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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 18.06.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-06-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190906181
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19090618
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19090618
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Tageblatt
- Jahr1909
- Monat1909-06
- Tag1909-06-18
- Monat1909-06
- Jahr1909
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 18.06.1909
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Amtsblatt M Mill. AwtSicrichi ini> Stu Mtnt zu ß-hechiil-knistthili. HHcheMt jeden Wochentag abends ftir den folgenden Tag und kostet durch die Austräger daL Vierteljahr Mk. 1.55, durch die Post bezogen Mk. 1.92 frei inS HauS. Fernsprecher Nr. 11. Inserate nehmen außer der Geschäftsstelle auch die Austräger auf dem Lande entg^sH auch befördern die Annoncen-Expeditionen solche zu Originalpreisen Anzeiger für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Mein, , orf, Langenberg Falken, Reichenbach, Callenberg, Langenchursdorf, Grumbach, TttsM heim, Kuhschnappel, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Lugau, Erlbach Pleißa, Rüßdorf, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. Ur. sZS. «». 41. Zreitag, den ,8. Zum ,909. 59. )ahrg Deutscher Reichstag. Berlin, 16. Juni. Der erste Tag der Reichsfinanzreform Debatte«. Tas Haus und namentlich sämtliche Tribünen jlnd dicht besetzt. In der Hofloge haben Prinz August Wilhelm und seine Gemahlin Platz genom men. Reichskanzler Fürst Bülow betritt 10 Mi nuten nach 2 Uhr den Saal. Am Bundesrats- tische haben femer Platz genommen: Staatssekretäre v. Bethmann-Hottweg, Shdow, Dernburg, Kraetke, Finanzminister v. Rheinbaben und die Vertreter aller anderen Bundesstaaten. Auf der Tagesord nung steht die erste Beratung der neuen St-uergesetzentwürfe. Das Wort nimmt sofort Fürst Bülow: Meine Herren! Bevor der Herr Staatssekretär des Reichsschatzamtes die vom Bundesrate neu vorgeschlagenen Steuern im eigentlichen begründet, möchte ich mich über die im Vordergründe des Interesses stehende allgemeine politische Lage aus sprechen, wie sie sich nach den bisherigen Verhand lungen über die Neichssinanzreform gestaltet hat. In der Presse, in öffentlichen Versammlungen und auch in der Finanzkommission ist darüber geklagt worden, daß die Mitwirkung des Zen trums bei der Reichsfinanzreform von den ver bündeten Regierungen oder vom Reichskanzler aus geschaltet worden wäre. Das ist eine vollkommen irrige Auffassung. (Lachen im Zentrum und bet den Sozialdemokraten.) Von Anfang an war das Zentrum auf meine Veranlassung, wie alle anderen bürgerlichen Parteien, über die Absichten der ver bündeten Regierungen unterrichtet worden. Der Staatssekretär des Reichsschatzamtes — das wird Ihnen von allen Mitgliedern der Kommission be stätigt werden — hat sich niemals ablehnend Ver halten gegenüber Anträgen, Anregungen oder Wünschen der Zentrmnsfraktion, weil sie oom Zen trum kam, sondern immer nur, weil und so weit er sachliche Bedenken hatte. Ich habe es als meine Aufgabe betrachtet, von Anfang an bis zu diesem Augenblick — und ich bin in der Phase der Ver handlungen dafür cingetreten — den Libera len die Mitwirkung bei der Neichssinanzreform zu ermöglichen und sie zur Mitarbeit heranzuziehen. Daraus habe ich. niemals ein Hehl gemacht. Ueber- haupt habe ich niemals eine Partei an positiver Arbeit verhindert. Ich würde sachliche Unterstütz- rmg sogar von der ä u ß c r st e n Linken an- nchmcn. