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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 06.04.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192704060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19270406
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19270406
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1927
- Monat1927-04
- Tag1927-04-06
- Monat1927-04
- Jahr1927
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Abendgruß. Von der Stadt der ferne Hall, Wie ein leises, leises Lauten. , Ist's ein Gruß von Venen all Die sich drüben mit mir sreuten? Stilles Dörflein, lasse du Deine Glocken sanft entgegnen, Dass in milder Abendruh' Ich sie alle möchte segnens Alexander Kaufmann. Oas Fräulein vom Amt. Skizze von Zmmo Larsen-Krahnstem. lNachdruck verboten.) Es war ein schöner, sonniger Tag, und das Fräulein vom Amt hatte frei. Was tun? — fragte es. Da gab es kein langes Besinnen; im Schuppen auf dem Hof stand das Fahrrad mit Freilauf, damals noch eine Seltenheit; es hatte aber auch die Ersparnisse langer Monate verschluckt und mußte daher ganz besonders gut geputzt und gepflegt werden. „Kommst du endlich wieder mal? —" olitzten ihr fra gend die Räder entne"en: denn ne stunden »icht '»er e still, im Schuppen war es fast dunkel, nie gab es etwas Interessantes zu sehen oder zu hören Da draußen indes, hei! wie kam man so flink von der Stelle, was sah und hörte man da ' es n->r zu nett Toni, das Fräulein vom Amt. untersuchte prüfend den Schlauch, pumpte Luft hinein, daß er sich ganz straff spannte, schloß die Werkzeugtasche und schwang sich in den Sattel. Vor dem Tore lief das Rad Sturm. Die dunkeln Ctirn- locken der Fahrerin legten sich glatt an, freudig leuchteten die Augen, und der rote Mund lachte Bald blieben die letzten Häuser zurück, die Landstraße wurde einsam Kornfelder und Eemüseäcker wechselten mit einander ab, kleine Waldungen drängten sich bis an den Straßengraben vor, und junge Häslein hüpften über die grasbewachsenen Wege. Wildtauben gurrten in den Zwei gen. Die Luft war voll Lerchengesang. Wie schön war die "Welt! Es klingelte Ein Radler fuhr vorbei. „Sieh' da. das Fräulein vom Amt! — Grüß Gott!" „Grüß Gott, Herr Posthalter!" „Wohin des Weges? —" „In die Seidel" „Dort ist's schön heute, wenn ich doch nur mitkönnte — aber ich muß zum Dienst — wie schade!" „Ein ander Mal'" „Ich nehme Sie beim Wort! —" „Aber ja doch'" „Kennen Sie schon das Wirtshaus in der Heide, gerade zehn Schritte nur über der Grenze? —" „Nein, ich war noch nicht dort!" „O. da ist's schön' Und die Wirtin braut einen Kaffee, der schmeckt, das Beste aber sind die Schinkenbröte — nach der Fahrt —" „Ist's weit? —" „So um die zwei bis drei Stunden!" „Wo geht denn der Weg? —" „Er ist nicht zu verfehlen. Hinlerm Dorffriedhof biegt ein schmaler Feldweg ab; er führt an einem Gehöft, von Dirken umgeben, vorbei Hier sieht man eine Hügelkette: fünf Bergkegel stehen rechter und einer linker Hand; der Weg führt weiter über eine Brücke, eine kleine Anhöhe hinauf. Hier läuft die Landstraße, die rechts zurück und links über die Grenze bringt. Da steht das Haus mit dem niedrigen Dach" „*>ch will mein Glück versuchen!" „Telephonieren Sie mir doch bitte morgen, wie's war." „Gut! Auf Wiedersehen. Herr Posthalter!" „Auf Wiederiehn Fräulein Toni!" Sie war vor der Posthalterei der kleinen Ortschaft angelangt. Toni fuhr der Kirche zu. Daneben lag der Friedhof und richtig, an der Hecke schlängelte sich ein Weg vorbei in die Heide hinein. S Die Sonne stand hoch am Himmel. Leuchtend lag die weite Ebene mit den rötlichen