Adorker Wochenblatt. M i t t h e i l n n g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfzehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung de« Blatte« durch Botengelegenheit: 22 Ngr. S Pf. «ZV- Mittwoch, Die deutschen Flüchtlinge. (Bruchstücke au« einem Briefe „an einen Mitleidigen.") „Ich komme." schreibt mir ein Leipziger Doktor, dei"auf keiner Barrikade gearbeitet und ein sehr ruhf- ger Zuschauer ist, so eben aus Belgien, aus dem ge priesenen Belgien, wo die Flüchtlinge wir das Wild im Walke gehetzt werden. Alle diese Unglücklichen, aber namentlich tie deutschen leben gegenwärtig unter den drückendsten Beschränkungen seitens der belgischen Polizei, was kie Angesehensten und Bemittelten der selben veranlaßt hat, das Land zu verlaffen. Neuan- kommende werden sofort und mit der größten Slren- ge ausgewiesen. So sind denn jetzt nur Die noch dort, die kaum das nackte Leben, vielwcniger dir nü- lbigen Mittel zur Weiterreise besitzen. Die meisten dieser Beklagenswerthcn leben in Antwerpen und kämpfen dort von Tag zu Tag mit dem bittersten, entsetzlichsten Mangel." „Ick besuchte dort zufällig den Gasthof zum Kö nig von Baiern, hart an der alten Börse. In einem kleinen Zimmer saßen 8 — 10 solcher Flücht linge, größtenthcils sehr gebildete, intelligent», au- den angesehensten Familien stammende junge Leute- Erlassen Sie mir, die Klagen zu wiederholen, die hier von allen Seiten auf mich einsturmten. Abgerissen, abgezehrt, ohne Geld und Freunde, ohne Aussicht auf Abhilfe, so sehen sie mir Trauen den Schrecknissen de« Winters entgegen. Es schüttelt mich jetzt noch, wenn ich an diese Scene denke- AlS ich das Haut verließ und nachsann unh eine Strecke Weges gegan gen, zupfte mich Jemand am Mantel. Einer der Flüchtlinge war'S, ein Studens der Juri-pruden^, Na men« Ludwig M..... , „Herr!" sagte er! und die Thronen perlten ihm dabei auf die abgezehrte Wange, „leihen Sie mir ei nen Franc. Seit zwei Lagen habe ich nicht- War- L7. Februar 1850» >' > , mes gegessen — ich werde krank, wenn Sic mir mei ne Bitte obschlagen. Ich will's Ihnen redlich wieder bezahlen." — Der Leipziger Doktor hat nickt antworten können, cS ist ihm wie Eis durch die Glieder gefahren, aber- er hat ihm AUeS gegeben, waS er bei sich trug. — „Ich habe noch eine Bitte: so schreibt mir von StraßburgM^ktu: einstiger Landsmann, der ebenfalls flucktige S-, der selbst in keinetwegs an ¬ genehmen LWMMlffen lebt. Helfen Sie unserm wak- kern Elend der in Straßburg wie in Frankreich uber^iM lebenden Flüchtlinge ist gren zenlos, wie aber Wcisflog dis jetzt existirt, daS ist wahrhaftig mehr als traurig. Hätte er nicht bei mir ein, wenn auch traurige-, doch vor Hunger schützende« Asyl gefunden, er wäre längst tobt, er wäre buchstäb lich verhungert oder hätte sich selbst das Leben ge nommen. Umsonst ist er von früh bis in die Nackt nach Beschäftigung umhergelaufen, umsonst hat er überall seine Fauste zu den gewöhnlichsten Arbeiten angeboten, er ist überall abgewiesen worden. Jetzt theile ich mit ihm Kleider, Wasche, Alles, Alles, denn t er Hal gar nichlS mehr, dabei scheut er sich sogar, sei ne einzige Liebhaberei, jede Woche für einen Sbu Schnupftaback, von mir befriedigen zu lassen, weil sie eben einen Sou kostet. Und wie brav in jeder Be ziehung ist unser armer Freund'. Es ha? sich hier ein Unterstützung-- Komitv für deulkche Flüchtlinge gebildet, dem nichts mehr fehlt, als Geld. Ein Unbekannter au- Stuttgart hatte 500 Francs gesandt, welche unter die Flüchtlinge als Weih, nachtsgabe vertheilt werden sollten. Es kamen auf den Mann zwei Francs. Als Weisflog die 2 Francs empfing, es war am heiligen Abend, verschwand er und kam erst nach einer Stunde wieder freudetrunken -«rück, nach langer Zeil zum ersten Male wieder ein