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ja, meine Herren, wenn Sie nur heraustreten wollten aus Ihrer negativen Haltung! Wenn Sie brechen wollten mit dieser dogmatischen Intoleranz, die Ihnen ein französischer Gesinnungsgenosse nicht ganz mit Unrecht vorgeworfen hat. Die Gereizheit, die von einem Teil des Zentrums mir gegenüber an den Tag gelegt worden ist, hat mich in meiner -Haltung in keiner Weise beeinflußt. Diese Animosität hat sich zu ganz unwahren Behauptungen und persönlich ungerechten Angriffen verdichtet, die von einzelnen Mitgliedern der Zen trumspartei gegen mich erhoben worden sind. (Un ruhe im Zentrum.) Man hat meine zweifellos voll bewährte und zweifelsfreie Bundestreue gegenüber Oesterreich-Ungarn in Zweifel gezogen, man hat es sogar gewagt, meine ebenso zweifellos bewährte Treue für das königliche Hous, für Se. Majestät den Kaiser und den König zu verdächtigen. (Große Unruhe im Zentrum. Zurufe: Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Mitglieder der Zentrumspartei haben sich Verdächtigungen angeeiguet, die in Pamphleten gegen mich erhoben worden waren. Das alles hat mich in meiner politischen Haltung nicht irre gemacht. An Verleumdungen bin ich ge wöhnt! (Große Unruhe im Zentrum.) Daß meine Gegner zum teil mit recht unschönen Wassen gegen mich kämpfen, beein flußt 'mich nicht, eine solche Kampfesweise richtet sich von selbst. Ich habe mich auch dadurch nicht beirren lassen, daß Mitglieder anderer Parteien des Hauses die gesellschaftlichen Beziehungen zu mir abgebrochen haben. (Beweg ung.) Ich hoffe, daß sich in dieser Beziehung der Takt noch bessern wird und daß man auch bei uns einmal dahin kommen wird, wo andere Völker schon lange sind; namentlich in England denkt man nicht so kleinlich, die politischen Gegensätze auf das persönliche Gebiet zu übertragen. Ich hoffe, wir werden auch dahin kommen, daß man den, der in politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Fragen anders denkt, als man selbst, deshalb nicht gleich für einen Narren oder Schurken hält. (Sehr wahr! und Bewegung.) Ich werde mich nicht bewegen lassen, die Geschäfte so zu führen, daß die Liberalen von der Mitwirkung ausgeschlos senwerden. Ich habe niemals daran gedacht und denke auch heute nicht daran, mir das liberale Programm anzuetgnen, aber die Mitwirkung der Liberalen bei großen gesetzgeberischen Aufgaben scheint mir im Interesse unserer Fortentwicklung, einer ruhigen und gesunden Entwicklung, im hohen Grade wünschenswert. (Lebhafter Beifall links. Lachen im Zentrum.) Meine Herren! Die deutsche Einheit ist ge schaffen worden von Männem, die der konser vativen Gedankenrichtung angehörten. Der un vergleichliche Staatsmann, der sie realisiert hat, hat lange heftige Kämpfe führen müssen mit den liberalen Parteien, aber derselbe große Staatsmann hat später nicht nur seinen Frieden geschlossen mit den Liberalen, sondern er hat den liberalen Ideen großen Einfluß eingcräumt. Fürst Bismarck hat nicht übersehen, daß die nationale Idee in liberalen Kreisen geboren wurde, daß sie lange vertreten wurde von liberal gesinnten Männern gegenüber der Kurzsichtigkeit, Engherzigkeit und dem Mangel an Schwung, den damals vielfach die Regierungen zeigten. (Lebhafter Beifall links.) Den liberalen Geist auszuschalten aus unserer Gesetzgebung und aus dem öffentliche» Leben würde ich sür ein hi storisches Unrecht halten und für einen politischen Fehler. (Beifall links.) Wenn ich mich nun frage, warum die parlamentarische Stärke der liberalen Parteien Wohl nicht der starken Vertretung des liberalen Gedankens entspricht, so finde ich die Erklärung nicht nur in dem Emporkommcn der Sozialdemokratie, auch nicht allein in der Ent ziehung liberaler Kräfte durch den Kulturkampf, andern auch in einem gewissen doktrinären Zug der linksstehenden liberalen Gruppen (Lachen links), die die Stärke der im Fluge der Zeit wachsenden neu auftauchende» Bedürfnisse unterschätzen. Ich glaube, eine Partei ist immer besser daran, wenn ic auf dem Pasten bleibt und bereit ist, weiter zu echten, als wenn sie demonstrativ das Feld räumt. Sie hätte auch in