Blüten, hin und wieder rag ten einige feinstämmige Zungbirken, einige verkrüppelte Zwergkiefern auf. Grillen zirpten. Mäuse spielten im Heidekraut. Eidechsen sonnten sich; auch kroch manchmal eine Schlange eilends davon. Tonis Brust weitete sich; wie herrlich, wie würzig war die Luft, die sie in tiefen Atemzügen einsog. Schon tauchte das Gehöft mit den weißstämmigen Bir ken auf, und als sie daran vorüber war sah sie auch den Höhenzug vor sich liegen. Sie befand sich also auf dem richtigen Wege. Kurz vor der Brücke stieg sie vom Rade, ließ es zurück und ging der Stimme eines plätschernden Baches nach. Bald erreichte sie eine romantische Schlucht. Durch Geröll und Gestrüpp bahnte sich das silberklars, sich überstürzende Wässerlein einen Weg. Tiefe Stille ringsumher. Viele Vöglein hüpften auf den Zweigen und wetteiferten zwit schernd mit des Bächleins Gemurmel. „Wie lieblich ist es hier!" flüsterte Toni versonnen; sie dachte an einen kommenden Tag, an dem sie hier nicht allein stehen würde. In Gedanken versunken ging sie den Weg zurück, stieg wieder auf, fuhr über die Brücke und kam auf die Land straße. Da lag linker Hand das Hüttlein mit dem tiefnieder- fallenden Dach, wie der Herr Posthalter es gesagt hatte. Die Heide war seine Heimat; er war der älteste Sohn im Anwesen mit der Posthalterei am Rande des Dorfes. Das Fräulein vom Amt war in der benachbarten Kleinstadt daheim; im Dienst waren sie dann und wann zusammengekommen. Toni hielt vor dem Wirtshaus, lehnte das Rad an die seitliche Wand und trat in die kühle Stube mit den schnee weißen Holztischen. Eine junge, saubere Wirtin fragte nach ihrem Wunsch. Sie bestellte Kaffee und ein Schinkenbrot. Run hörte sie, wie die Kaffeemühle gedreht wurde, hörte Stimmen und frohes Lachen. Einmal schaute ein hellgelocktes, rosiges Knäblein neu gierig durch den Türspalt; doch als Toni es anrief, zog es sich schüchtern wieder zurück. Eine Katze rieb surrend ihr seidiges Fell an Tonis Rocksnum. Dann brachte die Wirtin eine Kanne mit Kaffe, Sahne, Zucker und auf einem blaugemusterten Teller eine große Schnitte weißes Landbrot mit goldgelber Butter, dick be legt mit gekochtem Schinken. Das schmeckte köstlicher als die herrlichsten Leckerbissen in der Stadt — sättigte. Als sie die Zeche bezahlte, betrug sie alles in allem siebzehn Pfennig. Wie war das nur möglich? — Zwar trug sich dies bereits vor längeren Jahren zu in einsamer Heidegegend, aber trotzdem war Toni sehr über rascht und fragte wiederholt nach dem Preise. Als er immer derselbe blieb, zählte sie das Geld hin, stand auf und ver ließ grüßend das Haus. Ein freundlicher Gegengruß wurde ihr zuteil. Roch einmal schaute sie im Fahren zurück. Da lugte Vas Helle Knabenköpfchen hinter dem Türpfosten vor, und Toni lachte laut und herzlich vor sich hin — Andern Tags ries sie die Posthalterei des kleinen Ortes an. „Wer da? -" „Hier das Fräulein vom Amt!" „Ah! Guten Morgen — wie war's denn? — schön? —" Und Toni erzählte freudig bewegt den weiteren Verlauf ihres Ausflugs in die Heide, nichts vergaß sie. Er hörte aufmerksam zu. Dann fragte er: „Wann sind Sie wieder frei?" „Den vierten Tag von heute ab!" „Darf ich milkommen? —" »Za . " Heute ist Toni Frau Posthalter. Immer noch fährt sie gerne mit ihrem Mann in die Heide; aber die Preise in dem kleinen Wirtshaus haben sich der Zeit anpassen müßen, wenn zwar auch heute noch ein Imbiß nur halb soviel kostet wie in der großen Stadt. Und wenn Frau Toni von ihrem Ausflug erzählt dann lächelt sie fein; er war ja der Anfang ihrer Posthalter, laufbahn.
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