraus wird cs Ihnen erklärlich wer den, wenn ich mich in diesem Briefe vorzugsweise mit den öffentlichen Angelegenheiten beschäftige; von meinen besonderen Angelegenheiten erzähle ich Ihnen, einmal mündlich, wenn uns ein guter Stern wieder! zusammenführt. >