einer ganzen Reihe von steuer lichen Einzclfragen sehr wohl agrarfreundlich auf treten können und dabei doch liberal bleiben kön nen. (Lebhafter Widerspruch links.) In einem Lande, in dem keine Partei die absolute Mehrheit hat, kann auch keine Partei verlangen, daß die Ne- gieruug nur auf ihre Worte schwört. Weil ich mich hierzu gegenüber dem Zentrum nicht entschließen konnte, ist es zu einem Bruch mit dieser Partei gekommen. Ich kann mich auch der rechte» Seite nicht imterordne». Wen» es in diesen: Lande eine» Minister gegeben hat, der die Bedeutung der konservativen Partei zu schätzen weiß, so bi» ich es. (Sehr wahr! links.) Ich bin vom erste» Tage, buchstäblich von der ersten Stunde meiner ganze» Tätigkeit, sür die Wünsche, für die Bedürfnisse, für die Interessen der Landwirtschaft emgetretcn. (Sehr richtig!) Ich glaube, Sie (nach rechts) werden lange warten, bis Sie wieder eine» Kanzler be- kommen, (Lebhafte Zustimmung tiiits, große Hei terkeit), der konservative Interessen, die wahrhaft konservative» Interesse» u»d die wirkliche» und dauernde» Bedürfnisse der Landwirtschaft so kon- cguent und so erfolgreich vertritt wie ich; aber von der Linie, die mir das Staatsinteresse vor- chreibt, lasse ich mich auch nicht durch die konser vative Partei abbringen. Die verbündeten Regie rungen sind der Ansicht, daß ein Betrag von 500 Millionen Mart »euer Steuern nicht lediglich durch eine weitere Ausgestaltung der indirekte» Steuer» beschafft werde» kann. Bereits i» der Begründung zum Finanzgesetzentwurf haben wir gesagt: Es würde gegen die vornehmsten Grundsätze der deut schen Sozialpolitik verstoßen, wenn die Reform der Finanzen ausschließlich auf Abgaben aufge baut würde, die trotz der Errungenschaften der So zialpolitik und trotz fortgesetzter Steigerung aller Einkommen die ärmeren Volksklassen erheblich höher belasten. Dieser Ausgleich durch Heranziehung der Besitzenden kann nicht auf dem Wege der direkten Einkommen- und Vermögensbesteuerung erfolgen, da diese das unentbehrliche Fundament der einzel- staatlichen Finanzwirtschaft bildet. Sie einrcitzen, heißt die Finanzen der Einzelstaaten und der Selbstverwallungskörper in dieselbe Bedrängnis bringen, in der das Reich sich befindet. Die ver bündeten Regierungen sind daher fest entschlossen, neben den Verbrauchssteuern die Erbschaftssteuer zur Deckung des Bedarfs hcranzuziehcn. Hiernach kann die Heranziehung des Besitzes nur durch ^Ausbau der Erbschaftssteuer erfolgen. Diese er möglicht, wie kaum eine andere, eine Belastung nach der Größe des Vermögens und entspricht da her vorzüglich den Anforderungen sozialer Gerech tigkeit. Diese Auffassung haben die verbündeten Negierung konsequent festgehalten, und sie ist auch von mir zum Ausdruck gebracht worden. Wenn die Erbschaftssteuer vermieden werde» soll, muß eine gleichartige, die verschiedenen Arten des Besitzes treffende Steuer gefunden werden. So lange eine solche Steuer nicht gefunden ist, müssen die verbündeten Regierungen an der Erb schaftssteuer festhalten. Es mußte auffallen, daß die konservative Partei sich von Anfang an ohne Zwang mit solcher Starrheit gegen die Erb schaftsteuer festgelegt hat. Sie hätte sich ein Bei spiel an der bewährten Taktik des Zentrums neh men sollen. Haben Sie je einen Sprecher des Zentrums in erster Lesung ablehnen hören? (Sehr gut! Große Heiterkeit links.) Ihr Verhalten ist vielleicht durchaus konsequent, aber es ist ein Irr tum, zu glauben, daß Konsequenz auch politische Fehler rechtfertige. Der Sieg in der Gegenwart ist häufig der Pfad von Niederlagen in der Zukunft. (Sehr wahr! links.) Drtrch ihre eigene Schuld gräbt sich die konservative Partei ihr eigenes Grab, wenn sie sich berechtigten For derungen verschließt. Die Haltung der Konserva tiven in dieser großen Frage wird einen tiefen Eindruck auf das deutsche Volk machen. Man hat den