Adorker Wochenblatt. M i t t h e i l « n g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Neunter Jahrgang. für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: I Thaler, bei Beziehung LeS BtatteL durch Botcngclegtnheit: 2» dicugroschen. 19. Juni 18^. Erschcii.t .jede Mittwoche. Die Brauuseiae Reise und die Schwur gerichte.") Dresden, 29. Moi. In der Mannheimer Abend- Heilung war neulich die Nachricht ausgenommen, daß Advocal Braun auf jseincr Reise in die Lande der Schwurgerichte von den Gcschwornen absehen wolle, wobei seines „bedenklichen" Reisegefährten Peter Otto Clauß aus Chemnitz erwähnt wurde. Die Sache hätte genauer auSgedrückt werden können, hat aber ihre vollkommene Richtigkeit. .Braun gehört zu den römischen Juristen, und obwohl diese Herren meinen, wenn sic die Pandekten und das kanonische Recht getrieben hätten, so sei ihnen nun gleichsam im Trau me auch die Kenntniß vom englischen und französi schen Rechte oder sonst einem Rechte eines freien Böl kes zu Theil geworden, so haben sic in der Regel doch gar keine oder nur höchst verkehrte Begriffe von Geschwvrncngerichtcn. Die Vorschläge, welche Braun als Berichterstatter einer besondern Deputation der 2. Kammer am verflossenen Landtage vorlcgtc, er reichen noch nicht einmal dasjenige Maas politischer Freiheit, welches die Restauration in Italien, der Schweiz (Genf, Wallis, Iura im Kanton Bern) und in den Niederlanden nach Vernichtung der dort cin- geführtcn französischen Geschworncngcrichte übrig ließ. Es sind vollständig folgende: 1) Die Criminalge- nchtsbarkeic, insoweit sie sich in Händen von Priva- »n befindet, geht auf den Staat über. 2) Der Staat ') Der obige Aufsaz ist vor Kurzem in .Kx 132 der „Mann heimer Abendzeitung" ersstnenen, und wird hier mitgetheilt, weil ec eine zunächst sächsische Angelegenheit berührt, oei der geringen Berbreilung aber, welche die „Mannheimer Abendzei tung" bei uns geniesst, gleichwol in Sachsen nech saft gar nicht bekannt geworden ist. Eine Widerlegung desselben wird im näch sten Klatte felgen. Bis dahin möge der geneigte Leser auch sein U-riheil über die Sache noch zurüksalteo. D. Red. übt dieselbe überhaupt aus durch kollochinlisch ge bildete Gerichtshöfe. 3) Die Gerichtshöfe sind: Das Oberappellationsgericht, die AppcllatlonSgerichtc, Cri- minalbezirkcgerichtc, durch sie wird der J»st«r»;en- zug bergcstcllt. 4> Das Verfahren ist in selbigen mündlich und öffentlich unter Hinzutritl einer Staats anwaltschaft. 5) Sic geben zu ihren Aussprüchen Gntscheidttttgsgründe über die Tharsrage. E- würdc unbegreiflich sein, wie man darüber ein so gro ßes Freudenseucr hat anzündcn können, wenn man nicht sähe, wie weit zurück uns die Rcacrion von ld!42 geführt hat. Aber der Schiffbrüchige klammert sich an jeden Balken, wenn er auch noch so schwach ist, und so begrüßte man. diese Leisetrecerei als die Dämmerung des Morgenroths besserer Tage. Viele kannten die Vorschläge nickt genau, sie hörten nur, die Deputation habe aus Oeffentlichkeit und Münd lichkeit eingetragen, und weil darunter stets auch Ge- schworne begriffen gewesen sind, so meinten sie, die Deputation habe auch diese in ihre Anträge cinqe- schlvssen. Wer das Deputalionsgutachten durchlas, dem mußte freilich Mancherlei auffallen. Ich hebe nur eine Stelle aus: „Wenn die Deputation bei ih ren Vorschlägen von dem Geschwocneninstitnt »b- ficht und ihre Anträge aus Beibeherltunri rechts- steleheter Richter stellt, so hat dies unter Andern, in der Erwägung seinen Grund, d»ß die Zeit für dieses Institut noch nicht gekommen ist, auch dic legislatorische Vorsicht nicht getadelt werden mag, welche dem organischen Entwickelnngsgang neu er Institutionen vorzugreisen, Bedenke» trugt."' Das ist nun freilich die berühmte Theorie von der Reife der Völker, versetzt, mit einiger Ignoranz in Betreff der Schwurgerichte. Wenn demungcachrct der Vorschlag, Braun reisen zu lassen, von dcn Freisin nigen cisrig unterstützt worden ist, so geschah es le diglich in der Hoffnung, daß'Brann die öffentliche