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Adorfer Wochenblatt : 07.06.1843
- Erscheinungsdatum
- 1843-06-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1838560793-184306071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1838560793-18430607
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1838560793-18430607
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAdorfer Wochenblatt
- Jahr1843
- Monat1843-06
- Tag1843-06-07
- Monat1843-06
- Jahr1843
- Titel
- Adorfer Wochenblatt : 07.06.1843
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108 nes öairrischen Landrichters. Diesem wurde angezeigt, daß sein Buddel eine arme Frau, die wegen rückstän diger Zahlungen ausgepfändet werden sollte, und die ihm nickt gleich mit der größten Bereitwilligkeit ihre Habseligkeiten entgegen trug, geschlagen habe. Er lud ihn nun vor sich und gab ihm den Bescheid: „Ei so arg dürfen Sie es doch nicht machen; denn der Unterthan ist doch gleichsam auch ein Mensch." Und das ist vielleicht die Gesinnung nicht weniger. Freilich mag aber auch das Volk selbst oft die Schuld mit tragen. Durch die langen Plackereien und den Uebermuth seiner Obern wurde es muthlos gemacht, da der, der einmal ein freies Wort zu spre chen wagte, auf einer anderen Seite um so größere Bedrückungen und Hinderungen zu befahren hatte. Dadurch schwand der letzte Funke von Gemeinsinn; jeder ist froh, wenn er nur selbst mit heiler Haut da von kommt, und fragt man sie, warum sie sich Alles so gefallen lassen, so hört man gewöhnlich die Ant wort: „Es ist eben einmal so, wer will's anders ma chen?" Das ist aber die Sprache der dumpfen Ver zweiflung an Menschenwürde und Gerechtigkeit. — Noch trauriger ist die Erscheinung, daß Bürger selbst Bürger bedrücken und sich mit den öffentlichen Beamten verbinden. In vielen Städten und Märk ten sind landesherrliche Beamte, Bürgermeister und Magistrat nur ein Complott, um di« Bürger metho disch auszusaugen und dann den Raub unter sich zu theilen. Bei Magistratswahlen wenden die Beamten Jntriguen und alle möglichen Machinationen an, da mit diejenigen an die Spitze kommen, die sie als pas sende Mittel zu ihrem Zweck und als würdige Ge nossen erkannt haben. Und in den meisten Fällen ge lingt es ihnen auch; denn was läßt sich bei einem niedergedrückten und muthlosen Volke nicht Alles durchsetzen? Hier habe ich nur einige allgemeine Umrisse von dem traurigen Zustande des Volkes und den Unge rechtigkeiten seiner Beamten gegeben. Wollte ich ein- ^zelne Beispiele als Belege anfuhren, so hätte ich ei- nen solchen Vorrath, daß, wollte ich sie alle erzählen, Mir die Natur eine zehnmal stärkere Geduld gegeben haben müßte, und dann würde sie doch noch nicht u-vspeichen. Wollte Gott, ich besäße einen geringeren Schatz solcher Erfahrungen! Jetzt will ich nur das Neueste der Art, was mir zu Ohren kam, austischen. Wahrend meines letzten Ausfluges übernachtete ich in einem kleinen Landstadtchen. Im Wirthözimmer befand sich ein Bürger des Orts, mit dem ich nach meiner Art gleich ein Gespräch begann. Ich fragte ihn bald dies, bald das, um ihn über den Wohlstand und die Lage des Volkes auszuholen, und hier mußte ich denn erfahren, daß in diesem Jahre unter den är. meren Volksklasscn eine drückende Noth herrsche, da die Gewerbe in's Stocken gerathen und viele Leute ganz ohne Arbeit wären. ,, Auf meine Frage, ob denn von oben nichts zur Abhulfe^ dieser bedrängten Lage geschehe, antwortete er: „O, z-, die Negierung wendet Alles an, was in ihren Kräften steht; aber durch die Betrügereien des landesherrlichen Beamten, des Stadt schreibers und einiger wohlhabender Bürger läuft der Vortheil in die Tasche dieser Leute, und das arme Volk empfindet nichts von der wohlgemeinten Für sorge der Regierung. In unserer Gegend wird an einem großen landesherrlichen Bau gearbeitet, und in diesem Jahre sollte sehr viel daran geschehen, damit Leute ohne Arbeit hier Beschäftigung und Nahrung fänden. Wie gewöhnlich sollte die Besorgung dieses Baues streckenweise an einzelne Unternehmer vcraccor- dirt werden; aber die oben genannten Herren, die schon mehr dergleichen practicirten, traten zusammen, schlossen unter allen üblichen Formalitäteu mit der Regierung einen Contract, bei dem sie natürlich wohl bestehen können und besorgen nun in Gemeinschaft die Ausführung des landesherrlichen Plans. Aber wie fahren nun die armen Leute dabei? Gott erbar me sich ihrer; denn diese Herren haben kein Erbarmen mit ihnen. Um einen Lohn, wofür sie kaum noth dürftig leben können, müssen sie täglich 11 Stunden die härtesten Arbeiten verrichten, und wenn einer nur aufzuschen wagt, so muß er schon das Schelten der barschen Aufseher fürchten. Aber es geht noch weiter. Einer von den Mitunternehmern hat einen Schwie gersohn, der das Bäckcrhandwcrk treibt. Von dem müssen nun alle Arbeiter ihre Bedürfnisse an Brod beziehen; wer es nicht thut, wird aus der Liste der Arbeiter gestrichen. Und dieser Mensch, der nun so vieler Abnehmer versichert ist, versorgt die armen Leu te, die ihre paar Kreuzer so sauer verdienen müssen, mit solchem Brode, das oft kaum die Hälfte des Preißes werth ist. So geht es bei uns, lieber Herr. Die Leute murren wohl; aber Niemand hat das Herz, sich zu regen oder eine Beschwerde vorzubringen, da der landesherrliche Beamte, wje Jedermann weiß, den ersten Theil des Gewinnes zieht. Und wollte sich ei ner auch der guten Sache qftnchmen, so würde er von diesen Leuten solche BArückungen zu erfahren haben, daß er es wohl in Zuftlnft laßt, wie es geht." Gutes deutsches Volk/ wohin ist es mit Dir ge kommen? Wann wird die Zeit erscheinen, daß Du nicht mehr so phlegmatisch und furchtsam Dich drän- gen und drücken läßt! Möchte sie nicht mehr lange auf sich warten lassen! Dies ist mein täglicher Stoß seufzer zu Gott.
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