Gedanken einer Annäherung der Konservativen und Liberalen, eines Zusammenwirkens, als eine vorübergehende parlamentarische Konstellation hin gestellt. Ich glaube, daß die Geschichte in diesem Gedanke» mehr sehe» wird. Daß das ein staats männischer Gedanke war, wird die Zukunft ei»- sehen und die Geschichte anerkennen, gleichviel, ob der Träger dieses Gedankens früher oder später von seinem Platze abtretcn wird. (Lebhafte Zu stimmung.) In Uebereinstimmung mit den verbün deten Regierungen betrachte ich als eine nobila okücium, als Pflicht ausgleichender Gerechtigkeit, als sozialpolitische Notwendigkeit, daß die der Ge samtheit auferlegteii neuen Steuern zum Teil von Besitzende» getragen lverdc». Nicht aus Eigensinn und Rechrhaberei halte ich an der Erbschaftssteuer fest und wende mich gegen die Versuche, einzelne Arten des Einkommens oder des Erwerbs einer Besteuerung zu entziehen. Ich lehne es ab, im Bundesrate Steuern zu vertreten, die Handel und Gewerbe schwer schädigen, die Handel und In dustrie belaste», die gesamte wirtschaftliche Stellu»g des Landes verschlechtern. (Lebhafte Zustimmung links.) Ich hoffe, daß i» diesen hohen: Hause Ge meinsinn und soziales Empfinden den Sieg davon tragen werden über Kleinlichkeit und Parteigezänk. In dieser Hoffnung bestärkt mich die Stimmung in: Lande. Diese ist frei von Engherzigkeit, sie würdigt die große Aufgabe und wird früher oder später streng mit den Parteien ins Gericht gehe::, die das große Wert der Finanzreform schädigen oder zu Fall bringen wollten. (Lebhafte Beweg ung.) Seit Wochen regen sich die Zeitungen dar über ans, ob ich bleibe oder gehe. Ich bleibe, solange es Se. Maj. der Kaiser glaubt, daß meine Mitwirkung der innere» und äußere» Politik nütz lich ist für das Reich, u»d solange ich selbst »ach memcr eigene» politische» Ueberzeugu»g »»d »ach mei»er Benrtcil»»g der Sachlage glaube, »ützlich wirken zu können. Ich kenne kein Gebiet der inne ren Politik von gleicher Wichtigkeit, wie das bal dige Zrrstandekommen der Finanzreform. (Allseitige Zustimmung.) Dieser großen Aufgabe ordne ich selbstverständlich »reine Person vollkommen unter. Wenn ich mich überzeugen sollte, daß meine Person der Sache entgegewteht, daß ein anderer leichter zum Ziele gelaugt, oder wcuu sich die Verhältnisse in einer Richtung entwickeln sollten, die ich nicht mitmachen kann und tvill, so wird es nur auch möglich sein, den Träger der Krone von der Op portunität meines Rücktritts zu überzeugen, und dann wird mein Wunsch, daß mein Nachfolger Erfolge erzielt, ebenso ehrlich sein, wie es meine Arbeit im Dienste des Landes war. (Beifall bei den Liberalen. Im Hause herrscht lebhafte Be wegung. Es bilden sich überall Gruppen von Ab geordneten. Die ersten Worte des Schatzsekretärs Dr. Spdow gehen in der allgemeinen Unruhe völ lig verloren; nur mit Mühe kann der Präsident einigermaßen Ruhe schaffen.) Rach dem Reichskanzler nahm der Staatssekre tär des Reichsschatzamtes vr. Sydow das Wort, um sich zunächst gegen die Beschlüsse der Finanzkommission des Reichstages, in erster Linie gegen die K o t i e r u n g s st e u e r zu wenden. Diese wäre eine ungerechte Steuer; sie geht gegen die Börse, trifft aber in Wirklichkeit andere Kreise und mit den Schuldverschreibungen auch tveite Kreise kleinerer Leute. Dabei ist noch durchaus zweifelhaft, ob es zulässig ist, diese Steuer auch auf ausländische Papiere, die an mrseren Börsen zugelassen sind, auszudehnen, auf ausländische Staatspapiere ganz gewiß nicht. Da zu kommen noch die volkswirtschaftlichen Bedenken, die der Steuer entgegenstehen, besonders zunächst sür die ausländischen Papiere. Die würden diese vom deutschen Markte verdrängen. Deutschland braucht aber einen Bestand an guten ausländischen Papieren. Es braucht sie für den Fall, daß aus ländische Guthaben zurückgezogen werden, zur Scho nung seines Besitzes an Gold. Die deutsche In dustrie braucht aber auch die Beteiligung Deutsch lands an ausländischen Werten. Es ist daS ein Faktor des wirtschaftlichen Ansehens. Eine wei tere Folge der Steuer würde sein, daß das deutsche Kapital, das Anlagen sucht, nach dem Ausland« wandert. Die Antragsteller haben aus der Kotie- rungssteucr 80 Millionen herausgebracht, aber selbst wenn man davon ausgeht, daß kein erheblicher Rückgang des Verkehrs infolge dieser starken Be steuerung statlfindc» sollte, so würde man keines falls über 50 Millionen kommen. Das Hauptargu ment für die Steuer war, daß sie sich in Frank reich bewährt habe. Nach den Erkundigungen, die wir in Frankreich cingezogen haben, ist aber das Gegenteil der Fall. Es wäre eine Ironie des Schicksals, wenn in dem Augenblick, in dem die Pariser Börse sich von dieser Last befreit, das deutsche Reichsgesetz sie für die deutschen Börsen einführe!: würde. Man trifft nicht nur die Börse, man trifft vielmehr Gewerbe und Handel. Die verbündete» Regierunge» müssen Wert darauf lege:: und darauf bestehen, daß Handel und Gewerbe zu ihren: Rechte kommen und keinen dauernden Scha den erleiden. Dasselbe Bedenken grundsätzlicher Art hinsichtlich der Schädigung von Handel und Industrie gilt gegen die Mühle » umsatz- teuer und in gewisser Beschränkung auch gegen bei: Kohlenausfuhrzoll. Gewiß würde die Müh- leuumsatzsteuer als Erdrosselungssteuer für die gro ße» Mühlen wirken, aber auch den mittleren würde dadurch die Produktion verteuert und damit zu einer Steigerung der Mehlpreise beigetrageii, die in heutiger Zeit besonders bedenklich wäre. Was den K o h l e » a u s f u h r z o l l betrifft, so sind die verbündeten Regierungen zu der Ueberzeugung gekommen, daß der Zweck, der: Kohlenbezug im Inlande zu verbilligen, damit nicht erreicht würde. Der Ausfuhrzoll würde nicht verbilligend, er würde verteuernd auf de» inländische» Kohle»bez»g wir ke». Unter diesen Umständen lehnen die Ver bündeten Regierungen einen Kohlenausfuhr zoll ab. — Was die Neichswertzuwachs- steuer anlangt, so sind die verbündeten Negie rungen einer solchen Steuer grundsätzlich nicht völ lig abgeneigt, aber sie sind nicht in der Lage, jetzt schon mit einer gesetzgeberischen Regelung für das ganze Reich vorzugehen. Es müßte Rücksicht aus die Gemeinden genommen werden. Hieraus ergeben sich Schwierigkeiten, deren Lösung bis jetzt »och nicht gefunden ist. Die Verbündeten Regierun gen sind aber bereit, der Einführung einer Reichs- wertzuwachssteuer näher zu treten, nur halten sie hierfür eine längere Vorbereitung von 2 bis 3 Jahren für nötig, um nicht ein Gesetz zu machen, das nachher in der Anwendung die größten Schwierigkeiten bereitet. Die verbündeten Regierun gen sind in erster Linie auf die Erbschaft s- st e u e r zurückgekommen. Sie kommen über die Ueberzeugung nicht hinweg, daß es eine andere Steuer nicht gibt, die in gleicher Weise alle Arten des Besitzes trifft. Aus der anderen Seite haben die verbündeten Regierungen, »in das Zustande kommen des Gesetzes nach Möglichkeit zu erleichtern, Bedenken Rechnung getragen, die beim Nachlaß steuergesetz vorgetragen wurden. Wir halten es nicht für zutreffend, daß der Familiensinn unter der Erbanfallsteuer leiden würde, und berufen uns dafür auf das Vorgehen in Elfaß-Lothringen, England und Frankreich. Wir sehen auch hierin keine sozialistische Maßregel, sie nimmt das Ver mögen nicht in anderer Weise in Anspruch als die Vermögenssteuer bei Lebzeiten. Die Steuer auf Feuervcrsicherungspolicen mutz man nicht als eine Besteuerung des Vcr- sicherungsgeschäfts ansehen, sondern als eine Be steuerung des Versicherungsobjektes, sie will und soll eine Steuer auf deu Besitz sein, und zwar auf den Besitz, der bei der Feuerversicherung deklariert ist, gewissermaßen auf Grund einer Selbsteinschätz-
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